Hantzsch-Widmann-Patterson-Nomenklatur
Die Hantsch-Widmann-Patterson-Nomenklatur dient zur Bezeichnung von heterocyclischen Systemen in der organischen Chemie. Es ist eine systematische Namensgebung, bei der eine Reihe von Regeln abgearbeitet werden.
- Regel 1: Trivialname hat Vorrang.
- Regel 2: Monocyclen: Name = Heteroatompräfix + Stammname des Ringes
Weiteres empfehlenswertes Fachwissen
Die Priorität nimmt dabei von Iod nach Bor hin ab, das Präfix richtet sich nach dem Heteroatom mit der höchsten Priorität.
I | O | S | Se | Te | N | P | As | Sb | B
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Iod- | Ox- | Thi- | Selen- | Tellur- | Az- | Phosph- | Ars- | Stib- | Bor-
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Ringgröße | ungesättigt | gesättigt
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| N-frei | N-haltig | N-frei | N-haltig
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3 | -iren | -irin | -iran | -iridin
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4 | -et | -etan | -etidin
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5 | -ol | -olan | -olidin
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6 (O, S, Se, Te, Bi, Hg) | -in | -an
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6 (N, Si, Ge, Sn, Pb) | -in | -inan
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6 (B, F, Cl, Br, I, As, Sb) | -inin | -inan
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7 | -epin | -epan
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8 | -ocin | -ocan
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9 | -onin | -onan
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10 | -ecin | -ecan
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- Regel 3: Bei mehreren Heteroatomen wird so durchnummeriert, dass das Heteroatom mit der höchsten Priorität die Nummer 1 bekommt.
- Regel 4: Folgt auf den Präfix ein Konsonant, so wird ein "a" eingefügt.
- Regel 5: Kondensierte Systeme: Hiebei werden für jedes Ringsystem die entsprechenden Namen generiert und durch Angabe als Präfix[Zahl,Zahl,Buchstabe]Suffix ausgegeben. Diese Regel wird durch die Folgeregeln konkretisiert.
- Regel 6: Der Präfix wird durch Anfügen eines "o" gebildet:
- Bei einigen mit Trivialnamen benannten Ringen gelten folgende Ausnahmen:
- Thiophen -> Thieno
- Furan -> Furo
- Pyridin -> Pyrido
- Pyrimidin -> Pyrimido
- Imidazol -> Imidazo
- Chinolin -> Chino
- Isochinolin -> Isochino
- Benzol -> Benzo
- Regel 7: Der Stammname des Heterocyclus wird durch folgende Regeln festgelegt:
- a) Heterocyclus ist stammgebend.
- b) Stickstoffhaltiger Ring ist stammgebend.
- c) Der Ring mit höchster Priorität ist stammgebend.
- d) Größter Ring ist stammgebend.
- e) Die höchste Anzahl beliebiger Heteroatome ist stammgebend.
- f) Die größte Vielfalt an Heteroatomen ist stammgebend.
- g) Die niedrigste Bezifferung der Heteroatome in den getrennten Systemen ist stammgebend.
- h) Ein Heteroatom, das beiden Ringen angehört, wird im Namen beider Ringe berücksichtigt.
- Regel 8: Wenn der Stammheterocyclus bestimmt wurde (Regel 7) bildet man nach Regel 2 den Namen. Dabei buchstabiert man die einzelnen Bindungen in den getrennten Ringen durch. Nun wird der Präfixheterocyclus nummeriert und die Verbindungsstelle so gekennzeichnet.
Beispiel
- a) Trenne System: Pyrrol + Thiophen.
- b) finde stammgebenden Teil, (Regel 7b) Pyrrol ist Stamm, Thiophen ist Präfix -> Thieno.
- c) buchstabiere Bindungen im stammgebenden Teil (b ist die annelierte Seite).
- d) nummerieren der Atome im Präfixteil.
- e) Stamm legt Ableserichtung im Präfix (daher Annelierung der Ringe an Atom 2 und 3) fest, siehe Pfeile.
Name: Thieno[2,3-b]pyrrol
Literatur
Pure Appl. Chem. 1983, 55, 409-416.
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