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Dinitrophenol
Für die chemische Verbindung Dinitrophenol (DNP) gibt es sechs mögliche Strukturisomere: Von links oben nach rechts unten:
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EigenschaftenDNP ist eine lipophile Substanz, es gehört zu der Stoffklasse der Nitrophenole. Die gesamte Stoffgruppe ist hochgiftig und führt bei Kontamination durch Einatmen, Verschlucken und Berühren zu Reizungen der Augen, der Verdauungswege, Blutvergiftung, Leberschäden, Schwindel, Übelkeit, Kopfschmerz und Atemwegsreizung. Speziell DNP soll fruchtschädigend, karzinogen und mutagen wirken. Herkunft2,4-Dinitrophenol (kurz: DNP) fand schon 1919 seine erste Anwendung. Damals wurde es in Frankreich zur Herstellung von Munition verwendet. 40 % DNP und 60 % TNT ergaben eine explosive Mischung für Artilleriegranaten. DNP zur GewichtsreduktionAus der Beobachtung an Arbeitern in Sprengstoffabriken, die beruflich in Kontakt mit DNP kamen und die neben erheblichen Beschwerden (Schwindelanfällen, Schweißausbrüchen und Kopfschmerzen) dabei an Körpergewicht verloren, entstand die Hypothese, dass Übergewicht durch Einnahme von DNP zu behandeln sei. Nach kurzen Anlaufschwierigkeiten avancierte DNP in den 1930er Jahren zu einem Medikament zur Gewichtsreduktion. Der Grund für diese Popularität lag darin, dass DNP den Grundumsatz bei einem gesunden Menschen um 36 bis 95 % steigen lässt. Im Gegensatz zu Schilddrüsenhormonen greifen Dinitro-Medikamente das im Zellgewebe enthaltene Eiweiß Albumin nicht an und der Fettabbau geschieht nicht auf Kosten der Muskulatur. Bereits in den 1930er Jahren war bekannt, dass DNP hochgiftig ist und auch die freiwillige Einnahme teilweise von erheblichen Nebenwirkungen begleitet ist und zum Tod führen kann.[2] Zu den möglichen Gesundheitsschäden gehört eine Form des grauen Stars, also eine Linsentrübung (Katarakt) des Auges mit gelbbrauner Färbung der Augenlinse. DNP wurde dann in den USA vom Markt genommen. DNP wurde für die Produktion von Holzschutzmitteln, Fotochemikalien und Insektiziden verwendet. In den 1980er Jahren wurde DNP von einem texanischen Arzt wiederentdeckt, und er vertrieb ein DNP-haltiges Produkt als Kapsel zur Gewichtsreduktion. Mithilfe dieser Pillen erzielte der Texaner große wirtschaftliche Erfolge und eröffnete Diätkliniken in verschiedenen Bundesstaaten der USA. Der Tod eines Wrestlers aufgrund der Einnahme von diesen DNP-Tabletten hatte eine Untersuchung zur Folge, die in einer Gerichtsverhandlung mündete. Im Zuge des Urteils wurde DNP als Medikament zur Gewichtsabnahme wieder vom Markt genommen. Es gibt bis heute keine Zulassung eines DNP-haltigen Nahrungsergänzungsmittels oder Medikament durch die amerikanische FDA. In Deutschland ist der Vertrieb von DNP als Diätmittel gesetzlich verboten. Im Juli 2006 ist hier eine 19-Jährige nach der Einnahme von gut einem Gramm dieser Substanz gestorben. Wegen akuter Herzbeschwerden, Hitzewallungen und Atemnot war sie in ein Krankenhaus eingeliefert worden, wo sie einen Tag später starb. Eine Freundin hatte das Mittel über das Internet in Russland bestellt. Die Staatsanwaltschaft wirft ihr fahrlässige Tötung vor und hat Anklage erhoben. Der Prozess gegen sie findet vor dem Amtsgericht Hannover statt.