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Indocyaningrün



Steckbrief
Name (INN) Indocyaningrün
Wirkungsgruppe

Diagnostikum, Farbstoff

Handelsnamen

ICG-PULSION®, Indocyanine Green for Injection USP®,

Klassifikation
ATC-Code CX
CAS-Nummer 3599-32-4
Verschreibungspflichtig: Ja


Fachinformation (Indocyaningrün)
Chemische Eigenschaften

IUPAC-Name: 2-(7-(1,3-Dihydro- 1,1-dimethyl-3-(4-sulfobutyl)- 2H-benz[e]indol-2-yliden)- 1,3,5-heptatrienyl)- 1,1-dimethyl-3-(4-sulfobutyl)- 1H-Benz[e]indolium inneres Natriumsalz
Summenformel C43H47N2NaO6S2
Molare Masse 774,964 g/mol

Indocyaningrün (auch ICG, englisch: indocyanine green) ist ein fluoreszierender Farbstoff, der in der Medizin als Indikatorsubstanz (z. B. für die photometrische Leberfunktionsdiagnostik und Fluoreszenzangiographie) bei Herz-, Kreislauf-, Leber- und Augenerkrankungen eingesetzt wird. Dabei wird es intravenös verabreicht und in Abhängigkeit von der Leberleistung mit einer Halbwertszeit von ca. 3–4 Minuten[1] aus dem Körper eliminiert. ICG liegt normalerweise in Pulverform vor und kann in unterschiedlichen Lösungsmitteln gelöst werden; meist wird zur besseren Löslichkeit 5 % Natriumiodid beigegeben.[2] Das sterile Lyophilisat einer Wasser-ICG Lösung ist in Deutschland und diversen Ländern als Arzneimittel zur Diagnostik für intravenöse Anwendung zugelassen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

ICG wurde im 2. Weltkrieg als Farbstoff für die Photographie entwickelt und im Jahr 1957 an der Mayo Clinic für den Einsatz in der Humanmedizin getestet. Nach FDA-Zulassung 1959 wurde ICG zunächst vor Allem in der Leberfunktionsdiagnostik und später in der Kardiologie eingesetzt. 1964 konnte mithilfe von Indocyaningrün von S. Schilling der renale Blutfluss bestimmt werden. Ab 1969 diente ICG auch zur Forschung und Diagnostik an subretinalen Prozessen am Auge (in der Aderhaut). In den Jahren seit 1980 konnten durch die Entwicklung neuartiger Kameras und besseren Filmmaterials bzw. neuer photometrischer Messgeräte viele technische Schwierigkeiten ausgeräumt werden. Mittlerweile hat sich der Einsatz von ICG in der Medizin (und im Besonderen bei der Fluoreszenzangiographie in der Augenheilkunde) als Standard etabliert. Daher wird bei Bezeichnung einer Fluoreszenzangiographie auch zwischen der NA-Fluoreszenzangiographie oder der ICGA / ICG-Fluoreszenzangiographie unterschieden. Es wurden mittlerweile weltweit etwa 3000 Wissenschaftliche Publikationen zu ICG veröffentlicht.

Eigenschaften

Das Absorptions- und Fluoreszenzspektrum von ICG liegt im nahinfraroten Bereich (s. IR-Spektroskopie). Das emittierte Licht kann sowohl invasiv als auch nichtinvasiv (durch die Haut) detektiert werden. Das Maximum des Fluoreszenzspektrums liegt unterschiedlich je nach Lösungsmittel: in Blut liegt es bei einer Wellenlänge von etwa 830 nm, in Wasser bei etwa 820 nm (bei der Anregungswellenlänge von 765 nm).

Toxizität und Nebenwirkungen

Da Indocyningrün nicht metabolisiert, nur über die Leber und Gallenwege ausgeschieden und nicht von der Darm-Schleimhaut resorbiert wird, ist die Toxizität als gering einzustufen.[2] Weil die Zubereitung Natriumiodid enthält, muss auf Iodunverträglichkeit getestet werden. Da etwa 5 % Iodid zugesetzt sind, beträgt der Iod-Gehalt einer 25 mg-Ampulle 0,93 mg. Im Vergleich dazu sind in Zubereitungen für eine KM-CT (140 ml) 300 mg/ml oder für eine Corona-Angiographie (200 ml) 350 mg/ml Iod enthalten. Die Häufigkeiten von milden, mittelgradigen und schweren Nebenwirkungen betragen lediglich 0,15 %, 0,2 % und 0,05 %; die Todesfallrate liegt bei 1:333.333.[2] Bei der Konkurrenz-Substanz Fluorescein liegt der Anteil der Personen mit Nebenwirkungen bei 4,8 % und die Todesfallrate bei 1:222.222. Seit September 2007 ist bekannt, dass ICG durch Einwirkung von UV-Licht in toxische Abfallstoffe zerfällt. Dabei entstehen mehrere, noch unbekannte Stoffe.[3]

Verwendung

ICG-Angiographie in der Augenheilkunde / Ophthalmologie

Indocyaningrün oder ICG besitzt die Fähigkeit, sich zu 98 % an Plasmaproteine zu binden und zeigt dadurch, im Vergleich zu Fluorescein als Marker, eine geringere Lackage (langsameren Farbaustritt). ICG hat auch die Eigenschaft, lange in den Gefäßen zu verbleiben und besitzt eine auffallende Affinität zu den Gefäßen der Aderhaut.

