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Chemie im MittelalterDie Chemie im europäischen Mittelalter und der anschließenden Frühen Neuzeit existierte zunächst ähnlich der Chemie in der Antike in Form antiken, tradierten, praktischen Wissens über chemische Fertigkeiten und Techniken sowie ebenfalls antiker alchimistischer Anschauungen, die vom antiken China über den islamischen Raum bis in das mittelalterliche Abendland gelangten, nach Europa. Die Geschichte der Chemie ist im Mittelalter unter dem Deckmantel der Alchimie dann aber auch ein allmählicher Übergang von der Geschichte der Erfindungen und Entdeckungen durch antike „Meister“ der Probierkunst und antiken Naturphilosophien hin zu der der neuzeitlichen Forscher, die von Einführung wissenschaftlicher Methoden an über immer mehr Erkenntnisse und Techniken verfügten. Weiteres empfehlenswertes Fachwissen
Chemie und Alchimie im Mittelalters (ca. 650–1650 n.Chr.)Die „Alchimisten“ des Mittelalters übernahmen die von den arabischen Gelehrten aus der Antike tradierten Ansichten des Aristoteles, seinen Elementbegriff wie auch die Phlogistontheorie (griech.: „phlox“ = die Flamme + „phlogiston“ = das Feuerteilchen). Hinzu kamen Bezüge zur Astrologie (siehe auch: Geschichte der Astronomie), die schon die Babylonier (Chaldäer) benutzt hatten: Entsprechend den sieben wichtigsten bekannten Metallen gab es sieben Planeten – also mussten die Metalle unter dem Einfluss der Planeteneigenschaften ineinander umwandelbar sein:
Jedoch gelang die magische „Goldmacherei“ der Alchimisten mit Hilfe eines „Stein der Weisen“ (der einem Katalysator gleich die Veredlung oder „Transmutation“ der Metalle beschleunigen sollte) nicht, da sich die Atome anderer Metalle nicht in Goldatome umwandeln ließen (die Alchimisten gingen ja entsprechend Aristoteles davon aus, Metalle seien Atomgemische...). Immerhin tauchten Rezepte zur Herstellung von Falschgold auf, so z.B. bei Al-Razi (860–940 n.Chr.): Man „verröte“ Quecksilber (das „weibliche“ Prinzip: quirlig und flink-flüssig) durch zehnstündiges Kochen mit Schwefel (dem „männlichen“ Prinzip: feurig-brennbar, erdig, trocken) und „vermähle“ ein Teil dieses „Koitusproduktes“ (Zinnober, HgS) mit 10 Teilen Silber. Ibn Sina (Avicenna, 980–1037) widersprach: Nur die Natur könne unter dem Einfluss von Sonne und Mond Silber und Gold heranwachsen lassen... Unter dem gesuchten Stein der Weisen (lat.: Lapis philosophorum; arab.: El Iksir, daraus im Deutschen „Elixier“) stellten sich die alchemistischen Philosophen seit der Spätantike eine Substanz vor, durch die man unedle Metalle in Gold oder Silber verwandeln könne. Die Verwandlung der unedlen Metalle sollte durch Zusatz einer geringen Menge dieser Substanz möglich sein. Aus dem „Stein der Weisen“ sollte sich auch, vor allem in den Vorstellungen der Araber, eine Universalmedizin gewinnen lassen, die auf den menschlichen Körper heilend, stärkend und verjüngend wirken sollte. 1669 entdeckte Hennig Brand, ein deutscher Apotheker und Alchemist, auf der Suche nach dem Stein der Weisen (als er Urin destillierte und den Rückstand glühte) jedoch das chemische Element Phosphor und auf der Suche nach dem Stein der Weisen erfand der Alchemist und Chemiker Johann Friedrich Böttger zusammen mit dem Naturwissenschaftler Ehrenfried Walther von Tschirnhaus im Dez. 1707 sogar das europäische Pendant des chinesischen Porzellans, doch der „Stein der Weisen“ blieb Phantasie. Ab dem 12. Jhdt. brach – dank der Kontakte zu den arabischen Alchimisten – der „Alchimieboom“ über Europa herein: 1085 schrieb Gerhard von Cremona in Toledo das erste Chemiebuch Europas: „Das Buch der Alaune und Salze“ , 1193–1280 forschte Albertus Magnus in