Um alle Funktionen dieser Seite zu nutzen, aktivieren Sie bitte die Cookies in Ihrem Browser.
my.chemie.de
Mit einem my.chemie.de-Account haben Sie immer alles im Überblick - und können sich Ihre eigene Website und Ihren individuellen Newsletter konfigurieren.
- Meine Merkliste
- Meine gespeicherte Suche
- Meine gespeicherten Themen
- Meine Newsletter
MMR-ImpfstoffDer MMR-Impfstoff ist eine Mischung lebender, aber abgeschwächter Viren, welche per Injektion zwecks Immunisierung gegen Masern, Mumps und Röteln eingesetzt wird. Geimpft werden im deutschsprachigen Raum generell Kinder im Alter von etwa einem Jahr, mit einer Auffrischung im zweiten Lebensjahr. Bei Einhaltung dieses Impfschemas ergibt sich ein Schutz von über 99 % gegen diese Infektionskrankheiten [1]. Seit Einführung der frühesten Versionen in den 1970er Jahren wurden etwa 500 Millionen Dosen in über 60 Ländern verwendet. Wie bei allen Impfstoffen unterliegen Langzeitwirkungen und Wirksamkeit kontinuierlicher Forschung. Seit einigen Jahren steht ein Kombinationsimpfstoff zur Verfügung, der zusätzlich eine Impfkomponente gegen Windpocken (Varizellen) beinhaltet, die mittlerweile von der ständigen Impfkomission empfohlen wird. Diese Präparate werden dann als MMRV-Impfstoff bezeichnet. Weiteres empfehlenswertes Fachwissen
EpidemiologieMasern, Mumps und Röteln sind alle drei hochgradig infektiöse Krankheiten. Vor dem umfassenden Einsatz von Impfstoffen gegen diese Krankheiten waren sie so verbreitet, dass nahezu jeder sich mit diesen Krankheiten üblicherweise schon im Kindesalter angesteckt hatte. Somit gehörten diese Infektionskrankheiten zu den "Kinderkrankheiten". Obwohl der Begriff Kinderkrankheit Harmlosigkeit suggeriert, können diese Erkrankungen mit sehr ernsthaften Komplikationen einhergehen. Bei Masern treten bei 20 bis 30 % der Erkrankten Komplikationen auf, darunter Lungenentzündung und Enzephalitis. Die Sterberate in Folge dieser Komplikationen liegt nach verschiedenen Literaturangaben zwischen 0,005 % [2] und 2 % [1] aller Masern-Erkrankten. Mumps ist eine weitere, einstmals typische Viruserkrankung von Kindern. Eine bekannte, aber eher seltene Komplikation ist die Sterilität von Männern sowie ein- oder beidseitige Hörverluste, die in der Regel bleibend sind. Röteln waren ebenfalls vor Aufbau der weitreichenden Impfprogramme eine verbreitete Krankheit. Das Hauptrisiko der Röteln ist die Übertragung von Schwangeren auf ihre Kinder, was schwerwiegende Geburtsfehler zur Folge haben kann. Der MMR-Impfstoff wurde ursprünglich als Einzelimpfung gegen alle drei Krankheiten entwickelt. Ein beobachteter signifikanter Rückgang der Erkrankungen seit der ersten Lizenzierung der Impfstoffe gegen diese Krankheiten ab 1963 wird der systematischen Impfung zugerechnet. Aufgrund der Impfung ist das Auftreten dieser Infektionskrankheiten in Ländern mit systematischen Impfprogrammen heute auf unter ein Prozent der Bevölkerung gefallen. Die Masern gelten heute sogar auf dem ganzen Kontinent Amerika und in Skandinavien als ausgerottet. Die WHO hat für die Region Europa das Ziel der Eliminierung von Masern und Röteln bis zum Jahr 2010 formuliert. Hierfür ist ein Immunisierungsgrad von mindestens 95 % der Bevölkerung erforderlich. Dennoch kommt es immer wieder zu Ausbrüchen und Epidemien in Regionen mit schlechter Durchimpfung, derzeit beispielsweise die Masern in Deutschland [3]. Studien über die Auswirkungen der Impfprogramme zeigen weiterhin eine drastische Reduzierung der durch Masern induzierten Sterblichkeitsrate in z.B. Afrika [4] [5]. Anwendung und Wirkung des MMR-ImpfstoffsDer MMR-Impfstoff wird von ausgebildetem Personal intramuskulär oder subkutan injiziert und verursacht in der Regel eine nicht wahrgenommene, nicht übertragbare Infektion mit Masern, Mumps und Röteln. Das Immunsystem des Menschen bildet bei 95–98 % der Geimpften Antikörper gegen die entsprechenden Krankheiten. Ungefähr 2–5 % der Kinder, welche nur eine Impfdosis von MMR erhalten, bilden keine Antikörper. Ursache für das Versagen