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FaserverbundwerkstoffEin Faserverbundwerkstoff ist ein aus im Allgemeinen zwei Hauptkomponenten (eine bettende Matrix und verstärkende Fasern) bestehender Mehrphasen- oder Mischwerkstoff. Durch gegenseitige Wechselwirkungen der beiden Komponenten erhält dieser höherwertige Eigenschaften als jeder der beiden einzeln beteiligten Komponenten. Weiteres empfehlenswertes Fachwissen
AllgemeinesIm Unterschied zu bisherigen Verbundwerkstoffen, wie z.B. Stahlbeton, wird mit der Einführung extrem dünner Fasern (einige µm Durchmesser) der Effekt der spezifischen Festigkeit genutzt. Dieser Zusammenhang wurde in den zwanziger Jahren von Griffith entdeckt und lautet: Ein Werkstoff in Faserform hat in Faserrichtung eine vielfach größere Festigkeit als dasselbe Material in anderer Form. Je dünner die Faser ist, desto größer ist ihre Festigkeit. Die Ursache hierfür liegt in einer zunehmenden Gleichrichtung der Molekülketten mit abnehmender zur Verfügung stehender Fläche. Da somit bei gleicher Festigkeit die schwere, feste Komponente eingespart und durch eine leichtere ersetzt werden kann, entsteht ein Werkstoff mit einer hohen spezifischen Festigkeit (Verhältnis aus Festigkeit und Gewicht). Da die Fasern je nach Beanspruchung ausgerichtet und in ihrer Dichte (Anzahl pro Fläche) angepasst werden können, entstehen mit Hilfe entsprechender Herstellungsverfahren maßgeschneiderte Bauteile. Um die Festigkeit in verschiedene Richtungen zu beeinflussen, werden statt einzelner Fasern Gewebe oder Gelege verwendet, die vor dem Kontakt mit der Matrix hergestellt werden. FunktionsweiseDie höherwertigen Eigenschaften eines Faserverbundwerkstoffes werden erst durch das Zusammenspiel beider Komponenten erreicht. Aus zwei Komponenten ergeben sich somit drei wirkende Phasen im Material: Sehr zugfeste Fasern, eine relativ weiche, sie bettende Matrix und eine beide Komponenten verbindende Grenzschicht. Bedingungen für die Verstärkungswirkung von FasernNicht alle Kombinationen von Faser- und Matrixwerkstoffen führen zu einer Erhöhung der Festigkeit und der Steifigkeit des neuen Verbundes. Es müssen drei Bedingungen erfüllt sein, damit in faserparalleler Richtung eine Verstärkungswirkung eintritt:
Senkrecht zur Faser tritt in der Regel keine Steigerung der Festigkeiten auf. Grund ist die Dehnungsvergrößerung. Aufgaben der Komponenten
Ein wichtiger Faktor bei der Bemessung von Faserverbundwerkstoffen ist das Volumenverhältnis (Faservolumenanteil) zwischen Fasern und Matrix. Je höher der Anteil an Fasern ist, desto fester, jedoch auch starrer und spröder wird der Werkstoff. Dies kann zu Problemen führen, wenn gewisse Verformungen überschritten werden. Prinzip der Kraftübertragung
Wie in Abbildung 1 dargestellt, ist es im Falle einer konzentriert aufgebrachten Zugkraft unmöglich, diese direkt an den Fasern angreifen zu lassen, da diese immer von einer Matrixschicht überdeckt sind. Die Zugkraft wirkt somit nur auf die Matrix in Form von konzentrierten Spannungen und wird von dieser auf die nächstliegendsten Fasern verteilt. Die Größe dieses "Ausbreitfeldes" (die mitwirkende Länge einer Faser) hängt vom Spannungsverhältnis zwischen Faser und Matrix ab: Eine weiche Matrix kombiniert mit steifen Fasern ergeben große mitwirkende Längen, eine steife Matrix mit weichen Fasern ergibt kleine mitwirkende Längen. Spannungen müssen jedoch nicht unbedingt in konzentrierter Form aufgebracht werden, eine Variante zur Erzeugung von Zugspannungen ist z.B. ein aufgebrachtes Moment. Das Wirkungsprinzip ändert sich nicht.
