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Hydroxycarbamid



Steckbrief Hydroxycarbamid
Strukturformel
Allgemeine Informationen
Name (INN) Hydroxycarbamid
Andere Namen Hydroxyharnstoff, Hydroxyurea
Hauptgruppe Zytostatikum
Untergruppe Ribonukleotidreduktase-Hemmer
Handelsname(n) Deutschland Litalir®, Syrea®
USA Hydrea®, Droxia®
EU (EMEA) Siklos®
Hersteller diverse: medac (Syrea®), Bristol-Myers Squibb (Litalir®) u. a.
Chemische Informationen
Name IUPAC N-Hydroxycarbamid
Summenformel C1H4N2O2
Molmasse 76.05 g/mol Schmelzpunkt 142-146 °C
Siedepunkt - °C Gasübergang - °C
Aggregatzustand fest (bei Raumtemperatur)
Löslichkeit Wasser gut löslich
Ethanol gut löslich
Kochsalz-Lösung gut löslich
Datenbankrefenzen (Codes & IDs)
CAS-Nummer 127-07-1 ATC L01XX05
PubChem 3657 (Compound)
90752 (Substance)
Hydroxycarbamid bei DrugBank -
Rote Liste 2006 -   -
Pharmakologische Informationen
Verabreichungsart peroral (p.o.)
Bioverfügbarkeit >50% nach peroraler Gabe.
Eliminationshalbwertzeit 3-4 Stunden.
Metabolismus unbekannt
Wechselwirkungen  ??????
 ??????  ??????
Ausscheidung Urin: 30-60%, Metabolite Harnstoff.
Inkompatibilität  
Klinische Informationen
Indikation(en) Krebserkrankungen Chronische myeloische Leukämie, Myeloproliferative Erkrankung,
Andere hämatologische Erkrankungen Sichelzellanämie.
Nebenwirkungen Übelkeit, Erbrechen. Leukopenie. Anämie. Thrombopenie. Appetitlosigkeit. Infektionen. Sterilität. Amenorrhoe. Azoospermie. Infektionen. Wundheilungsstörung.
Kontraindikation(en) Schwangerschaft. Stillzeit. Impfungen (Lebendimpfstoffe).
Sicherheitshinweise
Gefahrensymbole -
Karzinogen. Mutagen. Embryotoxisch.
R- und S-Sätze R-Sätze -
S-Sätze -
MAK -
Zulassungsstatus
  Deutschland USA EU
Zulassungsdatum --.--.----  ??.??.???? --.--.----
Status Apothekenpflichtig. Rezeptpflichtig.

Hydroxycarbamid oder Hydroxyurea, bzw. Hydroxyharnstoff, (Handeslname z.B. Litalir®, Syrea®) ist ein Zytostatikum, das zur Behandlung insbesondere von malignen Bluterkrankungen (Leukämien, myeloproliferative Erkrankungen) eingesetzt wird. Es findet auch Anwendung bei der Behandlung der Sichelzellanämie und im Rahmen der antiretroviralen Behandlung bei HIV-Infektion.

Inhaltsverzeichnis

Wirkungsmechanismus

Die Wirkung der Substanz beruht auf der Hemmung des Enzyms Ribonukleotidreduktase wodurch die DNA-Synthesekapazität der jeweiligen Zelle deutlich eingeschränkt wird.

Pharmakokinetik

Nach oraler Gabe wird Hydroxycarbamid schnell aus dem Magen-Darm-Trakt resorbiert. Die genaue Bioverfügbarkeit ist nicht bekannt, scheint aber hoch zu sein (kein wesentliche Unterschied in den Spiegeln bei oraler versus i.v Gabe). Die maximale Serumkonzentration wird etwa 2 Stunden nach Einnahme erreicht. Aufgrund der Kleinheit des Moleküls diffundiert Hydroxycarbamid gut in verschiedene Körperkompartimente. Bei höheren Blutspiegeln wird auch die Blut-Hirn-Schranke überwunden und es erfolgt ein Übertritt in den Liquor. Die Substanz dringt auch in Aszites, Pleuraergüsse und in die Muttermilch ein. Der Mechanismus der Biotransformation bzw. Metabolisierung ist nicht genau bekannt. Eine Metabolisierung über das Cytochrom P450-System erfolgt nicht. Die Substanz wird in unveränderter Form überwiegend über die Nieren ausgeschieden.

Medizinische Anwendung

Bei myeloproliferativen Erkrankungen

Hydroxycarbamid findet Anwendung zur "zytoreduktiven" Therapie bei myeloproliferativen Erkrankungen (Chronische myeloische Leukämie (CML), Polycythaemia vera, Essentielle Thrombozythämie, Osteomyelofibrose). Die Anwendung bei CML ist nach der Einführung von Imatinib (Glivec®) stark zurückgegangen, aber in bestimmten Situationen kann der Einsatz von Hydroxycarbamid weiterhin sinnvoll sein. Bei Polycythaemia vera ist meist der regelmäßige Aderlass die Behandlungsmethode der Wahl, bei deutlich erhöhten Leukozytenzahlen oder Thrombozytenzahlen kann der Einsatz von Hydroxycarbamid jedoch sinnvoll sein. Ein klassisches Einsatzgebiet ist auch die Essentielle Thrombozythämie, hier konkurriert die Substanz mit dem Medikament Anagrelid. Die Osteomyelofibrose ist ebenfalls ein typisches Einsatzfeld.

