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CarbeneUnter Carbenen versteht man die äußerst instabilen Verbindungen des zweiwertigen Kohlenstoffs mit einem Elektronensextett. Sie sind Elektronenmangelverbindungen mit zwei nichtbindenden Elektronen am Kohlenstoff, wodurch sie eine hohe Reaktivität an den Tag legen. Sie treten fast nur als Zwischenstufen bei chemischen Reaktionen auf und reagieren meist sofort weiter. Weiteres empfehlenswertes Fachwissen
Struktur und AufbauMan unterscheidet zwischen Singulett- und Triplett-Spinzuständen, je nachdem, ob die beiden freien Elektronen gepaart oder ungepaart (Triplett, dann handelt es sich um ein Biradikal) sind. Im Falle des Singulettcarbens befinden sich sämtliche Elektronen in sp2-Hybridorbitalen, am C-Atom bleibt ein unbesetztes p-Orbital zurück. Das Triplettcarben trägt hingegen jeweils ein Elektron in einem px-Orbital und eienm py-Orbital (die σ-Bindung wird über ein sp-Orbital hergestellt). Die Energiedifferenz zwischen Triplett- und Singulettzuständen ist meist klein und bestimmte Substituenten können den Singulettzustand stabilisieren. Hierzu zählen π-Donor-Substituenten. Solche können Elektronendichte in das freie p-Orbital am C-Atom donieren, und so den Singulettzustand, bei dem die nichtbindenden Elektronen im sp2-Hybridorbital gepaart sind, stabilisieren. Kombinierte starke π- und σ-Donorsubstituenten können ein Carben im Singulettzustand stabilisieren und für eine nucleophile Reaktivität sorgen. Umgekehrt verstärken stark elektronenziehende Substituenten die Elektrophilie des Carbens zusätzlich. Singulett Carbene lassen sich auch durch sterische Einflüsse bevorzugen, da die Triplett sp-Hybridisierung (180°), z.b. in einem 5-Ring nicht erreicht werden kann (z.B. Arduengo-Carbene) Der Grundzustand des Methylens entspricht einem Triplettzustand, wohingegen der angeregte Zustand einen Singulettzustand darstellt. Die Energiedifferenz beträgt dabei etwa 36 kJ/Mol. Neuere Untersuchungen schlagen eine substituentenabhängige Differenz von 1,7 - 4,8 kcal/mol vor. [1] Stabile CarbeneSeit 1991 sind auch einige stabile Carbene bekannt. Der Gruppe um den damaligen amerikanischen Industriechemiker Anthony J. Arduengo III gelang es 2005 zum ersten Mal ein Carben als kristalline, beliebig lange lagerbare Substanz zu erzeugen. Die nach ihm benannten Arduengo-Carbene weisen alle Atome mit freien Elektronenpaaren direkt benachbart zum Carbenzentrum auf. Diese vermindern durch eine zusätzliche π-Bindung dessen Elektronenmangel und reduzieren so die Elektrophilie solcher Carbene. Besonders stabile Carbene erhält man durch Resonanzstabilisierung, wenn π-Systeme gebildet werden, die nach der Hückel-Regel Aromaten darstellen. Bei den meisten Arduengo-Carbenen[2] sind es Stickstoffatome, die die π-Bindung ausbilden, es gibt aber auch Beispiele mit anderen Atomen (z.B. S, O und P). In diesem Zusammenhang muss erwähnt werden, dass auch Kohlenmonoxid CO und die schon lange bekannte Verbindungsklasse der Isonitrile RNC als stabile Carbene oder zumindest Carben-analoge Moleküle angesehen werden können. Sie enthalten nämlich ebenfalls zweiwertigen Kohlenstoff, nur dass hier anstelle von zwei Substituenten nur ein Substituent (O oder NC) über eine Mehrfachbindung angebunden ist. Auch hier entsteht eine zusätzliche π-Bindung, die zu einer Gesamtbindungsordnung von 3 führt. CarbenkomplexeWegen des freien Elektronenpaars eignen sich Carbene für den Einsatz als Liganden in organometallischen Komplexverbindungen. Vereinfacht erfolgt die Bindung zum Metall nach dem Dewar-Chatt-Duncanson-Modell. Die spezielle Unterklasse der N-Heterocyclischen Carbene (z.B. Arduengo-Carbene) sind wegen ihres ausgeprägten Donorcharacters in der Anorganischen Chemie von großer Bedeutung. Eine weite Anwendung finden sie in der Katalyse wo sie allmählich Phosphane verdrängen (z.B. bei der Metathese von Alkenen). SynthesenCarbene sind in der Regel derart reaktiv, daß sie nicht isoliert werden können, sondern in situ erzeugt werden. Unter bestimmten Bedingungen, wie die Einbettung in eine Tieftemperaturmatrix, kann aber auch Methylen