Im Falle von längs zum Faserverlauf wirkendem Druck, wie er auch bei Biegung auftritt, funktioniert die Matrix wie eine Bettung und die Faser (das Faserbündel) wie ein elastisch gebetteter Balken, siehe auch Abbildung 2. Hier sind wichtige Materialeigenschaften die Matrixsteifigkeit k und die Biegesteifigkeit der Faser E·I (Steifigkeit multipliziert mit dem Flächenträgheitsmoment). Die Berechnung wird nun sehr viel komplexer, da nun außer der schieren Zugfestigkeit der Faser auch deren Durchmesser wegen des Flächenträgheitsmoments eine Rolle spielt. Der Fall Druck wird seit Mitte der sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts erforscht und stellt noch heute eine wissenschaftliche Herausforderung dar. Durch Rechnereinsatz und moderner FEM Programme wird gegenwärtig versucht, die theoretischen Ansätze numerisch zu beweisen und nachzuvollziehen. Die Probleme liegen einerseits in der Tatsache, dass es sich um ein Stabilitätsproblem handelt und somit schon kleinste Veränderungen in der Werkstoffzusammensetzung erhebliche Auswirkungen auf die ertragbaren Kräfte haben können. Zum anderen versagt ein hochentwickelter Mehrphasenwerkstoff in vielfältiger Weise und unterschiedliche Mechanismen wechseln sich während des Versagens ab und bedingen sich teilweise gegenseitig. Druckversagen findet sehr plötzlich, schnell und teilweise ohne Vorwarnung statt. Somit ist er sehr schlecht zu beobachten, was die Analyse erschwert. MaterialienNeben den rein mechanischen Eigenschaften, also der notwendigen berechneten Festigkeit, spielen vor allem Dauerhaftigkeits- und Preisfragen eine große Rolle bei der Wahl der Materialien. Um ein gutes Funktionieren zu gewährleisten, sollten die Steifigkeiten der beiden Komponenten aufeinander abgestimmt werden, so dass sich auftretende Kraftspitzen gut im Material verteilen können. Im einzelnen werden folgende Materialien eingesetzt Fasern
MatrixDie Wahl der Matrix teilt die Faserverbundwerkstoffe in zwei Gruppen: Faserverstärkte Kunststoffe und Andere.
Während die Kunstharze und Elastomere bis zu ihrer Aushärtung flüssig vorliegen, sind Thermoplaste bis ca. 150 °C (teilweise bis 340 °C) fest. Die duroplastischen Kunstharze sind in der Regel glasspröde und verformen sich nicht plastisch. Faserverstärkte Kunststoffe aus Thermoplaste lassen sich unter Hitze nachträglich umformen. Die Mikro- und Makrotränkung der Fasern ist bei Kunstharzen einfacher als bei festen Thermoplasten. Thermoplaste werden zur Tränkung erhitzt oder in einem Lösungsmittel gelöst.
Typen und HerstellungsverfahrenFaserbetonBeton oder Zement kann durch Beigabe von Fasern seine Zugfestigkeit erhöhen. Die Faserschnipsel haben nur wenige Zentimeter Länge (der hohe E-Modul des Betons macht lange Fasern unsinnig) und werden orientierungslos in der Matrix verteilt. Das Ergebnis ist ein isotroper Werkstoff. Die Fasern werden wie normaler Zuschlag mit dem Beton angerührt und zusammen in einer Schalung ausgehärtet. Isotrope faserverstärkte KunststoffeIsotrope faserverstärkte Kunststoffe werden kostengünstig im Spritzgussverfahren hergestellt. Die kurzen Faserschnipsel werden dabei zusammen mit dem Matrixwerkstoff in die Form gespritzt. Sie können jedoch auch durch eine spezielle Schichtung von Geweben hergestellt werden. Bauteile mit einer solchen Schichtung nennt man ein quasiisotropes Laminat. SMC Sheet Molding CompoundBei dieser Art von faserverstärkten Kunststoffen wird in einer Vorfertigung aus Harzen, Härtern, Füllstoffen, Additiven, etc. und Glasfaserstücken bis ca. 2,5 cm Länge eine sogenannte Harzmatte gefertigt. Nach eine Reifezeit (Lagerzeit), einige Tage bei ca. 30–40 °C, erhöht sich die Viskosität der Harzmatte von honigartig auf wachsfest. Bei dieser definiert festzulegenden Viskosität, abhängig von der Harzmattenrezeptur kann die Matte weiterverarbeitet werden. Die Weiterverarbeitung erfolgt dann in beheizten Werkzeugen im Pressverfahren. Die Harzmatte wird, je nach Bauteilgröße und -geometrie, in genau definierte Größen zerschnitten und nach einem definierten Einlegeplan im Werkzeug platziert. Beim Schließen der Presse wird die Harzmatte im gesamten Werkzeug verteilt. Dabei kommt es zu zwei Phänomenen:
Nach einer Aushärtezeit von mehreren Minuten bei erhöhter Temperatur - deren Höhe vom verwendeten Harzsystem abhängt - kann das fertige Bauteil aus der Form entnommen werden, muss aber aufgrund der noch hohen Bauteiltemperaturen vorsichtig gleichmäßig gekühlt werden, damit es nicht zu Mikrorissen im Bauteil kommt. SMC-Bauteile sind - aufgrund der größeren Faserlänge als bei BMC - in der Regel höher belastbar als BMC-Bauteile. SMC-Bauteile können bei entsprechender Auslegung auch in lackierten Sichtbereichen eingesetzt werden. LaminateDiese Gruppe nutzt alle Vorteile der individuellen Faserausrichtung. Sie bestehen meist aus mehreren übereinandergelegten Fasermatten mit unterschiedlichen Hauptfaserrichtungen. Für ihre Herstellung gibt es mehrere Verfahren:
Große räumliche BauteileHandelt es sich um große, dünnwandige Bauteile, so werden Endlosfasern benutzt und in folgenden Verfahren verarbeitet:
Profile mit unidirektional ausgerichteten FasernProfile mit kleineren Dimensionen und gleich bleibenden Querschnitten werden sehr effizient im Strangziehverfahren hergestellt. Sicherheitsvorkehrungen bei der VerarbeitungSchutzbrille und Schutzhandschuhe stellen einen Mindestschutz vor dem Kontakt mit dem Harzsystem her. Harz und speziell Härter und Beschleuniger enthaltenen häufig Stoffe, die neben ihrer Giftigkeit auch allergiefördernd wirken. Im ausgehärteten Zustand wird hingegen teilweise sogar Lebensmittelechtheit erreicht. Beschleuniger und Härter werden nie direkt zusammengegeben. Beide Komponenten können heftig miteinander reagieren, dabei besteht Verletzungsgefahr. Deshalb wird der Beschleuniger in aller Regel vor dem Vermischen mit dem Härter dem Harz zugegeben. Beim mechanischen Bearbeiten (Zerspanen) von faserverstärkten Kunststoffen entstehen sehr feine Partikel die je nach Fasertyp lungengängig sein können. Deshalb ist ein Mundschutz obligatorisch. Kohlenstofffaserstaub kann durch seine elektrische Leitfähigkeit elektrische Geräte beschädigen. Daher wird die Bearbeitung unter Ex-Schutz durchgeführt. AnwendungsgebieteFaserverbundwerkstoffe umgeben uns in allen Lebensbereichen, meist ohne dass wir uns dessen bewusst sind. Das Spektrum reicht von Kleidern, Möbeln, Haushaltsgeräten bis hin zu mehrstöckigen Bauwerken, Brücken, Booten und der Luft- und Raumfahrt. Man bedenke, dass Holz auch ein Faserverbundwerkstoff ist. Überall wo es sich wirtschaftlich lohnt und die Umgebung (Chemische Bedingungen, Temperatur, Feuchtigkeit) es zulässt, ist die Verführung groß, elegant, präzise, ökonomische und künstlich hergestellte Mehrphasensysteme einzusetzen. Dies, obwohl die Notwendigkeit in vielen Fällen nicht vorhanden ist und herkömmliche Alternativen aus Prestigegründen nicht ausreichend untersucht werden. Anstatt hier die unendlichen Einsatzmöglichkeiten aufzuzählen, wäre u.U. eine Reflexion über den Sinn und Unsinn des Ersatzes von herkömmlichen Materialien durch oft mit hohem Energieaufwand hergestellter Verbundwerkstoffe angebrachter. Gerade bei faserverstärkten Kunststoffen umkreisen sowohl die Ausgangsmaterialien, die aus der Erde gepumpt, raffiniert und chemisch aufbereitet werden wollen, als auch die Endprodukte, für deren Herstellung oft große Fabrikanlagen benötigt werden, von denen es aber nur eine handvoll gibt auf der Welt, unseren