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Amphibolgruppe



Amphibolgruppe
Amphibol, Fundort: Dolné Breziny, Slowakei
Chemismus siehe Einzelminerale
Mineralklasse Kettensilikate und Bandsilikate (Inosilikate)
VIII/F.7 bis VIII/F.12 (nach Strunz)
Kristallsystem monoklin oder orthorhombisch
Kristallklasse 2/m oder 2/m 2/m 2/m
Farbe variabel, siehe Einzelminerale
Strichfarbe variabel, siehe Einzelminerale
Mohshärte 5 bis 6
Dichte (g/cm³) 3 bis 3,6
Glanz
Transparenz
Bruch
Spaltbarkeit vollkommen nach (110) bei monoklinen Amphibolen. Perfekt nach (210) und schlecht nach (100) bei orthorhombischen Amphibolen. 2 gute Spaltbarkeiten parallel c bilden einen Winkel von 55° bzw 125°
Habitus sehr unterschiedlich, manche Hornblenden zeigen in Vulkaniten gut ausgebildete Kristallformen
Häufige Kristallflächen
Zwillingsbildung
Kristalloptik
Brechzahl
Doppelbrechung
(optische Orientierung)
Pleochroismus
Winkel/Dispersion
der optischen Achsen
2vz ~
Weitere Eigenschaften
Phasenumwandlungen
Schmelzpunkt
Chemisches Verhalten
Ähnliche Minerale
Radioaktivität nicht radioaktiv
Magnetismus nicht magnetisch
Besondere Kennzeichen

Die Amphibolgruppe (kurz: Amphibole) umfasst Silikate, die sich strukturell durch Doppelketten aus eckenverknüpften SiO4-Tetraedern auszeichnen und deren Zusammensetzung der folgenden verallgemeinerten Summenformel genügt:

A0-1B2C5T8O22(OH)2.

In dieser Strukturformel repräsentieren die Großbuchstaben A,B,C und T unterschiedliche Positionen in der Amphibolstruktur. Sie werden durch folgende Kationen belegt:

  • A: Leerstellen, Na+, K+, Ba+, Sr+, Ca+, Li+
  • B: Ca2+, Na+, Mg2+, Fe2+, Mn2+, Li+, Sr2+, Ba2+, Mn2+, Fe2+, Co2+, Ni2+, Zn2+, Mg2+, Pb2+, Cu, Zr, Mn3+, Cr3+, V, Fe3+,
  • C: Mg2+, Fe2+, Mn2+, Li+, Al3+, Zn2+, Ni2+, Co2+, Ti4+, Fe3+, V, Cr3+, Mn3+, Zr,
  • T: Si4+, Al3+, Ti4+

Anstelle der Hydroxylgruppe (OH) enthalten Amphibole auch F-, Cl-, O2-

Fett hervorgehoben sind die dominierenden Kationen auf den einzelnen Positionen.

Amphibole sind die Mineralgruppe mit der wohl größten chemischen Variabilität. Nicht zuletzt deshalb treten Amphibole weltweit in sehr vielen verschiedenen Paragenesen und geologischen Milieus auf. Sie sind wichtiger Bestandteil sowohl magmatischer wie auch metamorpher Gesteine unterschiedlichster Zusammensetzung und Bildungsbedingungen.

Inhaltsverzeichnis

Klassifizierung und Nomenklatur

Aufgrund der chemischen und strukturellen Komplexität der Amphibole hat sich die Erstellung einer weltweit anerkannten Nomenklatur über Jahrzehnte hingezogen. Allein die Ausarbeitung des ersten Vorschlages der International Mineralogical Association (IMA) (1978) zog sich 13 Jahre hin. Es brauchte 9 weitere Jahre, diesen Vorschlag zu vereinfachen und an neue Funde anzupassen. Diese 1997 vorgestellte Amphibolnomenklatur wurde bis zum Jahre 2003 erneut überarbeitet und um eine weitere Amphibolgruppe ergänzt.

Basis einer korrekten Benennung eines Amphibols ist eine vollständige chemische Analyse und die Anwendung eines vorgegebenen Berechnungsschemas, mit dem die genauen Gehalte der einzelnen Elemente normiert und auf die einzelnen Positionen (A, B, C, T) aufgeteilt werden.

