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Compagnie de Saint-Gobain
Die Compagnie de Saint-Gobain ist einer der 100 größten und gleichzeitig einer der ältesten Industriekonzerne der Welt. Die unter ihrem Dach vereinigten Firmen beschäftigten 2005 rund 185.000 Menschen bei einem Jahresumsatz von rund 35 Milliarden Euro, was das Unternehmen zum zehntgrößten Frankreichs macht. Saint-Gobain ist weltweit in rund 50 Ländern vertreten. Namentlich bei Bau- und Dämmstoffen, bei Glas, Industriekeramik, Schleifmitteln, bei Verpackungsmaterialien und beim Rohrleitungsbau spielt der Konzern eine führende Rolle; bei etlichen Produkten aus diesen Bereichen sogar als Weltmarktführer oder als europäischer Marktführer. Weiteres empfehlenswertes FachwissenOrganisationRechtsform und BeteiligungsverhältnisseDie Muttergesellschaft ist eine Aktiengesellschaft. Rund 85% der Aktien befinden sich im Streubesitz. 6% der Aktien werden von Mitarbeitern des Unternehmens gehalten, 1,7% vom Unternehmen selbst. Den Rest, mit Beteiligungen im einstelligen Prozentbereich, halten die Firmen CDC, Cogema, AXA und BNP Paribas. Das Stammkapital besteht aus mehr als 340 Millionen Aktien im Nennwert von 4 Euro und beträgt fast 1,4 Milliarden Euro (Stand Ende 2004). Die Marktkapitalisierung bei einem Kurs von rund 55 Euro pro Aktie (Stand März 2006) beläuft sich auf rund 19,5 Milliarden Euro. KonzerngliederungUnter dem Dach der Muttergesellschaft werden rund 1200 Einzelfirmen konsolidiert. Saint-Gobain ist eine Matrixorganisation. Sie ist unterhalb der Generaldirektion in Generaldelegationen und Hauptsparten unterteilt. In Deutschland wird Saint-Gobain vertreten durch die Generaldelegation Deutschland und Mitteleuropa mit Sitz in Aachen. Diese Generaldirektion ist verantwortlich für die Länder Deutschland, Tschechien, Slowakei, Österreich, Ungarn, Slowenien und Kroatien. Management
Senior Vice Presidents:
Corporate Secretary:
Generaldelegierter für Deutschland und Mitteleuropa:
Wirtschaftliche EckdatenGeschichteEntstehung eines Unternehmens im Zeitalter des MerkantilismusUnter König Louis XIV erhält sein Finanzminister Jean-Baptiste Colbert den Auftrag, eine Compagnie des Glaces in Paris zu gründen. Dies ist die Geburtsstunde der Manufacture Royale des glaces de Miroirs (königliche Spiegelglasmanufaktur) im Pariser Stadtteil Faubourg Saint-Antoine. Wie manch andere Betriebe, die in jener Zeit entstehen, ist sie ein Element der zentral gesteuerten Wirtschaftspolitik Frankreichs im 17. Jahrhundert. Der damals vorherrschenden merkantilistischen Produktionslehre folgend, werden die Güter in solchen Betrieben in genau festgelegter Art und Qualität und in arbeitsteilig durchorganisierter Produktion hergestellt, im Gegensatz zur zuvor vorherrschenden kunsthandwerklichen Produktionsweise. Obwohl Markt und Produktion staatlich reguliert sind, liegt das Unternehmertum in privater Hand. Der erste Großauftrag des jungen Unternehmens ist die Glasproduktion für den Spiegelsaal des königlichen Schlosses in Versailles. Nach mehreren Umgründungen und Umbenennungen firmiert die Gesellschaft unter dem Namen Compagnie des Grandes Glaces. Sie erhält 1688 von Staats wegen das Monopol auf die Herstellung von Flachglas aller Abmessungen ab 60 Zoll x 40 Zoll (1,56m x 1,04m) aufwärts. 