Meine Merkliste
my.chemie.de  
Login  

Aliskiren



Steckbrief
Name (INN) Aliskiren
Wirkungsgruppe

Antihypertensivum Reninhemmer

Handelsnamen
  • Rasilez® (CH)
  • Enviage® (EU)
  • Rasilez® (GB)
  • Tekturna® (USA)
Klassifikation
ATC-Code XA02
CAS-Nummer 173334-58-2
Verschreibungspflichtig: Ja


Fachinformation (Aliskiren)
Chemische Eigenschaften

IUPAC-Name: (2S,4S,5S,7S)-5-Amino-N-(2-carbamoyl-2- methylpropyl)-4-hydroxy-2-isopropyl-7- [4-methoxy-3-(3-methoxypropoxy)benzyl]- 8-methylnonanamid
Summenformel C30H53N3O6
Molare Masse 551,76 g·mol−1

Aliskiren (Handelsnamen in den USA: Tekturna®, sonst weltweit: Rasilez®; Hersteller Novartis) wurde im März 2007 von der amerikanischen Arzneimittelzulassungsbehörde (FDA) als erster Arzneistoff aus der Gruppe der oralen, direkten Reninhemmern zur Behandlung der Hypertonie zugelassen.[1] Der Zulassungsantrag bei der EMEA wurde von Novartis im Herbst 2006 eingereicht. Basierend auf Daten von über 7.800 Patienten in 44 klinischen Studien hat das Europäische Committee for Medicinal Products for Human (CHMP) im Juni 2007 den Antrag auf Zulassung des Reninhemmers zur Behandlung der essentiellen Hypertonie positiv bewertet. Daraufhin hat die EU-Kommission am 22. August 2007 die Zulassung für die gesamte EU erteilt.[2] In der Schweiz wurde Aliskiren im Juni 2007 von Swissmedic unter dem Handelsnamen Rasilez® zur Behandlung der essentiellen Hypertonie in der Abgabekategorie B zugelassen.[3]

Inhaltsverzeichnis

Klinische Angaben

Anwendungsgebiete (Indikationen)

Aliskiren wird oral appliziert und zur Behandlung der essentiellen Hypertonie entweder als Monopräparat oder in Kombination mit Diuretika oder ACE-Hemmern eingesetzt. Die Anwendung in der Pädiatrie und bei Jugendlichen unter 18 Jahren wurde nicht untersucht, und es liegen keine wissenschaftlichen Daten vor.

Dosierung, Art und Dauer der Anwendung

Die ungefähre Eliminationshalbwertszeit von Aliskiren beträgt 25-30 Stunden. Eine einmalige Einnahme pro Tag ist daher ausreichend. Als Anfangsdosis werden einmal täglich 150 mg empfohlen. Bei Patienten, deren Blutdruck nicht ausreichend gesenkt wird, kann die Dosis jedoch auf 300 mg täglich erhöht werden. Dosen von mehr als 300 mg haben keinen Einfluss auf den Blutdruck, die Nebenwirkungen, wie Diarrhöe, werden jedoch zunehmen. Der gewünschte antihypertensive Effekt wird sich bei den meisten Patienten (85 %-90 %) nach 2 Wochen Behandlung einstellen. Die Resorption des Arzneistoffs wird durch die Einnahme fettreicher Nahrung stark vermindert.

Gegenanzeigen (Kontraindikationen)

Aliskiren ist kontraindiziert bei Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff oder einem der pharmazeutischen Hilfsstoffe. Eine absolute Kontraindikation besteht während der Schwangerschaft oder Stillzeit (siehe unten).

Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten

Bei einer Komedikation mit dem harntreibenden Arzneistoff Hydrochlorothiazid kann eine zusätzliche Reduktion des Blutdruckes erreicht werden.[4]

Anwendung während Schwangerschaft und Stillzeit

  • Schwangerschaft

Aliskiren kann - wie alle Arzneistoffe, welche direkt am Renin-Angiotensin-Aldosteron-System agieren - schwerwiegende Wirkungen auf die Frucht im Mutterleib während der Fetogenese haben. Die Anwendung während der Schwangerschaft ist deshalb absolut kontraindiziert.

  • Stillzeit

Es ist nicht bekannt, ob Aliskiren oder seine Stoffwechselprodukte in die Muttermilch übergehen. Aliskiren wurde allerdings während der Laktation in der Milch von Ratten gefunden. Weil die Folgen und Nebenwirkungen beim Säugling unbekannt sind, muss sich die stillende Mutter überlegen, entweder das Arzneimittel zu nehmen oder sonst abzustillen.