Anhand der Besetzung der B-Position werden die Amphibole danach in 5 Gruppen unterteilt:

  1. Gruppe: Magnesuim-Eisen-Mangan-Lithium-Amphibole: Mg+Fe+Mn+Li >= 1.5
  2. Gruppe: Calcium-Amphibole: Mg+Fe+Mn+Li < 1.5 und Ca+Na >= 1.00 und Na < 0.50
  3. Gruppe: Natrium-Calcium-Amphibole: Mg+Fe+Mn+Li <= 0,50 und Ca+Na >= 1.00 und 0,50 <= Na <= 1,50
  4. Gruppe: Alkali-Amphibole: Mg+Fe+Mn+Li <= 0,50 und Na >= 1,50
  5. Gruppe: Na-Ca-Mg-Fe-Mn-Li-Amphibole: 0,50 <= Mg+Fe+Mn+Li <= 1,50 und 0,50 <= Na+Ca <= 1,50

In diesen fünf Gruppen werden 78 Basisnamen für Amphibole festgelegt. Abweichungen von den im Anschluss aufgeführten Zusammensetzungen, z. B. durch den Einbau weiterer, hier nicht angegebener Kationen ins Kristallgitter wie Chrom, Blei, Kalium …, wird durch Namenspräfixe und vorangestellte Adjektive Rechnung getragen.

Präfixe in Amphibolnamen

Präfixe für Amphibolnamen
PräfixBedeutungVerwendung
TitanoTi > 0,50alle Gruppen, ohne Kaersutit
AluminoVIAl > 1,00nur Calcium- und Natrium-Calcium-Amphibole
FerriFe3+ > 1,00Alle Gruppen außer Natrium-Amphibolen
ChromioCr > 1,00Alle Gruppen
ManganiMn3+ > 1,00Alle Gruppen außer Kornit und Ungarettiit
Mangano1,0 < Mn2+ < 2,99Alle Gruppen außer Kornit und Ungarettiit
Permangano3,00 < Mn2+ < 4,99Alle Gruppen außer Kornit und Ungarettiit
FerroFe2+ > MgAlle Gruppen
MagnesioFe2+ < MgAlle Gruppen
ZinkoZn2+ > 1,00Alle Gruppen
KaliumK > 0,50Alle Gruppen
NatriumNa > 0,50nur Gruppe 1
ChloroCl > 1,00Alle Gruppen
FluoroF > 0,50Alle Gruppen

Präfixe kennzeichnen wesentliche Substitutionen und sind integraler Bestandteil des Namens. Sie werden dem Basisnamen direkt vorangestellt, im gleichen Wort oder durch einen Bindestrich getrennt.

Vorangestellte Adjektive beschreiben untergeordnete Variationen der Zusammensetzungen. Sie werden als Adjektiv ohne Bindestrich dem Basisnamen vorangestellt (bariumhaltig, borhaltig, bleihaltig, nickelhaltig, …).

In den im folgenden angegebenen Strukturformeln können sich die in Klammern stehenden Atome in beliebiger Mischung durch Substitution vertreten, stehen aber immer im selben Verhältnis zu den anderen Atomgruppen.

Magnesuim-Eisen-Mangan-Lithium-Amphibole

Amphibole dieser Gruppe kommen sowohl mit orthorhombischer als auch mit monokliner Symmetrie vor.

Orthorhombische Amphibole:

Die meisten orthorhombischen Amphibole kristallisieren in der Raumgruppe Pnma. Das Auftreten der Raumgruppe Pnmn kann im Namen durch den Prefix Proto gekennzeichnet werden.

Anthophyllit-Reihe:

Diese Reihe umfasst Amphibole der Zusammensetzung NaxLiz(Fe2+, Mg, Mn) 7-y-zAly(Si8-x-y+zAlx+y-z)O22(OH, F, Cl) 2 mit Si > 7,0 und Li < 1,0. Folgende Endglieder bilden die Grenzen der Anthophyllitzusammensetzungen:

  • Anthophyllit Mg7Si8O22(OH)2
  • Ferro-Anthophyllit Fe7Si8O22(OH)2
  • Natriumanthophyllit NaMg7Si7AlO22(OH)2
  • Natrium-Ferro-Anthophyllit NaFe7Si7AlO22(OH)2

