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ElmkalksteinDer Elmkalkstein wird im Höhenzug Elm nahe Braunschweig seit dem Mittelalter aus den Gesteinsschichten des Unteren Muschelkalks gewonnen. Es ist ein heller, von zahlreichen feinen Poren durchsetzter Kalkstein, der leicht bearbeitbar ist. Da er außerdem sehr wetterbeständig ist, ist er als Baumaterial für Steingebäude geeignet. Die ersten Steinbrüche im Elm zur Gewinnung des Elmkalksteins entstanden im Mittelalter am „Steinkuhlenberg“ bei Königslutter. Weiteres empfehlenswertes Fachwissen
SteinbrücheDie ersten Elm-Steinbrüche nahe Königslutter befanden sich ursprünglich im Besitz des dortigen Benediktinerklosters. Später kam es zum Streit mit den Pfandinhabern der Burg Königslutter. Diese Auseinandersetzung zwischen dem Abt Bartholdus Keghel und den Gebrüdern von Weferlingen, wurde 1399 durch Herzog Friedrich von Braunschweig geschlichtet. Heute finden sich nahe Königslutter noch zahlreiche kleine Brüche, die an den im Mittelalter üblichen „Kuhlenbau“ erinnern. 1433 erwarb die Stadt Braunschweig die Burg Ampleben am Elm und legte unweit von Groß Rhode einen eigenen Steinbruch, die „Ampleber Kuhle“, an. Im 17. und 18. Jahrhunderts entstanden im Elm zahlreiche neue Steinbrüche. 1650 und 1660 wurden „Steinkuhlen“ bei Groß Rhode und am Evesser Berg genannt. Im Jahr 1672 erhielten die Bürger von Schöppenstedt von Herzog Rudolf August das Privileg, in ihrem Gehölz (Weddy) einen Steinbruch für den Eigenbedarf anzulegen. Weitere Steinbrüche wurden in Urkunden des 18. Jahrhunderts bei Langeleben (Altfeld), Lelm (Langeleber Trift), Schöningen (über dem Kloster am Elmrand), Twieflingen (Elmsburg), Gr. Rhode, dem Tetzelstein, Ampleben (Ampleber Kuhle), Erkerode, Lucklum (vier im Dettumer Grund, einer auf dem Kuxberg), Hemkenrode und Destedt erwähnt. 1910 gab es im Elm nur noch neun Steinbrüche, von denen fünf nahe Königslutter und vier bei Schöningen lagen. Elmgestein als BaumaterialBereits Anfang des 12. Jahrhunderts hatten die Steinbrüche im Elm eine große Bedeutung als Baumaterial. Das umliegende Land wurde mit Elmkalksteinen versorgt. Viele Sakralbauten, wie Kirchen und Klöster, aber auch Burgen und Schlösser rings um den Elm entstanden aus diesem Baumaterial. Braunschweig wurde deswegen auch als „Stadt des weißen Elmkalksteins“ genannt. Auch andere Gesteinarten des Elms wurden bereits im Mittelalter als Baumterial verwertet. Dies war der lockere, poröse Duckstein, ein Travertin (Kalksinter, auch Kalktuff genannt) der sich in jüngeren geologischen Zeiten aus dem stark kalkhaltigen Bachwasser der Lutter ausgeschieden hatte. Das Material war leicht zu brechen und ließ sich im bergfeuchten Zustand gut bearbeiten. Da der Stein Feuchtigkeit anzieht und schnell verwittert, ersetzte man ihn durch beständigere Kalksteine. Duckstein aus dem Elm diente als Zierstein für die Grotten im Barockgarten von Schloss Salzdahlum. Nach dem Gesteinsmaterial Duckstein ist auch die obergärige Biermarke Duckstein benannt, die ursprünglich in Königslutter am Elm gebraut wurde, wo die Lutter entspringt. Elmkalk wurde jedoch nicht nur für Bauzwecke verwendet. Der Kalkstein wurde auch in Kalköfen gebrannt zu Branntkalk. Historische Kalköfen befanden sich an der Lutterquelle bei Königslutter, bei Schöningen, auf der Elmsburg, im Weddy, bei Gr. Rhode, auf der Ampleber Kuhle, bei Erkerode, im Dettumer Grund, auf dem Kuxberg und bei Destedt. Auch Gips wurde im Reitlingstal des Elms und bei Schöningen nahe dem ehemaligen Salzwerk gewonnen. Westlich der heutigen Gaststätte im Reitlingstal ist noch ein alter Gipsbruch zu erkennen. Bauverwendung des Elmgesteins12. bis 14. Jahrhundert