Erdball bevor sie ihre Anwendung finden. Auch das Nachdenken über solche Sachverhalte ist Wissen und will vor der Wahl dieser Materialien studiert sein. Berechnung der elastischen EigenschaftenDie elastischen Eigenschaften von Faserverbundwerkstoffen werden auf der Grundlage der Eigenschaften von elementaren Einzelschichten berechnet (unidirektionale Schichten). Dieses Berechnungsverfahren ist als klassische Laminattheorie bekannt. Gewebe werden dabei als zwei, in einem Winkel von 90° gedrehte, unidirektionale Schichten abgebildet. Einflüsse durch die Ondulation der Fasern im Gewebe werden durch Abminderungsfaktoren berücksichtigt. Eine Entwurfsmethode für gewichtsoptimale Laminate ist die Netztheorie. Ergebnis der klassischen Laminattheorie sind die sogenannten Ingenieurskonstanten des Verbundwerkstoffs und die Scheiben-Platten-Steifigkeitsmatrix. Diese Matrix besteht aus folgenden Elementen:
Anhand dieser Matrizen können die Reaktionen des Verbundwerkstoffs auf
berechnet werden. Die Koppel-Matrix koppelt dabei die Scheibenbelastungen mit den Plattenverformungen und umgekehrt. Für die Praxis von Interesse ist, dass eine besetzte Koppel-Matrix zu thermischen Verzug führt. Da auch thermische Dehnungen gekoppelt werden, verziehen sich Faserverbundbauteile, deren Koppelmatrix besetzt ist. Ziel vieler Forschungsvorhaben ist es, die Kopplungen in der Scheiben-Platten-Steifigkeitsmatrix gezielt konstruktiv zu nutzen. Für den genauen Berechnungsablauf sei auf die Literatur und Lehrbücher verwiesen. Berechnung und NachweisDer Festigkeitsnachweis, insbesondere von Faserkunststoffverbunden, erfolgt über Bruchkriterien. Aufgrund der Festigkeitsanisotropie der meisten Faserverbundwerkstoffe sind spezielle Bruchkriterien für Faserkunststoffverbunde notwendig. Es existiert eine Vielzahl unterschiedlicher Bruchkriterien und damit auch Nachweismethoden. Oft haben einzelne Firmen (z.B. im militärischen oder zivilen Großflugzeugbau) eigene Nachweisverfahren entwickelt.
BerechnungsprogrammeCompositorDieses Excel-basierte Programm ist eine Entwicklung des Instituts für Kunststoffverarbeitung (IKV) der RWTH Aachen. Es enthält - neben der Berechnung der Schichtspannungen und der Ingenieurskonstanten nach der klassischen Laminattheorie - ein Modul, in dem die Puck'schen Wirkebenenkriterien (siehe: Bruchkriterien für Faserkunststoffverbunde) für eine Festigkeitsanalyse implementiert sind. Neben den schichtweisen Spannungen sind somit auch Versagenslasten berechenbar. ESACompESAComp wurde im Auftrag der europäischen Raumfahragentur ESA entwickelt. Es bietet eine Schnittstelle zu FE-Programmen, es kann aber auch ohne FE-Programm eingesetzt werden. Neben der schichtenweisen Spannungsanalyse können mit Hilfe verschiedener Bruchkriterien Versagenslasten ermittelt werden. ESAComp wurde am Institut für Leichtbau der TU Helsinki entwickelt. LamiCensEine kostenlos erhältliche, einfach zu bedienende Excel-Anwendung zur Ermittlung wichtiger Eigenschaften faserverstärkter Kunststoff-Laminate wurde von Prof. Dr.-Ing. H. Funke entwickelt. Damit lassen sich Halbzeuge menügeführt auswählen und stapeln, wie beim Laminieren. LamiCens ermittelt produktionsspezifische Kennwerte wie Laminatstärke und -gewicht, Fasergewicht, Harzverbrauch und Kostenkennwerte. Die Ingenieurskonstanten für die homogene Scheibenbelastung (Elastizitätsmoduln Ex und Ey, Schubmoduln Gxy, Querdehnzahlen νxy und νyx) werden mit Hilfe der klassischen Laminattheorie berechnet. Eine Festigkeitsanalyse ist nicht möglich. Download und Nutzung nach Registrierung kostenlos bei http://www.r-g.de unter Laminatberechnung. Literatur
Siehe auch
Kategorien: Kunststoffverarbeitung | Verbundwerkstoff |
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