Sichelzellanämie

Durch die europäische Arzneimittelbehörde EMEA wurde die Substanz auch zur Behandlung der Sichelzellanämie zugelassen[1]. Am 29. Juni 2007 erhielt die Firma Addmedica (Paris) die Genehmigung für das Inverkehrbringen von Hydroxyurea (Handelsname Siklos®) für diese Indikation[2]. Bei Patienten mit Sichelzellanämie kommt es gelegentlich zu u.U. lebensbedrohlichen oder schmerzhaften vaso-okklusiven Krisen, d.h. Gefäßverschlüssen durch Zusammenklumpung von Sichelzellen. In mehreren klinischen Studien konnte gezeigt werden, dass milde antiproliferativ wirksame Substanzen bei der Vorbeugung von solchen vaso-okklusiven Krisen wirksam sein können[3].

Antiretrovirale Therapie bei HIV-Infektion

Eine Reihe von klinischen Studien hat die Kombination von Hydroxycarbamid mit antiretroviralen Substanzen zur Therapie der HIV-Infektion untersucht. Dabei zeigten sich uneinheitliche Ergebnisse[4][5][6]. Eine Anwendung sollte daher nur innerhalb von kontrollierten klinischen Studien erfolgen. Eine Zulassung für die Behandlung der HIV-Infektion hat die Substanz nicht.

Dosierung

Die Substanz wird in Tabletten zu 500 oder 1000 Milligramm (mg) abgegeben. Die übliche Dosierung beträgt zwischen 250 mg täglich (z. B. eine Tbl. á 500 mg alle 2 Tage) bis etwa 2 Gramm täglich.

Nebenwirkungen

Subjektiv empfundene Nebenwirkungen, die auftreten können, sind: Benommenheit, Übelkeit, Erbrechen (selten), Diarrhoe, Verstopfung, Mundschleimhautentzündung (selten), Appetitverlust, Haarausfall, Hautausschlag, Leberwerterhöhung (meist vorübergehend). Die medizinisch bedeutsamste Nebenwirkung ist die dämpfende Wirkung nicht nur auf die Bluterkrankung, sondern auch auf die gesunde Blutbildung ("Myelosuppression"). Diese Wirkung limitiert meist die Dosis, die gegeben werden kann. Eine wichtige Nebenwirkung ist auch die Erhöhung des Harnsäurespiegels im Blut. Bei entsprechend prädisponierten Patienten kann es dadurch zur Verschlechterung der Nierenfunktion oder sogar zum Gichtanfall kommen. Die Frage, ob Hydroxycarbamid ein leukämogenes Potential hat, d.h. ob bei einer Behandlung ein erhöhtes Risiko besteht, später an einer Leukämie zu erkranken, wird kontrovers diskutiert. Wahrscheinlich ist von einem geringen Risiko auszugehen[7]. Es wurde außerdem über vereinzelte Fälle von Patienten mit Spinaliomen (Plattenepithelkarzinomen der Haut) nach Litalir-Therapie berichtet[8].

Anwendung in der Schwangerschaft

Hydroxyurea ist im Tierversuch eindeutig genotoxisch und embryotoxisch. Frauen, die eine Schwangerschaft planen, sollten Hydroxycarbamid nach Rücksprache mit dem behandelnden Arzt absetzen.

Quellen und Weblinks

  1. Zulassungsinformation
  2. http://www.emea.europa.eu/humandocs/Humans/EPAR/siklos/siklos.htm
  3. Steinberg MH, Barton F, Castro O, Pegelow CH, Ballas SK, Kutlar A, Orringer E, Bellevue R, Olivieri N, Eckman J, Varma M, Ramirez G, Adler B, Smith W, Carlos T, Ataga K, DeCastro L, Bigelow C, Saunthararajah Y, Telfer M, Vichinsky E, Claster S, Shurin S, Bridges K, Waclawiw M, Bonds D, Terrin M. Effect of hydroxyurea on mortality and morbidity in adult sickle cell anemia: risks and benefits up to 9 years of treatment. JAMA. 2003;289(13):1645-51. PMID 12672732
  4. Frank I, Bosch RJ, Fiscus S, Valentine F, Flexner C, Segal Y, Ruan P, Gulick R, Wood K, Estep S, Fox L, Nevin T, Stevens M, Eron JJ Jr; ACTG 307 Protocol Team. Activity, safety, and immunological effects of hydroxyurea added to didanosine in antiretroviral-naive and experienced HIV type 1-infected subjects: a randomized, placebo-controlled trial, ACTG 307. AIDS Res Hum Retroviruses. 2004;20(9):916-26. PMID 15597521.
  5. Swindells S, Cohen CJ, Berger DS, Tashima KT, Liao Q, Pobiner BF, Snidow JW, Pakes GE, Hernandez JE; NZTA4008 Study Team. Abacavir, efavirenz, didanosine, with or without hydroxyurea, in HIV-infected adults failing initial nucleoside/protease inhibitor-containing regimens. BMC Infect Dis. 2005;5(1):23. PMID 15819974.
  6. Lori F, Foli A, Groff A, Lova L, Whitman L, Bakare N, Pollard RB, Lisziewicz J. Optimal suppression of HIV replication by low-dose hydroxyurea through the combination of antiviral and cytostatic ('virostatic') mechanisms. AIDS. 2005;19(11):1173-81. PMID 15990570.
  7. Essentielle Thrombozythämie (ET): Leukämogenes Risiko nach Behandlung mit Hydroxycarbamid. Der Arzneimittelbrief 1998; 5:39 weblink
  8. Spinaliome unter Hydroxycarbamid ("Aus der UAW-Datenbank"). Deutsches Ärzteblatt, Jg. 99, Heft 19, 10. Mai 2002. weblink
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Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Hydroxycarbamid aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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