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Cholesterin
Das Cholesterin (auch Cholesterol) ist ein im menschlichen Körper vorkommender Naturstoff. Der Name leitet sich vom griechischen „chole“ (Galle) und „stereos“ (fest) ab, da es in Gallensteinen bereits im 18. Jahrhundert gefunden wurde. Weiteres empfehlenswertes Fachwissen
Chemische EinordnungCholesterin ist ein polyzyklischer Alkohol. Herkömmlich wird es als zur Gruppe der Sterine (Sterole) gehörendes Steroid zu den Lipiden gerechnet. Entgegen einer verbreiteten Verwechslung ist es jedoch kein Fett, selbst die Einordnung als Lipid ist nicht zwingend. FunktionCholesterin ist ein lebensnotwendiges Lipid. Es ist Hauptbestandteil der Plasmamembran, wo es deren Stabilität erhöht und, zusammen mit Proteinen in der Zellmembran, an der Ein- und Ausschleusung von Signalstoffen beteiligt ist. Der Cholesteringehalt des menschlichen Körpers beträgt etwa 140 g. Da es nicht wasserlöslich ist, befinden sich über 95 % des Cholesterins intrazellulär. Im Blut wird es an Lipoproteine gebunden transportiert, die mit zunehmender Dichte als Chylomikronen, VLDL, LDL und HDL bezeichnet werden. Cholesterin ist außerdem Vorstufe der Gallensäuren und Steroidhormone. Es wird durch das Cholesterin Seitenkettentrennungsenzym zu Pregnenolon umgewandelt, welches wiederum die Ausgangsverbindung für die Hormone/Corticoide (Testosteron, Östradiol, Cortisol, Progesteron und Aldosteron) und für die Gallensäuren (Cholanssäure und Cholsäure) ist.[2] Ein Zwischenprodukt der Cholesterinbiosynthese, das 7-Dehydrocholesterin, ist das Provitamin zur Bildung von Vitamin D durch UV-Licht. Neue Forschungen zeigen zudem, dass der Körper Cholesterin zur Biosynthese herzwirksamer Glykoside nutzt. Welche Bedeutung diese endogen synthetisierten Glykoside haben, ist noch weitgehend unbekannt. Vor dem Hintergrund der Evolutionstheorie wird von einigen Forschern angenommen, dass das Cholesterinmolekül evolutionsgeschichtlich sehr alt sei. Die Biosynthese des Moleküls funktioniere allerdings erst, seit Sauerstoff in der Atmosphäre vorhanden sei. In Bakterien und den Membranen von Mitochondrien finde sich aus diesem Grund kaum Cholesterin. Pflanzen und Pilze enthalten ebenfalls kein Cholesterin, dafür aber andere, strukturell ähnliche Sterole. Biosynthese und AbbauCholesterin ist ein für Menschen und Tiere lebenswichtiges Zoosterin. Beim Menschen wird Cholesterin zum Großteil (90 %) im Körper selbst hergestellt (synthetisiert), beim Erwachsenen in einer Menge von 1 bis 2 g pro Tag, und nur zu einem kleinen Teil mit der Nahrung aufgenommen. Die Cholesterinresorption liegt im Durchschnitt bei 0,1 bis 0,3 g pro Tag und kann höchstens auf 0,5 g pro Tag gesteigert werden. Das entspricht 30 bis 60 % des in der Nahrung enthaltenen Cholesterins. Beim Menschen sind die Leber und die Darmschleimhaut die Hauptorte der Cholesterinsynthese. Die Biosynthese des Moleküls erfolgt über viele Zwischenstufen aus der aktivierten Essigsäure, dem Acetyl-Koenzym A. Außer in Leber und Darm kann die Cholesterinbiosynthese mit wenigen Ausnahmen in fast allen Zellen des Körpers ablaufen. Das Gehirn synthetisiert das von ihm benötigte Cholesterin vollständig selbst, da dieses die Blut-Hirn-Schranke nicht passieren kann. Organe mit hohem Cholesterinbedarf sind das Gehirn sowie die Steroidhormone produzierenden Organe (Nebennieren, Eierstöcke und Hoden). Etwa ein Viertel des gesamten Cholesterins ist im Gehirn enthalten, wo es vor allem in den lipidreichen Myelinscheiden der Axone vorkommt.[3] Das Gleichgewicht zwischen benötigtem, selbst produziertem und über die Nahrung aufgenommenem Cholesterin wird über vielfältige Mechanismen aufrecht erhalten. Als wichtig kann dabei die Hemmung der HMG-CoA-Reduktase, des wichtigsten Enzyms der Cholesterinbiosynthese, durch Cholesterin gelten (noch stärker wird die HMG-CoA-Reduktase durch Lanosterol, eine Vorstufe von Cholesterin, gehemmt). Damit hemmen Produkte dieses Stoffwechselwegs (Cholesterinsynthese) „ihr“ Enzym; dies ist ein typisches Beispiel negativer Rückkopplung. Außerdem verkürzt sich die Halbwertszeit der HMG-CoA-Reduktase bei erhöhtem Lanosterolspiegel stark, da sie dann vermehrt an Insigs (insulininduzierte Gene) bindet, was schließlich zu ihrem Abbau im Proteasom führt. Es gibt noch viele andere, weniger direkte Regulationsmechanismen, die auf transkriptioneller Ebene ablaufen. Hier sind die Proteine SCAP, Insig-1 und -2 wichtig, die in Anwesenheit von Cholesterin, für das sie eine Bindungsstelle besitzen, über die proteolytische Aktivierung von SREBPs die Aktivität einer größeren Anzahl Gene regulieren. Auch Insulin spielt hier eine Rolle, da es u. a. die Transkription von SREBP1c steigert. Die HMG-CoA-Reduktase, das Schlüsselenzym der Cholesterinbiosynthese, kann spezifisch und effektiv durch verschiedene Substanzen gehemmt werden (beispielsweise Statine, die als HMG-CoA-Reduktase-Hemmer eine bestimmte Klasse von Medikamenten darstellen). Über den LDL-Rezeptor wird die Aufnahme in die Zelle aktiviert. Die Höhe des Cholesterinspiegels hängt vor allem von der körpereigenen Produktion ab und erst in zweiter Linie von der Zufuhr über die Nahrung. Daneben gibt es eine Vielzahl genetisch bedingter Hypercholesterinämien. Auch als Folge anderer Erkrankungen kann der Cholesterinspiegel erhöht sein (beispielsweise durch Hypothyreose, Niereninsuffizienz oder metabolisches Syndrom). Cholesterin wird über die Leber ausgeschieden, indem es in Form von Gallensäuren über die Gallenwege in den Darm sezerniert wird. Diese Gallensäuren sind gleichzeitig für die Resorption wasserunlöslicher Nahrungsbestandteile, also auch Cholesterin, erforderlich. Cholesterin wird durch Gallensäuren emulgiert und im Dünndarm resorbiert. Dabei werden etwa 90 % der Gallensäuren wieder aufgenommen. Durch Einnahme von Medikamenten wie Colestyramin, die Gallensäuren binden und die Wiederaufnahme damit erschweren, kann die Cholesterinausscheidung gesteigert werden. Allerdings wird die Senkung des Cholesterinspiegels durch Zunahme der LDL-Rezeptordichte auf Leberzellen und die damit gesteigerte Cholesterinaufnahme aus dem Blut in die Leber teilweise durch eine vermehrte Neusynthese ausgeglichen. CholesterinbiosyntheseAus drei Molekülen aktivierter Essigsäure (Acetyl-CoA) entsteht über das Zwischenprodukt Acetoacetyl-CoA das β-Hydroxymethylglutaryl-CoA (β-HMG-CoA). Mit Hilfe des Enzyms HMG-CoA-Reduktase und NADPH wird das β-HMG-CoA zu Mevalonat reduziert. Letzterer ist der geschwindigkeitsbestimmende Schritt der gesamten Synthese. Die Biosynthese des Cholesterins geht von den Endprodukten des Mevalonatbiosyntheseweges, von