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Schweres WasserSchweres Wasser (Deuteriumoxid) ist chemisch gesehen Wasser mit der chemischen Summenformel D2O. Von „normalem“ Wasser mit der Summenformel H2O unterscheidet es sich dadurch, dass die normalen Wasserstoffatome des Protiums (Symbol H) durch schwere Wasserstoffatome des Isotops Deuterium (Symbol D) ersetzt sind. Normaler Wasserstoff hat nur ein Proton im Atomkern, Deuterium hingegen ein Proton und ein Neutron. Dementsprechend ist die Molekülmasse und auch Dichte schweren Wassers etwas höher als die von normalem. Halbschweres Wasser mit der Summenformel HDO enthält hingegen ein normales und ein schweres Wasserstoffatom. Es kommt in der Natur viel häufiger vor als schweres Wasser. Auf der Erde findet sich etwa ein Deuteriumatom auf etwa 7000 Wasserstoffatome (in Schnee bis zu 1:9000, in Seewasser mit hohem Salzgehalt 1:5500). Überschweres Wasser (Tritiumoxid) enthält Tritium anstelle von Wasserstoff. Weiteres empfehlenswertes Fachwissen
GewinnungSchweres Wasser wird durch Anreicherung aus herkömmlichem Wasser, in dem es in geringer Menge vorkommt, gewonnen. Wird Wasser elektrolysiert, bleibt das schwere Wasser eher unzersetzt zurück, während leichtes Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff gespalten wird. Ein energetisch effizienteres Verfahren verläuft über die Destillation von Ammoniak oder Schwefelwasserstoff. EigenschaftenSchweres Wasser ist weniger reaktionsfähig als normales Wasser und hat eine niedrigere Lösefähigkeit. Die Ursache ist die höhere Kernmasse des Deuteriums. Dadurch haben die Molekülschwingungen eine niedrigere Frequenz, und die Nullpunktsenergien dieser Schwingungen liegen niedriger als beim leichten Wasser. Bei einer Streckschwingung macht der Effekt etwa 125 meV oder 5 kT bei Raumtemperatur aus. Als Folge davon erfordert die Dissoziation von Wasser, die für viele biochemische Reaktionen Voraussetzung ist, mehr Energie, und kann stark verlangsamt sein. Neben der Dissoziation wird auch die Ausbildung von Wasserstoffbrückenbindungen, wie sie ebenfalls in biochemischen Systemen von essentieller Bedeutung sind, beeinflusst. Darum wirkt schweres Wasser auf die meisten Organismen leicht giftig. Experimente mit Mäusen zeigten, dass die Zellteilung (Mitose) unterdrückt wird. Dadurch wird Gewebe, das schnell erneuert werden muss (z. B. Magenwand), bei fortgesetzter Einnahme von schwerem Wasser in Mitleidenschaft gezogen. Diese Effekte wurden sichtbar, als die Mäuse etwa 50 % ihres Wassers durch schweres Wasser ersetzt hatten. Aggressive Krebserkrankungen sollten zwar auch gebremst werden; der Nutzen einer Therapie mit schwerem Wasser würde aber die Nebenwirkungen wahrscheinlich nicht aufwiegen.
VerwendungSchweres Wasser wird in einigen Kernkraftwerken (in Schwerwasserreaktoren wie zum Beispiel Reaktoren des Typ Candu) als Moderator eingesetzt, da es im Vergleich zu gewöhnlichem Wasser bei ähnlicher Moderationswirkung weniger Neutronen absorbiert. Dadurch kann bei der Brennstoffherstellung auf die für Leichtwasserreaktoren notwendige Anreicherung des Urans verzichtet werden. Schweres Wasser wird in der NMR-Spektroskopie für die Messung von wasserlöslichen Verbindungen verwendet, insbesondere von Proteinen und Nukleinsäuren für Messungen zur NMR-Strukturaufklärung. In der IR-Spektroskopie von Proteinen wird ebenfalls meist schweres Wasser benutzt, da dessen Absorptionsbande nur schwach mit der von Proteinen überlappt und dadurch das Proteinsignal vom Wassersignal deutlich besser getrennt werden kann. Weiterhin wird schweres Wasser zur gezielten chemischen Synthese selektiv deuterierter Verbindungen verwendet. Da niedere Organismen auch in reinem schweren Wasser überleben können, gelingt es, aus solchen Organismen hochkomplexe Naturstoffe zu isolieren, bei denen alle Wasserstoffatome durch Deuterium ersetzt sind. Schweres Wasser kann zur Bestimmung des Körperwassers (Indikatorverdünnung) verwendet werden. Kampf um Schweres Wasser im Zweiten WeltkriegIn den Kriegsjahren 1942 bis 1945 wurde das südnorwegische Rjukan in der Provinz Telemark Schauplatz einer brisanten Auseinandersetzung. Dort befand sich seit 1934 im Chemie- und Wasserkraftwerk Vemork die einzige europäische Fabrik (Norsk Hydro), die durch ihren immensen Energieüberschuss schweres Wasser in nennenswerten Mengen herstellen konnte. Durch einen geschickten Schachzug kamen die Franzosen den Deutschen zuvor und sicherten sich zunächst die gesamten Lagerbestände von über 160 kg, die nach dem Einmarsch in Frankreich auf Umwegen über