Gedrit-Reihe:

Zusammensetzungen dieser Reihe werden durch die gleiche Strukturformel beschrieben, wie die Anthophyllit-Reihe, jedoch mit Si < 7,0. Die Reihe enthält folgende Endglieder:

  • Ferrogedrit Fe5Al2(Si6Al2)O22(OH)2
  • Gedrit Mg5Al2(Si6Al2)O22(OH)2
  • Natrium-Ferrogedrit NaFe6Al(Si6Al2O22)(OH)2
  • Natriumgedrit NaMg6Al(Si6Al2)O22(OH)2

Holmquisit-Reihe:

Diese Reihe enthält Amphibole der Zusammensetzung [Li2(Fe2+, Mg)3(Fe3+, Al)2]Si8O22(OH, F, Cl)2 mit Li > 1,0.

  • Holmquistit (Li2Mg3Al2)Si8O22(OH)2
  • Ferroholmquistit (Li2Fe3Al2)Si8O22(OH)2

Monokline Amphibole

Cummingtonit-Grunerit-Reihe:

Amphibole dieser Reihe genügen der allgemeinen Formel (Mg, Fe, Mn, Li)7Si8O22(OH)2 mit Li < 1,0.

  • Cummingtonit Mg7Si8O22(OH)2
  • Grunerit Fe7Si8O22(OH)2
  • Manganocummingtonit Mn2Mg5Si8O22(OH)2
  • Manganogrunerit Mn2Fe5Si8O22(OH)2
  • Permanganogrunerit Mn4Fe3Si8O22(OH)2

Clinoholmquisit-Reihe:

Diese Reihe wird durch die Strukturformel [Li2(Fe2+, Mg, Mn)3(Fe3+, Al)2]Si8O22(OH, F, Cl)2 beschrieben mit mehr als 1,0 Li auf der B-Position und, entscheidend, weniger als 0,5 Li auf der C-Position.

  • Klinoferroholmquistit (Li2Fe3Al2)Si8O22(OH)2
  • Klinoholmquistit (Li2Mg3Al2)Si8O22(OH)2
  • Ferri-Klinoferroholmquistit (Li2Fe2+3Fe3+2)Si8O22(OH)2
  • Ferri-Klinoholmquistit (Li2Mg2+3Fe3+2)Si8O22(OH)2

Pedrizit-Ferropedrizit-Reihe:

Diese Reihe wird durch die Strukturformel NaLi2[Li(Fe2+, Mg, Mn)2(Fe3+, Al)2]Si8O22(OH, F, Cl)2 beschrieben mit mehr als 1,0 Li auf der B-Position und, entscheidend, mehr als 0,5 Li auf der C-Position.

  • Natrium-Pedrizit: NaLi2(LiMg2+2Fe3+Al)Si8O22(OH)2
  • Natrium-Ferropedrizit: NaLi2(LiFe2+2Fe3+Al)Si8O22(OH)2

Calcium-Amphibole

Diese Gruppe, oftmals synonym als Hornblende bezeichnet [1], umfasst monokline Amphibole mit mehr als 1.5 Ca auf der B-Position. Eine weitere Unterteilung kann anhand der Besetzung der A-Position vorgenommen werden. Zu dieser Gruppe gehören folgende Endglieder:

Calcium-Amphibole mit weniger als 0,5 (Na,K) auf der A-Position:

  • Tremolit Ca2Mg5Si8O22(OH)2
  • Ferro-Aktinolith Ca2Fe2+5Si8O22(OH)2
  • Magnesiohornblende Ca2[Mg4(Al,Fe3+)](Si7Al)O22(OH,F)2
  • Ferrohornblende Ca2[Fe2+4(Al,Fe3+)](Si7Al)O22(OH,F)2
  • Tschermakit Ca2(Mg3Fe3+Al)(Si6Al2)O22(OH)2
  • Ferrotschermakit Ca2(Fe2+3Fe3+Al)(Si6Al2)O22(OH)2
  • Aluminotschermakit Ca2(Mg3Al2)(Si6Al2)O22(OH)2
  • Alumino-Ferrotschermakit Ca2(Fe2+3Al2)(Si6Al2)O22(OH)2
  • Ferritschermakit Ca2(Mg3Fe3+2)(Si6Al2)O22(OH)2
  • Ferri-Ferrotschermakit Ca2(Fe2+3Fe3+2)(Si6Al2)O22(OH)2