1692 wird die Produktion in das Dorf Saint-Gobain in der Picardie in Nordfrankreich verlegt. In den folgenden Jahren kommen weitere Produktionsstätten hinzu. Die neuen Standorte dienen schließlich als Namensgeber für den neuen Firmennamen: Manufactures des Glaces et des Produits Chimiques de St. Gobain, Chauny et Circy à Paris. Nach dem Tod von Colbert werden Konkurrenzunternehmen zugelassen. Die Firma gerät nach dem Verlust des Monopols zunächst in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Sie kann jedoch aus eigener Kraft erneut eine Vormachtstellung erringen: Louis Lucas de Nehou, Hüttendirektor bei Saint-Gobain, entwickelt ab 1688 ein neues Verfahren für die Herstellung von Flachglas, mit dem sich dieses in besserer Qualität, in größeren Mengen und in größeren Abmessungen herstellen lässt. Bei diesem so genannten Tischwalzverfahren wird die Glasschmelze auf ebenen Gießtischen ausgegossen, sodann mit schweren Walzen glatt gewalzt und schließlich mit Sand geschliffen. Zuvor wurde Flachglas zumeist durch Erhitzen, Aufschneiden und Flachwalzen von zylindrischem Glas gewonnen. Etwa ab 1691 gelangt das neue Gießverfahren zur Marktreife. Saint-Gobain verdrängt damit nach und nach die zuvor vorherrschende venezianische Glasproduktion vom europäischen Markt. Nehous Methode wird im Laufe der Zeit ständig verbessert, bleibt jedoch im Prinzip bis ins 19. Jahrhundert das Standardverfahren für die Herstellung von Flachglas. Auch im 18. Jahrhundert profitiert Saint-Gobain noch von staatlichen Privilegien. Die französische Revolution bedeutet den endgültigen Abschied von dieser Wirtschaftsweise: Am 4. August 1789 beschließt die Nationalversammlung die Abschaffung des für die bourbonische Monarchie charakteristischen Privilegiensystems. Mit dem Code de Commerce von 1807 setzt die napoleonische Regierung ein neues Gesellschaftsrecht ein, auf der Grundlage von Gewerbefreiheit und Konkurrenz. Wachstum zu einem europäischen GroßunternehmenZu Beginn des 18. Jahrhunderts bekommt Saint-Gobain starke Konkurrenz durch die Aktiengesellschaft Manufacture Royale des cristaux et de verre. Um 1840 teilen sich beide Firmen jeweils rund zur Hälfte den europäischen Markt für Flachglas. Bei der Expansion nach Deutschland hat die Manufacture Royale sogar einen Vorsprung. Andererseits beginnen die beiden Unternehmen seit 1830 bezüglich Verkauf und Lagerhaltung zu kooperieren und in den folgenden Jahren wiederholt Fusionsgespräche miteinander zu führen. Etwa ab 1850 wird die europäische Konkurrenz, vor allem in Großbritannien und Belgien, immer stärker. Unter diesem äußeren Druck wird die Fusion in den 1850er Jahren vorangetrieben und kommt 1858 schließlich zustande. Saint-Gobain wird damit zum dominierenden Flachglasproduzenten in Europa. Mit der Fusion wird der Firmenname bestimmt, der bis in die heutige Gegenwart überdauert: Société Anonyme des Manufactures des Glaces et Produits Chimiques de Saint-Gobain, Chauny & Circy (Aktiengesellschaft zur Herstellung von Gläsern und chemischen Produkten von Saint-Gobain, Chauny und Circy). Um die gleiche Zeit wird auch die Expansion nach Deutschland voran getrieben. 