Um alle Funktionen dieser Seite zu nutzen, aktivieren Sie bitte die Cookies in Ihrem Browser.
my.chemie.de
Mit einem my.chemie.de-Account haben Sie immer alles im Überblick - und können sich Ihre eigene Website und Ihren individuellen Newsletter konfigurieren.
- Meine Merkliste
- Meine gespeicherte Suche
- Meine gespeicherten Themen
- Meine Newsletter
Amphibolgruppe
Die Amphibolgruppe (kurz: Amphibole) umfasst Silikate, die sich strukturell durch Doppelketten aus eckenverknüpften SiO4-Tetraedern auszeichnen und deren Zusammensetzung der folgenden verallgemeinerten Summenformel genügt: A0-1B2C5T8O22(OH)2. In dieser Strukturformel repräsentieren die Großbuchstaben A,B,C und T unterschiedliche Positionen in der Amphibolstruktur. Sie werden durch folgende Kationen belegt:
Anstelle der Hydroxylgruppe (OH) enthalten Amphibole auch F-, Cl-, O2- Fett hervorgehoben sind die dominierenden Kationen auf den einzelnen Positionen. Amphibole sind die Mineralgruppe mit der wohl größten chemischen Variabilität. Nicht zuletzt deshalb treten Amphibole weltweit in sehr vielen verschiedenen Paragenesen und geologischen Milieus auf. Sie sind wichtiger Bestandteil sowohl magmatischer wie auch metamorpher Gesteine unterschiedlichster Zusammensetzung und Bildungsbedingungen. Weiteres empfehlenswertes Fachwissen
Klassifizierung und NomenklaturAufgrund der chemischen und strukturellen Komplexität der Amphibole hat sich die Erstellung einer weltweit anerkannten Nomenklatur über Jahrzehnte hingezogen. Allein die Ausarbeitung des ersten Vorschlages der International Mineralogical Association (IMA) (1978) zog sich 13 Jahre hin. Es brauchte 9 weitere Jahre, diesen Vorschlag zu vereinfachen und an neue Funde anzupassen. Diese 1997 vorgestellte Amphibolnomenklatur wurde bis zum Jahre 2003 erneut überarbeitet und um eine weitere Amphibolgruppe ergänzt. Basis einer korrekten Benennung eines Amphibols ist eine vollständige chemische Analyse und die Anwendung eines vorgegebenen Berechnungsschemas, mit dem die genauen Gehalte der einzelnen Elemente normiert und auf die einzelnen Positionen (A, B, C, T) aufgeteilt werden. Anhand der Besetzung der B-Position werden die Amphibole danach in 5 Gruppen unterteilt:
In diesen fünf Gruppen werden 78 Basisnamen für Amphibole festgelegt. Abweichungen von den im Anschluss aufgeführten Zusammensetzungen, z. B. durch den Einbau weiterer, hier nicht angegebener Kationen ins Kristallgitter wie Chrom, Blei, Kalium …, wird durch Namenspräfixe und vorangestellte Adjektive Rechnung getragen. Präfixe in Amphibolnamen
Präfixe kennzeichnen wesentliche Substitutionen und sind integraler Bestandteil des Namens. Sie werden dem Basisnamen direkt vorangestellt, im gleichen Wort oder durch einen Bindestrich getrennt. Vorangestellte Adjektive beschreiben untergeordnete Variationen der Zusammensetzungen. Sie werden als Adjektiv ohne Bindestrich dem Basisnamen vorangestellt (bariumhaltig, borhaltig, bleihaltig, nickelhaltig, …). In den im folgenden angegebenen Strukturformeln können sich die in Klammern stehenden Atome in beliebiger Mischung durch Substitution vertreten, stehen aber immer im selben Verhältnis zu den anderen Atomgruppen. Magnesuim-Eisen-Mangan-Lithium-AmphiboleAmphibole dieser Gruppe kommen sowohl mit orthorhombischer als auch mit monokliner Symmetrie vor. Orthorhombische Amphibole: Die meisten orthorhombischen Amphibole kristallisieren in der Raumgruppe Pnma. Das Auftreten der Raumgruppe Pnmn kann im Namen durch den Prefix Proto gekennzeichnet werden. Anthophyllit-Reihe: Diese Reihe umfasst Amphibole der Zusammensetzung NaxLiz(Fe2+, Mg, Mn) 7-y-zAly(Si8-x-y+zAlx+y-z)O22(OH, F, Cl) 2 mit Si > 7,0 und Li < 1,0. Folgende Endglieder bilden die Grenzen der Anthophyllitzusammensetzungen:
Gedrit-Reihe: Zusammensetzungen dieser Reihe werden durch die gleiche Strukturformel beschrieben, wie die Anthophyllit-Reihe, jedoch mit Si < 7,0. Die Reihe enthält folgende Endglieder:
Holmquisit-Reihe: Diese Reihe enthält Amphibole der Zusammensetzung [Li2(Fe2+, Mg)3(Fe3+, Al)2]Si8O22(OH, F, Cl)2 mit Li > 1,0.