der Impfung können falsch gelagerter Impfstoff, passive Antikörper von der Mutter des Kindes oder Immunsystemschwäche sein. Aus diesem Grund sollte mit einer zweiten MMR-Impfung die Impflücke geschlossen werden. Bei der zweiten Impfung handelt es sich also nicht um eine Auffrischimpfung, sondern um eine Zweitimpfung (zweiter Versuch) für die primären Impfversager. Nach einer zweifachen MMR-Impfung entwickeln laut Studien über 99% lebenslange Immunität gegen diese Infektionskrankheiten. Steht bei einem Kind die Aufnahme in eine Kindereinrichtung an, kann die MMR-Impfung auch vor dem zwölften Lebensmonat, jedoch nicht vor dem neunten Lebensmonat erfolgen, da im ersten Lebensjahr im Blut des Säuglings noch vorhandene mütterliche Antikörper die Impfviren neutralisieren können. Diese maternalen Antikörper verlieren jedoch zunehmend an Relevanz, da nur Mütter, die als Kind selber an Masern erkrankten, in der Lage sind, ihr Kind diaplazentar vor Masern zu schützen. Nach dem Impfkalender der Ständigen Impfkommission am Robert-Koch-Institut ist die zweite MMR-Impfung bei allen Kindern im Alter von 15 – 23 Monaten vorgesehen. Nach dem Erreichen einer Durchimpfungsrate der Bevölkerung von 95 % können die endemischen Viren von Masern und Röteln nicht mehr zirkulieren, d.h. der Übertragungs- und Vermehrungszyklus der Viren wird unterbrochen. Hieraus ergibt sich die sogenannte "Herdenimmunität": auch Personen, welche keine Immunität besitzen (Kinder unter einem Jahr sowie immunsupprimierte und aus anderen Gründen ungeimpfte Personen), können ebenfalls nicht mehr mit diesen Krankheitserregern angesteckt werden, da diese nicht mehr zirkulieren. Diese angestrebte Herdenimmunität wird jedoch immer wieder durch Impfmüdigkeit und Impfgegner bedroht. Einzelne Impfstoffe
Im März 2006 zog Chiron den MMR-Impfstoff Morupar aufgrund von höheren Nebenwirkungsraten im Vergleich mit anderen MMR-Impfstoffen zurück. NebenwirkungenDa es sich bei den MMR-Impfstoffen um Produkte handelt, die abgeschwächte lebende Erreger enthalten, sind Adjuvantien, die zu einer unspezifischen Verstärkung der Immunantwort führen, nicht notwendig.
Als Nebenwirkung können wie bei allen Impfungen lokale Impfreaktionen wie Rötung, Schmerzen und Schwellungen an der Injektionsstelle vorkommen und sind als harmlose Nebenwirkungen zu betrachten. Diese Reaktionen sind größtenteils auf die Injektion zurückzuführen, nicht auf den Wirkstoff MMR selber. Als seltene Nebenwirkung kann auch eine allergische Reaktion gegen Inhaltsstoffe des Serums auftreten, beispielsweise eine Allergie gegen Neomycin. Weiterhin wurde in Zwillingsstudien mit dem MMR-Impfstoff festgestellt, dass 15-20 % aller Patienten im Alter von 14-18 Monaten - unabhängig ob MMR oder Placebo eingesetzt wurde - 7 bis 9 Tage nach Impfung Atemwegserkrankungen (Schnupfen, o.ä.) entwickeln.[9] Es wird vermutet, dass diese Kinder zu einem Zeitpunkt geimpft werden, bei der sie keine Erkrankung aufweisen und ca. eine Woche nach der Injektion entsprechende übliche zyklische Erkrankungen in diesem Alter einsetzen, welche aber eben in keinem Zusammenhang zur MMR-Wirkstoff stehen. Da es sich bei der MMR-Impfung um eine Impfung mit einem abgeschwächten Lebendimpfstoff handelt, können jedoch in bis zu 5 % der Fälle ca. 10 Tage nach der Impfung abgeschwächte Formen der drei Infektionskrankheiten entstehen (insbesondere Impfmasern). In der Folge können ähnliche Symptome wie bei den Infektionskrankheiten entstehen: Ausschlag oder leichtes Fieber für wenige Tage, gelegentlich von einer leichten Schwellung der Speicheldrüsen und Anschwellen oder Schmerzen der Gelenke begleitet. Diese Auswirkungen sind üblicherweise leichter und kurzfristiger Natur. Obschon also bekannte Nebeneffekte existieren, überwiegen nach herrschender Meinung die Vorteile gegenüber einer "natürlichen" Infektion bei Weitem.