Calcium-Amphibole mit mehr als 0,50 Ca auf der A-Position:

  • Cannilloit CaCa2(Mg4Al)(Si5Al3)O22(OH)2

Calcium-Amphibole mit mehr als 0,5 (Na,K) auf der A-Position:

  • Edenit NaCa2Mg5(Si7Al)O22(OH)2
  • Ferro-Edenit NaCa2Fe2+5(Si7Al)O22(OH)2
  • Pargasit NaCa2Mg4Al(Si6Al2)O22(OH)2
  • Ferro-Pargasit NaCa2Fe2+4Al(Si6Al2)O22(OH)2
  • Magnesiohastingsit NaCa2Mg4Fe3+(Si6Al2)O22(OH)2
  • Hastingsit NaCa2Fe2+4Fe3+(Si6Al2)O22(OH)2
  • Magnesiosadanagait NaCa2[Mg3(Fe3+,Al)2](Si5Al3)O22(OH)2
  • Sadanagait NaCa2[Fe2+3(Fe3+,Al)2](Si5Al3)O22(OH)2

Calcium-Amphibole mit mehr als 0,5 (Na,K) auf der A-Position und mehr als 0,50 Ti:

  • Kaersutit NaCa2(Mg4Ti)(Si6Al2)O22(OH)2
  • Ferrokaersutit NaCa2(Fe2+4Ti)(Si6Al2)O22(OH)2

Natrium-Calcium-Amphibole

Zu dieser Gruppe gehören monokline Amphibole mit mehr als 1 (Ca,Na) auf der B-Position (B(Ca,Na)>=1,0) und Na-Gehalten auf der B-Position zwischen 0,50 und 1,50 apfu (Atome pro Formeleinheit). Eine weitere Unterteilung erfolgt anhand der Besetzung der A-Position. Folgende Endglieder gehören in diese Gruppe:

Natrium-Calcium-Amphibole mit mehr als 0,50 (Na,K) auf der A-Position (Richterit-Katophorit-Taramit):

  • Richterit Na(CaNa)Mg5Si8O22(OH)2
  • Ferrorichterit Na(CaNa)Fe2+5Si8O22(OH)2
  • Magnesiokatophorit Na(CaNa)(Mg4(Al,Fe3+))(Si7Al)O22(OH)2
  • Katophorit Na(CaNa)(Fe2+4(Al,Fe3+))(Si7Al)O22(OH)2
  • Magnesiotaramit Na(CaNa)(Mg3AlFe3+)Si6Al2O22(OH)2
  • Taramit Na(CaNa)(Fe2+3AlFe3+)Si6Al2O22(OH)2

Natrium-Calcium-Amphibole mit weniger als 0,50 (Na,K) auf der A-Position (Winchit-Barroisit):

  • Winchit (CaNa)Mg4(Al,Fe3+)Si8O22(OH)2
  • Ferrowinchit (CaNa)Fe2+4(Al,Fe3+)Si8O22(OH)2
  • Barroisit (CaNa)(Mg3AlFe3+)(Si7Al)O22(OH)2
  • Ferrobarroisit (CaNa)(Fe2+3AlFe3+)(Si7Al)O22(OH)2
  • Aluminobarroisit (CaNa)(Mg3Al2)(Si7Al)O22(OH)2
  • Alumino-Ferrobarroisit (CaNa)(Fe2+3Al2)(Si7Al)O22(OH)2
  • Ferribarroisit (NaCa)(Mg3Fe3+2)Si7AlO22(OH)2
  • Ferri-Ferrobarroisit (CaNa)(Fe2+3Fe3+2)(Si7Al)O22(OH)2

Alkali-Amphibole

Zu dieser Gruppe gehören monokline Amphibole mit mehr als 1,50 Na auf der B-Position. Unterteilt wird diese Gruppe anhand der Li- und Mn-Gehalte sowie der Na-Gehalte auf der A-Position.

