Um alle Funktionen dieser Seite zu nutzen, aktivieren Sie bitte die Cookies in Ihrem Browser.
my.chemie.de
Mit einem my.chemie.de-Account haben Sie immer alles im Überblick - und können sich Ihre eigene Website und Ihren individuellen Newsletter konfigurieren.
- Meine Merkliste
- Meine gespeicherte Suche
- Meine gespeicherten Themen
- Meine Newsletter
KernspaltungKernspaltung bezeichnet einen Prozess der Kernphysik, bei dem ein Atomkern unter Energiefreisetzung in zwei oder mehr Bestandteile zerlegt wird. Seltener wird die Kernspaltung auch als Kernfission (v. lat. fissio = das Spalten) bezeichnet - ein Begriff, der nicht mit Kernfusion, dem Verschmelzen zweier Atomkerne, verwechselt werden darf. Weiteres empfehlenswertes Fachwissen
Spontane und induzierte SpaltungEinige Atomkernarten (Nuklide) spalten sich ohne äußere Einwirkung. Diese spontane Spaltung ist eine Art des radioaktiven Zerfalls. Sie lässt sich quantenmechanisch ähnlich dem Alpha-Zerfall durch den Tunneleffekt erklären. Praktisch weit wichtiger ist jedoch die induzierte Spaltung, eine Kernreaktion, bei der ein stoßendes Teilchen, meist ein Neutron, vom getroffenen Kern absorbiert wird. Der Kern gewinnt dadurch die Bindungsenergie (und zusätzlich auch eventuelle kinetische Energie) dieses Neutrons, befindet sich also in einem angeregten Zustand und spaltet sich. (Jedoch sind an Stelle der Spaltung auch andere Reaktionsverläufe möglich, z. B. indem der angeregte, nun um ein Neutron reichere, Kern sich durch Emission eines Gammaquants abregt und so in einen stabilen Zustand übergeht.) Bei beiden Arten der Spaltung können außer den meist 2 Bruchstücken auch einige (typisch 2 oder 3) Neutronen freigesetzt werden. Beide Arten der Spaltung kommen nur bei genügend schweren Nukliden vor, denn nur dann sind die entstehenden neuen Kerne fester gebunden als der ursprüngliche Kern, so dass die Spaltung dem Kern einen "Energievorteil" bringt. Anschaulich lässt sich die Spaltung nach dem Tröpfchenmodell durch Schwingung und Zerreißen des Kerns verstehen: der Kern dehnt sich in die Länge und schnürt sich in der Mitte ein. Die langreichweitige elektrische Abstoßung der Protonen überwiegt dann die anziehende, kurzreichweitige Kernkraft (siehe Atomkern); die Bruchstücke werden folglich auseinander getrieben. Das animierte Bild zeigt, wie der Kern (rot) von einem Neutron (blau) getroffen wird und in zwei Bruchstücke zerfällt, wobei noch einige – im Bild drei – Neutronen frei werden. Die Spaltung in nur zwei Bruchstücke (Spaltfragmente) ist nicht die einzige Möglichkeit, aber die bei weitem häufigste. Es können viele verschiedene Nuklidpaare als Spaltfragmente entstehen. In jedem Fall bleiben aber die vorhandenen Protonen und die vorhandenen Neutronen zahlenmäßig erhalten. Zwei mögliche Fälle der neutroneninduzierten Spaltung von Plutonium 239 sind beispielsweise (das n steht für "Neutron"): Die Spaltfragmente sind mittelschwere Nuklide, haben aber den relativ hohen Neutronenanteil des ursprünglichen schweren Kerns. Sie sind deshalb instabil gegen β−-Zerfall, aber auch gegen verzögerte Neutronen-Emission (wichtig für Kernreaktoren) und durchlaufen meist mehrere Zerfallsstufen bis zu einem stabilen Nuklid. Spaltbarkeitdurch Thermische NeutronenDurch thermische Neutronen sind meistens nur Isotope mit ungerader Neutronenzahl gut spaltbar, da nur sie durch die Aufnahme eines Neutrons Paarenergie (s. Tröpfchenmodell) hinzugewinnen. Americium hat als 95. Element mit seiner ungeraden Protonenzahl bei ungeraden Nukleonenzahlen eine gerade Zahl von Neutronen, während Plutonium, als 94. Element, mit seiner geraden Protonenzahl bei ungeraden Nukleonenzahlen auch ungerade Neutronenzahlen hat. Deshalb ist Americium 241Am im Gegensatz zu Plutonium 241Pu schlecht spaltbar. durch sehr schnelle NeutronenDurch sehr schnelle Neutronen sind auch Isotope mit gerader Neutronenzahl spaltbar, die durch die Aufnahme eines Neutrons keine Paarenergie hinzugewinnen. Als praktisches Beispiel kann die Dreistufenbombe gelten, in der sehr schnelle Neutronen (über 14 MeV), die bei der Kernfusion erzeugt wurden, in der aus abgereichertem Uran bestehenden Bombenhülle die Uran 238U Kerne spalten und damit die Sprengkraft der Bombe und den Fallout stark erhöhen. Technische BedeutungTechnische Bedeutung hat die induzierte Spaltung als Kettenreaktion mit Isotopen der Elemente Uran und Plutonium, und zwar bei Isotopen mit ungeraden Neutronenzahlen, vor allem U-235 und Pu-239. Der Grund hierfür ist die Paarenergie oder Paritätsenergie (s. Tröpfchenmodell). Sie bewirkt, dass in diesen Fällen schon ein Neutron mit geringster kinetischer Energie, ein thermisches Neutron, die Spaltung einleiten kann. Da ein solches Neutron den Kern nur langsam durchquert, ist die Reaktionswahrscheinlichkeit (der Wirkungsquerschnitt) besonders hoch. Der Energiegewinn der Spaltung eines Kerns ist groß, rund 190 MeV. Er tritt hauptsächlich als kinetische Energie der Spaltfragmente auf, zu einem kleineren Teil auch in der Strahlung aus deren radioaktiven Zerfällen. Auch die für die Regelbarkeit von Kernreaktoren entscheidend wichtigen verzögerten Neutronen (s. Kritikalität) werden aus den Spaltfragmenten freigesetzt. Kritische MasseDie kleinste Masse eines spaltbaren Materials, in der eine Kettenreaktion aufrechterhalten werden kann, heißt Kritische Masse. Sie hängt ab von der Anwesenheit und Menge einer Moderator-Substanz und von der geometrischen Anordnung. Ein dünnes Blech würde z.B. fast alle Neutronen nach außen verlieren, während innerhalb eines kompakten Objekts mehr Neutronen Gelegenheit haben, die Atomkerne zu treffen. Die kleinste kritische Masse wird in einer kugelförmigen Anordnung erreicht. Auch dann könnte sie aber durch Kompression des Materials noch verringert werden, so dass eine absolute untere Grenze nicht existiert. Die Geometrieabhängigkeit der kritischen Masse wird ausgenutzt, um beim Herstellen oder Bearbeiten von Kernbrennstoffen die zur Kettenreaktion führende Kritikalität zu vermeiden. So werden etwa chemische Reaktionen in flachen Wannen durchgeführt, in denen das Material über weite Flächen verteilt ist. KernwaffenDie exponentiell anwachsende Kernspaltungs-Kettenreaktion einer prompt überkritischen (s. Kritikalität) Spaltstoffanordnung dient als Energiequelle für "normale" Kernwaffen. Die Energie wird in verschiedenen zerstörenden Formen wie Lichtstrahlung, Hitze usw. freigesetzt. Bei Wasserstoffbomben dient die Kernspaltung als Zünder für eine Kernfusion, das Verschmelzen von leichten Atomkernen, bei dem zusätzliche Energie freigesetzt wird. ForschungsgeschichteHauptartikel: Entdeckung der Kernspaltung Seit den Arbeiten von Ernest Rutherford war bekannt, dass Atomkerne durch den Beschuss mit schnellen Teilchen verändert werden können. Mit Entdeckung des Neutrons im Jahre 1932 durch James Chadwick wurde klar, dass es viele Möglichkeiten der Umwandlung von Atomkernen geben musste. Unter Anderem versuchte man, durch Einbringen von Neutronen in schwere Kerne neue, noch schwerere Nuklide herzustellen. Nach Vermutungen von Enrico Fermi [Nature 133 (1934), S. 898 - 899: Possible production of element of atomic number higher than 92] vertrat u.a. Ida Noddack [Angewandte Chemie 47 (1934), S. 653 - 655: Über das Element 93] die zutreffende Annahme der Spaltung des neugebildeten Kerns ("Es wäre denkbar, daß bei der Beschießung schwerer Kerne mit Neutronen diese Kerne in mehrere größere Bruchstücke zerfallen, die zwar Isotope bekannter Elemente, aber nicht Nachbarn der bestrahlten Elemente sind."). Allerdings galten diese Vermutungen 1934 noch als unseriös. Den Deutschen Otto Hahn und Fritz Straßmann gelang 1938 am Berliner Kaiser-Wilhelm-Institut für Chemie der Beweis einer induzierten Kernspaltung von Uran durch den chemischen Nachweis eines der Spaltprodukte (radioaktives Barium). Hahns Mitarbeiterin Lise Meitner befand sich zu dem Zeitpunkt in Schweden, da sie als Jüdin von den Nazis verfolgt wurde, war aber an der Idee des Experiments beteiligt. Sie klärte im selben Jahr (gemeinsam mit Otto Frisch) den theoretischen Hintergrund des Experiments. Hahn, Meitner und Straßmann gelten damit als die Entdecker der Spaltbarkeit von schweren Atomkernen per Neutronenbeschuss. Am 16. Januar 1939 reiste Niels Bohr in die USA, um einige Monate mit Albert Einstein physikalische Probleme zu erörtern. Kurz vor seiner Abreise aus Dänemark berichteten ihm Frisch und Meitner von ihrer Deutung des Hahn-Straßmannschen Versuchsergebnisses. Bohr teilte dies nach seiner Ankunft in den USA seinem früheren Schüler John Archibald Wheeler sowie anderen Interessierten mit. Durch sie verbreitete sich die Neuigkeit unter anderen Physikern, unter ihnen auch Enrico Fermi von der Columbia-Universität. Fermi erkannte die Möglichkeit einer kontrollierten Spaltungs-Kettenreaktion und führte 1942 in Chicago das erste erfolgreiche Reaktorexperiment durch. Kategorien: Kernphysik | Kernchemie | Radioaktivität |
|||
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Kernspaltung aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar. |