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Homocystein



Strukturformel
Allgemeines
Name Homocystein
Andere Namen

2-Amino-4-mercaptobutansäure

Summenformel C4H9NO2S
CAS-Nummer (L) 454-29-5

(DL) 454-29-5

Kurzbeschreibung weißes Pulver
Eigenschaften
Molare Masse 135,1806 g·mol–1
Aggregatzustand fest
Schmelzpunkt 232 °C
Sicherheitshinweise
Gefahrstoffkennzeichnung

R- und S-Sätze R: ?
S: ?
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Homocystein ist eine Aminosäure. Die Form L-Homocystein kommt natürlich vor.

Homocystein ist im Stoffwechsel ein Zwischenprodukt des Ein-Kohlenstofftransfers und entsteht durch S-Demethylierung von Methionin als Methyldonor. Erhöhte Blutwerte für Homocystein können eine Schädigung der Blutgefäße zur Folge haben. Es steht auch in engem Zusammenhang mit Demenzerkrankungen im Alter. Normale Laborwerte bei der Blutuntersuchung liegen zwischen 5 und 10 µmol/l. Zur Regulierung des Homocystein-Pegels im Blut ist eine ausreichende Versorgung mit Betain und den Vitaminen B12, B6 sowie Folsäure (FH4) erforderlich.[1]

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Homocystein wurde 1932 von Vincent du Vigneaud bei seinen Arbeiten über schwefelhaltige Verbindungen entdeckt [2]. Doch erst 1962 entdeckten Carson und Neil den Zusammenhang zwischen Homocystein und bestimmten Erkrankungen. Sie fanden deutlich erhöhte Homocysteinwerte im Urin einer Gruppe von Kindern mit geistiger Behinderung und postulierten einen Enzymdefekt - die klassische Homocysteinurie, verursacht durch einen Defekt der Cystathion-ß-Transferase[3].

Eigenschaften

Chemische Eigenschaften

Durch seine im Vergleich zu Cystein zusätzliche CH2-Gruppe kann Homocystein einen fünfgliedrigen Ring bilden, ein sogenanntes Thiolacton. Diese Reaktion verhindert die Bildung stabiler Peptidbindungen. Ein Protein, das Homocystein enthält, hat demnach die Tendenz, sich aufzuspalten.

Biochemische Bedeutung

Aus Homocystein, Betain und CH3-(FH4) kann durch das Enzym Methionin-Synthase die Aminosäure Methionin in einer Remethylierung gebildet werden. Die Methionin-Synthese benötigt Vitamin B12 als Coenzym. Abgebaut wird Homocystein über die Transsulfurierung, einen rein Vitamin-B6-abhängigen Schritt.

Methionin wird einerseits zur Proteinsynthese, andererseits zur Bildung von S-Adenosylmethionin (SAM) herangezogen. SAM ist der wichtigste Donator für Methylgruppen im zellulären Stoffwechsel. Hat es seine Methylgruppe abgegeben, entsteht S-Adenosylhomocystein (SAH), das zu Adenosin sowie Homocystein hydrolysiert wird.

SAH hemmt Methylierungsreaktionen, sein Abbau zu Homocystein ist also zwingend notwendig, um Methylierungsreaktionen aufrechterhalten zu können. Ist der Abbau von Homocystein gestört, sind auch die wichtigen Methylierungsreaktionen in der Zelle gestört [4].

Homocystein und Genetik

Genetischer Polymorphismus im Homocysteinstoffwechsel kann unter bestimmten Bedingungen die Enzymfunktion und somit auch den Homocysteinstoffwechsel beeinflussen. Meist führt eine Veränderung des genetischen Codes zu einer Verlangsamung im Abbau des Homocysteins und somit zu einem Anstieg der Homocysteinkonzentration im Blut. Klinisch relevante Polymorphismen sind vor allem im Enzym MTHFR (Methylentetrahydrofolat Reduktase) zu finden [5].

Homocystein und äußere Faktoren

Aufgrund äußerer Faktoren kann es zu einer milden bis moderaten Erhöhung der Homocysteinkonzentration im Blut kommen. Es ist zu bedenken, dass eine Erhöhung des Homocysteinwertes in vielen Fällen ein multifaktorell ausgelöstes Phänomen ist. Erhöhte Homocysteinwerte findet man bei Alkoholkonsum, Rauchen, häufigem Genuss von Kaffee, Bewegungsarmut und Übergewicht. Auch bestimmte Medikamente können die Homocysteinkonzentration beeinflussen. Ein Mangel an Folsäure und Cobalamin führt ebenfalls zu einem Anstieg der Homocysteinwerte [6].