[1] Es existieren noch keine Untersuchungen, die über längere Zeiträume hinweg die möglichen Langzeitnebenwirkungen untersuchen. Seit dem 1. Januar 2001 gilt für Ärzte in Deutschland die im Infektionsschutzgesetz (IfSG) verankerte „Meldeverpflichtung eines Verdachtes einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung“ [10]. Nach §6 Abs. 1, Nr. 3 des IfSG besteht eine Meldepflicht für Ärzte an das Gesundheitsamt, wenn nach einer Impfung auftretende Symptome, die über eine Impfreaktionen hinausgehen, in einem ursächlichen Zusammenhang mit der Impfung stehen könnten. Dieses Meldesystem ist eine sogenannte Spontanerfassungssystem, um frühzeitig Risikosignale von Impfnebenwirkungen zu erkennen, welche bei der Zulassung nicht erfasst wurden. In den ersten drei Jahren erfolgten hierbei 250 Meldungen zu möglichen Reaktionen in Folge des MMR-Impfstoffs, wobei bei diesen Zahlen nicht damit gerechnet werden darf, dass sie die Realität wiedergeben (siehe unten). Im Vergleich dieser Zahlen mit den 600.000 bis 800.000 erfolgten MMR-Impfungen im selben Zeitraum ergäbe sich, sollten die Zahlen stimmen, allerdings ein Risiko von 1:2800 für Impfkomplikationen (übliche Impfreaktionen sind nicht meldepflichtig)[11]. Die Rate der Meldungen hängt allerdings trotz der gesetzlichen Meldepflicht von der Motivation und Fähigkeit der Ärzte ab, weshalb mit einer hohen Dunkelziffer gerechnet werden muss (laut Pink Book beträgt die Spontanmelderate in den USA höchstens 10%)[1]. Daher ist die Spontanerfassung allein nicht geeignet, die Häufigkeit von Impfnebenwirkungen abzuschätzen. Hierfür dienen aktiv erfassende Pharmakovigilanzsysteme und auf die jeweilige Impfkomplikation ausgerichtete Studien, die bereits erwartet werden um Impfkritikern belastbare Zahlen entgegenhalten zu können. Kontroversen um MMRSeit es Impfungen gibt, tauchen immer wieder Vermutungen auf, bei denen einzelne Impfstoffe in den Zusammenhang mit diversen Krankheiten gebracht werden, so auch beim MMR-Impfstoff. Dabei handelt es sich meist um komplexe Krankheiten (z.B. Autismus, Allergie, Diabetes), für deren Entstehung die Ursachen weitgehend unbekannt sind. Diese Vermutungen stützen sich oft auf weltanschauliche Überlegungen oder auf Hypothesen in wissenschaftlichen Zeitschriften. Solche Hypothesen werden von den Behörden und der Wissenschaft sehr ernst genommen und in umfangreichen wissenschaftlichen Studien abgeklärt. Aufgrund dieser Studien weiß man, dass der MMR-Impfstoff sehr sicher ist [12]. In den folgenden Abschnitten wird auf die wichtigsten Kontroversen zum MMR-Impfstoff eingegangen. Die meisten Kritiker des MMR-Impfstoffs sind auch generelle Impfgegner oder aber Impfkritiker, welche Impfungen nicht prinzipiell ablehnen. Letztere vertreten spezielle Ansichten über ihren Zeitpunkt, die Impfstrategie, ihre Wirksamkeit, Sicherheit und ihre Nebenwirkungen. Impfkritische Meinungen sind sehr heterogen und oftmals durch religiöse, alternativmedizinische (Homöopathie, Anthroposophie, u.a.) oder esoterische Hintergründe motiviert. Daher argumentieren Impfgegner als auch Impfkritiker oftmals irrational oder zumindest unwissenschaftlich. Angst vor Impfschäden, Misstrauen gegenüber staatlichen Einrichtungen, gegenüber der Pharmaindustrie und auch gegenüber der Wissenschaftsmedizin, Unwissen und Unsicherheit tragen zu solchen Ansichten bei. Diese führen zu starker Verunsicherung mancher Menschen, insbesondere von jungen Eltern [13]. Entsprechend finden sich auch kritische Berichte über den MMR-Impfstoff oder am Prinzip des Impfens gegen Masern, Mumps und Röteln selbst meistens in entsprechenden Foren im Internet und auch in impfkritischen Büchern. In den entsprechend Medien von Impfkritikern werden aber oftmals auch ältere Forschungsergebnisse als der letzte Stand dargestellt, obwohl neue Erkenntnisse vorliegen (z.B. Autismus im Fall Wakefield, siehe unten). Weiterhin werden unterschiedliche, voneinander unabhängige wissenschaftlich gesicherte Sachverhalte oder aus dem Zusammenhang gerissene Ergebnisse in scheinbar kausale Zusammenhänge gestellt, die impfkritische Theorien stützen. Diese Zusammenhänge gelten jedoch tatsächlich als nicht bewiesen [13]. Kontroversen um die Auslösung von KrankheitenWährend der 1980er und 1990er Jahre wurden in den USA eine Reihe von Prozessen gegen Hersteller von Impfstoffen angestrengt, in welchen diese beschuldigt wurden, mit ihren Produkten diverse körperliche und kognitive Erkrankungen bei Kindern verursacht zu haben. Obschon ergebnislos, führten diese Prozesse zu einer drastischen Verteuerung des Impfstoffs, da die Pharmakonzerne über Lobby-Arbeit gesetzliche Sicherheit durchsetzen wollten. 