Unerwünschte Wirkungen (Nebenwirkungen)

Aliskiren hat bei therapeutischer Dosierung ein geringes Nebenwirkungsprofil. Die häufigste unerwünschte Wirkung war Diarrhoe (Durchfall) und andere gastrointestinale Beschwerden. Gelegentlich wurden Kopfschmerzen, Nausea (Übelkeit), Müdigkeit, Infektionen der oberen Atmungsorgane, Rückenschmerzen, Husten und Hautausschläge beobachtet.

Handelsnamen und Darreichungsformen

Wichtiger Hinweis: Handelsnamen und Darreichungsformen von Arzneistoffen unterliegen keiner Standardisierung. Sie können sich daher in einzelnen Ländern unterscheiden.

CH: Rasilez® Filmtabletten mit 150 mg und 300 mg; GB: Rasilez® Filmtabletten mit 150 mg und 300 mg; EU: Enviage® Filmtabletten mit 150 mg und 300 mg; USA: Tekturna® Filmtabletten mit 150 mg und 300 mg

Pharmakologische Eigenschaften

Wirkungsmechanismus (Pharmakodynamik)

Aliskiren ist ein neues Antihypertensivum, das im Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS) ganz zu Beginn der Angiotensin-II-Biosynthese angreift. Es bindet direkt an die Protease Renin und verhindert dadurch die Umwandlung von Angiotensinogen in Angiotensin I. Die bei ACE-Hemmern inkomplette Hemmung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems wird damit umgangen. Zugleich sinken auch die Angiotensin-II-Spiegel, die unter der Therapie mit AT1-Antagonisten (Sartane) steigen.[5]

Aufnahme und Verteilung im Körper (Pharmakokinetik)

Aliskiren wird nach oraler Einnahme schlecht resorbiert. Die orale Bioverfügbarkeit ist gering und beträgt etwa 2,6 %. Aliskiren hat eine Halbwertszeit von 25 Stunden. Die maximale Konzentration im Blutplasma wird in ein bis vier Stunden nach oraler Einnahme erreicht. Das Verteilungsvolumen beträgt 4,2 L/Kg. Der steady-state wird bei kontinuierlicher Anwendung nach ca. 7-8 Tagen erreicht. Diese Eigenschaften von Aliskiren sind auch bei älteren Patienten, Diabetikern, Patienten mit renalen und hepatischen Funktionsstörung nicht verändert. Der große Vorteil ist die Eigenschaft, dass die Substanz in allen Dosen den Blutdruck effektiv über 24 Stunden und damit auch in den Morgenstunden senkt.

Toxikologie

Es stehen nur begrenzte Daten zur Überdosierung mit Aliskiren beim Menschen zur Verfügung. Der wahrscheinlichste Effekt ist eine Hypotonie (niedriger Blutdruck). Es steht kein Antidot zur Verfügung. Die Therapie besteht in der engmaschigen Überwachung der Vitalfunktionen.

Sonstige Informationen

Chemische Informationen

Es wird bei allen galenischen Formen das Salz ALISKIREN HEMIFUMARAT verwendet.

Beschreibung von ALISKIREN HEMIFUMARAT[6]
Freiname ALISKIREN HEMIFUMARAT
IUPAC-Nomenklatur (2S,4S,5S,7S)-N-(2-Carbamoyl-2-methylpropyl)-5-amino-4-hydroxy-2,7-diisopropyl-8-
[4-methoxy-3-(3-methoxypropoxy)phenyl]-octanamide-hemifumarate
Summenformel C32H55N3O8
ChemIDplus Aliskiren bei ChemIDplus
Molare Masse 609,80 g·mol−1
Löslichkeit Sehr leicht löslich in Wasser,
Gut löslich in Octanol und Phosphatpuffer
Aggregatzustand Festes, weißes bis hellgelbes kristallines Pulver, welches sehr hygroskopisch ist.
Schmelzpunkt  ?
LD50  ?

Pharmazeutische Hilfsstoffe

Tekturna® und Rasilez® Filmtabletten enthalten als pharmazeutische Hilfsstoffe: kolloidales Siliciumdioxid, Polyvinylpyrrolidon, Hydroxypropylmethylzellulose, Eisen(II)-oxid (als Färbemittel), Magnesiumstearat, mikrokristalline Zellulose, Titandioxid, Talk und Polyethylenglykol.