Alkali-Amphibole mit weniger als 0,5 Li, (Mn2+ + Mn3+) < (VIAl + Fe3+ + Fe2+ + Mg) und weniger als 0,50 Na+K auf der A-Position: Glaukophan, Riebekit

  • Glaukophan Na2(Mg3Al2)Si8O22(OH)2
  • Ferroglaukophan Na2(Fe2+3Al2)Si8O22(OH)2
  • Magnesioriebeckit Na2(Mg3Fe3+2)Si8O22(OH)2
  • Riebeckit Na2(Fe2+3Fe2+2)Si8O22(OH)2

Alkali-Amphibole mit weniger als 0,5 Li, (Mn2+ + Mn3+) < (VIAl + Fe3+ + Fe2+ + Mg) und mehr als 0,50 Na+K auf der A-Position: Eckermannit, Arfvedsonit, Obertiit, Nyböit

  • Eckermannit NaNa2(Mg4Al)Si8O22(OH)2
  • Ferro-Eckermannit Na3(Fe2+4Al)Si8O22(OH)2
  • Magnesio-Arfvedsonit NaNa2(Mg4Fe3+)Si8O22(OH)2
  • Arfvedsonit NaNa2(Fe2+4Fe3+)Si8O22(OH)2
  • Obertiit NaNa2(Mg3Fe3+Ti)2Si8O22O2
  • Nyböit NaNa2Mg3Al2(Si7Al)O22(OH)2
  • Ferronyböit NaNa2(Mg3Al2)(Si7Al)O22(OH)2
  • Ferrinyböit NaNa2(Mg3Fe3+2)(Si7Al)O22(OH)2
  • Ferri-Ferronyböit NaNa2(Fe2+3Fe3+2)(Si7Al)O22(OH)2

Alkali-Amphibole mit weniger als 0,5 Li, (Mn2+ + Mn3+) > (VIAl + Fe3+ + Fe2+ + Mg) und mehr als 0,50 Na+K auf der A-Position: Ungarettiit, Kozulit

  • Ungarettiit NaNa2(Mn2+2Mn3+3Si8O22(OH)2
  • Kozulith Na3(Mn2+4(Fe3+,Al)) Si8O22(OH)2

Alkali-Amphibole mit mehr als 0,5 Li: Leakeit, Kornit

  • Leakeit NaNa2(Mg2Fe3+2Li)Si8O22(OH)2
  • Ferroleakeit NaNa2(Fe2+2Fe3+2Li)Si8O22(OH)2
  • Kornit (Na,K)Na2(Mg2Mn3+2Li)Si8O22(OH)2

Natrium-Calcium-Magnesium-Eisen-Mangan-Lithium-Amphibole

Diese Gruppe wurde von der IMA erst im Jahre 2003 eingeführt, um neueren Funden von Amphibolen mit ungewöhnlich hohen Gehalten von kleinen zweiwertigen Kationen (Mg, Mn, Fe …) gerecht zu werden. Charakteristisch für Amphibole dieser Gruppe ist eine Besetzung der B-Position mit 0,50 < (Mg, Fe2+, Mn2+, Li) < 1,50 und 0,50 <= (Na, Ca) <= 1,50.

Gruppe5-Amphibole mit mehr als 0,50 Li auf der B-Position

  • Ottoliniit: (NaLi)(Mg3Fe3+Al)Si8O22(OH)2
  • Ferri-Ottoliniit: (NaLi)(Fe2+3Fe3+Al)Si8O22(OH)2
  • Whittackerit: Na(NaLi)(LiMg2Fe3+Al)Si8O22(OH)2
  • Ferriwhittackerit: Na(NaLi)(LiFe2+2Fe3+Al)Si8O22(OH)2

Gruppe5-Amphibole mit weniger als 0,50 Li auf der B-Position

Hier werden die Namen der Gruppen 1 bis 4 verwendet, ergänzt mit dem Präfix ‚Parvo’ (lateinisch für ‚klein’), um auf die erhöhten Gehalte kleiner Kationen auf der B-Position hinzuweisen.