1993 war Merck & Co. der einzige Konzern, welcher bereit war, MMR-Impfstoffe in den USA oder Großbritannien zu verkaufen. Zwei weitere Impfstoffe wurden 1992 in Großbritannien und 1993 in Japan zurückgezogen, da aufgrund des verwendeten Mumps-Stamms Sicherheitsbedenken entstanden. Im September 1995 gewährte das britische Legal Aid Board einer Reihe von Familien finanzielle Unterstützung zur Durchsetzung ihrer Rechtsansprüche gegen die staatlichen Gesundheitsbehörden und die Hersteller des Impfstoffs. Die Familien behaupteten, dass ihre Kinder infolge der MMR-Impfung starben oder schwerwiegend erkrankten. Zu einem späteren Zeitpunkt wurden diese Fälle als hoffnungslos erkannt und die Beihilfe beendet [14]. Eine Interessengruppe namens JABS (Justice, Awareness, Basic Support) gründete sich, um „impfgeschädigte“ Kinder zu repräsentieren. Unterschiedliche Krankheiten wurden bislang dem MMR-Impfstoff angelastet. Impfgegner mit unzureichendem Fachwissen führen als Krankheitsverursachend bisweilen auch andere angebliche Bestandteile im Impfstoff an, wie Thiomersal oder Aluminiumhydroxid. Beides war jedoch nie im MMR-Impfstoff enthalten. In der Kontroverse war MMR unter anderem als Ursache von Allergien und Asthma. Inzwischen ist ziemlich eindeutig geklärt, dass Impfungen keine Allergien auslösen [15] [16] [17]. Dazu passt, dass in der ehemaligen DDR eine Impfpflicht bestand und dennoch Allergien selten waren. Eine größere Studie in ganz Deutschland ergab sogar eine geringere Anfälligkeit für Allergien bei geimpften Kindern [18]. Der MMR-Impfstoff war auch als Auslöser von Diabetes mellitus in der Diskussion. Auch diese Hypothese konnte in zahlreichen Studien entkräftet werden [19] [20] . Größere Kontroversen betrafen auch den Zusammenhang mit Autismus, welche auf eine bestimmte Publikation zurückzuführen ist. Dieser Fall wird im nächsten Abschnitt tiefer erörtert, der Zusammenhang gilt inzwischen ebenfalls als sehr unwahrscheinlich. Als ungeklärt gilt noch die Auslösung einer Enzephalitis nach der Masernimpfung. Der Zusammenhang gilt als unsicher und wird mit einer Wahrscheinlichkeit von 1 zu 1.000.000 angegeben. Auch eine besondere Komplikation nach natürlicher Maserninfektion, die subakute sklerosierende Panenzephalitis (SSPE), wurde als Nebenwirkung des MMR-Impfstoffs diskutiert. SSPE verursacht eine generalisierte Entzündung des Gehirns, welche z.T. erst Jahre nach der eigentlichen Maserninfektion schwerste Schäden nach sich zieht und in jedem Falle tödlich endet. Durch eine bessere Überwachung der Masernerkrankung wird deutlich, dass die SSPE offensichtlich sehr viel häufiger auftritt, als bisher angenommen, und hierbei besonders Säuglinge gefährdet sind. Die Häufigkeit der SSPE ist durch die Masernimpfung deutlich reduziert worden, dennoch wurde behauptet, dass auch der Masern-Impfvirus diese Erkrankung auslösen würde. Bei genaueren Untersuchungen von SSPE-Opfern fand man im ZNS jedoch regelmäßig nur Wildviren, so dass heute eine SSPE-Erkrankung durch MMR-Impfstoff ausgeschlossen wird [21]. Richtig ist aber, dass maternale Antikörper von Müttern, die gegen Masern "nur" geimpft wurden, im kindlichen Immunsystem bei Neugeborenen mit geringerer Konzentration nachzuweisen sind. Mütter, die dagegen als Kind an Masern erkrankt waren, geben ihren Kindern höhere Masernantikörperspiegel mit. Haben Säuglinge mütterliche Antikörper oder Immunglobuline, kann ein asymptomatischer Verlauf oder ein symptomarmer Verlauf resultieren - die Patienten sind trotzdem infektiös [22]. Säuglinge sind also bis zum Einsetzen eines wirksamen