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2D-Gelelektrophorese
Die zweidimensionale Gelelektrophorese oder 2D-Gelelektrophorese ist eine analytische Methode in Biochemie, Molekularbiologie und Proteomik. Sie wurde 1975 durch O'Farrell[1] und Klose[2] unabhängig voneinander entwickelt und kombiniert die isoelektrische Fokussierung (IEF) mit der SDS-Polyacrylamidgelelektrophorese (SDS-PAGE) zur Trennung komplexer Proteingemische (Bakterienlysate, Lysate von höheren Zellen oder Geweben, Körperflüssigkeiten) in Einzelproteine. Durch die Kombination der beiden orthogonal zueinander ausgeführten Trenntechniken wird eine besonders hochauflösende Trennung erreicht. Jeder Fleck im Proteinmuster entspricht einer Sorte (Spezies) von Proteinmolekülen. Da sich Proteinmuster in biologischen Systemen umwelt- und zustandsabhängig verändern, können sie zur Unterscheidung kranker und gesunder oder auch optimal und suboptimal gewachsener Zellen herangezogen werden. Sie geben beispielsweise Aufschluss über Krankheitsursachen oder den Wirkungsmechanismus von Medikamenten auf molekularer Ebene. Aufgrund der Komplexität von zweidimensionalen Proteinmustern wird für deren Auswertung auf speziell entwickelte Computerprogramme zurückgegriffen. Weiteres empfehlenswertes Fachwissen
ProbenvorbereitungUm absolute Vergleichbarkeit der Proben zu gewährleisten, wird bei der Probenahme auf immer identische Bedingungen geachtet. Zur Gewinnung der Proteinextrakte werden die Zellen möglichst schonend geöffnet. Außerhalb der Zellstrukturen sind die austretenden Proteine besonders anfällig für die Bildung von Aggregaten und den Abbau durch ebenfalls in den Zellen vorhandene Proteasen. Da man im zweidimensionalen Muster Artefakte aus der Präparation vermeiden möchte, wird bei der Probenvorbereitung nahe 0 °C gearbeitet. Des Weiteren werden in der Regel Harnstoff und nichtionische Detergentien sowie proteasehemmende Stoffe zugesetzt. Erste Dimension (IEF)Bei der Isoelektrofokussierung (erste Dimension) werden die Proteine aus dem zu untersuchenden Extrakt auf der Basis ihres relativen Gehalts saurer und basischer Aminosäurereste aufgetrennt (Separation nach dem isoelektrischen Punkt des jeweiligen Proteins). Es stehen zwei verschiedene Isoelektrofokussierungstechnologien zur Verfügung.
Proteine sind über den größten Teil des pH-Spektrums geladen. Nur an einem genau definierten pH-Wert heben sich die Ladungen der basischen und sauren Aminosäuren eines Proteinmoleküls auf, so dass sich das Molekül nach außen ladungsneutral verhält. Es besteht also das gleiche Verhältnis von positiven zu negativen Ladungen, weswegen dieser Zustand auch als isoelektrischer Punkt (pI) bezeichnet wird (Nettoladung = +/-0). Legt man an den pH-Gradienten des mit Proteinen beladenen Isoelektrofokussierungsgels ein elektrisches Feld an, so wirkt auf alle geladenen Proteinmoleküle eine Kraft, die sie zu einer der beiden Elektroden zieht bzw. von ihr wegschiebt. Dabei durchlaufen die Proteine verschiedene Bereiche des pH-Gradienten. Wird genau der pH-Wert erreicht, der dem isoelektrischen Punkt