Als Achondrite werden alle Steinmeteorite klassifiziert, die keine Chondrite sind. Sie sind mit lediglich drei Prozent Anteil an der Gesamtzahl aller Meteorite recht selten, was vermutlich darauf zurückzuführen ist, dass die meisten Achondrite bei terrestrischer Verwitterung innerhalb kürzester Zeit kaum mehr von irdischen Gesteinen unterschieden werden können.
Weiteres empfehlenswertes Fachwissen
Achondrite sind (von der Kruste abgesehen) oft gräulich gefärbt und bestehen aus magmatischem Gestein, das sich in erster Linie aus den Silikat-Mineralien Olivin, Pyroxen und Plagioklas zusammensetzt. Achondrite haben fast immer einen wesentlich niedrigeren Metallgehalt als Chondrite.
Die Mehrzahl wurde vermutlich in den Außenschichten ehemaliger Asteroiden geformt, bei denen es in der Frühzeit des Sonnensystems wahrscheinlich in Folge der beim Zerfall des Aluminium-Isotops 26Al (evtl. auch des Eisen-Isotops 60Fe) freigesetzten Energie zu Schmelzvorgängen und zur Differenzierung der Asteroiden kam. Dabei trennten sich schwere Metalle und leichte Silikate auf, und letztere stiegen an die Oberfläche, wo sie in asteroidischen Vulkanen als Lava zu Tage traten. Beim Auseinanderbrechen eines solchen Asteroiden entstanden dann die Achondrite aus der erstarrten Magmaschmelze.
Man unterscheidet die folgenden Unterklassen:
- Eukrite: Diese aus Pyroxen und Plagioklas bestehenden Basalte bilden die häufigste Gruppe und entstehen durch Schmelze aus Chondriten. Bekanntester Vertreter ist der Meteorit von Millbillillie, Australien.
- Diogenite: Sie bilden sich, wenn eine Basaltschmelze in unterirdischen Magmakammern langsam abkühlt, so dass kleine Pyroxen-Kristalle wachsen können. Der Name ist eine Referenz an Diogenes von Apollonia, der als Erster eine außerirdische Herkunft der Meteorite annahm. Ein bekannter Vertreter ist der Meteorit von Tatahouine, Tunesien.
- Howardite: Eine durch Kollisionen erzeugte Mischung aus Eukriten, Diogeniten und etwas chondritischem Material. Howardite sind Regolithe (Böden auf der Oberfläche von planetaren Körpern), die durch kosmische Strahlung chemisch verändert wurden. Sie gelten als Indikator für ein hohes Alter des Meteoriten.
- Angrite: Die Angrite (benannt nach dem Fundort Angra dos Reis, Brasilien) sind differenzierte Achondrite, die aus Pyroxen, Olivin und Plagioklas bestehen. Anders als bei den Chondriten und primitiven Achondriten liegen diese Minerale in Formen vor, die auf eine magmatische Entstehung hinweisen. Sie enthalten häufig Einschlüsse, die als erstarrte Gasblasen gedeutet werden. Von ihrer Struktur und chemischen Zusammensetzung ähneln sie den irdischen Basalten. Die Herkunft der Angrite ist bislang ungeklärt. Offensichtlich stammen sie von einem eigenen Ursprungskörper ab, der noch nicht identifiziert werden konnte.
- Aubrite: Die Aubrite (Aubres, Frankreich) enthalten das magnesiumreiche Mineral Enstatit. Darüber hinaus enthalten sie unterschiedliche Anteile an reduziertem Nickel-Eisen, das Eisensulfid Troilit, das Silikat Olivin, sowie seltene Minerale, die auf eine magmatische Entstehung schließen lassen. Beim Vergleich der Reflexionsspektren von Asteroiden wurde eine Übereinstimmung mit dem Asteroiden Nysa festgestellt. Möglicherweise stammen die Aubrite von diesem Himmelskörper.
- Acapulcoite (Acapulco, Mexiko), Brachinite (Brachina, Australien), Lodranite (Lodran, Indien), Winonaite (Winona, USA): Diese vier Klassen von Achondriten werden als primitive Achondrite zusammengefasst. Die Differenzierung dieser Meteorite ist unvollständig, so dass sie ihre primitive (chondritische) Zusammensetzung weitgehend behalten haben. Die den Chondriten typische Struktur ging aber verloren, Chondren wurden zerstört.
- Ureilite: Die Ureilite (Novo Urei, Russland) bestehen überwiegend aus Olivin und Pyroxen, die in eine kohlenstoffreiche Matrix aus Graphit, Diamant, reduziertem Nickel-Eisen und Troilit eingebettet sind. Chemische und isotopische Untersuchungen der Ureilite führen zu widersprüchlichen Ergebnissen. Zum einen zeigen die Ureilite eine hochdifferenzierte Struktur, andererseits ähneln sie den primitiven Achondriten. Bislang existiert keine allgemein anerkannte Theorie über die Entstehung und den Ursprung dieser Meteorite.
- Shergottite: Shergottite (Shergotty, Indien) repräsentieren die häufigste Gruppe der auf der Erde gefundenen Marsmeteorite. Sie bestehen aus basaltischem, vulkanischem Ergussgestein und Tiefengestein.
- Nakhlite: Nakhlite (Nakhla, Ägypten) sind aus einem feinkörnigen, grünlich braunen Material zusammengesetzt. Sie enthalten seltene Minerale, die nur in der Anwesenheit von flüssigem Wasser entstehen konnten. Analysen haben ergeben, dass diese Minerale auf dem Planeten Mars entstanden sein müssen. Dies weist darauf hin, dass auf der Oberfläche des Planeten vor etwa 1,5 Milliarden Jahren flüssiges Wasser vorhanden war.
- Chassignite: Die Chassigniten (Chassigny, Frankreich) bestehen überwiegend aus Olivin, das als Tiefengestein gebildet wurden. Sie enthalten ebenfalls Minerale, die nur in Anwesenheit von Wasser entstehen konnten. Es handelt sich um eine sehr rare Klasse von Meteoriten, die nur aus zwei Vertretern besteht: dem Namensgeber und NWA 2737.
- Orthopyroxenite: Bislang ist nur ein Vertreter dieser Gruppe bekannt, der Meteorit ALH84001, der im ewigen Eis der Antarktis gefunden wurde. Im Unterschied zu den anderen Marsmeteoriten besteht er nahezu ausschließlich aus dem Mineral Orthopyroxen. Er weist zudem ein wesentlich höheres Alter auf. Besonders bekannt wurde dieser Meteorit durch mikroskopische Einschlüsse, die Strukturen aufweisen, die an fossile Bakterien erinnern. Nach wie vor wird kontrovers diskutiert, ob diese Strukturen Spuren von primitiven Marslebewesen darstellen oder durch rein chemische Prozesse entstanden sind.
- Mondmeteorite
Howardite, Eukrite und Diogenite werden zu den HED-Meteoriten zusammengefasst, da ein gemeinsamer Ursprung angenommen wird. Als Ursprungskörper wird der Asteroid (4) Vesta diskutiert. Shergottite, Nakhlite und Chassignite werden zu den SNC-Meteoriten zusammengefasst. Sie werden auch als Marsmeteorite bezeichnet.
Der magmatische Ursprung der Achondrite wurde zuerst durch den Berliner Mineralogie-Professor Gustav Rose erkannt.
Siehe auch: Liste der Gesteine
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