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Ionische FlüssigkeitIonische Flüssigkeiten (engl. Ionic Liquids) sind Flüssigkeiten, die ausschließlich Ionen enthalten. Es handelt sich also um flüssige Salze, ohne dass das Salz dabei in einem Lösungsmittel wie Wasser gelöst wird. Lange Zeit waren heiße Salzschmelzen (bei Kochsalz über 800 °C) die einzigen bekannten Beispiele für derartige Flüssigkeiten. Heutzutage spricht man von ionischen Flüssigkeiten im Zusammenhang mit Salzen, die bereits bei Temperaturen unter 100 °C flüssig sind. Beispiele für verwendete Kationen sind alkylierte Imidazolium-, Pyridinium-, Ammonium- oder Phosphonium-Ionen. Als Anionen werden unterschiedlichste Ionen vom einfachen Halogenid über komplexere anorganische Ionen wie Tetrafluoroborate bis hin zu großen organischen Ionen wie Trifluoromethansulfonimid (vgl. bmim) herangezogen. Die Größe der beteiligten Ionen behindert die Bildung eines starken Kristallgitters. Bereits geringe thermische Energie genügt daher, um die Gitterenergie zu überwinden und die feste Kristallstruktur aufzubrechen.
Weiteres empfehlenswertes Fachwissen
Geschichte1914 tauchte Ethylammoniumnitrat[1] mit einem Schmelzpunkt von 12 °C als erste Ionische Flüssigkeit in der Literatur auf, doch wurde dem Potential dieser Substanzklasse noch keine besondere Aufmerksamkeit geschenkt. In den folgenden Jahren beschäftigten sich vor allem elektrochemische Publikationen[2][3] mit den Eigenschaften der neuartigen Substanz. Erst 1983, mit der Synthese von Chloroaluminat-Schmelzen[4] als nicht wässrige und polare Lösungsmittel für Übergangsmetallkomplexe, erkannte man das breite Anwendungsgebiet von Ionischen Flüssigkeiten. Die ersten Publikationen über dessen Einsatz als Katalysatoren[5] und als Lösungsmittel[6] für organische Reaktionen gab es Ende der achtziger Jahre. Die Synthese von hydrolysestabilen Ionischen Flüssigkeiten (engl. "room temperature Ionic Liquids", RTILs) gelang 1992 durch die Arbeitsgruppe rund um Wilkes[7] und trieb die Entwicklung rasch voran. Aktuelle Publikationen und zahlreiche Patente beschäftigen sich mit der Synthese[8][9][10] neuer Flüssigkeiten, mit deren Anwendung als Lösungsmittel und Katalysatoren[11][12][13], mit der systematischen Untersuchung ihrer chemischen und physikalischen Eigenschaften[14][15][16], mit toxikologischen Untersuchungen[17][18][19] und deren Anwendung im Bereich analytischer Trennprozesse[20][21][22][23][24]. EigenschaftenIonische Flüssigkeiten zeichnen sich durch eine Reihe interessanter Eigenschaften aus: Sie sind thermisch stabil, nicht entzündlich, haben einen äußerst geringen, kaum messbaren Dampfdruck und verfügen über sehr gute Lösungseigenschaften für zahlreiche Substanzen. Darüber hinaus besitzen diese aufgrund ihres rein ionischen Aufbaus auch interessante elektrochemische Eigenschaften, wie z.B. elektrische Leitfähigkeit, die oft auch von einer hohen elektrochemischen Stabilität (d.h. gegen Oxidationen und Reduktionen) begleitet wird. Durch Variation der Seitenketten des Kations und die Auswahl geeigneter Anionen lässt sich z.B. die Löslichkeit in Wasser oder organischen Lösungsmitteln weitgehend frei bestimmen. Ähnliches gilt für den Schmelzpunkt und die Viskosität. Durch entsprechende funktionelle Gruppen können sie darüber hinaus als Säuren, Basen oder Liganden eingestellt werden. VerwendungDie molekulare Vielfalt ionischer Flüssigkeiten ermöglicht prinzipiell Ihren Einsatz in einer Vielzahl technischer Anwendungsgebiete:
CelluloseveredelungCellulose ist mit einem Vorkommen von etwa 700 Milliarden Tonnen die mengenmäßig größte natürliche organische Chemikalie auf der Erde und damit als nachwachsender Rohstoff von großer Bedeutung. Selbst von den durch die Natur jährlich nachgebildeten 40 Milliarden Tonnen werden aber nur ca. 0,2 Milliarden Tonnen als Rohstoff für eine weitere Veredelung verwertet. Einer erweiterten Nutzung der Cellulose als nachwachsender Rohstoff steht bislang entgegen, dass es an einem geeigneten Lösemittel für chemische Prozesse fehlt. Robin Rogers und Kollegen von der University of Alabama haben allerdings herausgefunden, dass sich jetzt durch den Einsatz ionischer Flüssigkeiten erstmals echte Lösungen von Cellulose in technisch nutzbaren Konzentrationen bereitstellen lassen [25]. Die neue Technologie eröffnet daher für die Verarbeitung von Cellulose große Potenziale. So müssen bei der Herstellung zum Beispiel von Cellulosefasern aus sogenanntem Chemie-Zellstoff derzeit verschiedene Hilfschemikalien, speziell Kohlenstoffdisulfid (CS2), in großen Mengen eingesetzt und anschließend entsorgt werden. Zusätzlich müssen verfahrensbedingt erhebliche Mengen von Abwasser entsorgt werden. Diese Prozesse lassen sich durch den Einsatz ionischer Flüssigkeiten maßgeblich vereinfachen, da sie als Lösungsmittel verwendet und fast vollständig rezykliert werden. Das „Institut für Textilchemie und Chemiefasern“ (ITCF) in Denkendorf und BASF untersuchen gemeinsam die Eigenschaften von Fasern, die in einer Pilotanlage aus mit Hilfe von ionischen Flüssigkeiten gelöster Zellulose gesponnen werden. [26] UmweltbilanzDie langfristigen Umweltauswirkungen ionischer Flüssigkeiten werden noch untersucht. Bekannt ist derzeit, dass vor allem ionische Flüssigkeiten mit längeren Alkyl-Seitenketten tendenziell toxisch sind. Auch wenn aufgrund der Nichtflüchtigkeit der Verbindungen keine Vergiftungsgefahr durch Inhalation besteht, können Abwässer problematisch sein. Aufgrund der großen Zahl an Kombinationsmöglichkeiten rechnet man aber damit, mittelfristig die gewünschten physikalisch-chemischen Eigenschaften bei möglichst geringer Toxizität zu erzielen. siehe auchQuellenangaben
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Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Ionische_Flüssigkeit aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar. |