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KernfusionKernfusion bezeichnet eine Kernreaktion, bei der zwei Atomkerne zu einem neuen Kern „verschmelzen“. Grundsätzlich kann diese Reaktion exotherm (energieliefernd) oder endotherm (energieverbrauchend) sein; nennenswert große Wirkungsquerschnitte (Wahrscheinlichkeit, dass die zusammenstoßenden Kerne miteinander reagieren) gibt es nur bei exothermen Fusionsreaktionen. Letztere in Form einer energetischen Kettenreaktion sind wesentlicher Gegenstand der Forschung und Entwicklung, weil diese Energiegewinnung im Vordergrund des Interesses steht. Bei der Kernfusion muss zunächst die Coulombbarriere (elektrische Abstoßungskraft) zwischen den positiv geladenen Kernen überwunden werden. Der Tunneleffekt macht diesen Vorgang wahrscheinlicher. Beträgt der Abstand dann nur noch 10-15 m, bindet die starke Wechselwirkung die Kerne aneinander. Weiteres empfehlenswertes Fachwissen
EnergiebilanzIst die Masse der bei der Fusion entstandenen Kerne/Teilchen geringer als die Summe der Masse der Ausgangskerne, wird die Massendifferenz (der sogenannte Massendefekt) nach der Einsteinschen Masse-Energie-Äquivalenzformel E=m·c2 in Form von Energie frei (als kinetische Energie der Reaktionsprodukte und als Strahlungsenergie). Solche exothermen Fusionsreaktionen sind nur im Gebiet der leichten Kerne möglich, da die Bindungsenergie pro Nukleon mit steigender Massenzahl bis etwa 60 zunimmt. Ein starkes lokales Maximum hat sie beim Nuklid Helium-4. Die für die Fusionsenergiegewinnung günstigsten Reaktionen (siehe Kernfusionsreaktor) erzeugen daher He-4. Im Bild oben ist die am leichtesten einzuleitende dieser Reaktionen, D + T → 4He + n, dargestellt. Die Bildung von 1 kg Helium mittels dieser Reaktion liefert eine Energie von rund 115 Millionen Kilowattstunden. Dies würde bei idealer, vollständiger Umwandlung den gesamten deutschen Strombedarf 2 Stunden lang decken. Kernfusion in GestirnenKernfusionen sind die Energiequelle der Sterne, also auch unserer Sonne. In den meisten Sternen fusioniert dabei Wasserstoff über mehrere Zwischenschritte zu Helium („Wasserstoffbrennen“); bei dem in diesen Sternen herrschenden Druck liegt die dafür nötige Temperatur bei etwa 10 Millionen Kelvin. Reaktionen (Auswahl):
In der Sonne findet u.a. die Proton-Proton-Reaktion statt, eine Folge von Reaktionen, bei der ebenfalls Helium-4 mit entsprechendem Energiegewinn entsteht. Zudem findet in der Sonne ein durch Kohlenstoff katalysierter Fusionszyklus statt, der Bethe-Weizsäcker-Zyklus, der etwa 1,6 % der Energieproduktion der Sonne ausmacht. Die für die Fusion notwendige Temperatur hängt unter anderem vom Druck ab. So liegt die für die Wasserstofffusion nötige Temperatur auf der Erde bei etwa 100 Millionen °C, da hier kein solcher Druck wie der in der Sonne herrschende Gravitationsdruck erzeugt werden kann. Wenn der Wasserstoff eines Sterns aufgebraucht und in Helium verwandelt ist, kommt die Energie aus der Fusion von Helium oder noch schwereren Atomkernen. Diese Fusionen liefern weniger Energie und benötigen höhere Fusionstemperaturen. Größere Sterne können mit ihrer Masse auch einen stärkeren Gravitationsdruck erzeugen, wodurch am Ende auch schwerere Elemente durch Fusion entstehen (bis zur Massenzahl 60). Elemente mit noch größeren Massenzahlen können hingegen nicht mehr auf diese Weise entstehen, da solche Fusionen endotherm sind, d. h. weniger Energie liefern, als sie benötigen. Sie werden durch Neutronen- (s- und r-Prozess) und Protonenanlagerung (p-Prozess) gebildet (siehe Supernova, Kernkollaps). AnwendungenPhysikalische Forschung, NeutronenquellenFusionsreaktionen ohne Kettenreaktionseffekt, d.h. ohne dass die Reaktionsprodukte durch Stöße weitere Kerne zur Fusion bringen, lassen sich wie andere Kernreaktionen mittels Teilchenbeschleunigern im Labor zu physikalischen Forschungszwecken durchführen. Die oben genannte Deuterium-Tritium-Reaktion wird so zur Erzeugung schneller freier Neutronen verwendet. Auch der Farnsworth-Hirsch-Fusor ist eine Quelle freier Neutronen für Forschungs- und technische Zwecke. WaffenUngesteuerte Fusions-Kettenreaktionen laufen in Kernwaffen (Wasserstoffbombe) ab. Während konventionelle Kernspaltungswaffen (wie die Hiroshima-Bombe Little Boy) eine Sprengkraft von je nach Typ etwa 15-60 Kilotonnen TNT freisetzten, entfalteten Kernfusionswaffen oder H-Bomben Sprengkräfte bis zu ca. 57 Megatonnen TNT (Siehe Zar-Bombe). Zur Zündung der Fusions-Kettenreaktion befindet sich im Innern einer Wasserstoffbombe eine Kernspaltungsbombe, um eine genügend hohe Temperatur zu erreichen. Um die Uranbombe herum werden wasserstoffhaltige Legierungen platziert, in denen die Fusions-Kettenreaktion erfolgt. Zivile Energiegewinnungsiehe auch Kernfusionsreaktor; zur Gefahr der militärischen Nutzung von Kernfusionsreaktoren siehe Risiken hinsichtlich Kernwaffenverbreitung Große EntwicklungslinienZur Nutzung der Deuterium-Tritium-Reaktion als Energiequelle werden in internationaler Zusammenarbeit Kernfusionsreaktoren mit magnetischem Einschluss des Plasmas entwickelt (siehe auch Fusion mittels magnetischen Einschlusses und ITER). Daneben gibt es kleinere Entwicklungsprogramme für die Fusion mit Trägheitseinschluss - vereinfacht gesagt, eine Zündung von Mikro-Wasserstoffbomben in einem Reaktorgefäß in rascher Folge mittels Laser- oder Ionenstrahlen (siehe Trägheitsfusion). Kalte FusionAls Kalte Fusion werden verschiedene Konzepte und Experimente bezeichnet, die Fusionskettenreaktionen beschreiben, die bei deutlich geringeren Temperaturen ablaufen. Bekannt wurde dieser Ansatz vor allem durch die Arbeit von Martin Fleischmann aus dem Jahr 1990. Die Ansätze sind teils nicht reproduzierbar nachgewiesen, teils steht die physikalische und technische Möglichkeit außer Zweifel, jedoch bei negativer oder umstrittener Gesamtenergiebilanz (z. B. die durch Kavitation ausgelöste Bläschenfusion). Video
Literatur
Siehe auch
Kategorien: Kernfusion | Kernchemie | Kernphysik |
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