1853 wird, noch von der Manufacture Royale, die erste Niederlassung in Deutschland gegründet, im badischen Waldhof, das heute ein Stadtteil von Mannheim ist. 1857 wird, diesmal direkt seitens Saint-Gobain, die seit 1837 bestehende Spiegelglashütte in Stolberg-Münsterbusch mit Firmenhauptsitz in Aachen übernommen. Diese Aktivitäten sind der Beginn einer für mehr als hundert Jahre durchgehaltenen, klar umrissenen Expansions- und Arrondierungsstrategie. Im Kern besteht sie darin, sich auf den Sektor Glas und eng angrenzende Produktionsbereiche zu beschränken, aber auf diesem Sektor die Marktführerschaft durch geografische Expansion und fortwährende Modernisierung der Produktion zu behaupten. Die geografische Expansion wird meist durch Aufkauf und Ausbau bestehender Betriebe bewerkstelligt. Es folgen Gründungen von Fabriken im italienischen Pisa (1888), im böhmischen Bilin (1897), an den belgischen Produktionsstandorten Franière (1898) und Sas de Gand (1904) und im spanischen Arija. Auf dem amerikanischen Markt ist Saint-Gobain seit 1831 präsent, zunächst durch eine Verkaufsniederlassung in New York. Später, um 1920, wird der Kauf von Firmenanteilen verschiedener Glas produzierender Unternehmen in den USA folgen. Im deutsch-französischen Spannungsfeld zwischen 1866 und 1919
Trotz dieser internationalen Expansion spielt die Produktion in Deutschland eine heraus ragende Rolle: Um 1872 macht die Produktion der Fabriken in Waldhof und Stolberg rund 40% an der gesamten Produktion von Saint-Gobain aus. Bei einer solch engen Verflechtung bleibt es nicht aus, dass auch die französisch-deutschen Beziehungen, die bis 1945 oft von Feindschaft und Krieg gekennzeichnet sind, und die sprunghafte und oft gegenläufige Entwicklung der beiden wirtschaftlichen und politischen Systeme ihre Spuren in der Firmengeschichte hinterlassen. Bereits vor dem preußisch-österreichischen Krieg von 1866 fürchtet man im Konzern Verwicklungen und Einbußen. Dennoch wird 1866, auf Grund der hohen Nachfrage in den USA und in Großbritannien, ein wirtschaftlich sehr erfolgreiches Jahr. Hingegen bringt der deutsch-französische Krieg von 1870–1871 Produktion und Verkauf fast völlig zum Erliegen. Über den Hafen von Antwerpen kann der Export nach England, Amerika und Skandinavien aufrecht erhalten werden. Dadurch können die nicht zum Kriegsdienst eingezogenen Firmenangehörigen weiter beschäftigt und der komplette Zusammenbruch des Betriebes verhindert werden. Um 1872 machte die Produktion der Fabriken in Waldhof und Stolberg rund 40 % an der gesamten Produktion von Saint-Gobain aus. Am 11. Dezember 1867 eröffnet die Rheinische Eisenbahn nur für Güterverkehr eine Strecke Stolberg - Stolberg-Spiegelmanufaktur mit 1,4 km Länge. Der ursprüngliche Werkbahnanschluss an der Eisenbahnstraße ist nicht mehr vorhanden und liegt heute an der Münsterbachstraße. Bis in die 1990er Jahre wurde der Betrieb mit eigenen Lokomotiven abgewickelt, seitdem kommt der ältere Zweiwege-Unimog eines Subunternehmers zum Einsatz. Ein Glaszug mit einer Deutz 46385/1947 als Denkmallok steht am Museum Zinkhütter Hof. Als rollfähiges Denkmal steht die Dampflokomotive Hanomag 6825/1913 noch heute auf dem Werksgelände. Im Ersten Weltkrieg wird das Vermögen der Saint-Gobain-Gruppe als so genanntes Feindvermögen der Zwangsverwaltung durch deutsche Direktoren unterworfen. Die Produktionsstätten in Waldhof