Monokline Amphibole Cummingtonit-Grunerit-Reihe: Amphibole dieser Reihe genügen der allgemeinen Formel (Mg, Fe, Mn, Li)7Si8O22(OH)2 mit Li < 1,0.
Clinoholmquisit-Reihe: Diese Reihe wird durch die Strukturformel [Li2(Fe2+, Mg, Mn)3(Fe3+, Al)2]Si8O22(OH, F, Cl)2 beschrieben mit mehr als 1,0 Li auf der B-Position und, entscheidend, weniger als 0,5 Li auf der C-Position.
Pedrizit-Ferropedrizit-Reihe: Diese Reihe wird durch die Strukturformel NaLi2[Li(Fe2+, Mg, Mn)2(Fe3+, Al)2]Si8O22(OH, F, Cl)2 beschrieben mit mehr als 1,0 Li auf der B-Position und, entscheidend, mehr als 0,5 Li auf der C-Position.
Calcium-AmphiboleDiese Gruppe, oftmals synonym als Hornblende bezeichnet [1], umfasst monokline Amphibole mit mehr als 1.5 Ca auf der B-Position. Eine weitere Unterteilung kann anhand der Besetzung der A-Position vorgenommen werden. Zu dieser Gruppe gehören folgende Endglieder: Calcium-Amphibole mit weniger als 0,5 (Na,K) auf der A-Position:
Calcium-Amphibole mit mehr als 0,50 Ca auf der A-Position:
Calcium-Amphibole mit mehr als 0,5 (Na,K) auf der A-Position:
Calcium-Amphibole mit mehr als 0,5 (Na,K) auf der A-Position und mehr als 0,50 Ti:
Natrium-Calcium-AmphiboleZu dieser Gruppe gehören monokline Amphibole mit mehr als 1 (Ca,Na) auf der B-Position (B(Ca,Na)>=1,0) und Na-Gehalten auf der B-Position zwischen 0,50 und 1,50 apfu (Atome pro Formeleinheit). Eine weitere Unterteilung erfolgt anhand der Besetzung der A-Position. Folgende Endglieder gehören in diese Gruppe: Natrium-Calcium-Amphibole mit mehr als 0,50 (Na,K) auf der A-Position (Richterit-Katophorit-Taramit):
Natrium-Calcium-Amphibole mit weniger als 0,50 (Na,K) auf der A-Position (Winchit-Barroisit):
Alkali-AmphiboleZu dieser Gruppe gehören monokline Amphibole mit mehr als 1,50 Na auf der B-Position. Unterteilt wird diese Gruppe anhand der Li- und Mn-Gehalte sowie der Na-Gehalte auf der A-Position. Alkali-Amphibole mit weniger als 0,5 Li, (Mn2+ + Mn3+) < (VIAl + Fe3+ + Fe2+ + Mg) und weniger als 0,50 Na+K auf der A-Position: Glaukophan, Riebekit
Alkali-Amphibole mit weniger als 0,5 Li, (Mn2+ + Mn3+) < (VIAl + Fe3+ + Fe2+ + Mg) und mehr als 0,50 Na+K auf der A-Position: Eckermannit, Arfvedsonit, Obertiit, Nyböit
Alkali-Amphibole mit weniger als 0,5 Li, (Mn2+ + Mn3+) > (VIAl + Fe3+ + Fe2+ + Mg) und mehr als 0,50 Na+K auf der A-Position: Ungarettiit, Kozulit
Alkali-Amphibole mit mehr als 0,5 Li: Leakeit, Kornit
Natrium-Calcium-Magnesium-Eisen-Mangan-Lithium-AmphiboleDiese Gruppe wurde von der IMA erst im Jahre 2003 eingeführt, um neueren Funden von Amphibolen mit ungewöhnlich hohen Gehalten von kleinen zweiwertigen Kationen (Mg, Mn, Fe …) gerecht zu werden. Charakteristisch für Amphibole dieser Gruppe ist eine Besetzung der B-Position mit 0,50 < (Mg, Fe2+, Mn2+, Li) < 1,50 und 0,50 <= (Na, Ca) <= 1,50. Gruppe5-Amphibole mit mehr als 0,50 Li auf der B-Position