Als ältestes erhaltenes Bauwerk, bei dem Elmkalksteine verwendet wurden, gilt die im 11. Jahrhundert errichtete Ludgeri-Kapelle in Helmstedt. Ein weiteres bedeutendes Bauwerk aus Elmkalkstein in der Region ist die 1135 von Kaiser Lothar III. von Süpplingenburg errichtete Stiftskirche von Königslutter, der Kaiserdom. In Braunschweig wurde bei feineren Architekturteilen von Bauvorhaben, wie Säulen, Kapitelle, Gesimse, Elmkalkstein bevorzugt. Hier sind prächtige Beispiele für die Verwendung von Elmkalkstein:
Die obersten Stockwerke der drei Hauptpfarrkirchen von Braunschweig (St. Martini, St. Andreas und St. Katharinen) bestehen überwiegend aus Kalkstein. 15. und 16. Jahrhundert
Die Bedeutung des Elmkalksteins für Bauvorhaben in Braunschweig ergibt sich aus alten Handwerkerrechnungen. Für den Neubau des Rathauses („to dem rathuse, to der dornssen, to dem winkelere“) wurden in sechs Jahren um das Jahr 1460 1162 Schock (rund 70.000 Steine) und 32 Fuder Steine bezogen. Die Steine wurden als „Luttersche Steine“ bezeichnet wegen ihrer vorwiegenden Herkunft aus Königslutter. Aus Elmkalkstein entstanden auch die Statuen der „Rolande“, bei denen es sich um Verkörperungen alter Rechte und Freiheiten in den mittelalterlichen Städten handelt. Der älteste und bedeutendste unter ihnen ist der 5,45 Meter hohe Bremer Roland. Er wurde 1404 als Ersatz für das 1366 abgebrannte hölzerne Standbild vor dem Bremer Rathaus aufgestellt. Aus Elmstein besteht auch der Sockel des Halberstädter Rolands. Vom ehemaligen Roland in Gardelegen nahm man an, das er 1564 in Königslutter aus Elmkalkstein angefertigt wurde. Für die 1604–1623 im Renaissancestil errichtete Hauptkirche in Wolfenbüttel ließ der Braunschweiger Herzog Steine aus den Elm-Steinbrüchen „Lutterkuhle“ und „Teufelsküche“ heranschaffen. 1591 entstand aus Elmkalkstein die Prunkfassade des Braunschweiger Gewandhauses. Eine starke Förderung erfuhr der Abbau der Elmkalksteine durch Herzog Julius von Braunschweig. Er galt als geistig aufgeschlossener Fürst mit Interesse für das Berg- und Hüttenwesen und für Steinbrüche. 1575 gab er mit Bezug zu den Steinbrüchen von Elm, Asse und Ösel ein „Instrumentenbuch“ heraus, dass die Arbeitsgeräte beschrieb. Darin entwickelte der Herzog Pläne zum Abtransport der Steine, der über Flüsse erfolgen sollte. Dazu wollte er die Altenau (Nette genannt) schiffbar zu machen und eine Staustufe anzulegen, um die in den Steine aus dem Elm (Kneitlinger Kuhle) und des Ösels nach Wolfenbüttel befördern zu können. Der Transport vom Steinbruch im Berg hinunter zum Fluss sollte auf hölzernen Gleitschienen (Gleitkunst) erfolgen. 1577 war die Altenau reguliert, dass sie mit Flößen befahren werden konnte. 20. JahrhundertBauwerkeGrößere Bauwerke aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, bei denen Elmkalksteine verwandt wurden:
nach 1945:
DenkmaleBekannte Denkmale aus Elmkalkstein sind:
Weiterverarbeitende IndustrieAnfang des 20. Jahrhunderts entstanden am Elmrand größere Industrieunternehmen, die den Kalkstein verarbeiteten:
GeologieGesteinDen Tiefbohrungen zufolge muss der Elm in der Trias (vor etwa 200 Millionen Jahren) aus dem Boden eines früheren Meeres entstanden sein. Durch die darin lebenden Meerestiere bildete sich eine Kalkschlammschicht, aus der später durch Verdichtung Kalkstein entstand. Danach wölbte sich der Meeresboden zu einem Höhenzug durch Sattelbildung, was einen Zeitraum von 100 Millionen Jahren zwischen dem Jura und dem Tertiär beanspruchte. Heute besteht der Elm aus Muschelkalk und einer 500 m starken Schicht aus Buntsandstein. Darunter liegt ein 900 m starkes Salzlager der Zechsteinzeit. Die Gesteine, die den Elm bilden, gehören der Muschelkalkzeit an. Dazu gehören unten liegend bis zu 200 m mächtiges Kalkgestein in verschiedener Schichtabfolge, z. B. Knollenkalk, Wellenkalk, Mergel, Schaumkalk. Als Steine für Bauvorhaben sind die bis zu 1,5 m mächtigen