und im schlesischen Altwasser werden von den Zwangsverwaltern an deutsche Unternehmer versteigert. Die Saint-Gobain-Beteiligungen an den Hütten Herzogenrath und Sindorf werden veräußert. Das Werk Stolberg wird vom dortigen Zwangsverwalter weiter geführt. Jedoch bricht auch dort, wie in der gesamten deutschen Glasindustrie, auf Grund des Mangels an Kohle und an Arbeitskräften die Produktion bis 1918 auf rund ein Fünftel des Vorkriegsniveaus ein. In den Jahren 1919 bis 1921 bekommt Saint-Gobain, auf Grund der Bestimmungen des Versailler Vertrages, die im Kriege verkauften Betriebe wieder zurück. Die zwischenzeitlichen Eigentümer erhielten eine Entschädigung. In der Tradition der Vorkriegszeit nimmt Saint-Gobain die Geschäftstätigkeit in der Weimarer Republik wieder auf. Saint-Gobain in der Weimarer Republik und im Zweiten Weltkrieg1919–1920 eröffnet Saint-Gobain ein Zentralbüro für Deutschland. Es hat seinen Sitz zunächst in Stolberg, wird 1924 aber nach Aachen verlegt, wo es bis in die Gegenwart in der Viktoriaallee ansässig ist. Es hat die Aufgaben, die Interessen und Finanzen des Konzerns in Deutschland zu vertreten und die Finanzen für Deutschland zu verwalten. Zuvor waren die deutschen Betriebe lediglich Niederlassungen mit geringem Handlungsspielraum. Alle finanziellen Transaktionen, einschließlich der Löhne und Gehälter, wurden von Paris aus abgewickelt. Insbesondere in der Nachkriegszeit mit ihrer strikten Devisenbewirtschaftung, bei der alle Auslandsüberweisungen sowohl auf französischer als auch auf deutscher Seite von Amts wegen genehmigt werden müssen, hatte sich dies sehr hinderlich ausgewirkt. Es dauert rund zehn Jahre, bis die Glasproduktion in Deutschland wieder den Vorkriegsstand von 1913 erreicht. Allgemeine wirtschaftliche Schwierigkeiten im Deutschland der Zwischenkriegszeit, besonders die Inflation von 1923, führen dazu, dass die Erholung nur langsam und krisenhaft verläuft. In dieser wirtschaftlich schwierigen Zeit führt das Unternehmen über die gesetzlich festgelegte soziale Sicherung hinaus zusätzliche Maßnahmen ein, indem es zum Beispiel 1923 Inflationsgeld für die Mitarbeiter drucken lässt oder 1926 die Pensionskassen-Aktien-Gesellschaft der Deutschen Saint-Gobain-Gruppe gründet. Die Liquiditätsprobleme in der Nachkriegswirtschaft setzen der Glasindustrie, mit ihrem ständigen hohen Innovations- und Kapitalbedarf, zu. Hinzu kommt starker Druck durch amerikanische Konkurrenz: Das Aufblühen der Automobilindustrie und die Wolkenkratzerarchitektur mit ihren großen Glasfassaden schaffen in den Vereinigten Staaten eine enorme Nachfrage nach Flachglas, die der dortigen Glasindustrie zu Gute kommt. Obwohl insgesamt ein Wachstum zu verzeichnen ist und das Konzernvermögen durch weitere Zukäufe von Betrieben und Innovation gemehrt werden kann, kommt es auch mehrfach zu unternehmerischen Krisen. Beispielsweise wird die Spiegelglasproduktion im Traditionswerk Waldhof 1930 eingestellt. Drei Viertel der rund 400 Stellen in jenem Werk gehen verloren. Unter diesem wirtschaftlichen Druck errichtet der Verein deutscher Spiegelglasfabriken, unter Beteiligung von Saint-Gobain, 1931 ein Produktionskartell. Saint-Gobains Anteil an diesem Kartell beträgt 46 %. In den ersten Jahren der NS-Diktatur, von 1933 bis 