Gruppe5-Amphibole mit weniger als 0,50 Li auf der B-Position Hier werden die Namen der Gruppen 1 bis 4 verwendet, ergänzt mit dem Präfix ‚Parvo’ (lateinisch für ‚klein’), um auf die erhöhten Gehalte kleiner Kationen auf der B-Position hinzuweisen. StrukturDie große Variationsbreite der chemischen Zusammensetzung der Amphibole findet ihre Erklärung in ihrer Struktur. Sie weist Kationenpositionen von sehr unterschiedlicher Größe und Form auf und bietet so einer Vielzahl von Kationen unterschiedlichster Größe und Ladung platz. Auf allen diesen Kationenpositionen sind die Kationen von Sauerstoffanionen umgeben, wenn man von kleineren Fluorgehalten einmal absieht. Die verschiedenen Positionen unterscheiden sich in der Anzahl der umgebenden Anionen (Koordinationszahl), deren Abstand zum Kation und Anordnung um das Kation herum. Generell gilt: Je mehr Anionen ein Kation umgeben, desto größer wird der mittlere Abstand von der Kationenposition zu den Anionen, desto schwächer werden die einzelnen Bindungen und desto größer wird der ionische Charakter der Bindungen. Die Amphibolstruktur weist Kationenpositionen mit 4 verschiedenen Koordinationszahlen auf.
Die Strukturabbildungen zeigen der Klarheit wegen nur die Flächen dieser Koordinationspolyeder. Die Sauerstoffe und Kationen selbst sind nicht dargestellt. Die Sauerstoffanionen befinden sich auf den Ecken der Polyeder, die Kationen im Zentrum der Polyeder. Silikat-AnionenkomplexDas strukturelle Charakteristikum aller Amphibole ist die Doppelkette aus SiO4-Tetraedern mit der Summenformel [Si4O11]6-. Nach der Silikatklassifikation von F. Liebau gehören die Amphibole zur Gruppe der unverzweigten zweier Doppelketten- Silikate. Silicium ist von vier Sauerstoffatomen umgeben, die die Ecken eines Tetraeders bilden, in dessen Mitte das Si4+-Kation sitzt. Diese SiO4-Tertraeder sind über zwei Sauerstoffe zu idealerweise unendlichen Ketten verbunden. Zwei solcher Ketten sind jeweils über jeden zweiten SiO4-Tetraeder zu Doppelketten verbunden (siehe Abbildung). Es ergeben sich zwei strukturell unterschiedliche SiO4-Tetraeder. Der Tetraeder T1 verbindet die beiden Zweier-Einfachketten zu einer Zweier-Doppelkette und ist über drei Sauerstoffe mit benachbarten SiO4-Tetraedern verbunden. Das Tetraeder T2 ist nur über zwei Sauerstoffe mit benachbarten SiO4-Tetraedern verbunden. Die SiO4-Tetraeder sind in den Doppelketten so angeordnet, das sie alle mit einer Tetraederspitze in die gleiche Richtung ungefähr senkrecht zur Doppelkettenebene zeigen. Entsprechend weisen alle Tetraeder mit einer Fläche in die entgegensetzte Richtung. Die nebenstehende Abbildung zeigt einen Ausschnitt einer SiO4-Zweier-Doppelkette mit Blick auf die Tetraederbasisflächen.