stabilisiert und spektroskopisch untersucht werden. Aus DiazoverbindungenEin guter Zugang zu Carbenverbindungen ist die Thermo- oder Photolyse von Diazoverbindungen, welche sich von Diazomethan ableiten. Sie spalten ein Stickstoffmolekül ab und erzeugen so ein Carben. Verwendet man niedrigmolekulare Diazoverbindungen so stellt deren Instabilität ein erhebliches Problem dar. Man umgeht dies, indem man Diazo-Vorläufer-Moleküle verwendet, wie Hydrazone, welche hier ein Kondensat aus einem Keton oder Aldehyd mit Hydrazin darstellen. Der Hydrazon-Teil kann dann oxidativ abgespalten werden und es bleibt ein Carben zurück. Verwendet man ein substituiertes Hydrazon, wie beispielsweise Toluolsolfonhydrazid, so erhält man Tosylhydrazone, welche mit einer starken Base (z. Bsp. einem Alkoholat) zum Carben umgesetzt werden. Diese Reaktion ist als Bamford-Stevens-Reaktion bekannt. Aus KetenenAuch Ketene können eingesetzt werden, welche ein Molekül Kohlenmonoxid abspalten. Ketene sind allerdings ihrerseits aufwendig zu synthetisieren und neigen zu Polymerisationen, sodass sie in der Praxis selten zur Erzeugung von Carbenen benutzt werden. Durch α-EliminierungDie Untersuchung dieser Reaktion führte zur Entwicklung der Carbenchemie. Zunächst abstrahiert man mit einer Base ein Proton von Chloroform. Das entstehende Trichlormethylanion geht eine α-Eliminierung ein, sodass Dichlorcarben entsteht. Mittlerweile wird die Reaktion mit Chloroform und Natronlauge unter Zuhilfenahme eines Phasentransferkatalysators durchgeführt. Als solcher fungiert im allgemeinen ein quartäres Ammoniumsalz. WeitereEs exisitieren weitere Möglichkeiten zur Carbenerzeugung, wie z.B. aus Yliden, Heterocyclen oder sterisch gehinderten Alkanen. ReaktionenInsertionenCarbene können in C-H-Bindungen und C-X-Bindungen insertieren. Bei der Insertion in C-H-Bindungen muss wieder die Reaktivität der unterschiedlichen Spinzustände des Carbens berücksichtigt werden. Die Singulettform addiert in einem intermediären Schritt an die C-H-Bindung, sodass es zu einer Wanderung des H-Atoms an das Carben-C-Atom kommt. Es bildet sich eine neue C-C-Bindung unter Retention der Konfiguration des Substrates. Das Triplettcarben hingegen abstrahiert ein Wasserstoffatom vom Substrat und rekombiniert mit dem entstandenen Radikal. Somit ist die Reaktion nicht stereospezifisch, weil die Geometrie des intermediären Radikals nicht festgelegt ist. CycloadditionenAn AlkeneEine der bekanntesten Reaktionen ist die Addition von Carbenen an Alkene.
Sie führt zu Cyclopropanen.
Dabei ist die Addition eines Singulettcarbens immer stereospezifisch und verläuft unter Erhaltung der Stereochemie des Alkens. Ein Triplettcarben kann dagegen zu stereospezifischen Produkten führen, muss aber nicht. Man erklärt dies durch einen konzertierten Mechanismus, den das Singulettcarben eingeht. Das Triplettcarben addiert dagegen zunächst an ein C-Atom im Alken. Der Ringschluss zum Cyclopropan ist spinverboten. Es muss zunächst noch zu einer Spininversion kommen, welche Zeit benötigt. In diesem Zeitraum ist daher eine Rotation um eine C-C-Bindungsachse möglich. Ob also ein Triplettcarben stereospezifisch addiert, hängt davon ab, wie schnell die Spininversion im zweiten Schritt erfolgt. An AlkineDiese Cycloaddition führt statt zu Cyclopropanen zu Cyclopropenen. An AromatenDiese Additionen dienen unter anderem zur Ringerweiterung von cyclischen Aromaten. Es werden zumeist carbonylsubstituierte Carbene aufgrund ihrer stärkeren Elektrophilie verwendet. Zunächst addiert das Carben an eine formale Doppelbindung des Aromaten. Es entsteht ein 6-3-Bicyclus. Es kommt zu einer Umlagerung, wobei die beiden Ringen gemeinsame Bindung aufgelöst wird. Zurück bleibt ein, um eine C-Gruppe erweiterter, Cyclus. UmlagerungenWie viele Elektronenmangelverbindungen sind auch Carbene zu Umlagerungen fähig. Durch 1,2-Verschiebungen von Substituenten des Carbens werden Alkene gebildet. Quellen
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Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Carbene aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar. |