[3][4] Wirkungsweise2,4-Dinitrophenol (2,4-DNP) ist ein Proton-Ionophor und wirkt als Entkoppler der oxidativen Phosphorylierung in den Mitochondrien der Zelle. Die Wirkung beruht auf folgendem Mechanismus: Die Atmungskette baut ein chemiosmotisches Potential zwischen dem Intermembranraum (IMR) und der mitochondrialen Matrix (M) der Mitochondrien auf. Entkoppler der oxidativen Phosphorylierung bauen dieses chemiosmotische Potential, das auf dem Protonengradienten zwischen Intermembranraum und Matrix beruht, ab, indem sie Protonen aus dem Intermembranraum aufnehmen, durch die innere mitochondriale Membran in die Matrix diffundieren und dort die Protonen wieder abgeben. Das DNP diffundiert wieder -mesomeriestabilisiert- in den Intermembranraum, wo der gleiche Prozess von neuem beginnt. Die Energie, die in diesem Protonengradienten gespeichert war, geht als Wärme verloren. Somit kommt die ATP-Synthese der Zelle zum Erliegen, die nun versucht, diesen Energiemangel durch eine primär gesteigerte Glykolyse, sekundär durch einen gesteigerten Fettsäureabbau zu kompensieren. Von besonderer physiologischer Bedeutung ist die Entkopplung der oxidativen Phosphorylierung im braunen Fettgewebe der Neugeborenen (Ermöglichung einer zitterfreien Wärmebildung) durch Thermogenin. Thermogenin ist ein Ionenkanal-Protein (Protonenkanal) in der inneren Mitochondrienmembran, das die oxidative Phosphorylierung gezielt entkoppeln kann. Letale DosisIn aktuellen medizinischen Studien wird die letale Dosis DNP mit 1 bis 3 Gramm angegeben (z. B. Suozzi et al., 2005). Diese Angabe bezieht sich jedoch auf eine Einmaldosis, und die Pharmakokinetik von DNP ist nicht genau bekannt. Die Halbwertszeit scheint aber lange genug zu sein, so dass eine Kumulierung stattfinden kann. Eine Studie beschreibt z. B. einen Fall, bei dem ein Bodybuilder 4 Tage lang DNP mit jeweils 600 mg/Tag eingenommen hatte und dann einen Tag später gestorben ist (McFee et al., 2004). Wahrscheinlich lassen sich die meisten DNP-Todesfälle darauf zurückführen, dass der Kumulierungseffekt nicht beachtet worden ist. Die Menschen reagieren wie immer verschieden, und wenn die persönliche letale Dosis bei 1 Gramm liegt, dann kann diese Menge im Körper nach einigen Tagen erreicht werden, auch wenn man pro Tag deutlich weniger einnimmt. Der jüngste dokumentierte Todesfall in Deutschland ist eine 19-jährige Schülerin, die im August 2007 nach der einmaligen Einnahme von DNP im Agnes-Karl-Krankenhaus Laatzen verstarb.[3] [4] Gesundheitsschäden durch DNPDNP ist eine hochtoxische Substanz. Bekannte unerwünschte Wirkungen sind: Blutdruckabfall, Herzrasen (Tachykardie), Herzrhythmusstörungen, plötzlicher Herztod, Luftnot (Dyspnoe), Aspirationspneumonie, Lungenödem, Kopfschmerzen, Unruhe, Hirnödeme, Koma, Überhitzung (Hyperthermie), Dehydration, metabolische Azidose, Zerstörung der quergestreiften Muskulatur (Rhabdomyolyse), Schilddrüsenfehlfunktion, erhöhter Blutzuckerspiegel, Bauchschmerzen, Brechreiz, Erbrechen, Zyanose, gesteigerter Zerfall der roten Blutkörperchen (hämolytische Anämie), Veränderung des Blutfarbstoffes mit Störung des Sauerstofftransports (Methämoglobinämie), Zerstörung der weißen Blutkörperchen (Agranulozytose-> Kostmann Syndrom), gelbliche Hautfärbung, Brennen der Haut, Grauer Star, Niereninsuffizienz, Nierenversagen, Leberstörungen, Leberversagen und letztendlich Multiorganversagen im fortgeschrittenen Stadium einer DNP-Vergiftung. DNP ist möglicherweise auch krebserregend (karzinogen) und erbgutschädigend (mutagen). Eine fruchtschädigende Wirkung ist im Tierversuch gezeigt worden (z. B. Gibson, 1973). Quellen
LiteraturMedizinische Studien Demerec et al., 1951; Spencer et al., 1948; Boutwell & Bosch, 1959; Stenback & Garcia, 1975; Deflora, 1981; Gibson, 1973; Suozzi et al., 2005; McFee et al., 2004; Biological Study of Dinitro Drugs in Humans (by Dr. Jaques Bell; translated by Robert Ames 1996) Klinische Berichte
Artikel in Fachzeitschriften
Kategorien: Giftiger Stoff | Umweltgefährlicher Stoff | Phenol | Nitroverbindung | Arzneistoff |
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Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Dinitrophenol aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar. |