Koordination der zwei- und dreiwertigen KationenDie C-Position aus der oben angegebenen Strukturformel umfasst die drei strukturell unterscheidbaren Positionen M1, M2 und M3. Auf diesen drei Positionen werden die kleineren Kationen (vorwiegend Mg2+, Fe2+, Mn2+, Al3+) von sechs Sauerstoffen oktaedrisch koordiniert. Die Oktaeder der C-Position sind über gemeinsame Kannten zu idealer weise unendlichen Oktaederbändern verknüpft. Die B-Position liegt an den Rändern der Oktaederbänder und stellt die Verbindung zu benachbarten SiO4-Tetraederdoppelketten her. Die B-Position (in Strukturbeschreibungen meist als M4-Position bezeichnet) wird von acht Sauerstoffen umgeben, die auf den Ecken eines verzerrten kubischen oder tetragonalen Antiprismas liegen. Diese Position bietet Platz für größere zweiwertige Kationen wie Ca oder Pb (alle Calciumamphibole, z. B. Tremolit), kann aber auch vollständig von Mg und Fe besetzt sein (z. B. Anthophyllit, Grunerit).
Die A-Position wird von 12 Sauerstoffen umgeben. Sie liegt zwischen zwei Silikatdoppelketten ungefähr oberhalb bzw. unterhalb des Zentrums der SiO4-Sechserringe (siehe Abbildung) und stellt so eine schwache Verknüpfung der I-Beams (siehe folgender Abschnitt) untereinander her. Die Doppelketten liegen nicht genau übereinander, so dass sich für die A-Position eine sehr unregelmäßige Sauerstoffkonfiguration ergibt.
I-BeamsJe zwei Tetraederdoppelketten sind über ihre freien Spitzen mit der Ober- bzw. Unterseite eines Oktaederbandes verbunden. Diese sandwichartige Baueinheit wird wegen ihres an den Großbuchstaben I erinnernden Querschnitts auch als I-Beam bezeichnet.
Diese I-Beams sind untereinander über die M4-und M2-Oktaeder verbunden, wobei die Ränder der Silitatdoppelketten an die M4-und M2-Oktaeder der benachbarten I-Beams gebunden sind. Bildung und FundorteDie eisenreiche Hornblende, ein besonders wichtiges Amphibol, die neben Eisen hohe Anteile an Calcium, Natrium und Magnesium enthält, tritt sowohl in magmatischen, als auch in metamorphen Gesteinen wie z. B. Amphibolit auf. Tremolit, Aktinolith oder Nephrit, letzteres als wichtigster Bestandteil von Jade, finden sich hauptsächlich in metamorphen Gesteinen. Fundorte gibt es weltweit, daher muss die genannte Liste der Fundorte unvollständig bleiben: Greenbushes/Western Australia in Australien, Brumado/Bahia in Brasilien, Bodenmais in Deutschland, Québec in Kanada, Manono in der Demokratischen Republik Kongo, Brandbrücken in Österreich, Snarum und Utö in Schweden, Campolungo in der Schweiz, Hermanov in Tschechien, New York in den USA. VerwendungBis in die 1970er Jahre wurde unter anderem Riebeckit (Krokydolith, blauer Asbest) zu widerstandsfähigen und feuerfesten Isolierungen und Geweben verarbeitet. Heinrich Harrer berichtet bei der Durchquerung West Papuas 1962, dass die Dani in der Gegend um Mulia neben dem grünen Epidot auch gerne blauen Glaukophan für die Herstellung von Steinäxten verwenden. An ausgesuchten Stellen im Steinbruch wurden Feuer entzündet und Stunden später mit Geröllsteinen, Keilen und Stangen Gestein abgebrochen und mit Holzzangen in Sicherheit gebracht. Harrer staunt, wie rasch die Steine behauen und die Rohform der Steinaxt zum Vorschein kommt. VorsichtsmaßnahmenAktinolith, Anthophyllit, Riebeckit und Tremolit aus der Amphibolgruppe sind wie alle Asbeste dafür bekannt, Lungenkrankheiten wie Asbestose oder Mesotheliome auszulösen. Siehe auchEinzelnachweise
Literatur
|
|||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Amphibolgruppe aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar. |