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Kolloide



Als Kolloide (griechisch kólla = „Leim“) werden meist Teilchen oder Tröpfchen in einer Suspension bezeichnet, die klein genug sind (typischerweise 0,1–10 Mikrometer), um durch Stöße mit den Flüssigkeitsmolekülen Brownsche Bewegung zu zeigen. kolloidale Suspensionen haben große Bedeutung in der Nahrungsmittel- und Kosmetikindustrie, jedoch auch in der Grundlagenforschung, insbesondere in der statistischen Physik.

Inhaltsverzeichnis

Begriff

Der britische Physiker Thomas Graham führte 1861 den englischen Begriff „colloid“ ein, den er von dem griechischen Wort für Leim ableitete. Er benutzte ihn, um Stoffe aufgrund ihres Diffusionsverhaltens in „kristalloide“ und „kolloidale“ Substanzen zu unterteilen. Es stellte sich später heraus, dass Grahams Kriterien nicht sinnvoll waren. Was er als kolloidal bezeichnete war nicht eine chemische Eigenschaft, sondern ein Zustand der feinen physikalischen Unterteilung bestimmter Proben. Seit Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts wird der Begriff im Sinne der modernen Definition verwendet.[1]

Allgemeinere Definition und Beispiele

Während bei Kolloiden meist an Emulsionen oder Suspensionen von Tröpfchen oder Teilchen in einer Flüssigkeit gedacht wird, so wird der Begriff des kolloidalen Systems oft für jede Art von Phase verwendet, die in einer anderen, kontinuierlichen Phase entsprechend fein dispergiert ist. Damit handelt es sich bei allen folgenden Beispielen um Kolloidsysteme:

  • Milch (Tröpfchen in Flüssigkeit)
  • Tinte, schlammiges Wasser (feste Teilchen in Flüssigkeit)
  • Schlagsahne (Gas in Flüssigkeit)
  • Schaumstoff (Gas in Feststoff)
  • Spezielle Verbundwerkstoffe (feste Teilchen in Feststoff)
  • Butter (Tröpfchen in Feststoff)
  • Rauch (Teilchen im Gas)
  • Nebel (Tröpfchen im Gas)

Bedeutung

Chemie

Die Kolloidchemie, die die Eigenschaften kolloiddisperser Systeme untersucht, ist ein selbstständiges Gebiet innerhalb der physikalischen Chemie.

Physik

Kolloidsuspensionen sind wichtige Modellsysteme um Vorhersagen der statistischen Thermodynamik zu überprüfen oder atomare Festkörperprozesse zu simulieren.[2]

  • Die Wechselwirkungen (siehe unten) zwischen einzelnen Kolloidteilchen lassen sich durch Auswahl der Teilchen, Behandlung ihrer Oberfläche und der Zusammensetzung der Flüssigkeit einstellen. Man kann Stärke und Reichweite der Wechselwirkung separat einstellen und damit auch verschiedenartige Potenzialverläufe modellieren. Die Teilchen verhalten sich dann z. B. wie Atome eines Metalls oder auch wie die eines ionischen Systems und bilden entsprechende Kristalle. Bei hinreichender Konzentration tritt die Kristallisation sogar bei nicht wechselwirkenden Partikeln („Harte Kugeln“) ein, was paradoxerweise entropische Ursachen hat.
  • Kolloide sind etwa um den Faktor 1000 bis 10.000 größer als Atome. Daher sind sie wesentlich einfacher und mit deutlich weniger experimentellem Aufwand (z. B. mit dynamischer Lichtstreuung oder Konfokalmikroskopie) zu beobachten.
  • Ihre Bewegung ist deutlich langsamer als die von Atomen. Das erlaubt die Beobachtung von Prozessen (z. B. Kristallisation, die in atomaren Systemen zu schnell ablaufen.

Verfahrenstechnik

Kolloiddisperse Systeme haben durch die feine Verteilung der einen Phase in die andere im Verhältnis zu ihrem Volumen eine enorm große Grenzfläche. Dies wird überall ausgenutzt, wo Grenzflächeneffekte wichtig sind, z. B. in der Trocknungstechnik oder bei der Reaktion zweier nichtmischbarer Flüssigkeiten.

Wechselwirkungen von Kolloidteilchen

Folgende Wechselwirkungen können zwischen Kolloidteilchen auftreten:

  • Abstoßung harter Kugeln: Dies ist die einfachste Wechselwirkung. Harte Kolloidteilchen können sich beim Zusammenstoß gegenseitig nicht verformen oder durchdringen. Dies erscheint trivial, das „Harte Kugel“-Modell, in dem keine andere Wechselwirkung herrscht, ist jedoch eines der wichtigsten Systeme in der statistischen Physik. Das zugehörige Potential ist unendlich für Abstände kleiner der Partikeldurchmesser und null sonst.
  • Elektrostatische Wechselwirkung: Elektrisch gleichnamig geladene Kolloidteilchen stoßen sich gegenseitig ab. Das Wechselwirkungspotential hat die Form V \sim \frac{1}{r}. Haben die Kolloide unterschiedliche Ladungen, so bilden sie ein ionisches Modellsystem (einige Teilchen ziehen sich gegenseitig an, andere stoßen sich ab). In der Flüssigkeit vorhandene Ionen (z. B. gelöstes Salz) können das elektrostatische Potential mehr oder weniger abschirmen.
  • Van-der-Waals-Kräfte kommen durch fluktuierende Dipole zustande und bilden ein Potential der Form V \sim \frac{1}{r^6} aus. Sie lassen sich minimieren, indem die Brechzahl der Flüssigkeit auf die der Teilchen abgestimmt wird.
  • Entropische Wechselwirkung: Noch kleinere Partikel oder Polymerketten, die sich zusätzlich zu den eigentlichen Kolloiden in der Flüssigkeit befinden, üben einen osmotischen Druck aus und pressen die Kolloide zusammen. Anschaulich lässt sich dies so verstehen, dass die Gesamtentropie des Systems steigt, wenn die großen Partikel zusammenrücken, da die kleinen Partikel dann mehr Raum zur Verfügung haben.

Quellen

  1. M. Daoud und C. E. Williams (Hrsg.): Soft Matter Physics. Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg 1999, ISBN 3-540-64852-6
  2. V. Prasad, D. Semwogerere und E. Weeks: Confocal microscopy of colloids. In: Journal of Physics: Condensed Matter. Band 19, 2007 113102

Literatur

  • J. C. Daniel and R. Audebert: Small Volumes and Large Surfaces: The World of Colloids. In: M. Daoud und C. E. Williams (Hrsg.): Soft Matter Physics. Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg 1999, ISBN 3-540-64852-6
 
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Kolloide aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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