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Metallisches Glas
Amorphe Metalle oder metallische Gläser sind Legierungen, die auf atomarer Ebene keine kristalline, sondern eine amorphe Struktur aufweisen. Diese für Metalle sehr ungewöhnliche Atomanordnung hat eine einzigartige Kombination physikalischer Eigenschaften zur Folge. Metallische Gläser sind im Allgemeinen härter, korrosionsbeständiger und fester als gewöhnliche Metalle. Die für die meisten Metalle charakteristische Verformbarkeit fehlt jedoch gewöhnlich. Man unterscheidet generell herkömmliche metallische Gläser, die nur als dünne Schichten oder Bänder hergestellt werden können, und die relativ neuen massiven metallischen Gläser. Letztere bilden eine der modernsten Materialklassen und sind Gegenstand intensiver Forschung in der Materialwissenschaft und Festkörperphysik. Aufgrund des noch sehr begrenzten Wissens und des relativ hohen Preises sind sie bisher nur in Nischenanwendungen vertreten. Weiteres empfehlenswertes Fachwissen
Aufbau und HerstellungGläser sind feste Materialien, die keine Kristallstruktur haben. Das heisst, die Atome bilden kein Gitter, sondern sind auf den ersten Blick regellos angeordnet: es besteht keine Fern-, sondern allenfalls eine Nahordnung, diese Struktur bezeichnet man als amorph. Wie alle Gläser entstehen auch amorphe Metalle, indem die natürliche Kristallisation verhindert wird. Dies kann z. B. durch rasches Abkühlen der Schmelze geschehen, so dass den Atomen die Beweglichkeit geraubt wird, bevor sie die Kristallanordnung einnehmen können. Gerade dies ist jedoch bei Metallen besonders schwierig, da es aufgrund deren spezieller Bindungsmechanismen in den meisten Fällen unrealistisch hohe Abkühlraten erfordert. Bei Metallen, die nur aus einem Element bestehen, ist es sogar unmöglich ein metallisches Glas herzustellen, da die Beweglichkeit der Atome bis zu tiefen Temperaturen so hoch ist, dass sie immer kristallisieren. Es sind nur Legierungen aus mindestens zwei Metallen bekannt, die amorphisierbar sind (z.B. AuIn2). Technisch relevante amorphe Metalle sind bis heute sogar nur spezielle Legierungen (meist nahe am eutektischen Punkt) aus mehreren Elementen, für die die nötige Abkühlrate technisch erreichbar ist. Diese betrug für die ersten metallischen Gläser noch bis zu 106 K/s. Zum Vergleich: bei Silikaten genügt eine Abkühlrate von etwa 0,1 K/s, um die Kristallisation zu unterbinden. Würde man ihre Schmelze jedoch langsam genug abkühlen lassen, so würden auch sie kristallisieren. Die Wärmeleitfähigkeit setzt der schnellen Abkühlung eine prinzipielle Grenze: Egal wie schnell die Umgebungstemperatur gesenkt wird, die Wärme muss vom Inneren des Materials zur Außenfläche transportiert werden. Das bedeutet, dass abhängig von der erforderlichen Abkühlrate und der Wärmeleitfähigkeit nur eine bestimmte Probendicke erreicht werden kann. Eine Methode ist die rapide Abkühlung zwischen rotierenden Kupferwalzen. Das ist zwar einfach und preiswert, erlaubt jedoch nur die Herstellung dünner Bänder und Drähte. Dünne Schichten lassen sich auch durch chemische Gasphasenabscheidung oder Sputterdeposition gewinnen. Erst seit einigen Jahren kennt man massive metallische Gläser (engl.: bulk metallic glasses), die Materialdicken von mehr als einem Millimeter (eine willkürlich gewählte Grenze) ermöglichen. Die Erwartungen an diese neue Materialklasse sind hoch, auch wenn sie bisher nur relativ wenig Verwendung finden. Sie bestehen in der Regel aus fünf oder mehr verschiedenen Elementen, wobei meist drei grundsätzlich verschiedene Atomgrößen vertreten sind. Die resultierenden Kristallstrukturen sind so kompliziert, dass bereits Abkühlraten von wenigen Kelvin pro Sekunde ausreichen um die Kristallisation zu unterdrücken. Erreichbare Dicken liegen derzeit bei ein bis zwei Zentimetern, wobei nur Legierungen mit sehr teuren Bestandteilen (z. B. Zirconium, Yttrium oder Platin) 25 Millimeter erreichen. Über diese Marke kommt nur PdCuNiP, das seit 1997 einen einsamen Rekord von mehr als sieben Zentimetern hält. Da es zu 40 Prozent aus Palladium besteht ist allerdings auch der Preis rekordverdächtig. EigenschaftenMetallische Gläser zeigen die typische metallische Lichtreflektion und sind für den Laien nicht von gewöhnlichen