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Bragg-Gleichung



Die Bragg-Gleichung, auch Bragg-Bedingung genannt, wurde 1912 von William Henry Bragg und seinem Sohn William Lawrence Bragg gemeinsam entwickelt.

Inhaltsverzeichnis

Prinzip

Trifft Röntgenstrahlung auf einen Kristall, so wird dieser von einem Großteil der Strahlung ungehindert durchdrungen. Allerdings wird auch beobachtet, dass Strahlungsanteile durch den Kristall zum Teil erheblich abgelenkt werden, ein Phänomen, das man als Röntgenbeugung bezeichnet. Montiert man hinter dem Kristall eine Fotoplatte, um die abgelenkten Strahlungsanteile sichtbar zu machen, erhält man darauf charakteristische Muster.

Ursache hierfür ist nach einer klassischen Vorstellung die Reflexion oder Beugung von Röntgenstrahlung an Schichten innerhalb des Kristalls, die sich wie halbdurchlässige Spiegel verhalten, sogenannten Netz- oder Gitterebenen.

Der gleiche Effekt tritt auch bei Neutronen auf. Siehe unter dem Stichwort Neutronenbeugung.

Eine Reflexion kann nur dann beobachtet werden, wenn der Gangunterschied (rechte Seite der Gleichung, vgl. Herleitung weiter unten) gleich einem ganzzahligen Vielfachen der Wellenlänge ist, die Bragg-Gleichung also erfüllt ist:

n \lambda = 2d \, \sin(\theta)

Durch die Bragg-Gleichung werden miteinander verknüpft:

  • der Abstand d zwischen parallelen Gitterebenen,
  • die Wellenlänge λ der Röntgenstrahlung sowie
  • der Winkel θ zwischen Röntgenstrahl und Gitterebene, sogenannter Glanz- oder Braggwinkel
  • n ist eine natürliche Zahl

Physikalischer Hintergrund

 

Tatsächlich handelt es sich um ein Beugungsphänomen. Ist die Bragg-Gleichung für die eingesetzte Wellenlänge λ, den Winkel θ und zwei Gitterebenen im Abstand d erfüllt, kommt es zu konstruktiver Interferenz der bei der Beugung an den Elektronenhüllen entstehenden Kugelwellen, so dass diese Röntgenstrahlung von einem Photodetektor oder einem Film aufgenommen werden kann. Makroskopisch entsteht so der Eindruck einer Reflexion am Kristall.

Jede Schar paralleler Gitterebenen hat einen charakteristischen Gitterebenenabstand d und damit, so die Bragg-Gleichung, auch einen charakteristischen Braggwinkel θ. Eine Reflexion (kurz: ein Reflex) kann nur dann beobachtet werden, wenn eine Schar paralleler Gitterebenen so orientiert ist, dass der Röntgenstrahl genau unter dem Braggwinkel θ einfällt.

Für verschiedene Winkel, unter denen Röntgenstrahlung auf den Kristall trifft, erhält man auf der Fotoplatte hinter dem Kristall fast immer auch verschiedene Bilder, weil sich immer andere Scharen paralleler Gitterebenen (mit anderen Braggwinkeln und mit anderen Orientierungen im Kristall) in Reflexionsstellung zum einfallenden Röntgenstrahl befinden. Die Bragg-Gleichung erlaubt so durch Interpretation des Beugungsbildes, aus dem sich der Bragg-Winkel errechnen lässt, die Berechnung des Netzebenenabstandes und damit auch die Berechnung der Ausmaße der Elementarzelle.

Herleitung

 

Die blauen Linien entsprechen Wellenzügen monochromatischer Röntgenstrahlung, die auf parallele Gitterebenen treffen und dabei mit dem Lot den Winkel α einschließen. Der Komplementärwinkel \theta = 90^\circ - \alpha heißt Braggwinkel oder Glanzwinkel. d ist der Gitterebenenabstand, die schwarzen Punkte symbolisieren reziproke Gitterpunkte.

Der untere Wellenzug legt offensichtlich einen längeren Weg zurück als der obere Wellenzug. Dennoch darf sich durch die Reflexion die Phasenbeziehung zwischen unterem und oberem Wellenzug nicht ändern, andernfalls kommt es nicht zu ausschließlich konstruktiver Interferenz.

1. Die Phasenbeziehung bleibt unverändert und es tritt konstruktive Interferenz auf, wenn die dunkelblau gekennzeichnete Wegdifferenz zwischen oberem und unterem Wellenzug (der Gangunterschied ) einem ganzzahligen Vielfachen der Wellenlänge λ entspricht:

  • 2 \delta = n \cdot \lambda

wobei n auch als Beugungsordnung bezeichnet wird.

2. Rote, grüne und dunkelblaue Linie bilden zusammen ein rechtwinkliges Dreieck mit der Hypotenuse d. Die Sinusdefinition verhilft zu folgendem Ausdruck:

  • \delta = d \cdot \sin(\theta)

Wichtig für das Verständnis ist, dass es sich bei den roten Linien nicht um Verlängerungen der oberen hellblauen Linien handelt, sondern um die Senkrechten der unteren.

3. Setzt man den zweiten Ausdruck in die erste Gleichung ein, erhält man sofort die Bragg-Gleichung: n \lambda = 2 d \, \sin(\theta)

Bedeutung

  • Röntgenbeugungsexperimente an Kristallen bieten die Möglichkeit, Einblicke in die innere Struktur von Kristallen zu erlangen (vgl. Kristallstrukturanalyse).
  • Gleicherweise ist die Braggreflexion für die Neutronenbeugung bedeutend. Moderierte Neutronen haben vergleichbare Wellenlängen wie Röntgenstrahlen, so dass das gleiche Phänomen am Kristallgitter auftritt.
  • Beugungsbilder von Elektronenstrahlen können in Elektronenmikroskopen hergestellt und beobachtet werden. Auch diese werden grundlegend durch das Bragg-Gesetz beschrieben.
  • Bragg-Reflexionen treten bei sog. Weißlichthologrammen auf. Dort sind sie dafür verantwortlich, dass das Bild des Hologrammes beim Kippen seine Farbe ändert.
  • Bragg-Reflektoren werden zur Wellenlängenselektion bei Lasern eingesetzt (siehe u.a. DBR-Laser, DFB-Laser)
  • Akustooptische Modulatoren basieren auf dem Prinzip der Bragg-Beugung; Lichtstrahlen werden hierbei an Schallwellen in Kristallen gebeugt

Durchführung des Versuchs

Die Drehkristallanordnung ist eine mögliche Durchführung des Versuchs. Da früher Röntgenapparate sehr schwer und nicht drehbar waren, wurde der Röntgenstrahl auf einen drehbaren Kristall gelenkt. Durch Drehung des Kristalls und des Empfängers konnte der Kristall dann unter verschiedenen Winkeln untersucht werden. Eine zweite Möglichkeit stellt das Debye-Scherrer-Verfahren dar, bei dem der Kristall pulverisiert wird, so dass jede „Drehrichtung“ gleichzeitig vorhanden ist.

Literatur

  • Anthony R. West (2000): Grundlagen der Festkörperchemie. Wiley-VCH, Weinheim. ISBN 3527281037
  • Dieter Meschede (2004): Gerthsen Physik. 22. Auflage, Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg. ISBN 3540026223
  • Rudolf Allmann (1994): Röntgen-Pulver-Diffraktometrie, Verlag Sven von Loga, Köln. ISBN 3-87361-029-9
 
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