des Proteins entspricht, so sind keine nach außen wirkenden Ladungen mehr vorhanden. Die Kraft des elektrischen Feldes kann nicht mehr auf das Protein wirken. Das Protein lagert sich ab. Entfernt sich das Protein dennoch durch Diffusion von dieser Position, erfolgt sofort eine Ladungsveränderung (durch veränderten Umgebungs-pH) und das elektrische Feld bringt es zurück an den pH-Wert, der dem pI des Proteins entspricht. EquilibrierungBei der sogenannten Equilibrierung, die sich der Trennung nach dem pI anschließt, wird das Gel mit den Proteinen vorerst reduziert (beispielsweise mit Mercaptoethanol oder Dithiothreitol zur Beseitigung von Disulfidbrücken). Im folgenden Schritt werden die Proteine mit Natriumdodecylsulfat (sodium dodecyl sulphate – SDS) beladen. SDS ist ein negativ geladenes Detergenz und heftet sich mit dem aliphatischen Ende an die Proteinmoleküle, mit der negativ geladenen Seite stößt es sich von in der Nachbarschaft gebundenen ebenfalls negativen SDS Molekülen ab, was zur völligen Entfaltung (Linearisierung) der Proteinmoleküle führt. Je größer ein Proteinmolekül, desto länger die entstehenden mit SDS beladenen Ketten. Da mehrere hundert negativ geladene SDS Moleküle an die Proteinmoleküle binden, kann die Eigenladung der Proteine im weiteren vernachlässigt werden. Zweite DimensionDen Gelstreifen mit den nach dem pH aufgetrennten und equilibrierten Proteinen legt man auf die Kante eines quadratischen bzw. rechteckigen ebenfalls SDS-haltigen Polyacrylamidgels und trennt die Proteine nun senkrecht zur ersten Dimension in einer zweiten Elektrophorese nach ihrer Größe. Beim Anlegen des elektrischen Feldes (Anode gegenüber vom IEF-Gelstreifen) wandern die entfalteten und von SDS umgebenen Proteine mit ihrem Überschuss negativer Ladungen durch das Gel, welches den Proteinen entsprechend ihrer Molekülgröße einen mehr oder minder großen Widerstand entgegensetzt. Kleine Moleküle wandern relativ ungestört und erreichen schnell die dem IEF-Gel abgewandte Gelkante, große Moleküle werden bei der Wanderung ständig vom Gel gebremst und kommen kaum voran. Die Trennung in der zweiten Dimension wird mit Ankunft der kleinen Proteine am dem IEF-Gel abgewandten Gelrand gestoppt. Damit das Proteinmuster nach erfolgter Trennung vorhanden bleibt, muss es in einem abschließenden Schritt fixiert werden. Die Proteine markieren und detektierenMarkierung in der lebenden Zelle (in vivo)Parameter wie die Produktion von Proteinen in einem bestimmten Zeitraum (Proteinsyntheserate) oder die Phosphorylierung von Proteinen pro Zeiteinheit lassen sich ausschließlich durch den Einbau von (radioaktiven) Isotopen bestimmen. Dazu wird der Bakterien/Zellkultur ein Nährstoff mit einem außergewöhnlichen Isotop verabreicht, welches dann in die Proteine (35S) oder in die Phosphatgruppen phosphorylierter (32/33P) Proteine eingebaut wird. Wird die Zeitspanne des Einbaus relativ kurz gewählt, ist im Ergebnis eher eine Momentaufnahme des zellulären Geschehens erfassbar, bei langer Zeitspanne eher das kumulierte Bild vieler Einzelereignisse. Der Proteinextrakt der