Metallen zu unterscheiden. Die Oberfläche lässt sich besonders glatt polieren und verkratzt aufgrund der großen Härte auch nicht so leicht, daher lässt sich ein besonders schöner und dauerhafter Glanz erzielen. Metallische Gläser sind härter als ihre kristallinen Gegenstücke und haben eine hohe Festigkeit. Geringe Verformungen (~1 %) sind rein elastisch. Das heisst, die aufgenommene Energie geht nicht als Verformungsenergie verloren, sondern wird beim Zurückfedern des Materials wieder voll abgegeben (daher die Verwendung z. B. in Golfschlägern). Die fehlende Duktilität macht sie jedoch auch spröde: wenn das Material versagt, dann schlagartig und durch Zerbrechen, nicht durch Verbiegen wie bei einem Metall. Die Korrosionsbeständigkeit ist in der Regel höher als bei Metallen vergleichbarer chemischer Zusammensetzung. Dies liegt daran, dass Korrosion meist an Korngrenzen zwischen den Einzelkristalliten eines Metalls angreift, die bei amorphen Materialien nicht vorhanden sind. Es gibt magnetische und nicht magnetische amorphe Metalle. Einige von ihnen sind die besten kommerziell verfügbaren weichmagnetischen Werkstoffe. Herkömmliche Metalle ziehen sich beim Erstarren typischerweise schlagartig zusammen. Da die Erstarrung als Glas kein Phasenübergang im physikalischen Sinne ist, findet dieser Volumensprung hier nicht statt. Wenn die Schmelze eines metallischen Glases eine Form ausfüllt, so behält sie diese beim Erstarren. Dies ist ein Verhalten, dass man z. B. von Polymeren kennt und dort einen großen Vorteil bei der Verarbeitung (z. B. Spritzguss) bietet. In diese Eigenschaft werden mithin die größten Hoffnungen für die zukünftige Bedeutung amorpher Metalle gesetzt. GeschichteDie frühe Geschichte der metallischen Gläser ist eng verknüpft mit der Grundlagenforschung zum Glaszustand an sich. Bereits in den 1950'er Jahren sagte der amerikanische Physiker David Turnbull im Rahmen seiner wegweisenden Arbeiten zur Unterkühlung (Thermodynamik) von Schmelzen voraus, dass im Prinzip jede Flüssigkeit in den Glaszustand gekühlt werden könnte, wenn nur ihre Viskosität schnell genug mit der Temperatur abnehmen würde. Metalle mit ihren für die Glasbildung besonders ungünstigen Eigenschaften galten als Prüfstein dieser Idee. Das erste amorphe Metall wurde um 1960 von Paul Duwez am California Institute of Technology hergestellt. Er verwendete eine Legierung aus Gold und Silizium im Verhältnis 3:1, sehr nahe am eutektischen Punkt (19 % Silizium). Der Schmelzpunkt dieser Mischung liegt bei etwa 500 °C (zum Vergleich: reines Gold schmilzt bei 1063 °C, reines Silizium bei 1412 °C). Die Legierung bleibt also auch bei relativ niedrigen Temperaturen flüssig, was die Glasbildung begünstigt. Duwez kühlte seine Proben mit mehr als einer Million Kelvin pro Sekunde ab und erreichte lediglich Materialdicken von weniger als 50 Mikrometer. 1976 entwickelten H. Liebermann und C. Graham eine Technik, bei der mittels gekühlter Walzen schnell und billig lange Bänder aus amorphen Metallen hergestellt werden konnten. Dies führte 1980 zur Kommerzialisierung der ersten metallischen Gläser unter dem Handelsnamen Metglas (z. B. Metglas 2705M: 75–85 Gew.% Cobalt, geringe Mengen Bor, Eisen, Molybdän, Nickel und Silizium). Ein sehr erfolgreiches System zur Diebstahlsicherung in Kaufhäusern nutzt Magnetstreifen aus diesem Material. Aufgrund der aufwendigen Herstellung, der geringen erreichbaren Dicken und des hohen Preises waren Metallische Gläser für Jahrzehnte ein zwar ein physikalisch hochinteressantes aber eher akademisches Kuriosum. Dies änderte sich Anfang der 1990er Jahre schlagartig, als die ersten Massiven Metallischen Gläser auf der Basis von Palladium (sehr teuer) und Zirconium entdeckt wurden. Das erste Massive Metallische Glas überhaupt bestehend aus Palladium, Nickel und [Phosphor]] wurde 1982 von Lindsay Greer und David Turnbull hergestellt.