Dimethylallylpyrophosphat und von Isopentenylpyrophosphat aus. Das oben genannte Schlüsselenzym, die HMG-CoA-Reduktase, befindet sich im Mevalonatbiosyntheseweg, deshalb wird hier auf die Artikel Dimethylallylpyrophosphat und Terpene verwiesen. Dimethylallylpyrophosphat (DMAPP) und Isopentenylpyrophosphat (IPP) werden durch eine Kopf zu Schwanz Kondensation durch die Farnesylpyrophosphatsynthase zu Geranylpyrophosphat (GPP) verknüpft, die gleiche Farnesylpyrophosphatsynthase verknüpft anschließend durch eine weitere Kopf zu Schwanz Kondensation ein weiteres IPP mit dem GPP zu Farnesylpyrophosphat (FPP). Zwei FPP werden in einer Kopf zu Kopf Kondensation, über die Zwischenverbindung Praesqualenpyrophosphat, durch die Squalensynthase zu Squalen verknüpft. Squalen reagiert durch die Squalenepoxidase zu 2,3-Epoxysqualen, welches durch die Squalenoxidocyclase, über ein Protosterol-Kation, zu Lanosterol reagiert. Lanosterol wird über neunzehn verschiedene Zwischenverbindungen zu Cholesterin umgewandelt, dieser gesamte enzymatische Prozess ist in der Membran des Endoplasmatischen Retikulums lokalisiert. Cholesterin ist wiederum eine Ausgangsverbindung für menschliche Hormone, wie im Abschnitt Funktion beschrieben. Cholesterintransport (Lipoproteine)Da Cholesterin in Wasser unlöslich ist, erfolgt der Transport im Blutplasma zusammen mit anderen lipophilen Substanzen wie Phospholipiden, Triglyceriden oder Fettsäuren, mit Hilfe von Transportvehikeln, den Lipoproteinen. Das über die Nahrung zugeführte Cholesterin sowie Triglyceride werden nach der Resorption aus dem Darm von den Chylomikronen aufgenommen und von dort in die Gewebe transportiert. Lipoproteine verschiedener Dichte (VLDL, IDL und LDL) transportieren selbst hergestelltes und aufgenommenes Cholesterin von der Leber zu den Geweben. HDL nehmen Cholesterin aus den Geweben auf und bringen es zur Leber zurück. Das Cholesterin in den Lipoproteinen ist überwiegend mit Fettsäuren verestert. Für den Abbau des LDL-Cholesterins im Blut gibt es im menschlichen Körper zwei voneinander unabhängige Wege, den LDL-Rezeptorweg und den sogenannten Scavenger-Pathway. Der größte Teil, ca. 65 % des LDL-Cholesterins im Plasma, wird über LDL-Rezeptoren verstoffwechselt. LDL-Rezeptoren findet man in allen Zelltypen der Arterien und in Hepatozyten (Leberzellen). Neben dem LDL-Rezeptorweg werden circa 15 % des LDL-Cholesterins im Plasma über den sogenannten Scavenger Pathway in den Blutgefäßen abgebaut. Als Scavenger-Zellen werden die Makrophagen bezeichnet. Sie besitzen sogenannte Scavenger-Rezeptoren, über die chemisch modifizierte (oxidierte) LDL ungehemmt und konzentrationsunabhängig aufgenommen und gespeichert werden können. Zusammenfassend lassen sich drei verschiedene Wege beschreiben, die das Cholesterin (unabhängig ob über die Nahrung oder selbst synthetisiert) im Organismus nimmt:
BlutspiegelDer durchschnittliche Gesamtcholesterinspiegel wie auch die LDL- und HDL-Spiegel der gesunden Normalbevölkerung sind von Land zu Land verschieden und darüberhinaus alters- und geschlechtsabhängig. Eine Korrelation zwischen den Blutcholesterin-Werten und dem Body-Mass-Index besteht nicht. GesamtcholesterinspiegelGenerell nimmt der Gesamtcholesterinspiegel mit dem Alter deutlich zu. In der Regel ist er bei jungen Frauen etwas niedriger als bei jungen Männern. Mit zunehmendem Alter gleicht sich dieser Unterschied jedoch aus, und ältere Frauen haben schließlich im Mittel einen höheren Cholesterinspiegel als ältere Männer. Einen Sonderfall stellt die Schwangerschaft dar, in der der Gesamtcholesterinspiegel im Normalfall deutlich erhöht ist. Der durchschnittliche Gesamtcholesterinspiegel der Altersgruppe zwischen 35 und 65 Jahren in Deutschland liegt bei etwa 236 mg/dl (entspricht 6,1 mmol/l), die Standardabweichung bei ±46,5 mg/dl. Das bedeutet näherungsweise, dass etwa zwei Drittel der deutschen Bevölkerung in dieser Altersgruppe einen Gesamtcholesterinwert im Bereich zwischen 190 mg/dl und 280 mg/dl aufweisen, und jeweils ein Sechstel der Deutschen in dieser Altersgruppe Werte oberhalb beziehungsweise unterhalb dieses Bereichs. LDL-CholesterinspiegelDer LDL-Cholesterinspiegel unterliegt einer ähnlichen alters- und geschlechtsabhängigen Verteilung. Auch hier ist der altersabhängige Anstieg bei den Frauen deutlich stärker ausgeprägt als bei den Männern. Der Mittelwert der Altersgruppe zwischen 35 und 65 Jahren liegt dabei bei den deutschen Frauen bei 164 mg/dl (Standardabweichung ±44 mg/dl), bei den Männern bei 168 mg/dl (±43 mg/dl). HDL-CholesterinspiegelDer durchschnittliche HDL-Spiegel unterscheidet sich stärker zwischen den beiden Geschlechtern, wobei Frauen im mittleren Alter einen höheren HDL-Spiegel aufweisen als Männer. Die Altersabhängigkeit zeigt sich hier bei beiden Geschlechtern in einem Absinken ab einem Alter von etwa 55 Jahren. Der durchschnittliche HDL-Spiegel bei den deutschen Frauen in der Altersgruppe zwischen 35 und 65 Jahren liegt bei 45 mg/dl (±12 mg/dl), bei den Männern bei 37 mg/dl (±11 mg/dl). QuotientenAuf Grundlage der vorgenannten Parameter werden gelegentlich Quotienten aus diesen Werten bestimmt. Der Mittelwert des Quotienten aus LDL- und HDL-Spiegel liegt für die deutschen Frauen zwischen 35 und 65 Jahren bei 3,9 (±1,6), bei den Männern bei 4,9 (±1,9). Die entsprechenden Durchschnittswerte für den Quotienten aus dem Gesamtcholesterin- und dem HDL-Spiegel liegen für die Frauen bei 5,7 (±2,1), für die Männer bei 7,0 (±2,3). Messung und Labor-ReferenzwerteDie Bestimmung der Konzentration von Cholesterin im Blut in medizinischen Routinelabors gehört heute zu den Bestimmungsmethoden, die in Deutschland ringversuchspflichtig sind. Ein Ringversuch ist die externe Qualitätskontrolle von Laborparametern, die von der Bundesärztekammer kontrolliert und zertifiziert wird. An die so genannten „Richtlinien der Bundesärztekammer“ (RiLiBÄK) muss sich jedes Labor in Deutschland halten. Der Referenzbereich (oftmals irreführend als „Normalwert“ bezeichnet) ist vom Messgerät und der Methode abhängig. Für die Bestimmung von Cholesterin werden in Deutschland in den meisten Labors Geräte von Roche Diagnostics (früher Boehringer Mannheim) verwendet. Auf dem Modell Hitachi wird als Referenzwert für das Gesamtcholesterin 110–230 mg/dl angegeben. Beim neueren Gerät Modular wird als Referenzbereich <240 mg/dl angegeben. Die Referenzbereiche wurden in den letzten Jahren mehrfach nach oben korrigiert. Um eine Verfälschung der Ergebnisse auszuschließen, wird die Bestimmung häufig erst 12 bis 16 Stunden nach der letzten Mahlzeit durchgeführt. Lange Zeit wurde im Labor nur das Gesamtcholesterin bestimmt, da die direkte Messung der verschiedenen Lipoproteine nicht möglich bzw. sehr aufwändig war. Das hat sich mittlerweile geändert. Das LDL-Cholesterin wird nicht direkt bestimmt, sondern aus den direkt gemessenen Werten für Gesamtcholesterin, Triglyceride und HDL nach Friedewald et al.