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Henrichshütte



       

Die Henrichshütte wurde 1854 in Hattingen gegründet und erhielt auf Anregung des ersten Hüttendirektors Carl Roth ihren Namen nach Graf Henrich zu Stolberg-Wernigerode (1772-1854). Sie war eines der traditionsreichsten Eisenhüttenwerke des Ruhrgebietes und wurde beginnend im Jahre 1987 stillgelegt (1987 Hochofen 3 und Walzwerk, 1993 Stahlwerk, 2003 Schmiede). Trotz wechselnder Eigentumsverhältnisse (1930 bis 1963 Ruhrstahl, 1963 bis 1977 Rheinstahl, ab 1977 Thyssen AG, usw.) blieb der Name Henrichshütte stets bestehen.

Die Henrichshütte war über viele Jahrzehnte bis in die 1970er-Jahre der Hauptarbeitgeber in Hattingen, dessen Wirtschaftskraft über die Stadtgrenzen hinaus abstrahlte. In den Spitzenzeiten produzierten hier über 10.000 Arbeiter Walz- und Schmiedeteile aus Eisen und Stahl. Das Unternehmen trug mit der Gründung von Arbeitersiedlungen (Gartenstadt Hüttenau, Müsendrei und anderen) auch bedeutend zur Entwicklung des heutigen Hattinger Stadtteils Welper bei.

Zur damals notwendigen Erweiterung des Betriebsgeländes um eine neue Sinteranlage wurde Ende der 1950er Jahre das Flussbett der benachbarten Ruhr verlegt, um den nötigen Bauplatz zu erhalten.

Die Stilllegung

Gegen den erbitterten Widerstand wurde 1987 im Zuge des allmählichen Niedergangs der Kohle- und Schwerindustrie im Ruhrgebiet der letzte Hochofen der Henrichshütte stillgelegt. Der letzte Abstich fand am 18. Dezember 1987 statt.

Auch der Neubau 1979/1980 der heute nun völlig überdimensionierten „Kosterbrücke“ über die Ruhr zur Verbesserung der Verkehrsanbindung konnte dies nicht verhindern.

Für Hattingen war es eine große Aufgabe, diesen Strukturwandel zu vollbringen. Dabei muss man sich vor Augen führen, dass durch den Schwund der Kaufkraft und Abwanderungen aus der Stadt und Verlust auch der gesamte Einzelhandel vorübergehend in die Krise gezogen wurde.

Über Umschulungsprogramme usw. hinaus gab es auch soziale Programme: Seniorenstudiengänge in Dortmund und Bochum, eine Arbeitsgruppe zur Renovierung eines Segelschiffs, eine Zeitschrift (W.I.R. „Wir im Ruhestand“), eine Trachtengruppe. Man befürchtete (zurecht), dass es zu Spannungen in den Ehen kommt (mit erheblichen Problemen bis hin zu Scheidungen und Obdachlosigkeit), wenn insbesondere ältere Arbeitnehmer, die keine neue Arbeit finden konnten, nach Jahrzehnten regelmäßiger Erwerbstätigkeit plötzlich den ganzen Tag zu Hause ohne Beschäftigung verbringen.

Heute ist das 70.000 m² große Gelände der Henrichshütte (altlastensaniert) neben einigen neuen Gewerbeansiedlungen und neuen Parkflächen einer der acht Standorte des Westfälischen Industriemuseums und Teil der Route der Industriekultur.

Auf dem Gelände stellte der Bildhauer Zbigniew Frączkiewicz 1996 seine Plastiken Menschen aus Eisen aus. Drei der Eisenmänner stehen nun vor der Stadtmauer Hattingens.

Das 60 m hohe Gebäude des Blasstahlwerkes, ein Wahrzeichen der Stadt Hattingen, wurde am 23. Januar 2005 um 10:06 Uhr vor den Augen von 2.500 Zuschauern, darunter vielen ehemaligen Mitarbeitern, mit 40 kg Sprengstoff gesprengt. Aus Kostengründen war es nicht möglich gewesen, das Stahlwerk als Industriedenkmal zu erhalten.

Der Gasometer wurde bereits 1994 gesprengt.

Siehe auch: Liste der Ausflugsziele und Sehenswürdigkeiten im Ruhrgebiet

Literatur

  • Otto König, Robert Laube; Das Ende der Stahlzeit: Die Stillegung der Henrichshütte Hattingen; Verlag Klartext; ISBN 388474609X
  • König, Otto [Hrsg.] , Bierbaum, Heinz [Mitarb.]; Unser Beispiel könnte ja Schule machen; ISBN 3766309242
  • Manfred Rasch; "Granaten, Geschütze und Gefangene. Zur Rüstungsfertigung der Henrichshütte in Hattingen während des Ersten und Zweiten Weltkriegs", Essen 2003
  • Robert Laube Hg.; "Eine grüne Geschichte", Essen 1993
  • Ina Minner, Ralf Molkenthin; „Ein Denkmal lernt das sprechen, Lebensgeschichtliche Interviews zu Hochofen 3“, in: industrie-kultur, Denkmalpflege, Landschaft, Sozial-, Umwelt- und Technikgeschichte, 2/2000, S. 32-33;
  • Anja Kuhn, Ralf Molkenthin; „Ein auf dem ganzen Werk vernehmbares Gekrache...“, Einsturz des Hochofens 1 der Henrichshütte Hattingen am 24. März 1900“, in: Stahl und Eisen, Zeitschrift für die Herstellung und Verarbeitung von Eisen und Stahl, 11/2000, S. 138
  • Ina Minner, Ralf Molkenthin; „Neue Technik – alte Arbeit, Erinnerungen an den Hochofenbetrieb der Henrichshütte Hattingen in den 50er Jahren“, in: industrie-kultur, Denkmalpflege, Landschaft, Sozial-, Umwelt- und Technikgeschichte, 4/2001, S. 34-35
  • Ralf Molkenthin; „Die Hochöfen der Henrichshütte, Arbeit und Technik in einem westfälischen Hochofenwerk 1854-1987“, in: Märkisches Jahrbuch für Geschichte, 104. Band, 2004, S. 136-161
  • Christian Kleinschmidt; "Ein unmögliches Ungeheuer - Großgasmaschinen, Kraft und Energie für die Henrichshütte", Essen 1994
  • Imme Wittkamp; "Das Schicksal des Stahlwerks Henrichshütte in Hattingen", in: Denkmalpflege in Westfalen-Lippe 1.04, 1/2004, S. 16-22

Koordinaten: 51° 24′ 27" N, 7° 11′ 18" O



 
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