Geschichtliches

Die Forschung am RAAS, an Renin und den Reninhemmern ist eine mehr als dreißigjährige Geschichte. Die ersten Arzneimittel waren Peptide, welche - oral appliziert - schon im Verdauungstrakt vor ihrer Resorption zerstört wurden und eine maximale Bioverfügbarkeit von 0,5 % hatten. Das erste marktreife Präparat Pepstatin wurde bereits 1971 vorgestellt. Es hätte parenteral appliziert werden müssen, was kein Patient mit einer Hypertonie angesichts oraler Alternativen akzeptiert hätte. Außerdem waren die ersten Peptid-Reninhemmer nur sehr kurz wirksam, was wegen der mehrmals täglichen Applikation ebenfalls kein konkurrenzfähiges Medikament verheißt. Andere Präparate scheiterten an einer zu geringen Wirkung oder Problemen mit der Verträglichkeit.[7]
Diese Probleme scheinen nun mit Aliskiren weitgehend gelöst zu sein. Es handelt sich um einem nicht-peptidischen, oral wirksamen, direkten Reninhemmer zur Behandlung der arteriellen Hypertonie (hoher Blutdruck). Ciba-Geigy, heute Novartis, entdeckte Aliskiren und patentierte es 1996 unter der US Patent Nr. 5.559.111.[8] Die Firma Speedel, ein in Basel und Bridgewater (USA) angesiedeltes, privates Biopharmazie-Unternehmen, erwarb die Lizenz an SPP100 (Code-Name für Aliskiren während der Entwicklung) im Jahr 1999 von Novartis und führte in den Phasen I und II mit Erfolg 18 klinische Studien an ca. 500 Patienten sowie gesunden Probanden durch. Basierend auf den während dieses Programms generierten Ergebnissen, übte Novartis im Jahr 2002 eine ihr gewährte Rücklizenz aus und startete danach die klinischen Untersuchungen mit SPP100 in Phase III als Monotherapie gegen Bluthochdruck und in Phase IIb als Kombinationstherapie.

Studien

  • Angiotensin II Suppression in Humans by the Orally Active Renin Inhibitor Aliskiren
  • Renin inhibition with aliskiren provides additive antihypertensive efficacy when used in combination with hydrochlorothiazide
  • Aliskiren, a Novel Orally Effective Renin Inhibitor, Provides Dose-Dependent Antihypertensive Efficacy and Placebo-Like Tolerability in Hypertensive Patients
  • Blood Pressure Lowering in Essential Hypertension With an Oral Renin Inhibitor, Aliskiren
  • ACE Inhibition Versus Angiotensin Type 1 Receptor Antagonism
  • Angiotensin II Suppression in Humans by the Orally Active Renin Inhibitor Aliskiren (SPP100)
  • Pharmacologic Demonstration of the Synergistic Effects of a Combination of the Renin Inhibitor Aliskiren and the AT1 Receptor Antagonist Valsartan on the Angiotensin II–Renin Feedback Interruption
  • Aliskiren reduces blood pressure and suppresses plasma renin activity in combination with a thiazide diuretic, an angiotensin-converting enzyme inhibitor, or an angiotensin receptor blocker
  • Tissue Angiotensin and Pathobiology of Vascular Disease
  • Absorption, distribution, metabolism and elimination of the direct renin inhibitor aliskiren in healthy volunteers

Literatur

  • Hermann J. Roth: Medizinische Chemie : Targets und Arzneistoffe, Dt. Apotheker-Verlag, Stuttgart 2005, ISBN 3-7692-3483-9
  • Heinz Lüllmann, Klaus Mohr, Lutz Hein: Pharmakologie und Toxikologie. 16. Auflage. Thieme, Stuttgart 2006, ISBN 3-13-368516-3.
  • W. Forth et al.: Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie. 9. Auflage. Urban & Fischer, München 2005, ISBN 3-437-42521-8.
  • Gerhard Thews: Anatomie, Physiologie, Pathophysiologie des Menschen. Wiss. Verlag-Ges., Stuttgart 2007, ISBN 978-3-8047-2342-9

Einzelnachweise

  1. FDA Approves New Drug Treatment for High Blood Pressure
  2. Europäischer Öffentlicher Beurteilungsbericht zu Rasilez®
  3. Zulassung von Aliskiren bei Swissmedic
  4. [1] FDA Approves New Drug Treatment for High Blood Pressure
  5. American Heart Association, Inc. Aliskiren, a Novel Orally Effective Renin Inhibitor, Provides Dose-Dependent Antihypertensive Efficacy and Placebo-Like Tolerability in Hypertensive Patients
  6. [http://www.pharma.us.novartis.com/product/pi/pdf/tekturna.pdf Novartis - Tekturna® Prescribing Information]
  7. W. Forth, D. Henschler, W. Rummel Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie, 9. Auflage, URBAN & FISCHER, München, 2005, Seite 458, ISBN 3-437-42521-8
  8. US Patent Nr. 5.559.111
Bitte beachten Sie den Hinweis zu Gesundheitsthemen!
 
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Aliskiren aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
Ihr Bowser ist nicht aktuell. Microsoft Internet Explorer 6.0 unterstützt einige Funktionen auf ie.DE nicht.