Struktur

Die große Variationsbreite der chemischen Zusammensetzung der Amphibole findet ihre Erklärung in ihrer Struktur. Sie weist Kationenpositionen von sehr unterschiedlicher Größe und Form auf und bietet so einer Vielzahl von Kationen unterschiedlichster Größe und Ladung platz. Auf allen diesen Kationenpositionen sind die Kationen von Sauerstoffanionen umgeben, wenn man von kleineren Fluorgehalten einmal absieht. Die verschiedenen Positionen unterscheiden sich in der Anzahl der umgebenden Anionen (Koordinationszahl), deren Abstand zum Kation und Anordnung um das Kation herum. Generell gilt: Je mehr Anionen ein Kation umgeben, desto größer wird der mittlere Abstand von der Kationenposition zu den Anionen, desto schwächer werden die einzelnen Bindungen und desto größer wird der ionische Charakter der Bindungen.

Die Amphibolstruktur weist Kationenpositionen mit 4 verschiedenen Koordinationszahlen auf.

  • Tetraederpositionen: 4 Anionen umgeben ein Kation tetraederförmig. Diese Position bietet kleinen Kationen mit zumeist hoher Ladung platz (Si4+, Ti4+, Al3+). Die kurzen Kation-Anion-Bindungen haben einen hohen kovalenten Anteil (Atombindungen). Atombindungen sind stark gerichtet. Daher muss die Geometrie der bindenden Atomorbitale möglichst gut mit der Anordnung der umgebenden Anionen übereinstimmen.
  • Oktaederpositionen: 6 Anionen umgeben ein Kation oktaederförmig. Diese Position bietet mittelgroßen, zumeist zwei- und dreiwertigen Kationen platz (Mg2+, Fe2+, Mn2+, Al3+, Fe3+). Die Bindungen sind vorwiegend ungerichtet ionisch.
  • 8-fach koordinierte Plätze: 8 Anionen umgeben ein Kationen in Form eines kubischen Antiprismas. Diese Position bietet großen ein- bis zweiwertigen Kationen platz (Na+, Ca2+). Die Bindungen sind schwach und ionisch.
  • 12-fach koordinierte Plätze: Diese Position bietet sehr großen ein- bis zweiwertigen Kationen platz (Na+, K+). Die Bindungen sind sehr schwach ionisch.

Die Strukturabbildungen zeigen der Klarheit wegen nur die Flächen dieser Koordinationspolyeder. Die Sauerstoffe und Kationen selbst sind nicht dargestellt. Die Sauerstoffanionen befinden sich auf den Ecken der Polyeder, die Kationen im Zentrum der Polyeder.

Silikat-Anionenkomplex

  Das strukturelle Charakteristikum aller Amphibole ist die Doppelkette aus SiO4-Tetraedern mit der Summenformel [Si4O11]6-. Nach der Silikatklassifikation von F. Liebau gehören die Amphibole zur Gruppe der unverzweigten zweier Doppelketten- Silikate.

Silicium ist von vier Sauerstoffatomen umgeben, die die Ecken eines Tetraeders bilden, in dessen Mitte das Si4+-Kation sitzt. Diese SiO4-Tertraeder sind über zwei Sauerstoffe zu idealerweise unendlichen Ketten verbunden. Zwei solcher Ketten sind jeweils über jeden zweiten SiO4-Tetraeder zu Doppelketten verbunden (siehe Abbildung).

Es ergeben sich zwei strukturell unterschiedliche SiO4-Tetraeder. Der Tetraeder T1 verbindet die beiden Zweier-Einfachketten zu einer Zweier-Doppelkette und ist über drei Sauerstoffe mit benachbarten SiO4-Tetraedern verbunden. Das Tetraeder T2 ist nur über zwei Sauerstoffe mit benachbarten SiO4-Tetraedern verbunden.

Die SiO4-Tetraeder sind in den Doppelketten so angeordnet, das sie alle mit einer Tetraederspitze in die gleiche Richtung ungefähr senkrecht zur Doppelkettenebene zeigen. Entsprechend weisen alle Tetraeder mit einer Fläche in die entgegensetzte Richtung. Die nebenstehende Abbildung zeigt einen Ausschnitt einer SiO4-Zweier-Doppelkette mit Blick auf die Tetraederbasisflächen.


Koordination der zwei- und dreiwertigen Kationen

  Die C-Position aus der oben angegebenen Strukturformel umfasst die drei strukturell unterscheidbaren Positionen M1, M2 und M3. Auf diesen drei Positionen werden die kleineren Kationen (vorwiegend Mg2+, Fe2+, Mn2+, Al3+) von sechs Sauerstoffen oktaedrisch koordiniert.

