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KohlenstofftechnikDie Kohlenstofftechnik befasst sich mit der technischen Anwendung synthetisch hergestellter Hochleistungsmaterialien aus Kohlenstoff und Graphit. Diese Konstruktionswerkstoffe werden in fast allen Bereichen der modernen Industrie eingesetzt. Ihre außergewöhnlichen Eigenschaften lassen sich durch die Auswahl der Rohstoffe und der Herstellungstechnologie anwendungsspezifisch gezielt beeinflussen. Zu den wichtigsten Eigenschaften zählen die elektrische Leitfähigkeit, die Schmierfähigkeit, die extrem hohe Temperaturbeständigkeit sowie eine gute chemische Beständigkeit. Weiteres empfehlenswertes Fachwissen
AllgemeinesKohlenstoff als sechstes Element im Periodensystem der chemischen Elemente tritt in verschiedenen Modifikationen auf: Graphit und Diamant sind die wichtigsten Formen. Von beiden Modifikationen wird jedoch vor allem das Graphit technisch genutzt. Mengenmäßig wichtigstes Einsatzgebiet für Graphit ist die Verwendung als Elektrodenmaterial in der Aluminium- und Stahlherstellung. Verschwindend gering sind dagegen fast die Mengen für Spezialanwendungen. Technologisch verbergen sich hier jedoch die deutlich höheren Anforderungen an die Entwicklung. In der Halbleiterindustrie etwa kommen hochreine Graphitwerkstoffe bevorzugt als Wandmaterial in Hochtemperaturanwendungen vor. Zum Vergleich: Der geforderte Reinheitsgrad entspricht einem einzelnen Menschen gegenüber der gesamten Weltbevölkerung! Der Maschinenbau nutzt Graphit als überaus verschleißarmes Lager- und Dichtungsmaterial in Pumpen, Klappen und Ventilen. In unserem Alltag am häufigsten anzutreffen, sind Kohlebürsten. Sie stellen den elektrischen Kontakt in Elektromotoren her. Zu finden sind sie in den Motoren fast aller Haushaltsgeräte, vielen Niederspannungsmotoren im Auto bis hin zu den Großmotoren in Lokomotiven. Zu den größten Herstellern zählen die Firmen SGL Carbon (Deutschland), Schunk Kohlenstofftechnik (Deutschland), Graphite India, Morgan Crucible (Großbritannien) und Carbone Lorraine (Frankreich). Eigenschaften von Kohlenstoff- und GraphitwerkstoffenAufgrund ihres Herstellverfahrens werden Kohlenstoff- und Graphitwerkstoffe den keramischen Werkstoffen zugeordnet. Ihr Eigenschaftsprofil wird im Wesentlichen durch folgende Größen bestimmt:
Herstellung von Kohlenstoff- und GraphitwerkstoffenKohlenstoff- und Graphitwerkstoffe gehören zur Familie nicht-oxidischer Keramiken. Die Fertigungsprozesse unterscheiden sich jedoch aufgrund der spezifischen Eigenschaften des Graphits erheblich von z. B. Carbiden und Nitriden. Reines Graphit ist nicht schmelz- oder sinterbar. Das heißt, der Zusammenhalt des Werkstoffgefüges lässt sich nur durch eine zusätzliche Bindemittelmatrix erreichen. Üblicherweise kommen hierfür Peche oder Polymere mit hohem Kohlenstoffgehalt zum Einsatz, die in einem thermischen Behandlungsschritt ebenfalls in Kohlenstoff umgesetzt werden. RohstoffeWie bei jedem keramischen Werkstoff sind die spezifischen Eigenschaften nicht nur von der chemischen Zusammensetzung abhängig. Großen Einfluss üben vor allem die Gefügestruktur und die Eigenschaften der einzelnen Gefügebestandteile aus. Der anwendungsbezogenen Auswahl von Rohstoffen fällt damit eine entscheidende Bedeutung zu. Als feste Rohstoffe dienen Graphite, Kokse und Ruße. Jeder dieser Rohstoffe besitzt eine graphitische Kristallstruktur. Unterschiede bestehen jedoch in der Perfektion und Größe der einzelnen Kristallite. Mengenmäßig ist Petrolkoks der mit Abstand wichtigste Füllstoff. Für seine Herstellung werden Destillationsrückstände des Erdöls in großen Mengen verkokt. In Sonderanwendungen kommen auch steinkohlenteerstämmige Kokse zum Einsatz. Graphit ist ein natürlicher Werkstoff. Er kommt z.B. in Sri Lanka, China, Korea, Mexiko, Madagaskarund Zimbabwe vor, wird aber auch synthetisch aus Petrolkoks oder Anthrazit gewonnen. Die Herstellung von Ruß erfolgt größtenteils über eine unvollständige Verbrennung von kohlenstoffreichen Ölen. Deren Verarbeitung zu Graphitwerkstoffen spielt jedoch eine eher untergeordnete Rolle. Der überwiegende Teil der Produktionsmenge dient als Verstärkungsmittel von Gummi oder als Farbpigment. Steinkohlenteerpeche sind das typische Bindemittel von Kohlenstoff- und Graphitwerkstoffen; in kleinerem Umfang werden auch Petrolpeche und duromere