1938, wird die Autonomie der Firma zunächst nicht angetastet. Saint-Gobain kann sich weiter vergrößern, Beteiligungen erwerben und wichtige Innovationen voran treiben, von denen weiter unten noch die Rede sein wird. Erst nach der militärischen Niederlage Frankreichs im Juni 1940 wird die deutsche Saint-Gobain-Beteiligung unter Zwangsverwaltung gestellt. Zu einer Zerschlagung des Konzerns, einer Herauslösung der deutschen Beteiligung, kommt es jedoch nicht, obwohl das Reichsministerium für Wirtschaft dies anstrebt. Bis 1943 bleibt der Geschäftsgang stabil, mit einer Umsatzentwicklung wie in Friedenszeiten. Erst in den Jahren 1944 und 1945 kommt es zum Zusammenbruch. 1936 entstand aus dem Zusammenschluss von vier Glashütten die Vereinigte Glaswerke GmbH, Zweigniederlassung der Compagnie de Saint-Gobain (VEGLA), mit Sitz in Aachen. Am 29. Juli 1942 quartierte die Stolberger VEGLA in einem Lager auf ihrem Betriebsgelände 68 männliche Zwangsarbeiter ein. Innovation im 20. JahrhundertAb 1910 setzt sich eine neue Methode der Glasherstellung durch: Beim Bicheroux-Verfahren, benannt nach Max Bicheroux, wird das geschmolzene Glas nicht zu einem Gießtisch transportiert und dort ausgegossen, sondern direkt aus dem Schmelzofen auf eine schiefe Ebene. Dort wird es zwischen zwei Walzen im Endlosverfahren glatt gewalzt. Diese Methode wird zunächst in französischen Saint-Gobain-Fabriken eingeführt, dann zwischen 1910 und 1914 im Werk Herzogenrath perfektioniert. Im Stolberger Werk wird sie dann während des ersten Weltkrieges eingeführt. Sie trägt dazu bei, dass nach dem ersten Weltkrieg die Produktion der deutschen Glasindustrie binnen weniger Jahre wieder das Vorkriegsniveau erreicht. Gegen Ende des ersten Weltkrieges und in den Jahren danach herrscht Steinkohlemangel, bedingt durch Mangel an Transportkapazität, Zwangslieferungen von Steinkohle an Frankreich und die Ausfälle während der Ruhrbesetzung. Die rheinische Glasindustrie überbrückt diesen Mangel durch Umstellung der Produktion auf die vor Ort vorhandene Braunkohle. Damit trägt sie zur Entstehung des linksrheinischen Braunkohle-Tagebaus bei. Ein weitere dramatische Produktivitätssteigerung ergibt sich durch Ziehglas-Verfahren, bei denen das flüssige Glas mittels eines Rahmens aus der Schmelze gezogen wird, namentlich das Fourcault-Verfahren und das amerikanische Libby-Owens-Verfahren in den 1920er und das Pittsburgh-Verfahren in den 1930er Jahren. Nur Firmen, die an diesen neuen Verfahren partizipieren und sie mit voran treiben, können bei den Produktionskosten mithalten; traditionelle Betriebe müssen schließen. Saint-Gobain modernisiert die Produktion, beteiligt sich an Betrieben in Deutschland und den USA, die mit den neuen Verfahren arbeiten, und kann die Konkurrenzfähigkeit wahren. Allerdings führen die neuen Verfahren Ende der 1920er Jahre zunächst zu hohen Überkapazitäten und zwischen 1925 und 1936 zum Verlust von mehr als der Hälfte der ursprünglich rund 16.000 Arbeitsplätze in der deutschen Tafelglasindustrie. 1927 präsentiert Saint-Gobain das Sicherheitsglas Securit. 1929–1930 wird das Einscheiben-Sicherheitsglas, das bis in die heutige Zeit als Standard-Sicherheitsglas im Automobilbau verwendet wird, von Saint-Gobain auf den Markt gebracht. 