Homocystein als Risikofaktor

Homocystein kann eine direkte toxische Schädigung der Gefäßwand hervorrufen und auf verschiedenen Wegen zu einer erhöhten Thromboseneigung führen. Bei Patienten mit bekannter koronarer Herzkrankheit sind bereits leicht erhöhte Homocysteinspiegel mit einem erhöhten Risiko für zukünftige kardiovaskuläre Ereignisse belastet, während die Datenlage bei völlig gesunden Menschen uneinheitlich ist. Bei einem Homocysteinspiegel von über 15 µmol/l allerdings besteht einheitlich in mehreren Studien ein erhöhtes Risiko.

Obgleich Folsäure und B-Vitamine den Homocysteinspiegel nachweislich senken, haben sie in mehreren großen Studien bislang nicht zu einer Senkung des Risikos für Herzinfarkt, wohl aber zur Senkung des Schlaganfallrisikos (bis zu 25 % Reduktion) geführt. Aus diesem Grunde wird die Bestimmung des Homocysteinspiegels meist nur für Patienten empfohlen, die keine anderen Risikofaktoren aufweisen. Eine Therapie wird bei Werten über 15 µmol/l überwiegend empfohlen.

Kinder, die einen Schlaganfall erlitten, weisen signifikant häufiger eine Störung im Homocysteinstoffwechsel auf als Gesunde [7]. Bei Schwangeren korrelieren erhöhte Homocysteinkonzentrationen mit einem erhöhten Risiko einer Fehlgeburt sowie der Entwicklung von Schwangerschaftskomplikationen wie der Eklampsie [8]. Eine Erhöhung der Homocysteinwerte im Blut der Mutter ist ebenso ein Risikofaktor für die Entstehung von Neuralrohrdefekten beim Kind [9].

Labordiagnostik

Die Bestimmung des Homocysteinspiegels im Blut erfolgt meist immunchemisch oder mittels HPLC. Als Material wird EDTA- oder Fluorid-Blut empfohlen. Da Homocystein von roten Blutkörperchen freigesetzt wird, kommt es ohne Zusatz von Hemmstoffen (Spezialröhrchen) zu einem Anstieg von ca.10% pro Stunde. Seit kurzem gibt es die Möglichkeit, den Homocysteinwert auch patientennah (Point of Care) zu messen. Damit wird es möglich, den Patienten noch während des Arztbesuches das Ergebnis der Untersuchung mitzuteilen bzw. eine eventuell notwendige Behandlung ohne Zeitverlust einzuleiten.

Die Kosten der Untersuchung werden im Normalfall nicht von den Krankenkassen übernommen und müssen vom Patienten als so genannte IGeL-Leistung selbst getragen werden (ca. 20 bis 30 €).

Literatur

  • Olaf Stanger: Homocystein: Grundlagen, Klinik, Therapie, Prävention. Maudrich, Wien/München/Bern 2004, ISBN 3-85175-766-1
  • Biochemie, Berg/Tymoczko/Stryer, 5. Auflage, Spektrum Akademischer Verlag GmbH Heidelberg 2003, ISBN 3827413036

Einzelnachweise

  1. http://www.aerztlichepraxis.de/rw_5_News_allgemeinmedizin_NewsID_1190728352_Drucken.htm
  2. du Vigneaud Vincent. A Trail of Sulfa Research: From Insulin to Oxytocin. Nob Lec 1955;1-10
  3. Gruson D. Cardiovascular diseases an homocysteine, a short summary of al long story. J Int Clin Chem 2003;14:3.
  4. Durand P, Prost M, Loreau N. Impaired homocysteine metabolism and atherothrombotic disease. Lab Invest 2001;81:645-72
  5. Födinger M, Buchmayer H, Sunder-Plassmann G. Molecular genetics of homocysteine metabolism. Miner Electrolyte Metab 1999;25:269-78
  6. Durand P, Prost M, Loreau N. Impaired homocysteine metabolism and atherothrombotic disease. Lab Invest 2001;81:645-72
  7. van Beynum IM et al. Hyperhomocysteinaemia: a risk factor for ischemic stroke in children. Circulation 1999;99:2070-2
  8. Nelen WL. Hyperhomocysteinaemia and human reproduction. Clin Chem Lab Med 2001;39:758-63.
  9. Fowler B. Disorders of homocysteine metabolism. J Inher Met Dis 1997;20:270-85
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Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Homocystein aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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