Die Oktaeder der C-Position sind über gemeinsame Kannten zu idealer weise unendlichen Oktaederbändern verknüpft. Die B-Position liegt an den Rändern der Oktaederbänder und stellt die Verbindung zu benachbarten SiO4-Tetraederdoppelketten her.

Die B-Position (in Strukturbeschreibungen meist als M4-Position bezeichnet) wird von acht Sauerstoffen umgeben, die auf den Ecken eines verzerrten kubischen oder tetragonalen Antiprismas liegen. Diese Position bietet Platz für größere zweiwertige Kationen wie Ca oder Pb (alle Calciumamphibole, z. B. Tremolit), kann aber auch vollständig von Mg und Fe besetzt sein (z. B. Anthophyllit, Grunerit).


  Die A-Position wird von 12 Sauerstoffen umgeben. Sie liegt zwischen zwei Silikatdoppelketten ungefähr oberhalb bzw. unterhalb des Zentrums der SiO4-Sechserringe (siehe Abbildung) und stellt so eine schwache Verknüpfung der I-Beams (siehe folgender Abschnitt) untereinander her. Die Doppelketten liegen nicht genau übereinander, so dass sich für die A-Position eine sehr unregelmäßige Sauerstoffkonfiguration ergibt.


I-Beams

  Je zwei Tetraederdoppelketten sind über ihre freien Spitzen mit der Ober- bzw. Unterseite eines Oktaederbandes verbunden. Diese sandwichartige Baueinheit wird wegen ihres an den Großbuchstaben I erinnernden Querschnitts auch als I-Beam bezeichnet.


  Diese I-Beams sind untereinander über die M4-und M2-Oktaeder verbunden, wobei die Ränder der Silitatdoppelketten an die M4-und M2-Oktaeder der benachbarten I-Beams gebunden sind.

Bildung und Fundorte

Die eisenreiche Hornblende, ein besonders wichtiges Amphibol, die neben Eisen hohe Anteile an Calcium, Natrium und Magnesium enthält, tritt sowohl in magmatischen, als auch in metamorphen Gesteinen wie z. B. Amphibolit auf. Tremolit, Aktinolith oder Nephrit, letzteres als wichtigster Bestandteil von Jade, finden sich hauptsächlich in metamorphen Gesteinen.

Fundorte gibt es weltweit, daher muss die genannte Liste der Fundorte unvollständig bleiben:

Greenbushes/Western Australia in Australien, Brumado/Bahia in Brasilien, Bodenmais in Deutschland, Québec in Kanada, Manono in der Demokratischen Republik Kongo, Brandbrücken in Österreich, Snarum und Utö in Schweden, Campolungo in der Schweiz, Hermanov in Tschechien, New York in den USA.

Verwendung

Bis in die 1970er Jahre wurde unter anderem Riebeckit (Krokydolith, blauer Asbest) zu widerstandsfähigen und feuerfesten Isolierungen und Geweben verarbeitet.

Heinrich Harrer berichtet bei der Durchquerung West Papuas 1962, dass die Dani in der Gegend um Mulia neben dem grünen Epidot auch gerne blauen Glaukophan für die Herstellung von Steinäxten verwenden. An ausgesuchten Stellen im Steinbruch wurden Feuer entzündet und Stunden später mit Geröllsteinen, Keilen und Stangen Gestein abgebrochen und mit Holzzangen in Sicherheit gebracht. Harrer staunt, wie rasch die Steine behauen und die Rohform der Steinaxt zum Vorschein kommt.

Vorsichtsmaßnahmen

Aktinolith, Anthophyllit, Riebeckit und Tremolit aus der Amphibolgruppe sind wie alle Asbeste dafür bekannt, Lungenkrankheiten wie Asbestose oder Mesotheliome auszulösen.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Mineralienatlas:Hornblende

Literatur

  • Paul Ramdohr, Hugo Strunz: Lehrbuch der Mineralogie (16. Aufl.), Ferdinand Enke Verlag (1978), ISBN 3-432-82986-8
  • Edition Dörfler: Mineralien Enzyklopädie, Nebel Verlag, ISBN 3-89555-076-0
  • Heinrich Harrer: Ich komme aus der Steinzeit. Ullstein, Frankfurt/Main 1963, ISBN 3-524-00331-1
 
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