Signale aus dem absoluten Nichts
Konstanzer Physikern gelang die direkte Messung von Vakuum-Fluktuationen
Claudius Riek
Claudius Riek
Die Existenz von Vakuum-Fluktuationen war in der Theorie bereits bekannt, sie folgt aus der Heisenbergschen Unschärferelation. Diese besagt, dass elektrische und magnetische Felder niemals gleichzeitig verschwinden können. Daher treten selbst im Grundzustand von Licht und Radiowellen, also in absoluter Dunkelheit, endliche Schwankungen des elektromagnetischen Feldes auf. Ein unmittelbarer experimenteller Nachweis dieses grundlegenden Phänomens galt bislang aber als ausgeschlossen. Es wurde davon ausgegangen, dass sich Vakuum-Fluktuationen stets nur indirekt in der Natur manifestieren, in einem breiten Spektrum an Konsequenzen. Diese reichen von der spontanen Lichtemission angeregter Atome beispielsweise in einer Leuchtstoffröhre bis zu Einflüssen auf die Struktur des Universums bereits während des Urknalls.
Aufbauten zur Messung elektrischer Felder mit extrem hoher zeitlicher Auflösung und Empfindlichkeit haben es nun ermöglicht, allen Vermutungen zum Trotz Vakuum-Fluktuationen direkt zu detektieren. Weltführende optische Technologien und spezielle Ultrakurzpuls-Lasersysteme höchster Stabilität bilden die Grundlage dieser Studie an der Universität Konstanz. Diese Technologien wurden vom Konstanzer Forschungsteam selbst entwickelt, das zudem eine genaue Beschreibung der Resultate auf Basis der Quantenfeldtheorie erarbeitet hat. Die zeitliche Auflösung des Experiments liegt im Femtosekundenbereich. Gemessen wurde mit einer nur noch durch die Quantenphysik begrenzten Empfindlichkeit. „Wir können durch diese extreme Präzision erstmalig direkt sehen, dass wir ständig von elektromagnetischen Vakuum-Fluktuationsfeldern umgeben sind“, zieht Alfred Leitenstorfer sein Fazit.
„Das wissenschaftlich Überraschende an unseren Messungen ist, dass wir direkt Zugriff auf den Grundzustand eines Quantensystems gewinnen, ohne diesen zu verändern, beispielsweise durch Verstärkung auf endliche Intensität“, erläutert Leitenstorfer, der von den Forschungsergebnissen selbst überrascht ist: „Es hat uns ein paar Jahre lang schlaflose Nächte beschert – wir mussten alle Möglichkeiten eventueller Störsignale ausschließen“, schmunzelt der Physiker. „Insgesamt stellt sich heraus, dass unser Zugang auf elementaren Zeitskalen, also kürzer als eine Schwingungsperiode der untersuchen Lichtwellen, den Schlüssel darstellt zum Verständnis der überraschenden Möglichkeiten, die unser Experiment erschließt.“
Originalveröffentlichung
C. Riek, D. V. Seletskiy, A. S. Moskalenko, J. F. Schmidt, P. Krauspe, S. Eckart, S. Eggert, G. Burkard, and A. Leitenstorfer; Direct Sampling of Electric-Field Vacuum Fluctuations; Online-Version ab 1. Oktober 2015 in Science Express