[4] abgeschätzt als Gesamtcholesterin minus HDL-Cholesterin minus ein Fünftel des Triglyceridwertes (alle Angaben in mg/dl). Diese Methode kann nicht angewendet werden für Triglyzeridwerte über 400 mg/dl oder bei Vorliegen einer Chylomikronämie. Verschiedene Korrekturfaktoren sind vorgeschlagen worden, um die Präzision dieser Abschätzung zu erhöhen, jedoch sind sie bisher nicht in die klinische Praxis eingegangen. Der Referenzbereich für den LDL-Cholesterinspiegel wird für Frauen und Männer zwischen 70 und 180 mg/dl angegeben. Einheiten und UmrechnungIn Westdeutschland wird für die Angabe der Konzentration von Cholesterin im Blut meist die Einheit „mg/dl“ (Milligramm pro Deziliter) verwendet. In Ostdeutschland wird dagegen – wie im angelsächsischen Sprachraum – überwiegend die Einheit „mmol/l“ (Millimol pro Liter, vergleiche Milli und Mol) benutzt. Für Cholesterin (nicht jedoch für Triglyceride oder andere Stoffe) ist eine Umrechnung nach folgenden Formeln möglich:
Für Triglyceride sehen die Umrechnungsformeln wie folgt aus:
ErkrankungenZu den bekannten Erkrankungen im Zusammenhang mit Cholesterin gehören die familiäre Hypercholesterinämie und Gallensteine (Gallenkonkrement). Familiäre HypercholesterinämieEs gibt erbliche Störungen des Cholesterinstoffwechsels (familiäre Hypercholesterinämie), die unabhängig von der Nahrungsaufnahme zu stark erhöhten Cholesterinwerten im Blut führen. Bei einer der bekannten Formen der Hypercholesterinämie sind die LDL-Rezeptoren nur unvollständig ausgebildet oder fehlen ganz. Heterozygote Träger dieser Erbfaktoren sind überdurchschnittlich häufig schon in jüngeren Jahren von Herzinfarkten und anderen Gefäßkrankheiten betroffen. Gemäß einer Untersuchung aus dem Jahre 1991 gilt dies nicht mehr für ältere Personen. Hier geht die Mortalität sogar deutlich zurück und liegt nur bei 44 % gegenüber dem Standard [5]. Die Prävalenz der häufigsten monogenetischen Hypercholesterinämie, der sogenannten autosomal dominanten familiären Hypercholesterinämie, liegt bei ca 1:500. Allerdings scheint es im Verlauf der letzten 200 Jahre eine bedeutende Variabilität in der Häufigkeit von Symptomen bei Betroffenen gegeben zu haben, was auf eine Interaktion einer veränderten Umwelt (beispielsweise Ernährung, Lebensstil) mit dem Genotyp hindeutet [6]. GallensteineCholesterin wird mit der Gallensäure im Darm vom Körper aufgenommen. Dabei wird Cholesterin emulgiert und im Dünndarm resorbiert. Die Löslichkeit von Cholesterin in der Gesamtgalle liegt bei 0,26 %. Bei einer Veränderung der Zusammensetzung der Galle kommt es zur Bildung von Cholesterinsteinen. 80 % der Gallensteine sind cholesterinreich und 50 % reine Cholesterinsteine. Die Bildung von Gallensteinen erfolgt nur in der Gallenblase. Weitere KrankheitsformenWeniger bekannte Erkrankungen sind zum Beispiel die Cholesterinspeicherkrankheit (Xanthomatose oder Hand-Schüller-Christian-Syndrom) bei der Cholesterin krankhaft unter anderem in der Haut gespeichert wird. Mit einer Häufigkeit von ca. 1:60.000 kommt in Europa das Smith-Lemli-Opitz-Syndrom (SLO) vor. Grund für die Erkrankung mit SLO-Syndrom ist ein Defekt des letzten Enzyms des Cholesterin-Biosynthesewegs, der 7-Dehydrocholesterin-Reduktase. Das klinische Bild ist gekennzeichnet durch geistige Retardierung, Wachstumsprobleme, Entwicklungsstörungen und Gesichtsveränderungen. Weiterhin ist eine Hypocholesterinämie bekannt, bei der der Cholesterinspiegel unter 130 mg/dl im Blut vorliegt. Dies tritt vor allem bei Leberschädigung oder Behandlung mit Cortison auf. Dabei kann unter anderem das Vitamin E nicht mehr an seine entsprechenden Zielorte transportiert werden. Cholesterin und die Koronare Herzkrankheit (KHK)Herz-Kreislauferkrankungen, dabei insbesondere die koronare Herzerkrankung (KHK), lösten mit steigendem Lebensstandard im 20. Jahrhundert in den westlichen Industrienationen die Infektionskrankheiten als häufigste Todesursache ab. Wesentlich dazu beigetragen hat die steigende Lebenserwartung bei einem gleichzeitigen Rückgang von Infektionskrankheiten, besonders aufgrund verbesserter hygienischer Verhältnisse und der zunehmenden Verbreitung von Antibiotika. In den 50er-Jahren des 20. Jahrhunderts fand die Hypothese des amerikanischen Ernährungsforschers Ancel Keys große Beachtung, diese Entwicklung sei zusätzlich dadurch begünstigt, dass der steigende Wohlstand mit einer falschen, zu fetthaltigen Ernährung einhergehe. Insbesondere führe eine cholesterinreiche Ernährung (in erster Linie Fleisch, Hühnerei, Milch, Butter und andere Milchprodukte) zu einem erhöhten Cholesterinspiegel, und der erhöhte Cholesterinspiegel führe wiederum zu Arteriosklerose. Da die Mehrzahl der Herzinfarkte durch Arteriosklerose ausgelöst wird, sei die Aufnahme von cholesterinhaltiger Nahrung somit eine wesentliche Ursache für Herzinfarkte (Diese These ist immer mehr umstritten. Siehe dazu den Abschnitt Kritik). Bedeutung der HypotheseDie Hypothese, cholesterinreiche Ernährung und ein hoher Blut-Cholesterinspiegel spiele eine ursächliche Rolle bei der Entstehung von Herzinfarkten, hat in den vergangenen Jahrzehnten im wissenschaftlichen Umfeld wie in der öffentlichen Wahrnehmung große Verbreitung gefunden und bildet heute in der medizinischen Praxis ein wesentliches Element der vorbeugenden Behandlung von Herzinfarkten. Sie führte insbesondere in den USA, aber auch in Europa zur Verbreitung künstlich cholesterinreduzierter oder cholesterinfreier Lebensmittel (beispielsweise Margarine), und darüber hinaus zu einer routinemäßigen Verschreibung von Medikamenten zur Senkung des Cholesterinspiegels. Cholesterinsenker stellen heute das weltweit umsatzstärkste Segment des Pharmamarktes dar. Im Jahre 2004 wurden mit Cholesterinsenkern weltweit Umsätze von 27 Milliarden Dollar erzielt, bei einer Wachstumsrate von 10,9 %. Umsatzstärkstes Medikament ist Atorvastatin (Lipitor®, Sortis®) des US-Herstellers Pfizer, welches 2005 einen Umsatz von weltweit 12,2 Milliarden Dollar erzielte[7]. Dieses Medikament spielt allerdings auf dem deutschen Markt heute keine wesentliche Rolle mehr, seit die Krankenkassen eine Festbetragsregelung für Statine eingeführt haben. Weltweit nehmen etwa 25 Millionen Menschen regelmäßig cholesterinsenkende Präparate ein. Empirische HinweiseDie Hypothese stützt sich vor allem auf folgende Beobachtungen:
Die Rolle von High Density Lipoprotein und Low Density LipoproteinDie ursprüngliche Hypothese, ein erhöhter Cholesterinspiegel sei kausal verantwortlich für die koronare Herzerkrankung, wird in jüngerer Zeit meist in etwas modifizierter Form vertreten. Unterschieden wird nun zwischen HDL- und LDL-Cholesterin, wobei ein hoher HDL-Cholesterinspiegel als günstig, ein hoher LDL-Spiegel dagegen als weniger günstig angesehen wird. Entsprechend dieser Vorstellung wird HDL populärwissenschaftlich als „gutes“ Cholesterin bezeichnet, LDL als „schlechtes“ oder „böses“ Cholesterin. Diese Vorstellung stützt sich im Wesentlichen auf folgende Beobachtungen:
Zielwerte und RichtlinienDie Hypothese, Cholesterin sei kausal verantwortlich für Herzinfarkte, führte bereits in den 1960er Jahren zu einer breit angelegten öffentlichen Informationskampagne in den USA, um die Bevölkerung vor den möglichen Gefahren eines hohen Cholesterinspiegels zu warnen. Im Jahre 1984 warnte das amerikanische Nachrichtenmagazin Time in einer Titelgeschichte vor dem Verzehr von Eiern und Wurst. Im Jahre 1985 wurde zur Ausweitung dieser Kampagne durch die American Heart Association (AHA, Amerikanischer Kardiologenverband) das National Cholesterol Education Program (NCEP, Nationales Cholesterin-Erziehungsprogramm) ins Leben gerufen. Das NCEP gibt seit seiner Gründung regelmäßig Empfehlungen heraus, an denen sich die Behandlung von Patienten mit hohem Cholesterinspiegel orientieren soll. In Deutschland ist die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK) die entsprechende Fachgesellschaft, die eigene Zielwerte herausgibt, die aber in der Regel den amerikanischen Werten sehr ähnlich sind. Eine vergleichbare Rolle wie das NCEP übernimmt in Deutschland die industrienahe DGFF (Lipid-Liga). Die grundlegenden Richtlinien der NCEP III, denen sich die europäischen und deutschen Gesellschaften angeschlossen haben, unterscheiden drei gestaffelte Risikogruppen. Zur Gruppe 1 zählen alle Patienten, die bereits eine KHK entwickelt haben oder ein vergleichbares Risiko aufweisen (dazu zählt z. B. auch eine Diabeteserkrankung). Diese Patienten haben ein 10-Jahres-Risiko für ein kardiales Ereignis von >20 %. Zur Gruppe 2 zählen die Patienten, die mindestens zwei Risikofaktoren aufweisen, zur Gruppe 3 die Patienten, die weniger als zwei Risikofaktoren aufweisen. Patienten der Gruppe 1 sollten bei LDL-Werten über 100 mg/dl Lebensstiländerungen vornehmen (Ernährung etc.), bei Werten über 130 mg/dl eine medikamentöse Therapie beginnen. Ziel sollte für sie sein, LDL-Werte unter 100 mg/dl zu erreichen. Patienten der Gruppe 2 sollten bei LDL-Werten über 130 mg/dl Lebensstiländerungen vornehmen, bei Werten über 130 mg/dl oder 160 mg/dl (abhängig von der spezifischen Risikoberechnung) eine medikamentöse Therapie beginnen. Ziel sollte sein, LDL-Werte unter 130 mg/dl zu erreichen. Patienten der Gruppe 3 sollten bei LDL-Werten über 160 mg/dl eine Lebensstiländerung vornehmen und eine medikamentöse Therapie erwägen, ab 190 mg/dl wird eine medikamentöse Therapie dringend empfohlen. Als Risikofaktoren gelten:
Als Lebensstiländerungen werden empfohlen:
Die Anwendung dieser Zielwerte wird von den deutschen Fachgesellschaften der Kardiologen und Internisten unterstützt und befürwortet.
Kritik
Die Forderung, ein (LDL-)Cholesterinspiegel oberhalb der publizierten Zielwerte müsse gegebenenfalls durch Ernährungsumstellung und/oder eine medikamentöse Therapie abgesenkt werden, war und ist umstritten. Im Folgenden werden die wichtigsten Kritikpunkte aufgeführt: Zweifel an der Kausalkette Ernährung – Cholesterin – KHK-Erkrankung
Kritische Bewertung von Nutzen und Risiko einer medikamentösen Cholesterin-Senkung
Einfluss wirtschaftlicher Faktoren auf Forschung, Fachgesellschaften und veröffentlichte Meinung
Cholesterin und SchlaganfallrisikoEin hoher Cholesterinspiegel wird häufig als Risikofaktor für Schlaganfälle dargestellt. Die industrienahe DGFF (Lipid-Liga) bezeichnet Cholesterin als einen der wichtigsten Risikofaktoren für Schlaganfälle [20], und gelegentlich wird Cholesterin sogar als „der wichtigste Risikofaktor“[21] für Schlaganfälle dargestellt, und eine Senkung des Cholesterinspiegels wird als Vorbeugemaßnahme empfohlen. Tatsächlich existiert nach Studienlage kein Zusammenhang zwischen dem Cholesterinspiegel und dem Schlaganfallrisiko, der diese Behauptung rechtfertigen würde, und eine mögliche Rolle des Serum-Cholesterins bei der Entstehung von Schlaganfällen und ein Nutzen von cholesterinsenkenden Medikamenten ist umstritten.[22] Serum-Cholesterinspiegel und SchlaganfallrisikoIn der Framingham-Studie, der größten zu dieser Fragestellung vorliegenden Kohortenstudie, findet sich keinerlei Korrelation zwischen dem Cholesterinspiegel und dem Schlaganfallrisiko.[23] Auch eine Metaanalyse von 45 Kohortenstudien mit insgesamt 450.000 beobachteten Individuen und über 13.000 beobachteten Schlaganfällen ergab keinerlei Korrelation zwischen dem Cholesterinspiegel und dem Schlaganfallrisiko. Allenfalls bei unter 45-jährigen Patienten besteht möglicherweise eine leichte positive Korrelation.[24] Andere Studien zeigen bei jungen Frauen ebenfalls eine positive Korrelation zwischen dem (in diesem Alter allerdings absolut gesehen sehr geringen) Schlaganfallrisiko und dem Cholesterinspiegel, während bei älteren Frauen ab dem 50. Lebensjahr das Schlaganfallrisiko mit steigendem Cholesterinspiegel sogar sinkt.[25] Unterscheidet man zwischen den unterschiedlichen Arten von Schlaganfällen, so sind niedrige Cholesterinspiegel mit einem leicht erhöhten Risiko für hämorrhagische Schlaganfälle verbunden, während hohe Cholesterinspiegel mit einem leicht erhöhten Risiko für ischämische Schlaganfälle einhergehen.[26] Cholesterinsenkende Medikamente und ihr Einfluss auf das Schlaganfall-RisikoBis heute liegt keine randomisierte Studie vor, die dafür angelegt war, den Einfluss von Cholesterinsenkung auf das Schlaganfallrisiko zu untersuchen. Allerdings können die vorliegenden Cholesterinsenkungs-Studien zur KHK-Prävention, meist mit KHK-Hochrisikopatienten (i. d. R. mit vorangegangenem Herzinfarkt oder Diabetes) als Probanden, als Grundlage für entsprechende Auswertungen herangezogen werden. In einer im Jahr 2003 veröffentlichten Meta-Analyse von 38 randomisierten Cholesterinsenkungs-Studien mit unterschiedlichen Präparaten zeigte sich in der Behandlungsgruppe eine zwar geringe aber statistisch signifikante relative Reduzierung der Schlaganfall-Häufigkeit um 17 Prozent, gleichzeitig jedoch eine nicht signifikante Zunahme der tödlichen Schlaganfälle um 9 Prozent.