Impfschutzes besonders von den Masern gefährdet, da SSPE sich augenscheinlich besonders nach frühzeitigen Masernerkrankungen zu entwickeln scheint. Aus diesem Grund wurde die Empfehlung der ersten MMR-Impfung von Kindern von ursprünglich 15 Monaten auf 12 Monate Lebensalter vorgezogen, um das Zeitfenster der Gefährdung zu minimieren. Solange die Masern jedoch nicht ausgerottet sind, ist zu beachten, dass der ungeimpfte Säugling unbedingt vor Masernkontakten zu schützen ist - in der Vorimpfära war die Masernsterblichkeit bei Säuglingen am höchsten. Der im Abschnitt Nebenwirkung aufgeführte seltene Ausbruch der Krankheit(en), gegen die geimpft wurde, wird ebenfalls von Impfgegnern als gefährliche Nebenwirkung aufgeführt. Unterschlagen wird dabei, dass hier die selben Symptome wie bei der "natürlichen" Krankheit in abgeschwächter Form und seltener auftreten [8], beispielsweise Fieber oder geschwollene Speicheldrüsen. Fieber kann bei neurologisch anfälligen Kindern der Auslöser für Fieberkrämpfe oder gar Epilepsie sein. Die Ursache des Fiebers ist dabei nicht von Bedeutung, wird aber von Impfgegnern ebenfalls dem MMR-Impfstoff angelastet. Der MMR-Impfstoff ist hier aber nicht die Ursache, sondern allenfalls ein Auslöser von Veranlagungen. Anfällige Kinder sollten aber dennoch geimpft werden, da so starke Fieberschübe durch die Infektionskrankheiten selbst vermieden werden. Der Fall WakefieldDie 1998er Lancet-VeröffentlichungIm Februar 1998 veröffentlichte eine Gruppe um Dr. Andrew Wakefield einen Bericht mit dem Titel "Ileal-lymphoid-nodular hyperplasia, non-specific colitis, and pervasive developmental disorder in children" in der angesehenen medizinischen Fachzeitschrift The Lancet [23]. Der Bericht analysierte die Fälle von zwölf autistischen Kindern, welche 1996-1997 in dem Royal Free Hospital im Norden Londons behandelt wurden. Beschrieben werden den Darm betreffende Symptome, welche gemäß Wakefield der Beweis eines vollständig neuen Syndroms waren. Dieses bezeichnete er später als autistische Enterocolitis. Wakefield empfahl eine nähere Untersuchung von möglichen Ursachen in der Umwelt der Kinder, unter anderem des MMR-Impfstoffes. In der Arbeit werden Verbindungen zwischen Magen-Darm-Symptomen und Entwicklungsstörungen dieser Kinder vermutet, welche angeblich mit der MMR-Impfung verbunden waren. Die kausale Verknüpfung, die MMR-Impfstoffe führten zu Autismus, wurde indes nicht erreicht. In einer Pressekonferenz vor Veröffentlichung der Arbeit gab Wakefield jedoch an, er würde es für sinnvoll halten, bis zur Klärung Einzelimpfstoffe statt dem Dreifach-MMR zu nutzen. Weiterhin gab er an, dass acht der zwölf Eltern die Impfung für eine wahrscheinliche Ursache hielten, da Impfung und Beginn der Symptome nur Tage auseinander lagen. Er erklärte, die weitere Verwendung des Kombinationsimpfstoffs ohne detaillierte Prüfung der Sachlage nicht mehr unterstützen zu können. In einer vorher für das Fernsehen erstellten Videoaufzeichnung forderte er, die Nutzung von MMR zugunsten der Einzelimpfstoffe auszusetzen [24]. Die folgende KontroverseBericht, Pressekonferenz und Video verunsicherten die britische Bevölkerung. Die folgende Debatte wurde polarisiert, wobei beide Seiten Wakefields Forschung argumentativ nutzten. Er wurde öffentlich angegriffen, seine Kritiker bezweifelten sowohl die Korrektheit als auch die Ethik seiner Forschungen. Die Regierung und die medizinischen Ämter, wie der National Health Service (NHS), betonten, ausführliche epidemiologische Daten würden keinerlei Zusammenhang zwischen den MMR-Impfungen und Entwicklungsstörungen aufzeigen. Manche Eltern weigerten sich, diesen Dementis glauben zu schenken, da bereits zuvor staatliche Angaben zur Sicherheit diskreditiert wurde, wie im Falle des BSE-Skandals. Die Regierung wurde beschuldigt, die höheren Kosten der Einzelimpfungen seien der Grund für deren Ablehnung. Als Ergebnis brach die Impfung mit MMR von 92% (1996) auf 84% (2002) ein. Von Teilen Londons wurde vermutet, dass nur noch 60% der Impfungen