markierten Zellen wird separiert und der Anteil der markierten Proteine über Autoradiographie oder Massenspektrometrische Verfahren im 2D Muster bestimmt. Zur Bestimmung der akkumulierten Proteinmenge kann neben einer dauernden Isotopenmarkierung auch auf eines der folgend erklärten Verfahren zurückgegriffen werden. Markierung vor der gelelektrophoretischen TrennungBesonders um mehrere Proben auf einem 2D Gel zu trennen, werden kovalent bindende Fluoreszenzfarbstoffe eingesetzt. Dazu werden maximal drei verschiedene Proteinextrakte mit je einem Farbstoff markiert, gemischt und gemeinsam auf demselben Gel getrennt. Da die Farbstoffe separat voneinander detekiert werden können, ist die Generierung und der differentielle Vergleich dreier probenspezifischer Proteinmuster möglich (DIGE - differential in gel electrophoresis). Problematisch ist die Massenbeeinflussung der Proteine durch den gebundenen Farbstoff. Verwendet werden:
Markierung bzw. Färbung nach der TrennungDie klassischen Proteinfärbungen erfolgen nach der elektrophoretischen Trennung. Je nach gewünschter Spezifität und Sensitivität werden eingesetzt: Absorptionsfarbstoffe
Fluoreszenzfarbstoffe
Durch die zweidimensionale Gelelektrophorese lassen sich in bakteriellen Extrakten nach Färbung der Proteine oft weit über tausend verschiedene Proteinspezies nachweisen. In Mausembryonen konnte Klose ca. 10000 Spots darstellen. 2D Gele analysieren und interpretieren2D Gele digitalisierenBeim Digitalisieren von 2D-Gelen werden die 2D-Muster in Pixel mit verschiedenen Grauwerten zerlegt. Die Auflösung bestimmt die Genauigkeit in x- und y-Richtung, die Farbtiefe die Menge der Graustufen, welche für die Abbildung der Proteinmenge pro Pixel zur Verfügung steht. Imaging Geräte
Für weitere Informationen zum Scannen von Gelen kann man eine entsprechende Anleitung (in Englisch) herunterladen[3]. Single Channel TechnikenBei den Single Channel Techniken wird in der Regel eine Serie von Gelen aufgenommen, die vollständig auf die gleiche Art und Weise eingefärbt wurde. MultiplexingBeim Gel-Multiplexing werden von ein- und demselben Gel mehrere Bilder unabhängig voneinander generiert. Das kann unter verschiedenen Umständen möglich sein:
2D Proteinmuster auswertenKlassischerweise werden 2D-Gele visuell am Licht- oder bei Fluoreszenzfarbstoffen am UV-Tisch ausgewertet. Aufgrund der Komplexität von Proteinmustern führt eine softwaregestützte Analyse zu verlässlicheren Ergebnissen. Gelbilder aufbereitenUm Gelbilder quantitativ zu analysieren, sollten sie vom 2D-Gel-typischen inhomogenen Hintergrund befreit und von artifiziellen Signalen bereinigt werden. Das nebenstehende Bild zeigt beispielsweise die Zerlegung eines Gelbildes in eine Hintergrundkomponente, eine Komponente mit artifiziellen Signalen und die für die weiterführende quantitative Analyse genutzte Spot-Komponente. Gelbilder positionell korrigierenEin lange Zeit ungelöstes Problem stellte die schwierige positionelle Reproduzierbarkeit der Proteinmuster im 2D Gel dar. Eine mögliche Lösung bestand in der Vermeidung unabhängig hergestellter Gele.