Schichten von Schaumkalk, sogenannte Werksteinbänke, verwertbar. Es lassen sich bis 8 m² große Kalksteine gewinnen. Dieses zur Verarbeitung geeignete Steinmaterial tritt nur im nördlichen Teil des Elms an die Oberfläche, wo es abgebaut wird. Ursprünglich war der Elm etwa 200 m höher als heute, wurde jedoch durch Einwirkung von Wasser, Eis, Wind wieder abgetragen. Das war vor allem während der Eiszeiten der Fall, die dem Höhenzug durch Abschleifung seine abgerundete Form gaben. Während der Eiszeiten war der Elm von Gletschereis bedeckt, was an verstreut liegenden Findlingen erkennbar ist. In dieser Zeit erhielt er eine bis zu 60 cm starke Lössschicht, was in Verbindung mit dem darunter liegenden Kalkstein günstig für den späteren Baumbestand war. VersteinerungenIn fast allen Schichten der Muschelkalkzeit finden sich Versteinerungen. Das vor 200 Millionen Jahren hier vorkommende Meer hatte einen sehr hohen Salzgehalt. Dadurch war die Artenzahl gering, die Individuenanzahl der einzelnen Arten aber sehr hoch. Besonders die Weichtiere (Mollusken) sind mit ihren Schalenbildungen gut erhalten. Davon zeugen Kalkplatten mit Exemplaren der Gattungen Omphaloptycha, Loxonema, Myophoria und Hoernesia. Auch Würmer und Gliedertiere waren im Schlamm des früheren Meeres eingraben. Davon sind heute im Gestein noch zahlreiche fossile Grabgänge und Fressbauten zu finden. Dazu zählen auch lange Röhren, die Rhizocorallium genannt werden. Der Name ist eine Kennzeichnung der Spurenfossilien, sagt aber nichts über den unbekannten Erzeuger aus. Neben den Weichtieren und einigen wohlbehaltenen Kelchen der recht seltenen Seelilie Encrinus carnalli konnten in den Versteinerungen des Elms auch Zähne und Wirbel von Nothosaurus sp., einer etwa 1 m langen Ruderechse, und Zähne von Placodus sp., einem Pflasterzahnsaurier, gefunden werden. Steinbruch HemkenrodeAls exemplarisch für die Tierwelt des Unteren Muschelkalks im Elm gelten die Fossilfunde aus dem Steinbruch Hemkenrode. Versteinerungen des Mittleren Muschelkalks fehlen fast vollständig. Versteinerungen von Seelilien sind in den Randgebieten des Elms im weichen Kalkstein zu finden, besonders ausgeprägt in Erkerode. Seelilien waren Meerestiere mit Fangarmen, deren bis zu meterlangen Stiele am Meeresgrund oder an im Wasser treibenden Gegenständen (meistens Holz) festgewachsen waren. Vor allem fand man die Art Encrinus liliiformis mit ihrer gedrungenen, robusten Krone. In jüngster Zeit konnten im Elm ganze Muschel-Seelilien-Lebensgemeinschaften nachgewiesen werden, die eng umgrenzte, riffartige Gebilde darstellten. Weiterhin findet man häufig das knotige Ammonshorn (Ceratites nodosus), ein mit den heutigen Tintenfischen verwandtes Weichtier. Geowissenschaftliche AusstellungenIn Königslutter gibt es zwei geowissenschaftliche Ausstellungen:
Volksglaube und BrauchtumBereits in der Steinzeit fanden die im Elmgestein weit verbreiteten Trochiten Verwendung. Dies sind die Stielglieder der Seelilien, die sich aus dem Carbonat der Crinoiden-Skelette bildeten. Aus den scheibenförmigen Trochiten, ähnlich einem Geldstück, stellten die Steinzeitmenschen Halsketten her. Sie ließen sich durch das Loch in der Mitte der Tochiten auffädeln, die den Tieren als Nervenkanal diente. Bei den Germanen war das Tragen von Trochitenkalk-Ketten ein Zeichen der Tapferkeit. Diese Bedeutung blieb lange erhalten: während der Christianisierung mussten Heiden ihre Trochiten als Bonifatiuspfennige, Wichtelpfennige oder Hexengeld abgeben. Noch 1714 fand man Trochiten in Apotheken als Mittel gegen Epilepsie, giftige Tiere, Nasenbluten, Schwindel und Nierenleiden. Sie sollten ferner die Tapferkeit fördern, die Nachgeburt erleichtern und dem Besitzer ein langes Leben bescheren. Literatur
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