Fortschritte in der DNA-Nanotechnologie

28.06.2011 - Deutschland

Desoxyribonukleinsäure oder kurz DNS (engl. DNA) ist nicht nur das Material, aus dem die Gene sind. Sie lässt sich auch hervorragend als molekulares Baumaterial verwenden, um neuartige künstliche Strukturen zu erzeugen. Der Arbeitsgruppe um Prof. Clemens Richert vom Institut für Organische Chemie der Universität Stuttgart ist zusammen mit Kollegen am Karlsruher Institut für Technologie der Nachweis gelungen, dass extrem kurze sogenannte „klebrige Enden“ aus DNA-Bausteinen ausreichen, um stabile Hybridmoleküle herzustellen.

Universität Stuttgart/Institut für Organische Chemie

Hybridstrukturen (links) aus verzweigten organischen Kernmolekülen und extrem kurzen Schnipseln DNA können sich zu dreidimensionalen Gittern zusammenlagern (rechts).

Bei der DNA-Hybrid-Technik erzeugen die Chemiker einfache organische Moleküle im Reagenzkolben, die als tetra- oder oktaedrische Verzweigungspunkte dienen. Daran hängen die Stuttgarter kurze DNA-Schnipsel, bestehend aus lediglich zwei Grundbausteinen, den Nukleotiden mit den vier Basen Adenin, Thymin, Guanin oder Cytosin. Als genetischer Informationsträger wäre ein DNA-Strang aus zwei Bausteinen zu kurz. Um große Molekülverbände zusammen zu halten, sind die „klebrigen Enden“ stark genug, wie Richert und seine Kollegen herausfanden. Für ihren „Chemiebaukasten“ nutzen die Chemiker eine besondere Eigenschaft der DNA: In der Natur lagern sich zwei DNA-Einzelstränge in entgegengesetzter Richtung zu einer schraubenförmig gewundenen Doppelhelix zusammen. Dabei paaren sich immer Adenin mit Thymin und Guanin mit Cytosin. Nach dem gleichen Muster wechselwirken die beiden Basen eines Hybridmolekülbausteins mit den beiden anderen Basen eines zweiten Bausteins.

Daraus ließen sich Substanzen mit besonderen Eigenschaften kreieren. Beispielsweise könnten die Chemiker Stoffe mit nanometerkleinen Poren schaffen, das entspricht einem Milliardstel Meter. Die winzigen Poren sind deshalb nützlich, weil sie kleinen und mittelgroßen Molekülen als Bindungstasche dienen können. So ließen sich neuartige Materialien herstellen, die Farbstoffe einlagern und somit fluoreszieren. Mittelfristig könnten die porösen Materialien auch dazu dienen, Lichtsammelkomplexe nachzuahmen wie sie zum Beispiel in Photosynthese treibenden Pflanzen vorkommen. Auch als Speicher für energiereiche Biomoleküle wären die DNA-Hybrid-Moleküle denkbar. Zurzeit arbeitet das Team von Prof. Richert daran, DNA-Hybrid-Materialien noch effizienter zu produzieren. Bisher haben die Chemiker die DNA-Hybride stufenweise auf einem teuren, festen Träger aufgebaut. Zukünftig soll die Synthese in wenigen Schritten in Lösung gelingen.

Bereits Anfang der 1980er Jahre erkannte der amerikanische Wissenschaftler Nadrian Seeman die DNA als molekulares Baumaterial. Er gilt als der Begründer der DNA-Nanotechnologie, die sich nicht um die genetische Information einer DNA-Sequenz kümmert, sondern kleine Schnipsel der DNA als molekulare Seile oder Drähte sieht, die umeinander geflochten werden können. Seemans Landsmann Paul Rothemund faltete DNA sogar zu kleinen Kunstwerken wie Smileys, Landkarten oder Sternen. Seine im Jahr 2006 veröffentlichte Methode nannte der DNA-Nanotechnologe analog zur japanischen Papierfaltkunst DNA-Origami. Für konkrete Anwendungen sind die bisherigen Techniken allerdings noch zu teuer. Die in Stuttgart mitentwickelte Methode könnte eine preiswerte und robuste Alternative darstellen.

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