Köln und selbst der Kirchengelehrte Thomas von Aquin betrieb unter dem Rückgriff auf Aristoteles und die Bibel „studiae alchymicae“. Roger Bacon (1210–1292) führte das Experiment als wichtigste Arbeitsmethode der Alchimisten ein („Sine experimentil nihil sufficienter sciri potest“: Ohne Experimente kann nichts ausreichend gewusst werden), die Waage jedoch blieb ein Gerät zur Abmessung der Ausgangssubstanzen. Erst bei Lavoisier – ab 1775 – wurde sie zum Mittel der messenden Erforschung. Chemische Fertigkeiten und Kenntnisse des Mittelalters und der Frühen NeuzeitDennoch entdeckte man schon im Mittelalter schon sehr viel: 1250 das Schwarzpulver (Salpeter, Kohle und Schwefel im Gemisch 6:2:1), erste Brandraketen (1258, Köln) und Kanonen (1300, erste Pulverfabrik: 1340, Augsburg), die Destillation von Rosenwasser (ca.1250) und „Lebenswasser“ (Alkohol; um 1500 in Padua), von Ether, Ölen und Drogen, ab ca. 1250 die Trockendestillation von „oleum sulfuricum“ = Schwefelsäure (aus Alaun und Vitriol) und „Scheidewasser“ (es konnte Silber vom Gold scheiden, selbst aus Legierungen: Schwefelsäure mit konzentrierter Salpetersäure – aus Salpeter, Alaun und Vitriol in Tonkolben, später aus nassem Schwefel und Salpeter) und ab dem 15. Jh. in Venedig das „Königswasser“ (Salmiaksalz, gelöst in Scheidewasser: Es löste selbst Gold, den König der Metalle, da in ihm Salzsäure und schließlich atomares Chlor entstand). Auch Glauber nutzte das Vitriol zur Herstellung eines neuen Stoffes, der Salzsäure (aus Kochsalz und Vitriol, Abfallprodukt Glaubersalz: Natriumsulfat). Ab dem 16. Jhdt. stellte man so Königswasser auch aus Salzsäure her, nutzte Letzteres zudem zur Herstellung von Eisenchlorid und Berliner Blau sowie zur Chlorbleiche. Aus zielloser Probierkunst wurde so zielgerichtetes, methodisches Experimentieren. Auch in der Metallurgie gab es daher schon vor der industriellen Revolution große Fortschritte: Vom 13. Jhdt. an nutzte man Blasebälge, stellte aus Metallverbindungen Glas, Soda, Zucker, Farben, Keramik und Porzellan her, aber auch edle Metalle (Zementation in der Kupfer-Metallurgie, Amalgamierung sulfidischer Erze, Quecksilberdestillation aus Zinnober und Eisen) – frischte das Roheisen aber erst ab 1760 durch „puddling“ (Umrühren) auf. Für die Köhlerei wurden hierzu ganze Wälder abgeholzt! In Venedig existierte vom 13.–17. Jhdt. das Monopol der Glasmacherei (aus Sand, Quarz, Kieseln und Soda, zur Anfärbung: Braunstein, Gummi, Kupferoxid, Eisen-III-oxid, Kobaltoxid, Kohlenstaub, Silber- und Goldstaub) – das erste europäische Porzellan (in China: Seit dem 7. Jhdt. n. Chr.) entstand aber erst 1703/15 (aus Kaolin, Quarz und Feldspat). Die ersten Alaunwerke – Zulieferer der Vitriolsiedereien – eröffneten im 16. Jhdt. in Spanien, Marokko und Italien (Monopol zuvor: Ägypten), das Rein-Alaun wurde aus einem basischen Kalium-Aluminium-Sulfat-Urin-Gemisch produziert. Soda wurde aus Glaubersalz und Essig durch „Kalzinieren“ gewonnen (Natriumazetat verwandelte sich in Hitze in Natriumcarbonat), später aus Glaubersalz und Kalziumnitrat (Natriumnitrat verpufft zu Soda und Gasen) und seit 1791, Leblanc aus Glaubersalz, Kalkerde und Kohle (Verrühren der Schmelze im Ofen ergibt Soda und Gips). Alchimistische ArbeitsgeräteProduktionsmittel für Chemikalien der Alchimisten waren: Öfen (zum Schmelzen, Kalzinieren und Destillieren), Brennspiegel und -lupen (aus Kupfer, Silber und Glas), Sandbäder, Dungpackungen (für gelinde Heiztemperaturen), Steingutgefäße, Glas (ab 13. Jhdt.), Metallgefäße (Nachteil: Oft mit Kupfer-, Blei- und Zinnvergiftung der Lebensmittel), das Lötrohr (ab 1660) und die pneumatische Wanne (ab 18. Jhdt.). Chemiekenntnisse in Spätmittelalter