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Explosion des Oppauer Stickstoffwerkes



Die Explosion des Oppauer Stickstoffwerkes ereignete sich am 21. September 1921 in der vorderpfälzischen Kleinstadt Oppau (heute Stadtteil von Ludwigshafen am Rhein in Rheinland-Pfalz).

Inhaltsverzeichnis

Ablauf

Im seit 1911 bestehenden Zweigwerk Oppau der BASF (Badische Anilin- & Soda-Fabrik), damals meist „die Badische“ oder auch „die Anilin“ genannt, kam es am 21. September 1921 um 7:30 Uhr im Gebäude Op 110, einem Lager für Düngemittel, zu einer schweren Explosion. Diese kostete 561 Menschen das Leben, mehr als 2000 wurden verletzt. Sie zerstörte oder beschädigte fast alle Gebäude in Oppau und richtete auch in der näheren Ludwigshafener Umgebung sowie in Mannheim große Schäden an. Von 1000 Wohnungen in Oppau wurden 900 zerstört, wodurch 7500 Menschen obdachlos wurden. An der Stelle des Lagergebäudes entstand ein Krater von 125 Metern Länge, 90 Metern Breite und 19 Metern Tiefe. Der Explosionsknall soll bis in das 80 Kilometer entfernte Frankfurt am Main zu hören gewesen sein.

Armin Otto Huber, bekannt unter seinen Pseudonymen Armin Frank und Fred Larsen, beschreibt seine Beobachtungen der Katastrophe so:

„Am 21. September fliegt das Werk Oppau der Badischen Anilin- und Sodafabrik mit einem gewaltigen Knall in die Luft. Auch bei Brechtels, deren Werk mehrere Kilometer von der durch das Unglück zerstörten Fabrik entfernt liegt, kommen sämtliche Glasdächer in tausend kleinen Scherben herunter. Es gibt einige Verwundete, doch mir passiert nichts. Im Pfarrhaus sind einige Fenster samt den Fensterrahmen zerstört und durch die Prinzregentenstraße fluten endlose Züge von leichter verwundeten Arbeitern, die zu Fuß aus der Anilinfabrik kommen. In entgegengesetzter Richtung hat sich ein Strom von Neugierigen nach Oppau in Bewegung gesetzt, dem auch ich mich anschließe, um das Unheil aus nächster Nähe zu besichtigen. Um Oppau herum liegen die Leichen in langen Reihen auf Stroh oder auf die nackte Erde gebettet.“ [1]

Ursachenforschung

Die Ursachen der Explosion konnten trotz umfangreicher Ermittlungen nicht rekonstruiert werden, da wegen des Ausmaßes der Zerstörungen durch die Explosion und wegen des Todes aller im Explosionsbereich beschäftigten Personen nur wenige Anhaltspunkte für die Aufklärung blieben. Sowohl die BASF selbst als auch die Bayerische Regierung (die Pfalz gehörte damals zu Bayern) und die Reichsregierung bildeten Untersuchungskommissionen. Die Chemisch-Technische Reichsanstalt veröffentlichte am 30. November 1921 ein Gutachten; erst von 1925 datieren Gutachten von der Untersuchung des Reichstags (Hilfswerk Oppau).

Die BASF betrieb in Oppau ein Ammoniaksynthesewerk nach dem Haber-Bosch-Verfahren. Der gewonnene Ammoniak konnte vielseitig eingesetzt werden. Im Ersten Weltkrieg hatte die BASF damit hauptsächlich Ammonsalpeter für militärische Zwecke produziert, es fand u. a. Verwendung als Hauptbestandteil so genannter ANFO-Sprengstoffe. Nach dem Krieg war man bestrebt, die Produktion des Ammonsalpeters weiterlaufen zu lassen und damit ein ziviles Produkt zu erzeugen. Eine Versuchsreihe der BASF führte zu der Erkenntnis, dass die Kombination mit Ammonsulfat, wenn der Anteil des Ammonsulfats mehr als 45 Prozent betrage, nicht mehr explosiv sei und sich als Dünger eigne. Diese Mischung wurde in den Silos jedoch steinhart und musste vor dem Versand mit Hilfe kleiner Sprengladungen zerteilt werden. Seit dem Ende des Kriegs war dies etwa 20.000 Mal ohne Probleme durchgeführt worden. Die Untersuchungskommission der BASF kam zu dem Schluss, dass vor dem Unglück das angestrebte Mischungsverhältnis vermutlich nicht erreicht wurde, weil die damaligen Qualitätskontrollen nicht mit der notwendigen Genauigkeit durchgeführt werden konnten. So kam es zur Explosion, auf die eine verheerende Kettenreaktion folgte. Die Menge des Düngemittelgemisches betrug 4500 Tonnen und entsprach der Explosivkraft einer kleinen Atombombe von ungefähr ein bis zwei Kilotonnen TNT.

Zwar kamen auch Geheimdienste der Alliierten zu dem Ergebnis, dass es keine heimliche Sprengstoffherstellung bei der BASF gab, doch immer wieder kursierten gegenteilige Gerüchte. So berichtete noch 1961 eine australische Zeitung, die Stadt Oppau sei damals durch die Explosion eines geheimen deutschen Waffenlagers völlig zerstört und an neuer Stelle wieder aufgebaut worden.[2]

Die Produktion von Ammonsalpeter in der BASF wurde nach dem Unglück für lange Zeit eingestellt. Erst etwa 20 Jahre später wurde sie wieder aufgenommen, nun jedoch unter deutlich besseren Sicherheitsvorkehrungen.

 

Gedenken

Zur Erinnerung an die Katastrophe von 1921 wurde eine Straße innerhalb der BASF „Trichterstraße“ benannt. Noch heute liegen entlang dieser Straße viele Fertigungsstätten, in denen Düngemittel produziert werden.

Ausstellungen zum Thema finden sich im Karl-Otto-Braun-Museum in Ludwigshafen-Oppau sowie im Stadtarchiv von Ludwigshafen.

Franz Richard Behrens verfasste ein Gedicht über das Unglück: Oppauammoniak[3]

Siehe auch

Quellen

  1. Marianne Ertel (Hg.): Ludwigshafen am Rhein. Eine literarische Spurensuche. Stadtbibliothek Ludwigshafen am Rhein, Ludwigshafen 2003, ISBN 3924667365
  2. Explosion at Oppau: Day the Rhine was filled with Thunder. In: The News, 23. Mai 1961. Sinngemäß wiedergegeben aus: Die BASF – Eine Unternehmensgeschichte, S. 212, Anmerkung 269
  3. reimerei.net: Oppauammoniak

Literatur

  • Jeffrey Allan Johnson: Die Macht der Synthese (1900–1925). In: Werner Abelshauser (Hrsg.): Die BASF – Eine Unternehmensgeschichte. C. H. Beck Verlag, München 2002, ISBN 3-406-49526-5
  • Otto Köhler: ... und heute die ganze Welt. Die Geschichte der IG Farben und ihrer Väter. Rasch und Röhring, Hamburg und Zürich 1986, ISBN 3-89136-081-9
 
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