mit MMR durchgeführt wurden, was drastisch unterhalb des für Herdimmunität vor Masern notwendigen Schwellenwerts liegt. Auch wenn bisher keine Masern-Epidemie auftrat, haben Ärzte aufgrund der ansteigenden Zahl von Infektionen bereits vor einer solchen gewarnt. Ein Faktor der Kontroverse ist, dass nur der Kombinationsimpfstoff über das NHS verfügbar ist. Eltern die diesen Impfstoff ablehnen, haben so nur die Wahl entweder die separaten Impfungen privat vornehmen zu lassen, oder aber ihre Kinder gar nicht zu impfen. Premierminister Tony Blair hat den MMR-Impfstoff zwar öffentlich verteidigt, gibt jedoch keine Auskunft darüber, welche Impfung sein Sohn Leo bekam. Die Mehrheit der Ärzte bevorzugt den Kombinationsimpfstoff, da er weniger belastend für das Kind ist und Eltern eher eine als drei Impfungen vornehmen lassen. Epidemiologische Forschung an hunderttausenden Kindern in zahlreichen Studien zeigt weiterhin keine Verbindung zwischen MMR-Impfung und Autismus. Kritiker dieser Studien, wie der im Ruhestand lebende Kliniker John Walker-Smith, obwohl ein Unterstützer des Dreifachimpfstoffs, bezeichneten die Epidemiologie als 'stumpfes Werkzeug', welche derartige Kausalzusammenhänge nicht notwendigerweise aufzeigt. [6] So ist es beispielsweise schwierig, zwei Populationen hinreichender Größe zu finden, welche sich nur durch die Impfung unterscheiden. Dr. Wakefield gab seinen Job im Royal Free Hospital 2001 auf und arbeitet nun für eine umstrittene Privatklinik in den USA. Seine fortgesetzten Studien beinhalten die Arbeit an möglichen immunologischen, metabolischen und pathologischen Veränderungen durch die "autistische Enterocolitis", sowie Verbindungen zwischen Darmerkrankungen und neurologischen Störungen bei Kindern und dem möglichen Zusammenhang zwischen diesen Störungen und Einflüssen wie Impfstoffen [25] Vorwurf eines InteressenskonfliktesIm Februar 2004 deckte der Journalist Brian Deer auf, dass Wakefield zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Lancet-Berichtes £55.000 an Drittmitteln von Anwälten erhielt, welche zwischen Autismus und dem MMR-Impfstoff Verbindungen suchten [26]. Gemäß dem Artikel in der Sunday Times waren einige der zitierten Eltern an Prozessen gegen Hersteller des MMR-Impfstoffes beteiligt. Obwohl Wakefield angab, die Drittmittel seien von Anfang an veröffentlicht worden, wurde bemängelt, dass diese weder dem Lancet, noch den Co-Forschern bekannt gemacht wurden. Am 20. Februar 2004 bezeichnete der Lancet Wakefields Studie aufgrund eines "fatalen Interessenskonfliktes" als "fehlerhaft" und gab an, dass diese niemals hätte veröffentlicht werden dürfen. Mehrere von Wakefields Co-Forschern bemängelten ebenfalls deutlich die fehlenden Angaben zu den Drittmitteln. [27] Das General Medical Council, welches in Großbritannien für die Vergabe von Lizenzen für Doktoren und die Überwachung der medizinischen Ethik zuständig ist, hat Ermittlungen aufgenommen. [28] Rückzug des Lancet-BerichtsIn Folge des Artikels von Brian Deer traten zehn der dreizehn Autoren des Berichtes formal von der Behauptung zurück, eine Verbindung zwischen Autismus und MMR gefunden zu haben [29]. Deer setzte seine Ermittlung in einer Dokumentation des britischen Fernsehens MMR: What They Didn't Tell You fort, welche am 18. November 2004 ausgestrahlt wurde. Hierin wird Wakefield beschuldigt, Patente für ein Konkurrenzprodukt zu MMR zu besitzen und von Testergebnissen seines eigenen Labors zu wissen, welche seine Behauptungen klar widerlegten. [30] Anwälte der Impfgegner zahlten 3,5 Millionen britische PfundWeitere Nachforschungen der englischen Zeitung „Sunday Times“ ergaben, dass im Vorfeld zu der bewussten Publikation Wakefield und weitere Protagonisten bis zu 3,5 Millionen britische Pfund von einer Anwaltskanzlei erhalten haben, welche die Eltern der vermeintlich geschädigten Kinder vertrat. Andrew Wakefield selber soll sich mit einer halben Million Pfund bereichert und schon zwei Jahre vor dem Erscheinen des strittigen Beitrags die ersten Zahlungen erhalten haben. Weiterhin hatten fünf weitere Autoren der Publikation und auch ein Gutachter, der seinerzeit die Veröffentlichung für „The Lancet“ prüfte, persönliche Zahlungen von der Anwaltskanzlei erhalten. [31] Inzwischen bereitet die britische Ärztekammer einen Ausschluss von Andrew Wakefield vor.