1931 bis 1935 erwirbt Saint-Gobain Rechte und Firmenbeteiligungen zur Herstellung von Glaswolle. Das Verfahren war ursprünglich von Friedrich Rosengarth bei der Firma Hager in Bergisch Gladbach entwickelt und von ihr patentiert worden. Rosengarth hatte bei einem Kirmesbesuch bei der Herstellung von Zuckerwatte zugesehen und sich dadurch inspirieren lassen, ein ähnliches Schleuderverfahren für Glas zu erproben. Ab Mitte der 1930er Jahre erobert sich das neue Produkt rasch einen Markt und wird zu einer gängigen Alternative zu den bis dahin gebräuchlichen Dämmstoffen. In ähnlicher Weise und engagiert sich der Konzern bei dem neuen Produkt Glasfaser. 1936 werden die notwendigen Rechte erworben, 1938 beginnt die Produktion im Herzogenrather Werk von Saint-Gobain. In den Vorkriegs- und Kriegsjahren ist Glasfaser zunächst ein wichtiges Isoliermaterial im U-Boot-Bau. Die vielfältigen Verwendungsmöglichkeiten, die heutzutage bekannt sind, setzen sich in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts nach und nach durch. 1966 nimmt im Köln-Porzer Saint-Gobain-Werk die erste deutsche Floatglas-Anlage ihren Betrieb auf und begründet damit in Deutschland das noch heute übliche Verfahren, nach dem inzwischen rund 95% des gesamten Flachglases hergestellt werden. Entwicklung von 1970 bis 2000In den Jahren seit 1970 vollzieht Saint-Gobain eine allmähliche Wende, eine Abkehr von der zuvor seit Generationen durchgehaltenen Geschäftsstrategie: Das Unternehmen entwickelt sich zu einem internationalen Mischkonzern. Der Anfang dieser Entwicklung ist die Fusion mit Pont-à-Mousson 1970. Pont-à-Mousson ist seinerseits eine traditionsreiche, seit 1856 bestehende Firma, aber aus einer ganz anderen Branche, nämlich der Eisenindustrie. Ihren Namen hat die Firma von ihrem Gründungsort, der lothringischen Stadt Pont-à-Mousson. Neben weiteren Werken am Stammsitz und an anderen Orten in Frankreich bringt Pont-à-Mousson auch die seit 1756 bestehende Halbergerhütte in Saarbrücken in die Konzernfusion ein. Auch das heutige Firmenlogo von Saint-Gobain erinnert an diese Fusion: Es zeigt in stilisierter Form die Moselbrücke in Pont-à-Mousson. 1971–1972 erwirbt Saint-Gobain eine Mehrheitsbeteiligung von 89% an Grünzweig+Hartmann, einem ebenfalls seit dem 19. Jahrhundert bestehenden Unternehmen. Grünzweig+Hartmann hält mit einer Reihe von Patenten eine starke Stellung auf dem Markt für Dämmstoffe aller Art. Einen Umbruch ganz anderer Art bringt das Jahr 1981 mit sich: Die neu gewählte französische Regierung unter dem sozialistischen Präsidenten François Mitterrand ordnet die Verstaatlichung des Konzerns an. Nach dem Wahlsieg der Gaullisten 1986 wird diese Maßnahme jedoch widerrufen und der Konzern reprivatisiert. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs engagiert der Konzern sich in zunehmendem Maße in Osteuropa. Eine erste Niederlassung in Ungarn wird 1991 gegründet. Eine Niederlassung in der tschechischen Republik folgt 1993. Weitere Zukäufe, welche die Erweiterungsstrategie des Konzerns in der jüngsten Vergangenheit kennzeichnen, sind beispielsweise:
Eine solche Erweiterungsstrategie bedeutet allerdings nicht automatisch und in allen Teilbereichen stetiges Wachstum. In manchen Fällen werden Teile der zuvor erworbenen Beteiligungen wieder verkauft. Beispielsweise wird ein Teil der Beteiligungen, die Pont-à-Mousson in die Fusion der beiden Konzerne einbrachte, bis 1975 verkauft. Es handelt sich dabei vor allem um Beteiligungen in der Eisen- und in der chemischen Industrie. Die 1997 erworbene Beteiligung an der Firma Essilor, einem der weltweit tonangebenden Hersteller von Brillengläsern, wird bereits 2000 wieder abgestoßen. Auch Schrumpfungsmaßnahmen werden durchgesetzt, beispielsweise Anfang der 1990er Jahre bei den von Grünzweig+Hartmann erworbenen Firmen im Dämmstoffbereich oder bei von Pont-à-Mousson eingebrachten Werken. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die jüngste Vergangenheit seit 1990 die größte Dynamik und die größten Umschichtungen in der langen Firmengeschichte mit sich brachte. 50% der Tätigkeiten, die zehn Jahre zuvor noch ausgeübt worden waren, seien veräußert worden; 60% der Umsatzerlöse stammten aus Neuerwerbungen der letzten zehn Jahre, ist aus dem Geschäftsbericht für 1998 zu entnehmen. Jüngste FirmenentwicklungIm August 2005 legt Saint-Gobain den Aktionären seines Zulieferers BPB plc ein Übernahmeangebot in Höhe von 7,20 Pfund (rund 10,50 Euro, Wechselkurs Stand Oktober 2005) pro Aktie vor. Der Gesamtwert des Angebots beläuft sich auf rund 5,25 Milliarden Euro. Es ist zunächst auf den 9. Oktober 2005 befristet und wird später bis zum 30. Oktober 2005 verlängert. Seitens des BPB-Managements wird das Angebot als Versuch einer feindlichen Übernahme angesehen. BPB bezeichnet es als unzureichend und empfiehlt seinen Aktionären, es abzulehnen. Anfang Oktober 2005 beginnt BPB, eigene Aktien vom Markt zurück zu kaufen, um so den Stückpreis der auf dem Markt verbleibenden Aktien in die Höhe zu treiben und das Angebot von Saint-Gobain für die Aktionäre weniger attraktiv zu machen. Im November 2005 erhöht Saint-Gobain sein Angebot auf 7,75 Pfund pro Aktie, entsprechend einem Gesamtwert von 5,7 Milliarden Euro. Parallel dazu kommt es zu weiteren Verhandlungen zwischen den beiden Unternehmensleitungen, die schließlich zu einer Übereinkunft führen. Das BPB-Management empfiehlt seinen Aktionären eine Annahme des Angebots. Ende 2005 kommt die Übernahme schließlich zustande. BPB ist Weltmarktführer bei Gipskartonplatten und unter anderem Muttergesellschaft der deutschen Firma Rigips. Die Akquisition ist die größte in der Geschichte von Saint-Gobain. Sie wird, so hofft man seitens des Unternehmens, seine Marktstellung auf dem Gebiet der Bau-Dämmstoffe entscheidend verstärken. Seit 2005 produziert Saint-Gobain in Rödental Dieselpartikelfiler für die Automobilindustrie. Daneben werden weitere Werke folgen, so z.B. in Polen und anderen Ländern. 2007 übernahm der Konzern die Baustoff-Tochter Maxit vom deutschen Unternehmen Heidelberg Cement. Saint-Gobain bezahlte dafür 2,13 Mrd. Euro. Im November 2007 verhängte die Europäische Union durch EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes gegen das Unternehmen eine Geldstrafe von 134 Millionen Euro. Saint-Gobain war an einem internationalen Kartell mit den Unternehmen Guardian aus den Vereinigten Staaten, Pilkington aus Großbritannien und Asahi aus Japan beteiligt, die illegale Preisabsprachen getroffen hatten. [1]
Einzelnachweise
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