und beginnender Neuzeit: Anfänge der ChemieMit Ausgang des Mittelalters, zu Beginn der Neuzeit, wurden praktische Chemiekenntnisse und alchimistische Theorien auf der Basis neuer, naturwissenschaftlicher Arbeitsmethoden zur Naturwissenschaft „Chemie“ vereinigt. GaseGase kannte man schon in der Antike (Schwefeldämpfe aus Schwefelwasserstoff und Schwefeldioxid, Gärgas = Kohlendioxid - aus Kalkbrennerei und dem Aufguss von Essig auf Soda- und Kalkpulver bekannt, sowie „giftige Rauchgase“ = Kohlenmonoxid), und Paracelsus stellte fest, dass „Luft“ aufbraust, wenn Schwefelsäure auf Eisenpulver trifft: „Es brauset auff dy Lufft – unt es herrscheth sodann dass Chaos!“ Johan Baptista van Helmont (1577–1644) entwickelte aus dem „Chaos“ die erste Definition für „Gas“. Nach Otto von Guericke (1602–1686, erfand 1641 die Luftpumpe, entdeckte das „Gas“ Luft) entdeckten Torricelli (1608–1647) 1643 den Luftdruck und Robert Boyle und Edme Mariotte Möglichkeiten zur Berechnung des Luftdruckes („es seyen constant das Product des Druckes und des Volumens der Lufft“). Scheele entdeckte 1774 den Sauerstoff („dephlogistierte Luft“) , Priestley die Gase Chlorwasserstoff, Ammoniak und Schwefelwasserstoff, Cavendish 1766 den Wasserstoff, 1785 die „Restluft“ (Edelgase) sowie Methoden zur Dichtebestimmung von Gasen und Daniel Rutherford 1772 den Stickstoff. AnalytikIn der Analytik – der Lehre von den Nachweisreaktionen bestimmter Stoffe in unbekannten Substanzen – kannte schon Plinius den Nachweis für Eisensalze im Grünspan (mit Galläpfelsaft). Libavius entdeckte 1597 die erste Methode für eine Nachweisreaktion gelösten Ammoniaks in Wasser (mit Kupfersalzlösungen als Kupfertetrammin-Komplex). Die erste Versuchsvorschrift für eine qualitative Analyse unbekannter Chemikalien und Lösungen lieferte Boyle 1685 (siehe unter Analytische Chemie und Kationentrenngang). SalzeTachenius definierte Salze schon im 17. Jhdt. als Verbindungen aus Alkalien (= Basen, von arabisch „al-kalja“ = die Asche) und Säuren, und im 18. Jh. bekannte Reagenzien waren: Lackmus, Veilchensaft, Galläpfelextrakt, Schwefel- und Oxalsäure, Pottasche, gelöschter Kalk bzw. Kalkwasser, Silbernitrat, Bleiacetat, Spiritus (nach Bergmann, 1780). Grundgesetze der ChemieMit der Entdeckung des Gesetzes von der Erhaltung der Masse (Lavoisier), des Gesetzes der konstanten Proportionen der Elemente in chem. Verbindungen (L. Proust, 1755–1826, von Dalton dann atomistisch erklärt; vgl. unter Grundgesetze der Chemie) und der Entwicklung der Stöchiometrie (J.B. Richter, 1762–1807) wurde aus der Alchimie endgültig eine Wissenschaft. Claude L. Berthollet (1748–1822) konnte so 1803 eine erste Äquivalentgewichtstabelle erstellen. Bis dahin jedoch existierten unterschiedlichste Theorien. Noch 1625 war es in Paris bei Todesstrafe verboten, die antiaristotelische Atomistik des Demokrit zu vertreten, trotzdem wagten Daniel Sennert und Angelus Sala 1617 die Erklärung der „Transmutation“ (Redoxreaktion) von Eisen in Kupfervitriollösung als Austausch von Eisen- gegen Kupferatome, und seit Boyle, 1661, existierte die „Corpusculartheorie“: Beim Kalzinieren (Verbrennen) von Metallen würden Luft-Korpuskeln mit Haken und Zacken an Metallkorpuskeln hängen bleiben – daher seien kalzinierte Metalle (Oxide) schwerer als das Metall. Säurekorpuskeln hätten Spitzen, die in Metalle und Alkalien dringen könnten. Erste Erkenntnisse über die atomare Struktur der Materie halfen so, von alchimistischen Anschauungen abzurücken, hin zur naturwissenschaftlichen Theoriebildung auf der Grundlage experimentellen Arbeitens. Chronologie mittelalterlicher Chemiekenntnisse
Siehe auchLiteratur
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