Chemiker stellen neuen Reaktionsweg vor
Photokatalytisches Verfahren zur Spaltung von Disulfiden ist schnell und biokompatibel
© WWU/Michael Teders
Vorteile der neuen Reaktion: Sie läuft sehr schnell ab („Klick-Chemie“) und ist besonders passgenau. Bei der symmetrischen Spaltung der Disulfide, also von Molekülen mit Bindungen zwischen zwei Schwefelatomen, entstehen Produkte, die für verschiedene Anwendungen genutzt werden könnten. „Diese sogenannten Thiyl-Schwefel-Radikale könnten zum Beispiel zur Herstellung von Medikamenten, Pflanzenschutzmitteln oder Polymeren eingesetzt werden“, sagt Frank Glorius vom Organisch-Chemischen Institut der WWU.
Um die Reaktion zu ermöglichen, verwenden die münsterschen Wissenschaftler ein spezielles Photokatalysator-Molekül, das die Energie von sichtbarem Licht absorbiert, speichert und sie anschließend auf ein unmittelbar an der Reaktion beteiligtes Molekül überträgt. Dieser Prozess, bei dem die Moleküle gegenseitig Elektronen übertragen, wird als Energietransfer bezeichnet. Im Gegensatz zum einseitigen Elektronentransfer vom Photokatalysator ist dieses Verfahren in der lichtgesteuerten Photokatalyse wenig verbreitet. Die Arbeitsgruppe von Dirk Guldi (FAU) klärte den molekularen Mechanismus des Energietransfers mit der Methode der Ultrakurzzeitspektroskopie auf. Sehr kurze Laserblitze machen hierbei die molekularen Eigenschaften und Veränderungen während einer chemischen Reaktion sichtbar.
Eine für Biochemiker interessante Eigenschaft des neuen Reaktionsweges ist seine Biokompatibilität. Das heißt, er kann potenziell in lebenden Zellen ablaufen, ohne dort Schäden anzurichten. Umgekehrt gilt: Die Reaktion wird nicht durch Bestandteile der Zellen gestört. Dies macht den Reaktionsweg interessant für mögliche Anwendungen in der molekularen Markierungschemie. Dabei geht es darum, Biomoleküle in lebenden Zellen sichtbar zu machen, um biologische Prozesse beobachten zu können. Die Biokompatibilität der Energietransfer-Methode wurde an der WWU von den Forschungsgruppen um Frank Glorius und Biochemikerin Andrea Rentmeister, Professorin im Exzellenzcluster „Cells in Motion“ (CiM), durch die Entwicklung und Anwendung eines neuartigen Screeningverfahrens evaluiert. Dabei gaben die Wissenschaftler dem Reaktionsansatz einerseits zahlreiche in der Zelle vorkommende Biomoleküle einzeln zu, um deren jeweilige Auswirkungen zu studieren. Außerdem prüften sie, welche Auswirkungen die Gesamtheit der in der Zelle vorkommenden Biomoleküle auf die Reaktion hat.
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