Referenzgele und ProteomkartenFür eine wissenschaftlich fundierte Interpretation der 2D-Gele wird die Identität der hinter den Proteinspots stehenden Proteine bestimmt. Dies kann über verschiedene Technologien wie beispielsweise den Edman-Abbau oder massenspektrometrische Verfahren wie MALDI-TOF Massenspektrometrie erfolgen. Während in den 1990er Jahren die Proteinspots noch manuell aus den Gelen ausgeschnitten wurden, haben heute Roboter zum Ausstechen der Spots und zum Pipettieren in die Laboratorien Einzug gehalten. Mit Hilfe der Robotertechnik können mehrere hundert Proteine quasi über Nacht identifiziert werden. Aufgrund der Einführung der computergestützten positionellen Korrektur der Proteinmuster wurde es möglich, Proteinspotidentifikationen problemlos von einem Gel auf ein anderes zu übertragen, ohne nochmals die Spots identifizieren zu müssen. Ein 2D Gel, welches den Proteinextrakt aus einer Zellkultur zeigt, bildet nur ein Subset aller möglichen Zellproteine ab. Erst Gelserien aus Zellkulturen, die unter verschiedenen Wachstumsbedingungen gezogen wurden, können die Gesamtzahl aller möglichen Proteine zeigen. Grund ist die differentielle Genexpression, die nur die Produktion momentan wichtiger Proteine erlaubt und die Synthese gerade nicht benötigter Proteine verhindert. Zur Konstruktion umfassender Proteomekarten, die einen Großteil aller möglichen Proteine enthalten, werden Gel-Einzelbilder positionell angeglichen und über Bildfusionsalgorithmen zu einem Kompositbild zusammengefasst. Das Kompositbild wird mit den Daten aus den Proteinidentifikationen kombiniert und kann dann als Referenz für die Interpretation weiterer Experimente genutzt werden. Proteinspots detektieren und quantifizierenFür eine (semi)quantitative Auswertung der 2D-Gele wird die Gesamt-Absorption (Absorptionsfarbstoffe), das Gesamt-Radiosignal (radioaktiv markierte Proteine, Autoradiogramm) bzw. das Gesamt-Fluoreszenzsignal (Fluoreszenzfarbstoffe) eines Proteinspots über alle Bildpunkte ermittelt. Im ersten Spotdetektionsschritt werden die Koordinaten der Proteinspots und im zweiten die entsprechenden Spotformen bestimmt. Die Bestimmung der Spotumrisse kann nah an der Pixelinformation oder aber über mathematische Modelle erfolgen. Störinformationen, wie z.B. Hintergrund, Artefakte und Bildrauschen (s. Bildvorbereitung) werden vor der Quantifizierung ausgeschlossen. Die Grauwerte der Bildpunkte werden wenn nötig mit geräte- und farbstoffabhängigen Kalibrierungskurven korrigiert und dann innerhalb der gefundenen Spotumrisse zu einer Rohquantität aufsummiert. Die Rohquantitäten werden normiert und den entsprechenden Proteinspots zugeordnet. Da wie weiter oben schon erwähnt die Spotdetektion von Gel zu Gel nicht absolut reproduzierbare Ergebnisse liefert, kann es beim Zuordnen von Proteinen zu ihren Expressionsprofilen zu Irrtümern kommen, die mit den etablierten Methoden manchmal nicht aufgelöst werden können. Darum wurde 2003 eine neue Methode zum Spotmatching eingeführt. Diese beruht auf der Definition eines Spotconsensus aus allen zu analysierenden Gelen eines Experiments auf der Basis eines Kompositbildes. Weil das Kompositbild sämtliche Spotinformationen aus dem Gesamtexperiment enthält, kann der Spotconsensus mindestens auf all jenen Gelen zur Spotquantifizierung angewendet werden, aus denen das Kompositbild erstellt wurde. Spotzuordnungsfehler können bei Anwendung dieser Methode ausgeschlossen werden. Daten visualisieren
Durch die Anwendung von Proteomekarten und kompositbildbasierter Spotdetektion ergeben sich völlig neue Möglichkeiten der Visualisierung von Proteinspots, die im analysierten Experiment auffällig wurden. Das nebenstehende Bild beispielsweise zeigt eine Zusammenfassung aus vier verschiedenen Proteinsynthesemustern. Die Farben zeigen an, unter welchen Umweltbedingungen welches Protein in seiner Synthese mindestens zweifach erhöht wird. Mit Hilfe derartiger Farbcodierungen wird es erstmals möglich, neben den positionellen Daten der Proteinspots nun auch Regulationsdaten zu visualisieren. Biomarker sind somit schnell und zuverlässig identifizierbar.
Probleme der 2D-Gel-ElektrophoreseWie jede andere Technik in der Proteinbiochemie birgt auch die 2D-Gel-Elektrophorese einige Probleme
Literatur
The state of the art in the analysis of two-dimensional gel electrophoresis images Bücher
Software zur Analyse und Auswertung von 2D-GelenDelta2D |
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Dieser Artikel basiert auf dem Artikel 2D-Gelelektrophorese aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar. |