Die ICG-Angiographie wird in der Ophtahalmologie bei der Angiographie des Augenhintergrundes in folgenden Fällen eingesetzt:

  • Bei Vermutung von Netzhaut-Schädigungen mit schlecht abgegrenzten Rändern und bei Blutungen
  • In der Basisdiagnostik bei Verdacht einer bestimmten Form einer AMD
  • Bei Vermutung einer Chorodiale Neovaskularisation-CNV
  • Bei Vermutung einer Polypoidale chorodiale Vaskulopathie (PCV)
  • Bei Vermutung einer Retinale angiomatöse Proliferation (RAP)
  • Bei Vermutung eines Aderhautmelanoms
  • Bei Vermutung eines Aderhauthämangiom
  • Bei Vermutung von Aderhautmetastasen
  • Im Einzelfall zur erweiterten Diagnostik oder Dokumentation (Differentialdiagnostik)

Aktuell wird die ICG-Angiographie zur Therapiekontrolle sowie Verlaufsbeurteilung bei den neuen VEGF-Hemmern eingesetzt (Maucugen, Lucentis, Avastin).[4]

ICG-Diagnostik zur nicht-invasiven Überwachung der Leber- bzw. Splanchnikusperfusion

Aufgrund der hohen Bindungsrate von Indocyaningrün an die Plasmaproteine erlaubt es die Substanz, durch Kontrolle der Veränderungen der ICG-PDR (ICG-Plasmaverschwinderate) die Leber- bzw. Splanchnikusperfusion zu messen. Diese Methode eignet sich daher als Prognoseparameter für die Überlebenswahrscheinlichkeit bei chirurgischen Intensivpatienten.[5]. Da bei etwa zwei Dritteln der chirurgischen Intensivpatienten, bei denen ein erweitertes hämodynamisches Monitoring indiziert ist, reduzierte PDR-Werte gemessen werden können, kann von einer signifikant erhöhten Mortalität gesprochen werden. Die regelmäßige Überwachung der ICG-PDR (meistens zwei Mal täglich) trägt dazu bei, Einschränkungen der Leber- bzw. Splanchnikusperfusion frühzeitig zu erkennen. Nach intravenöser ICG-Gabe wird über ein externes Monitoring-Gerät die Plasmaverschwinderate gemessen.

Perfusionsdiagnostik von Geweben und Organen mit ICG

ICG wird als Marker bei der Beurteilung der Perfusion von Geweben und Organen in vielen medizinischen Bereichen eingesetzt. Das für die Anregung der Fluoreszenz benötigte Licht wird durch eine Nahinfrarotlichtquelle (etwa die Töns NIR-Leuchte) erzeugt, die direkt auf einer Kamera befestigt wird. Eine digitale Videokamera erlaubt die Aufnahme der ICG-Fluoreszenz in Echtzeit, wodurch eine Perfusion beurteilt und dokumentiert werden kann.

Die Anwendung erfolgt bei:

  • Plastischer Chirurgie: Haut- und Muskeltransplantate; Bestimmung der Amputationshöhe
  • Abdominalchirurgie: Gastrointestinale Anastomosen
  • Allgemeinen Chirurgie: Wundheilung und Ulzera
  • Inneren Medizin: Diabetische Extremitäten
  • Herzchirurgie: Aortokoronare Bypässe

Einzelnachweise

  1. a b S.H. Wipper (2006): Validierung der Fluoreszenzangiographie zur intraoperativen Beurteilung und Quantifizierung der Myokardperfusion
  2. a b c Augustin, A.J., Krieglstein, G.K.,  : Augenheilkunde, 2001, Springer-Verlag, ISBN 3540659471
  3. Hillenkamp, J.: Investigation of Indocyanine Green Toxicity in vitro, 09/2007,DOG, Universität Regensburg
  4. Prof. Schmidt-Erfurt, DOG Kongress Berlin 2007
  5. Sakka S., Reinart K., Meier-Hellmann A.: Chest 122 (5), 1715-1720, 2002
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Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Indocyaningrün aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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