England in die USA gebracht wurden. Ende der 1930er Jahre hatten Otto Hahn, Fritz Straßmann und Lise Meitner das Prinzip der nuklearen Kettenreaktion entdeckt, woraus sich nach dem Ausbruch des zweiten Weltkriegs ein Wettlauf mit den Alliierten um die Kontrolle über die Fabrik entwickelte. Für das deutsche Uranprojekt war dabei die Verwendung von schwerem Wasser als Moderator eines Versuchsreaktors vorgesehen, mit dem unter anderem waffenfähiges Plutonium hätte hergestellt werden können. Somit richtete sich das Augenmerk der Alliierten auf die Anlage in Rjukan, deren Ausschaltung konnte die deutsche Atomwaffenforschung auf einen Schlag neutralisieren: Nach mehreren Rückschlägen wurde am 27. Februar 1943 von zwölf norwegischen Widerstandskämpfern (unterstützt durch das Special-Operations-Executive), die sich auf der Hochebene von Hardangervidda versteckt gehalten hatten, die Sprengung an der Hochkonzentrieranlage für schweres Wasser der Norsk Hydro Werke durchgeführt. Bereits wenige Wochen später war der entstandene Sachschaden jedoch behoben, und die deutschen Besatzer ließen die Produktion verstärkt wieder anlaufen. Es folgten mehrere alliierte Bombenangriffe auf das Kraftwerk und die wiederaufgebaute Anlage, bis sich die deutschen Besatzer entschlossen, die Fabrik aufzugeben und 50 Fässer bereits produzierten schweren Wassers mitzunehmen. Die Konzentration des Deuteriumoxids schwankte zwischen 1 % und 99 %, sie wurde durch eine zweistellige Nummer auf den Fässern gekennzeichnet, die für Außenstehende keinen Rückschluss auf die Konzentration zuließ. Die Eisenbahnfähre der Rjukanbanen namens Hydro, beladen mit einem Zehntel der für den Bau einer Atombombe benötigten Menge an schwerem Wasser, wurde am 20. Februar 1944 durch einen Sprengsatz im Maschinenraum sabotiert. Die Fähre sank binnen weniger Sekunden auf dem 434 m tiefen Tinnsjø (deutsch „See bei Tinn“). Fässer mit stark konzentriertem Inhalt, die nur teilweise befüllt waren, trieben nach dem Untergang an der Wasseroberfläche. Sie wurden von den Deutschen geborgen und drei Wochen nach der Versenkung zu Werner Heisenbergs Reaktor im baden-württembergischen Haigerloch nach Deutschland versandt. Der Unterwasserarchäologe Brett Phaneuf erhielt von der norwegischen Regierung mit einem norwegisch-amerikanischen Forscherteam 60 Jahre nach Untergang der Hydro die Genehmigung zu einer Tauchfahrt und Bergung eines der über 50 auf den Grund des Tinnsjøs in 430 Meter Tiefe gesunkenen Fässer; jedoch mit der Auflage, exakt nur ein Fass zu heben, da das Wrack offiziell als Kriegsgrab gilt. Nach Bergung und mühelosen Öffnens (der Dichtungsgummiring des Spundlochs war nach über 60 Jahren noch intakt) des sehr gut erhaltenen Fasses Nr. 26 – laut geheimer Ladeliste von 1944 enthielt dieses Fass ein Destilat von nur 1,64 Prozent schwerem Wasser – und anschließenden Untersuchungen an Bord sowie später in London, wurde ein pH-Wert von 14 und ein Reinheitsgrad von 1,1 Prozent ±0,2 ermittelt. Durch die Messung des pH-Wertes im Fass (~14) und im See (~9) wurde die Dichtheit des Fasses belegt. Das ZDF strahlte am 24. Juli 2005 die Bergung im Rahmen einer Dokumentation [1] aus. Werner Heisenberg hatte bis zur letzten Minute des Krieges versucht, eine Kettenreaktion in Gang zu setzen. Hierfür versenkte er ein aus 664 Uranwürfeln bestehendes Gitter in einen Metallcontainer, der mit schwerem Wasser befüllt war. Den kritischen Punkt für eine Kettenreaktion verfehlte das Experiment nur um wenige Prozent. Wie sich heute berechnen lässt, entsprach die Fehlmenge gerade der des im Tinnsjø versenkten schweren Wassers. In den Gewölben unterhalb der Schlosskirche in besagter Ortschaft stieß ein US-amerikanisches Spezialkommando im März 1945 auf den Forschungsreaktor. Der Forscher selbst hatte das Geheimlabor nur zwei Tage zuvor verlassen; später wurde er in Großbritannien interniert. Der englische Spielfilm „Kennwort: Schweres Wasser“ (The Heroes of Telemark [2]) handelt von diesen Begebenheiten. IsraelGroßbritannien hat 1958 nach Recherchen der BBC 20 Tonnen schweres Wasser für das im Aufbau befindliche Nuklearprogramm Israels geliefert. Die Entscheidung über die Lieferung erfolgte ohne Anweisung des Außenministeriums oder der britischen Atombehörde. Das schwere Wasser wurde den Angaben zufolge für die Produktion von Plutonium im streng abgeschirmten Kraftwerk Dimona in der Negev-Wüste verwendet.be-x-old:Цяжкая вада Kategorien: Wasser | Nukleares Material | Wasserstoffverbindung | Sauerstoffverbindung |
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