[27] Statine sind dabei die einzige Wirkstoffgruppe, die zu einer statistisch signifikanten Reduzierung des Schlaganfallsrisikos führt. Möglicherweise ist hierfür allerdings die geringe aber statistisch signifikant nachgewiesene blutdrucksenkende Wirkung von Statinen verantwortlich; Bluthochdruck gilt als wichtiger Schlaganfall-Risikofaktor.[28] In der einzigen vorliegenden randomisierten Cholesterinsenkungsstudie mit älteren Patienten (PROSPER) zeigte sich ebenfalls ein Rückgang nichttödlicher ischämischer Schlaganfälle bei einer gleichzeitigen Zunahme tödlicher Schlaganfälle. In der im Jahre 2005 veröffentlichten 4D-Studie mit unter Typ2-Diabetes leidenden Dialysepatienten kam es zu einer statistisch signifikanten Verdopplung der tödlichen Schlaganfälle in der mit Statinen behandelten Gruppe (siehe Abschnitt „Studien“). Cholesterin und KrebserkrankungenSerum-Cholesterinspiegel und KrebsrisikoDer Cholesterinspiegel ist invers korreliert mit dem Krebsrisiko, d. h. niedrige Cholesterinspiegel gehen mit einem erhöhten Krebsrisiko einher. Diese Feststellung ist durch zahlreiche große Kohortenstudien eindeutig belegt, und gilt für den Gesamtcholesterinspiegel wie für den LDL-Cholesterinspiegel. Umstritten ist nach wie vor, ob ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einem niedrigen Serum-Cholesterinspiegel und dem Auftreten von Krebserkrankungen besteht. Häufig wird diese Beobachtung zumindest teilweise darauf zurückgeführt, dass unerkannte Krebserkrankungen im Frühstadium zu einem Absinken des Cholesterinspiegels führen könnten[29]. Allerdings zeigt sich, dass der Zusammenhang zwischen einem niedrigen Cholesterinspiegel und einer signifikant erhöhten Zahl von Krebsfällen und krebsbedingten Todesfällen selbst dann noch bestehen bleibt, wenn nur Fälle betrachtet werden, die mindestens vier Jahre nach der Messung des Cholesterinspiegels auftreten, die also zum Zeitpunkt der Messung vermutlich noch nicht als unerkannte Erkrankung bestanden haben[30]. Cholesterinsenkende Medikamente und ihr Einfluss auf das KrebsrisikoVon besonderer Bedeutung ist darüberhinaus die Fragestellung, ob eine Cholesterinsenkung eine präventive Wirkung gegenüber bestimmten Krebserkrankungen hat, oder ob diese die Entstehung von Krebserkrankungen sogar begünstigt. Erhöhung des KrebsrisikosEine im Juli 2007 veröffentlichte Metaanalyse von prospektiven Cholesterinsenkungsstudien ergab eine signifikante Korrelation des Krebsrisikos mit der Einnahme von Statinen. Je niedriger die erzielten LDL-Cholesterinwerte, desto höher war der Anteil der Patienten, die an Krebs erkrankten. Innerhalb einer Beobachtungsdauer zwischen einem und fünf Jahren wurde in der Gruppe der Patienten mit den niedrigsten erzielten LDL-Cholesterinspiegeln etwa eine zusätzliche Krebserkrankung auf 1000 Patienten beobachtet. [31] In der 1996 veröffentlichten CARE-Studie[32] hatte sich ein hochsignifikanter Anstieg der Brustkrebsfälle in der mit Pravastatin behandelten Gruppe gezeigt (von 1 auf 12). In der 2002 veröffentlichten PROSPER-Studie[33] mit einem im Vergleich zu anderen Statin-Studien vergleichsweise hohen mittleren Alter (und damit Krebsrisiko) der Probanden fand sich ein statistisch signifikanter Anstieg von Krebserkrankungen in der mit Pravastatin behandelten Gruppe. Auch in der 4S- und HPS-Studie zeigte sich jeweils ein (nicht signifikanter) Anstieg von Krebserkrankungen in der mit Simvastatin behandelten Gruppe[34]. Senkung des KrebsrisikosIn den letzten Jahren fand auf der Grundlage verschiedener Fall-Kontroll-Studien die gegenteilige Hypothese große Beachtung, Statine hätten möglicherweise gegen verschiedene Krebserkrankungen (u. a. Prostata-Karzinom[35], Kolorektal-Karzinom[36], Brustkrebs[37] , Nierenkrebs[38]) sogar eine vorbeugende Wirkung. Grundlage für die zum Teil euphorische Medienberichterstattung[39] war folgende Beobachtung: Unter denjenigen Patienten, die die jeweilige Krebserkrankung entwickelt hatten, war der Anteil der Patienten, die Cholesterinsenker eingenommen hatten niedriger, als in einer Vergleichsgruppe ohne Krebserkrankung. Solche nicht randomisierten Fall-Kontroll-Studien sind allerdings statistisch nur begrenzt aussagekräftig[40], und erlauben insbesondere keinerlei Aussage über Ursache-Wirkungsbeziehungen (siehe auch Fall-Kontroll-Studie). Der hier beobachtete Effekt kann beispielsweise auch darauf beruhen, dass Patienten mit hohem Cholesterinspiegel, die bekanntermaßen eine niedrigere Krebsrate haben, häufiger Cholesterinsenker verschrieben bekommen. Bei dieser Verschreibungspraxis würde sich auch bei einem völlig wirkungsfreien Medikament ergeben, dass diejenigen Patienten, die das Medikament einnehmen, eine niedrigere Krebsrate aufweisen. Kein Einfluss auf KrebsrisikoDie Fragestellung, ob Statine eine präventive Wirkung gegen das Kolorektal-Karzinom haben, wurde in einer 2006 veröffentlichten Analyse einer großen Kohortenstudie geprüft. Es fand sich jedoch eine nicht signifikante Erhöhung des Krebsrisikos bei der Patientengruppe, die mit cholesterinsenkenden Mitteln behandelt worden war[41]. Eine im gleichen Jahr erschienene Meta-Analyse der zahlreichen Statin-Studien kommt gleichfalls zu dem Schluss, dass eine Cholesterinsenkung mit Statinen eindeutig keine präventive Wirkung gegenüber Krebserkrankungen hat, weder auf die Gesamtheit aller Krebserkrankungen noch auf einzelne Krebsarten, die Entstehung von Krebs jedoch auch nicht statistisch signifikant begünstigt. [42] Die eindeutig negativen Ergebnisse der beiden letztgenannten Studien lassen weitere Studien zu der erhofften krebspräventiven Wirkung von Cholesterinsenkungspräparaten nach Einschätzung von Experten nicht sinnvoll erscheinen. [43] Cholesterin und ErnährungNach einer Diagnose eines hohen Cholesterinspiegels wird in der Regel als erste Maßnahme eine fettmodifizierte und cholesterinarme Ernährung empfohlen. Diese Empfehlung ist allerdings umstritten. Empfehlung bei hohem CholesterinspiegelGemäß den Empfehlungen der DGFF (Lipid-Liga) sollten hierbei folgende Punkte bei der Nahrungsaufnahme bedacht werden:
Einfluss der Ernährung auf den CholesterinspiegelKritiker halten dagegen, dass der Einfluss einer kurzfristigen Nahrungsumstellung auf den Cholesterinspiegel nur gering ist, da die Nahrungsaufnahme nur ein geringer Anteil bei der Bildung von Cholesterin ist. Eine prospektive Studie, die Verbundstudie Ernährungserhebung und Risikofaktoren Analytik (VERA, von 1985 bis 1988 mit 25.000 Teilnehmern) ergab, dass auch bei verschiedenen Mengen von gesättigten, aber auch ungesättigten Fettsäuren sowohl die HDL- als auch die LDL-Werte sich, wenn überhaupt, nur minimal änderten. Dagegen wird wiederum eingewendet, die Zusammensetzung des LDLs werde ignoriert: es gebe Hinweise, dass es einen Unterschied macht, mit welchen Fettsäuren (überwiegend ungesättigt wie bei Veganern versus überwiegend gesättigte) das Lipoprotein LDL „bestückt“ ist. Die Oxidierbarkeit des LDLs, und damit seine Wirkung in Richtung Schädigung der Gefäße, hänge von den transportierten Fettsäuren ab, und hier schnitten die ungesättigten Fettsäuren besser ab - besonders in Verbindung mit Vitamin E, welches ebenfalls in den LDL-Molekülen im Blut transportiert wird. Selbst wenn sich diese Zusammenhänge bestätigen sollten, bleibt allerdings unbewiesen, dass der Anteil ungesättigter Fette an der Nahrung seinerseits Einfluss auf die Zusammensetzung des LDLs hat, und welche ungesättigten Fettsäuren dabei welche Wirkung haben. Allerdings lässt sich durch eine langfristige drastische Verringerung der Fettzufuhr, z. B. durch einen verlängerten Fastentest, auch der Cholesterinspiegel senken. Bei Vegetariern und Veganern werden verringerte Cholesterinspiegel beobachtet, deren Ursache allerdings nicht geklärt ist: sie können auf ihrer geringen Cholesterinaufnahme mit der Nahrung beruhen, aber auch Nebeneffekt einer insgesamt gesundheitsbewußteren Lebensweise sein. Dafür spricht, dass man (gegenüber US-Amerikanern) deutlich verringerte Cholesterinwerte auch in Stammesgesellschaften gefunden hat, die sich fast ausschließlich von Milch und Fleisch ernähren (belegt für einen Massai-Stamm und von Samburu-Männer). NICHT beobachtet werden konnte umgekehrt eine Erhöhung des Cholesterinspiegels (über als normal geltende Werte hinaus) durch eine besonders cholesterinhaltige Nahrung. Dies belegt etwa eine Studie an der Universität Missouri-Columbia, bei der selbst ein wöchentlicher Verzehr von 24 Eiern den Cholesterinspiegel nicht steigern konnte. Cholesterin und SchwangerschaftNiedrige Cholesterinspiegel der werdenden Mutter (Gesamtcholesterin unter 160 mg/dl) sind ein Risikofaktor für Frühgeburt und niedriges Geburtsgewicht.[44] Cholesterin und MuttermilchMuttermilch enthält einen sehr hohen Anteil an Cholesterin (ca. 25 mg / 100 g, Kuhmilch enthält nur ca. 12 mg / 100 g). Es wird vermutet, dass der höhere Cholesterinanteil der Muttermilch dafür verantwortlich sein könnte, dass gestillte Kinder später im Mittel einen höheren IQ entwickeln, auch weil bekannt ist, dass Cholesterin beim Aufbau des Gehirns und Nervensystems eine wesentliche Rolle spielt. Babynahrungshersteller verzichten auf die Anreicherung von Muttermilch-Ersatz mit Cholesterin, vermutlich weil sie wegen negativer Assoziationen der Verbraucher mit diesem Stoff mit Absatzproblemen rechnen müssten. Cholesterin, Psyche und GedächtnisCholesterin und GewaltbereitschaftIn einer im Jahre 2005 veröffentlichten Studie zeigte sich ein statistisch signifikanter Zusammenhang zwischen einem niedrigen Gesamtcholesterinspiegel bei Kindern und Schulverweisen. Kinder und Jugendliche mit einem Gesamtcholesterinspiegel unterhalb des 25-Prozent-Perzentils (<145 mg/dl) hatten eine fast dreifach erhöhte Wahrscheinlichkeit, in ihrer Schullaufbahn von der Schule verwiesen worden zu sein. Dies wird von den Autoren als weiterer Hinweis dafür gewertet, dass niedrige Cholesterinspiegel mit einer erhöhten Aggressivität im Zusammenhang stehen. [45] Cholesterin und DepressionenNiedrige Cholesterinspiegel haben sich in verschiedenen Studien als Risikofaktor für das Auftreten von Depressionen herausgestellt. So zeigte sich beispielsweise bei jungen, gesunden Frauen mit einem Gesamtcholesterinspiegel unterhalb von 4,14mmol/l (160 mg/dl) ein etwa doppelt so hohes Risiko für das Auftreten von Depressionen wie bei Frauen mit mittlerem bis hohem Cholesterinspiegel.[46] Auch die Einnahme von cholesterinsenkenden Medikamenten begünstigt offenbar die Entstehung von Depressionen. So zeigte sich in einer Studie an 234 älteren, depressiven Patienten, dass diejenigen Patienten, die Cholesterinsenker einnahmen, ein statistisch signifikant um fast 80% erhöhtes relatives Risiko für das Auftreten eines Rückfalls hatten als Patienten ohne diese Medikation.[47] In einer placebokontrollierten Studie an über 70-jährigen Patienten zeigte sich, dass die Stimmungslage der Patienten in der mit einem Cholesterinsenker behandelten Patientengruppe statistisch signifikant negativ beeinträchtigt war.[48] Von möglichen positiven Auswirkungen der Statin-Einnahme auf die Psyche berichtet eine Kohortenstudie, in der Patienten, die über Zeitraum von vier Jahren ununterbrochen Statine eingenommen hatten mit solchen Patienten verglichen wurden, die gar nicht oder nur mit Unterbrechungen Statine eingenommen hatten. In der ersten Gruppe zeigte sich eine reduzierte Prävalenz von Depressionen, die jedoch nicht mit dem Maß der Cholesterinsenkung in Zusammenhang stand.[49] Die Aussagekraft dieser Studie ist jedoch dadurch beeinträchtigt, dass Patienten, die z. B. wegen möglicher Nebenwirkungen der Medikamenteneinnahme aus der Studie ausschieden, in der Auswertung nicht berücksichtigt werden konnten. Cholesterin und GedächtnisIn verschiedenen Studien wurde der Einfluss einer Cholesterinsenkung auf die Gedächtnisleistung untersucht. In einer im Jahr 2000 veröffentlichten Studie an 192 gesunden Erwachsenen zeigte sich, dass sowohl die Gedächtnisleistung als auch die Aufmerksamkeit der Probanden in der mit Lovastatin behandelten Gruppe signifikant schlechter ausfiel als in der Kontrollgruppe. Der Leistungsunterschied war signifikant verknüpft mit den absoluten LDL-Cholesterinwerten nach der Behandlung, d. h. niedrigere Cholesterinwerte gingen mit einer schlechteren Gedächtnisleistung einher. Auch in einer an 326 Frauen mittleren Alters durchgeführten und 2003 veröffentlichten Studie zeigte sich eine lineare Korrelation der Gedächtnisleistung mit dem LDL-Cholesterinspiegel. In einem im Jahr 2003 veröffentlichten Übersichtsartikel werden 60 Fälle von totalem Gedächtnisverlust im Zusammenhang mit einer Statin-Behandlung beschrieben. Nach Absetzen der Statin-Behandlung verschwanden in etwas weniger als der Hälfte der dokumentierten Fälle die Gedächtnisstörungen ganz oder teilweise. Cholesterinsenkung und AlbträumeNiedrige Serum-Cholesterinspiegel stehen offenbar mit dem Auftreten von nächtlichen Albträumen in Verbindung[50]. Darüberhinaus gibt es einzelne Fallberichte, in denen ein direkter Zusammenhang zwischen der Einnahme von Cholesterinsenkern und dem Auftreten von Albträumen beschrieben wurde [51]. ArzneimittelDie ersten Mittel zur Senkung des Cholesterinspiegels waren Gallensäureaustauscherharze (Cholestipol). Später kamen dann Fibrate sowie Nikotinsäurepräparate und deren Derivate auf