[32] Neuere Studien zum Thema AutismusEpidemiologische Forschungen zeigen für die vergangenen Jahrzehnte einen Anstieg bei Autismus. Die Ursache ist unklar, vielfach wird allerdings weniger ein realer Anstieg als die Veränderung der Diagnose- und Erhebungsmethodik als Grund vermutet [33] [34] [35]. So ist die Diagnose für Autismus in den vergangenen Jahren ausgeweitet worden, und Kinder werden heute intensiver und eher als früher diagnostisch untersucht. Ein kausaler Zusammenhang zwischen MMR und Autismus kann dagegen inzwischen als so gut wie ausgeschlossen gelten, wie die im folgenden zitierten, im Unterschied zu Wakefields Arbeit sehr umfangreichen, Studien gezeigt haben.
Weitere Argumente von ImpfkritikernNeben den schon aufgeführten Kontroversen gibt es noch eine Vielzahl weiterer Wortmeldungen von Impfkritikern. Einige Beispiele sind hier aufgeführt:
Die Viren, welche Masern, Mumps oder Röteln auslösen, sind seit Mitte der 50er Jahre des 20. Jahrhunderts beschrieben und mit unterschiedlichsten Methoden gut untersucht. Es bestehen keinerlei Zweifel an der Existenz und Wirkung dieser Viren in den Standardpublikationen zum Thema [1].
Ohne Frage haben die Verbesserung der Hygiene und des Lebensstandards die Kindersterblichkeit gesenkt, aber die direkte Wirkung der Impfungen auf die Infektionskrankheit kann durch epidemiologische Daten belegt werden: Die Erkrankungszahlen bei allen drei Infektionskrankheiten brachen kurz nach Einführung der Impfungen ein. Auch wenn eine Veränderung der Erfassungskritierien (z.B. in den USA im Falle von Polio 1955) gleichzeitig mit der Einführung der Impfung erfolgt sind, ist dies kein letzter Beweis gegen die Wirksamkeit der Immunisierung. Beispielsweise wurden vor der Einführung der Masernimpfung in den USA im Jahr 1963 ungefähr 500.000 jährliche Masernerkrankungen mit 500 Toten erfasst (geschätzt wurden 3-4 Mio.). Wenige Jahre nach der Einführung wurde ein Rückgang der Erkrankungen um 98% registriert. Heute gilt USA zusammen mit dem ganzen Kontinent Amerika als Masern-frei [1] [41]. Da die Masernfreiheit als erwiesen gilt, müssen dennoch von Zeit zu Zeit ausbrechende Masernepidemien in den USA als durch von außen eingeschleppte Viren verursacht angesehen werden.
Kaum ein Medikament hat eine Erfolgsquote von 100%. Wie im Abschnitt Wirkung ausgeführt, gibt es beim MMR-Impfstoff nach nur einer Impfung eine "Impfversagerquote" von 5%, die in der Folge auch erkranken können. Beispielsweise wenn in einer Population von 1000 Personen 900 zuvor geimpft wurden, können 45 geimpfte Personen dennoch erkranken - gleichzeitig werden die 100 ungeimpften Personen ebenfalls erkranken (bei 100% Infektiösität wie bei Masern). Entsprechend sieht derzeit die Realität in Deutschland aus: bei Masern-Epidemien in Hessen, Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen waren 80-90% der Erkrankten nicht geimpft, weitere waren nur ein Mal MMR geimpft worden [3]. Bei verbesserter Durchimpfung kann dieses Verhältnis Geimpfte zu Ungeimpften durchaus kippen: sind 980 Personen geimpft worden, so können immer noch 49 geimpfte Personen mit den 20 Ungeimpften erkranken. Es erkranken also wirklich mehr Geimpfte als Ungeimpfte, dennoch wurden 931 Personen geschützt (95%). Entsprechende Beispiele gibt es vom amerikanischen Kontinent, bei welchen Neuausbrüche eingeschleppt wurden. Um die Impfversagerquote möglichst gering zu halten, ist hier die Wiederholungsimpfung besonders wichtig. Allerdings wäre es gewiss leichter, die Einwürfe von Impfkritikern zu widerlegen, wenn es vollständige Screening-Untersuchungen zu Impfungen gäbe. Betrachtet man die Anzahl der verwendeten Impfdosen pro Jahr, könnte ein solches Screening wohl als gerechtfertigt angesehen werden.