[1] Die erste kommerzielle Legierung wurde von der Firma Liquidmetal Technologies unter dem Handelsnamen Vitleroy1 (bestehend aus 41,2 % Zr, 13,8 % Ti, 12,5 % Cu, 10 % Ni, and 22,5 % Be) auf den Markt gebracht. Die derzeit kommerziell verfügbaren massiven metallischen Gläser bestehen aus relativ teuren Elementen und sind, obwohl sie mittlerweile zahlreiche Anwendungen gefunden haben, immer noch auf teure Nischenprodukte beschränkt. Große Erwartungen werden daher auf die Mitte der 1990er Jahre entdeckten amorphen Legierungen auf Eisenbasis gerichtet. Um deren Potenzial gegenüber Laien zu unterstreichen verwenden Forschergruppen gerne die Bezeichnung amorpher Stahl, was eine gedankliche Verbindung zu dem wohl erfolgreichsten Metall unserer Zeit herstellen soll. Tatsächlich bestehen diese Legierungen jedoch nur zu etwa 50 % aus Eisen. Um die Kristallisation zu unterbinden, müssen drei grundverschiedene Atomgrößen präsent sein. Neben den mittelgroßen Eisenatomen (meist auch je 5–20 % Chrom und Mangan) enthalten die Legierungen signifikante Mengen atomar größerer Refraktärmetalle (meist 10–20 % Molybdän), sowie die atomar kleinen Elemente Kohlenstoff und Bor (zusammen meist mehr als 20 %). Die ersten amorphen Stähle wurden von A. Inoue an der Universität Tōhoku in Japan entdeckt und erreichten Dicken von ein bis zwei Millimetern. Als Durchbruch gilt das Erreichen von mehr als zehn Millimetern, was im Jahr 2004 von zwei Forschungsgruppen am Oak Ridge National Laboratory in Tennessee und an der Universität von Virginia in Charlottesville, beide in den USA, erreicht wurde. Die betreffenden Legierungen enthalten zusätzlich 1–2 % Seltenerdmetalle, in der Regel Yttrium oder Erbium. Es ist noch nicht abschließend geklärt, ob deren positiver Einfluss auf die Glasbildung an deren extremer Atomgröße liegt, oder an ihrer hohen Sauerstoff-Affinität, durch die die Schmelze von störenden Sauerstoffatomen gereinigt wird. Die aktuelle Forschung konzentriert sich auf das immer noch problematische Bruchverhalten Amorpher Metalle. Wünschenswert wäre eine höhere plastische Verformbarkeit, so dass das Material bei hoher Belastung eher etwas nachgibt als gleich zu brechen. Während die Festkörperphysik versucht, grundlegende Fragen über die Bruchmechanismen zu klären, streben Materialwissenschaftler derzeit danach, diese Mechanismen zu unterbinden. Mögliche Ansätze sind das Einbetten von Fremdpartikeln (Kohlefasern, Nanoröhrchen etc.) oder absichtliches Zulassen der Bildung kleiner Kristallite in der amorphen Phase. Das Ergebnis wäre ein Kompositwerkstoff, der die Vorzüge metallischer Gläser bietet ohne unter den Nachteilen zu leiden. Ein weiteres Problem derzeit ist, dass insbesondere die amorphen Stähle meist noch unter Laborbedingungen hergestellt werden müssen (z. B. im Vakuum). Auch hier werden derzeit Fortschritte gemacht. AnwendungenHerkömmliche metallische Gläser, die relativ preiswert als dünne Bänder hergestellt werden können, haben aufgrund ihrer besonderen weichmagnetischen Eigenschaften seit den 1980er Jahren hauptsächlich zwei Nischen in der Elektrotechnik erobert:
Pionier und Marktführer ist in beiden Fällen die Firma Metglas mit ihren gleichnamigen Legierungen. Massive metallische Gläser besitzen eine einzigartige Kombination von Materialeigenschaften, sind jedoch relativ teuer. Ihre Anwendung finden sie daher überwiegend bei Luxusartikeln oder Hightech-Anwendungen (auch im militärischen Bereich), wo der hohe Preis eine untergeordnete Rolle spielt. Die kommerziell erhältlichen massiven metallischen Gläser stehen oft in Konkurrenz zu Titan. Pionier ist die Firma Liquidmetal Technologies, die hauptsächlich Zirconium-basierte Gläser anbietet.
Hohe Erwartungen werden den amorphen Stählen entgegengebracht, sollten sie Marktreife erlangen. Im Gegensatz zu den bereits kommerzialisierten metallischen Gläsern wären die Materialkosten niedrig genug, um sie zu einem vollwertigen Strukturmaterial zu machen, das auch für größere Bauteile geeignet ist. Sollten die bestehenden technischen Probleme gelöst werden und amorphe Stähle Marktreife erlangen, würden sie vor allem in Konkurrenz zu Titan und Edelstahl treten und durch ihre höhere Korrosionsbeständigkeit und bessere Verarbeitbarkeit punkten. Diskutiert wird auch, radioaktiven Abfall durch Aufsprühen der Schmelze einzusiegeln. Man verspricht sich von dem korrosionfesten und korngrenzenfreien Material dauerhaften und sicheren Einschluss. Literatur
Quellen
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Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Metallisches_Glas aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar. |