den Markt. Heute werden in diesem Indikationsbereich fast nur noch Statine und Cholesterinwiederaufnahmehemmer eingesetzt, in Einzelfällen noch Fibrate. FibrateDerzeit sind die Wirkstoffe Bezafibrat, Fenofibrat und Gemfibrozil im Einsatz. Fibrate zeichnen sich durch eine gute Triglyceridsenkung aus und werden heute deshalb vor allem bei Diabetikern eingesetzt. StatineAls die zur Zeit wirksamsten Medikamente zur Senkung des Cholesterinspiegels gilt die Gruppe der Statine. Sie gehören zur Gruppe der HMG-CoA-Reduktase-Hemmer (CSE-Hemmer), da sie das Schlüsselenzym der Cholesterinsynthese in der Zelle, die β-Hydroxy-β-methylglutaryl-Coenzym-A-Reduktase hemmen. Als Folge stellt die Zelle benötigtes Cholesterin nicht mehr selbst her, sondern nimmt Cholesterin aus dem Blut, über LDL-Rezeptoren, auf. Derzeit sind in Deutschland die Wirkstoffe Lovastatin, Simvastatin, Pravastatin, Fluvastatin und Atorvastatin am Markt. Der Wirkstoff Cerivastatin (Zenas, Lipobay) wurde im Jahr 2001 vom Hersteller Bayer vom Markt genommen, nachdem – vor allem, da es trotz Warnhinweisen in einer riskanten Kombination mit Fibraten verordnet wurde – Todesfälle und schwere Gewebeschäden im Zusammenhang mit der Einnahme des Medikaments aufgetreten waren. Der Wirkstoff Rosuvastatin befindet sich derzeit im Zulassungsverfahren und ist in einigen europäischen Ländern bereits im Handel (Crestor). Statine bewirken eine starke LDL-Senkung, aber eine eher schwache Triglycerid-Senkung und HDL-Steigerung. EzetimibDer relativ neuartige Wirkstoff Ezetimib ist ein im Darm wirkender, selektiver Cholesterinwiederaufnahmehemmer, der gezielt das Niemann-Pick C1-Like 1 (NPC1-L1)-Protein blockiert. NPC1-L1 sitzt in der Membran von Entherozyten der Dünndarmwand und ist für die Aufnahme von Cholesterin und Phytosterolen aus dem Darm zuständig. Laut Fachinformation ist Ezetimib für folgende Anwendungsgebiete zugelassen: Primäre Hypercholesterinämie Ezetimib ist zusammen mit einem HMGCoA-Reduktase-Hemmer (Statin) eingenommen begleitend zu Diät angezeigt zur Anwendung bei Patienten mit primärer (heterozygoter familiärer und nicht familiärer) Hypercholesterinämie, bei denen die Therapie mit einem Statin allein nicht ausreicht. Monotherapie Eine Monotherapie mit Ezetimib ist begleitend zu Diät angezeigt zur Anwendung bei Patienten mit primärer (heterozygoter familiärer und nicht familiärer) Hypercholesterinämie, bei denen ein Statin als ungeeignet erachtet oder nicht vertragen wird. Homozygote familiäre Hypercholesterinämie (HoFH) Ezetimib ist zusammen mit einem Statin eingenommen begleitend zu Diät angezeigt zur Anwendung bei Patienten mit homozygoter familiärer Hypercholesterinämie. Die Patienten können weitere begleitende Therapien (wie LDL-Apherese) erhalten. Homozygote Sitosterinämie (Phytosterinämie) Ezetimib ist begleitend zu Diät angezeigt zur Anwendung bei Patienten mit homozygoter familiärer Sitosterinämie. Studien, welche die Wirkung von Ezetimib zur Prävention der Komplikationen von Atherosklerose belegen, sind noch nicht abgeschlossen StudienIn zahlreichen Studien wurde die Auswirkung des Cholesterinspiegels auf die Inzidenz von Herz-Kreislauferkrankungen untersucht, aber auch andere Fragestellungen im Zusammenhang mit dem Cholesterinspiegel. Die Vielzahl der Studien macht das Heranziehen einzelner Studien zur Begründung eines Effekts grundsätzlich problematisch, da die Durchführung mehrerer Studien zur Beantwortung der gleichen Fragestellung die vermeintliche statistische Signifikanz einer einzelnen Studie außer Kraft setzen kann. So genügen im Mittel zwanzig für sich betrachtet methodisch korrekt angelegte Studien, um einen nicht vorhandenen Effekt einmal statistisch signifikant „nachzuweisen“. Metastudien gewinnen daher im Zusammenhang mit der Cholesterin-Thematik ein besonderes Gewicht. Auch diese sind jedoch durch den sogenannten „Publikationsbias“ (engl) beeinflusst. Framingham-StudieEine der wegweisenden Studien auf dem Gebiet der Untersuchung von KHK-Risikofaktoren war die Framingham-Studie, die heute als die wichtigste epidemiologische Studie der USA gilt. Sie untersuchte 6.000 Personen zweier Generationen in Framingham/Massachusetts. Über die Framingham wurden bis zum heutigen Tag über 1.000 wissenschaftliche Publikationen erstellt. Im Rahmen dieser Studie wurden unter anderem nachgewiesen, dass Rauchen und Übergewicht wichtige KHK-Risikofaktoren sind. Es ergab sich darüberhinaus, dass bei Männern im Alter von 30–59 Jahren das Auftreten von KHK entsprechend dem Cholesteringehalt im Blut erhöht ist. Bei Männern in den Dreißigern wiesen die Personen mit dem höchsten Gesamtcholesteringehalt im Blut ein viermal höheres Risiko auf als diejenigen mit dem geringsten Cholesterin. Für Frauen und für Personen über 50 Jahre zeigte sich kein solcher Zusammenhang. Eine Prüfung der Framingham-Studie im Jahre 1987 zeigte, dass eine Absenkung des Cholesterinspiegels um 1 mg/dl tatsächlich zu einer Steigerung der Gesamttodesrate von 11 % und zu einer Steigerung der Todesrate durch Herzkrankheiten um 14 % führt. Die Darstellung in der ursprünglichen Veröffentlichung wurde teilweise kritisiert, da in ihr der gegenteilige Eindruck erweckt worden sein soll. Die Framingham-Studie ist in der Zwischenzeit als eines der Musterbeispiele zum Interpretationsspielraum von Studien in die Lehrbücher eingegangen. MetastudienDas American National Heart, Lung and Blood-Institute führte Metastudien zum gesundheitlichen Nutzen der Cholesterinsenkung durch. 19 Studien wurden analysiert. Untersucht wurden 650.000 Menschen und 70.000 Todesfälle: Geringe Cholesterinspiegel gehen nicht mit einer allgemeinen Erhöhung der Lebenserwartung einher, sondern beziehen sich nur auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen, sie erhöhen das Risiko von Schlaganfällen und das Krebsrisiko. Allerdings ist immer noch umstritten, wo hier Ursache und Wirkung liegen; zum Zeitpunkt der Messung könnten niedrige wie auch hohe Cholesterinspiegel auch durch (noch nicht diagnostizierte) Krankheiten im Anfangsstadium verursacht sein. Als gesichert gilt, dass sehr hohe, sehr niedrige und fallende Cholesterinspiegel mit einer erhöhten Mortalität verbunden sind, wobei unklar bleibt, ob das Cholesterin Ursache oder eben nur Indiz eines verschlechterten Gesundheitszustandes ist. [52] [53] [54]. CAREDie CARE-Studie ( Cholesterol And Recurrent Event Study) mit Patienten mit 3 bis 20 Monaten zurückliegenden Herzinfarkt zeigte als Folge einer LDL-Cholesterinsenkung zwischen 115 und 174 mg/dl eine statistisch nicht signifikante Reduktion von Reinfarktraten und der Frequenz des Koronartods (von 5,7 % in der