Polymere (z.B. Phenol- und Furfuralharze) eingesetzt. RezeptierungDie spezifischen Eigenschaften jedes Füllstoffs (Art und Korngröße), deren Anteile in der Rezeptur sowie Art, Menge und Zustand des Bindemittels bestimmen im wesentlichen die Eigenschaften des Fertigprodukts. So steigen z.B. die elektrische und die thermische Leitfähigkeit eines Werkstoffs mit zunehmendem Graphitanteil im Rohstoff, während Härte und Elastizitätsmodul abnehmen. Neben den anwendungstechnischen Eigenschaften sind in der Rezepturentwicklung auch die Fertigungstechnik und insbesondere die Abmessungen der Produkte zu beachten. So sind z.B. Graphitelektroden für die Stahlindustrie mit einem Durchmesser > 500 mm und einer Länge von ca. 4 m nur herstellbar, wenn die Rohlinge im Glühprozess nur wenig Schwund zeigen. Hierfür braucht es geringe Mengen Bindemittel mit einem hohen Koksrückstand . Mischungsaufbereitung und FormgebungDie Füllstoffe müssen mit den Bindemitteln intensiv und homogen vermischt werden. Dies geschieht bei erhöhter Temperatur (150 – 300 °C) entweder im Chargenbetrieb in Knetmaschinen oder auch kontinuierlich auf Doppelschneckenextrudern. Wichtige Kriterien sind neben dem Vermischen eine gute Benetzung der Füllstoffpartikel und eine Konditionierung des Bindemittels. Nach dem Mischen teilen sich die Fertigungsprozesse je nach Größe der Rohlinge und dem zugedachten Einsatzgebiet der Werkstoffe auf: Für große Bauteile (Elektroden) aus grobkörnigen Werkstoffen wird die noch heiße Mischung durch Extrusion oder Vibrationsverdichten in Form gebracht. Für kleinere Bauteile und Werkstoffe mit besseren mechanischen Eigenschaften wird die Mischung nochmals aufgemahlen und anschließend auf hydraulischen oder isostatischen Pressen zu Grünkörpern verpresst. GlühenDas Glühen der Grünkörper unter Sauerstoffabschluss bei Temperaturen von bis zu 600–1200 °C wandelt das Bindemittel in Kohlenstoff um. Die Aufheizraten sind präzise an die Produkte angepasst. Sie können von 2 K/h für große Blöcke bis zu 200 K/h für Kleinteile mit Wandstärken von wenigen Millimetern variieren. Während des Glühens bildet das Bindemittel eine Koksmatrix. Dieser Prozess wird von der Abspaltung flüchtiger Bestandteile begleitet. Das setzt ein Porensystem (d.h. Zwickel zwischen Füllstoff und/oder Mischungspartikel), über das die flüchtigen Bestandteile aus dem Bauteil entweichen können voraus. Folglich verfügen praktisch alle Kohlenstoff- und Graphitwerkstoffe über ein offenes Porenvolumen von 10–20 %. GraphitierungEine Hochtemperaturbehandlung von geglühtem Material im Temperaturbereich von 1800–3000 °C führt zu zwei wesentlichen Änderungen: Zum einen nimmt die Größe und die Perfektion einzelner Graphitkristallite zu und zum anderen wird der Werkstoff immer reiner, da nahezu alle Verunreinigungen verdampfen. Gleichzeitig sorgt der Graphitierprozess für eine verbesserte thermische und elektrische Leitfähigkeit und Oxidationsbeständigkeit. Die mechanischen Eigenschaften, insbesondere Härte und Elastizitätsmodul, nehmen dagegen ab. ImprägnierungDas Porensystem geglühter und graphitierter Werkstoffe lässt sich mit einer Vielzahl unterschiedlicher Materialien (Kunststoffe, Metalle, Salze, Kohlenstoff) auffüllen. Derartige Imprägnierungen dichten einerseits den Werkstoff ab und steigern anderseits seine Festigkeit. Derartige Modifizierungen erlauben es außerdem, bestimmte anwendungstechnischer Eigenschaften wie etwa das Reibungs- und Verschleißverhalten oder den Oxidationsschutz gezielt einzustellen. Anwendungen von Kohlenstoff- und GraphitwerkstoffenGraphitelektroden
Feinkörnige Kohlenstoff- und GraphitwerkstoffeNeben den beiden Großverbrauchern von relativ grobkörnigen Graphitwerkstoffen ist das Produktionsvolumen feinkörniger Spezialwerkstoffe (ca. 30.000 t p. a. weltweit) vernachlässigbar klein. Tatsächlich gehen auf diesen Bereich aber eine Vielzahl unterschiedlichster Werkstoffe für zahlreiche Anwendungen zurück:
Entwicklungstrends in der Kohlenstoff- und GraphitindustrieDie Entwicklungsarbeiten in der Kohlenstoff- und Graphitindustrie lassen sich grundsätzlich in kontinuierliche Verbesserungsmaßnahmen und anwendungsbezogene Anpassungen sowie in die Entwicklung neuer Produkte für neue Anwendungen trennen.
Kategorien: Keramischer Werkstoff | Verfahrenstechnik |
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