Angeführt werden hierfür persönliche Erfahrungsberichte. Bislang konnten für keine dieser Behauptungen Untersuchungsergebnisse vorgelegt werden, die einer Überprüfung standhielten. Man geht hier von Koinzidenzen aus: Kinder entwickeln sich schnell in den ersten Lebensjahren und Kinder erkranken oft in den ersten Lebensjahren. Entsprechend finden sich in den knapp 40 Jahren, seit systematisch geimpft wird, keine signifikanten Unterschiede bei der Entwicklung von Persönlichkeit, des Immunsystems oder der Reduktion des Krebsrisikos zwischen Geimpften versus Ungeimpften. Richtig ist allerdings auch, dass breit angelegte und aussagefähige Untersuchungen zu dieser Frage fehlen.
Heute sind Kinderkrankheiten selten geworden und die möglichen Auswirkungen inklusive Komplikationen werden nicht mehr so sehr vor Augen geführt. Gleichzeitig wird die Mehrheit der Bürger in der Regel nicht mit schweren Komplikationen konfrontiert, welche Wahrscheinlichkeiten von 1 zu 500 und mehr haben. Die Gefahr von Infektionskrankheiten wird also als harmloser wahrgenommen. Historische Berichte von Ärzten belegen jedoch, dass auch früher das Gefahrenpotential vorhanden war - in der Vorimpfära war die Masernsterblichkeit bei Säuglingen am höchsten. Gleichzeitig zeigen epidemiologische Arbeiten aus den USA keinen Unterschied bei der Sterblichkeitsrate von Masernerkrankten vor und nach der Einführung der Masernimpfung [41]. Richtig ist, dass mit zunehmendem Alter der Erkrankten bestimmte Komplikationsrisiken ansteigen. Andererseits sinkt auch aufgrund von steigenden Impfraten die Anzahl der gemeldeten Masernerkrankungen. Aus diesem Grund nehmen zwar die Komplikationsraten von bestimmten Altersgruppen proportional zu, die absolute Zahl der Erkrankungen inklusive Komplikationsraten hat aber dramatisch abgenommen (zumindest soweit dies aus den vorliegenden Zahlen geschlossen werden kann, die von Experten allerdings nur zum Teil als vorwiegend inadäquat bezeichnet werden)[12].
Es gibt so gut wie keine Daten, die die Sterblichkeit bei Kinderkrankheiten im Zusammenhang mit verschiedenen Behandlungsmethoden (schon gar nicht aus der Vorimpfära) analysieren. Deshalb sind dahingehende Aussagen der Impfkritiker nicht mir Fakten zu belegen (allerdings wird von ihnen manchmal vorgebracht, dass Studien, sobald sich Ergebnisse zu Gunsten alternativer Behandlungsmethoden abzeichen, von den entsprechenden Stellen abgebrochen werden).
In neueren Untersuchungen wurde bei Kindern, die wegen Masernkomplikationen ins Krankenhaus eingeliefert wurden, kein Zusammenhang zwischen Ernährungsstatus und Krankheitsverlauf gefunden. Inwiefern dieses Ergebnis auf alle Masernfälle generell übertragen werden kann, ist unbekannt. Es scheint jedoch so, als ob die Schwere des Krankheitsverlaufs von der Exposition zum Masernvirus abhängt, d.h. der primäre Verlauf in einer Familie (z.B. Kind angesteckt in der Schule) ist in der Tendenz leichter als die sekundären Erkrankungen in der selben Familie (Geschwister, die in der Folge dem Masern-Erreger stark ausgesetzt waren). Ebenso sind Infektionen, die vom jeweils anderen Geschlecht übertragen werden, gefährlicher als die, die vom gleichen Geschlecht stammen. Die DTP-Impfung zeigt daneben eine Erhöhung der Gesamtsterblichkeit, während MMR diese verringert. Diese Effekte sind bislang weitestgehend unerklärlich und zeigen an, dass zum Thema Infektionskrankheiten noch viel Forschungsarbeit zu leisten ist, bevor man von einem Verstehen des Phänomens sprechen kann. Gerade aus diesem Grund sollte nicht leichtfertig und ohne gute Argumente gegen Impfungen gesprochen werden. [42] Quellen
|
||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel MMR-Impfstoff aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar. |