Kontrollgruppe auf 4,6 % in der Behandlungsgruppe nach fünf Jahren). Der Rückgang der KHK-Toten wurde allerdings durch eine Zunahme anderer Todesursachen in der Behandlungsgruppe ausgeglichen. Bei den nicht-tödlichen Herzinfarkten und bei der Zahl der Schlaganfälle zeigten sich Vorteile in der Behandlungsgruppe. EXCELDie erste Statin-Studie begann 1990 unter dem Namen Expanded Clinical Evaluation of Lovastatin (EXCEL). An der Studie nahmen 8245 Personen mit „moderat erhöhtem“ Cholesterinspiegel teil. Die drei Behandlungsgruppen erhielten Lovastatin in unterschiedlichen Dosierungen, die Kontrollgruppe von 1.650 Patienten erhielt ein Placebo. In einer 1991 veröffentlichten ersten Auswertung der Studie zeigte sich ein Anstieg der Sterblichkeit von 0,2 % in der Kontrollgruppe auf 0,5 % im Mittel der drei Behandlungsgruppen, der grenzwertig statistisch signifikant war. Über den weiteren Verlauf der Mortalität in dieser Studie wurden vom Lovastatin-Hersteller MSD keine Zahlen veröffentlicht. 4SDie Scandinavian Simvastatin Survival Study (en:Scandinavian Simvastatin Survival Study) wird kurz als 4S-Studie bezeichnet. Innerhalb der ersten 5 Behandlungsjahre wurden unter den beteiligten 4.444 Patienten mit mindestens sechs Monate zurückliegenden Herzinfarkt oder stabilen Angina Pectoris in der Vorgeschichte die LDL-Cholesterinspiegel um durchschnittlich 35 % gesenkt und die HDL-Cholesterinspiegel um durchschnittlich 8% gesteigert. Im gleichen Zeitraum wurde die KHK-Mortalität von 8,5 % auf 5,0 % gesenkt, die Rate definitiver Herzinfarkte reduzierte sich von 12,1 % auf 7,4 %. An dieser Studie gibt es erhebliche methodische Kritik, z. B. vom anzeigenfreien Arznei-Telegramm zur Bewertung von Medikamenten. Die Altersverteilung von Simvastatin- und Placebogruppe war aus den veröffentlichten Daten nicht entnehmbar, gleichzeitig traten typische altersabhängige Krankheiten in der Placebogruppe deutlich häufiger auf. Eine Standardisierung für andere gleichzeitig eingenommene Medikamente, wie z. B. Aspirin, wurde nicht vorgenommen. Darüberhinaus war das KHK-Risikoprofil der Kontrollgruppe deutlich ungünstiger. Und schließlich erschien es verdächtig, dass in einer angeblichen Doppelblindstudie bei den Patienten der Simvastatin-Gruppe die Dosis nach einem halben Jahr verdoppelt wurde, bei denen der Cholesterinspiegel nicht gesunken war. Die Autoren mussten später einräumen, dass das Patientenkollektiv nicht vollständig randomisiert war.[55] Dennoch bestätigt das Arzneitelegramm im Jahr 2004, dass die 4S-Studie erstmals den Nachweis erbrachte, dass männliche Patienten mit Herzinfarkt oder stabiler Angina Pectoris in der Vorgeschichte von einer medikamentösen Cholesterinsenkung im Sinne einer Lebensverlängerung profitieren könnten. Dieses Ergebnis sei inzwischen durch zwei weitere Studien (HPS und LIPID) bestätigt worden. Das Fachblatt rät jedoch vom Einsatz von Statinen bei Frauen und bei über 70-Jährigen ohne arteriosklerotische Erkrankung ab.[56] PROCAMDie PROCAM-Studie ( Prospective Cardiovascular Münster Study) begann 1979 in Münster und untersuchte fast 20.000 Angehörige von Firmen und Mitarbeitern des öffentlichen Dienstes. Sie ergab Hinweise, dass nicht nur die Höhe des Gesamtcholesterins sondern auch das Verhältnis der verschiedenen Cholesterinfraktionen (LDL, HDL, Triglyceride) für die KHK-Risikobetrachtung ausschlaggebend sein könnte. LIPIDDie LIPID-Studie ( Long-Term Intervention with Pravastatin in Ischaemic Disease-Study ) zeigte an fast 10.000 Probanden mit mindestens 3 bis 36 Monate zurückliegenden Herzinfarkt oder Krankenhausentlassung nach instabiler Angina Pectoris mit Gesamtcholesterinwerten ab 155 mg/dl und durchschnittlichen LDL-Cholesterinwerten von 150 mg/dl, dass das LDL um durchschnittlich 25 % stärker als unter Placebo gesenkt und das HDL um 5 % angehoben wurde. Dabei wurde die Gesamtsterblichkeit von 14 % auf 11 % gesenkt, die KHK-Sterblichkeit von 8,3 % auf 6,2 %. Die Wirkung hing dabei nicht vom anfänglichen Gesamt- oder LDL-Cholesterinspiegel ab. Auch andere Todesursachen, wie Krebs und Selbstmord, nahmen in der Behandlungsgruppe ab. Damit wird von Kritikern die Vergleichbarkeit der beiden Gruppen in Frage gestellt. Anders als üblich sind entsprechende Durchschnittswerte der Studie nicht zu entnehmen. HPSIn der englisch-skandinavischen Heart Protection Study ließ sich an 20.536 Patienten mit koronarer Herzkrankheit oder anderen atherosklerotischen Erkrankungen oder Hypertonie etc. eine zwar geringe, aber signifikante Senkung der Gesamtsterblichkeit von 14,7 % in der Placebogruppe auf ca. 12,9 % in der behandelten Gruppe (mit Simvastatin) nachweisen [9] [57]; d. h. rund 50 Personen müssen fünf Jahre behandelt werden, um einen Todesfall zu verhindern (NNT=56). Die zur Errechnung dieser Schlussfolgerung der Studie verwendeten statistischen Methoden sind nicht unumstritten ([10]). Auch die Kosteneffizienz wurde, u. a. wegen der hohen Preise für Simvastatin, in Frage gestellt. Allerdings hat sich die Grundlage dieser Berechnungen mit Einführung der Simvastatin-Generika 2003 verändert [58]. Ob der in der Studie erkennbare positive Effekt allein auf die cholesterinsenkende Wirkung oder auch auf andere Wirkmechanismen der Statine zurückzuführen ist, ist umstritten und Gegenstand aktueller Forschungsarbeit (vgl. z. B. [11]). 4DIn der 4D-Studie („Die Deutsche Diabetes Dialyse“-Studie) wurde erstmals die Wirkung von Atorvastatin (Lipitor/Sortis) bei der Behandlung von Dialysepatienten mit Typ-2-Diabetes untersucht, die ein sehr hohes kardiovaskuläres Risiko haben. Die placebokontrollierte Studie umfasste 1.255 Patienten, die über vier Jahre beobachtet wurden. In der Behandlungsgruppe wurde der LDL-Cholesterinspiegel im Mittel um 42 % reduziert. Es zeigte sich jedoch kein Vorteil bei den KHK-Todesfällen oder bei der Gesamtsterblichkeit. Stattdessen kam es in der Behandlungsgruppe zu einer statistisch signifikanten Verdopplung der Zahl der tödlichen Schlaganfälle.[59] Hu 1999Hu et al. untersuchten 1999 in Ihrer Studie: „A Prospective Study of Egg Consumption and Risk of Cardiovascular Disease in Men and Women” mit über 117.000 Probanden den vermuteten Zusammenhang zwischen Eiverzehr und KHK oder Schlaganfall. Ein erhöhtes Risiko bei erhöhtem Eikonsum konnte dabei nur für Diabetiker festgestellt werden. Für die Gesamtgruppe gab es keinen signifikanten Zusammenhang. [60] Zitate
Quellen
LiteraturZur Biochemie und Physiologie
Zur Verteilung der Lipid-Werte in Deutschland
Bücher von Vertretern der Cholesterin-KHK-Hypothese
Kritische Bücher zur Cholesterin-KHK-Hypothese
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