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Morbus Pompe
Morbus Pompe (englisch: Pompe's disease), auch als Saure-Maltase-Mangel bezeichnet, gehört zur Gruppe der Glykogen-Speicherkrankheiten (Glykogenose) und wird als Typ II klassifiziert. Die seltene (1:40.000 Geburten), erblich bedingte Stoffwechselkrankheit macht sich überwiegend in der Muskulatur bemerkbar und wird daher auch zu den Myopathien gezählt. In Deutschland sind gegenwärtig nach einer Schätzung weniger als 100 Menschen an Morbus Pompe erkrankt, weltweit geht man von 5.000-10.000 Betroffenen aus. Weiteres empfehlenswertes Fachwissen
GeschichteDer Krankheitsname leitet sich vom Pathologen Joannes Cassianus Pompe (1901-1945) ab, der 1932 in den Niederlanden erstmals die Symptome beschrieb. Die Krankheit wird 1954 von G.T. Cori als Glykogenspeicherkrankheit Typ II klassifiziert. 1963 entdeckt H.G. Hers das Fehlen der lysosomalen alpha-Glucosidase als Ursache. Die Erwachsenenform wurde erstmals 1970 von A.G. Engel beschrieben. Bereits 1973 wurde ein Therapieversuch mit alpha-Glucosidase aus der Plazenta durchgeführt. Klinik und VerlaufDie Erkrankung kann in allen Lebensaltern auftreten. Bei Säuglingen (infantiler Morbus Pompe) endet sie im ersten Lebensjahr tödlich durch Herzversagen im Rahmen einer hypertrophen Kardiomegalie. Erste Symptome treten bei der infantilen Form mit etwa zwei Monaten auf, die Diagnose wird durchschnittlich mit fünf Monaten gestellt und der Tod tritt mit circa neun Monaten ein. Der Verlauf bei jugendlichen (juveniler) und erwachsenen Patienten (adulter Morbus Pompe, „late-onset“) ist uneinheitlich und nicht vorhersehbar. Beobachtete Symptome sind fortschreitende Muskelschwäche besonders der Atemmuskulatur (Zwerchfellschwäche) und rumpfnaher Skelettmuskulatur (Oberarm, Becken/Oberschenkel). Hierbei können sowohl milde als auch schwere Verläufe mit Notwendigkeit von Beatmung und Verlust der selbständigen Fortbewegung vorkommen. Es gibt ein kontinuierliches Krankheitsspektrum; definierte Krankheitsstadien gibt es nicht. Im Durchschnitt treten erste Beschwerden bei der adulten Form um das 28. Lebensjahr auf (lt. anderer Berichte um das 36. LJ) und äußern sich in Schwierigkeiten beim Sport und beim Laufen. Die Diagnose wird durchschnittlich mit 36 Jahren gestellt, Notwendigkeit eines Rollstuhls mit 46 Jahren, Atemunterstützung mit 49 Jahren (Daten nach Studien aus den NL+FR). Ein Zusammenhang zwischen respiratorischer und motorischer Funktion besteht nicht; sie sind von der Krankheitsdauer, nicht vom Alter abhängig. Ein früher Krankheitsbeginn deutet auf einen schlechteren Verlauf hin. Häufig wird Erschöpfung berichtet, zu Schmerzen gibt es widersprüchliche Daten. Die geistige Leistungsfähigkeit ist nicht beeinträchtigt. Der Tod tritt meist durch Atemversagen oder andere Lungenprobleme wie Pneumonie ein. Tod durch Ruptur eines zerebralen Aneurysmas wird gehäuft beschrieben; Ursache könnte eine Gefäßwandschwäche durch Glykogenablagerungen sein. ÄtiologieUrsache ist ein genetischer Defekt des Enzyms α-1,4-Glucosidase (Saure Maltase), der entweder in einem völligen Fehlen oder einer verminderten Aktivität resultiert. In der Muskulatur unterbleibt dadurch der Abbau des Glykogen, einer Speicherform des Zuckers zu Glucose. Das Glykogen lagert sich in den Muskelzellen in den Lysosomen ab und zerstört diese und dann die Muskelzelle. Die Restaktiviät des Enzyms ist umgekehrt mit der Erkrankungsschwere korreliert. Beim infantilen Typ findet sich meist nur eine Enzymaktivität von <1%, beim juvenilen Typ zwischen 1 und 10% und beim adulten Typ bis zu 40%. GenetikDie Stoffwechselerkrankung wird autosomal-rezessiv vererbt, beide Geschlechter sind gleich häufig betroffen. Das Gen liegt auf Chromosom 17, Region q25.2-q25.3 und hat eine Länge von 28 kbp. Die Genetik der Erkrankung ist heterogon; bisher sind bisher über 150 verschiedene Mutationen beschrieben worden[1], Betroffene sind compound-heterozygot[2]. Bei der infantilen Form liegen meist zwei schwere Mutationen und somit ein kompletter Enzymdefekt vor. Es besteht bei der Erwachsenenform kein Zusammengang zwischen dem Genotyp und dem Phänotyp. DiagnostikDie Diagnose wird durch eine Muskelbiopsie gestellt. Histologisch ist hier in der PAS-Färbung eine massive Glykogeneinlagerung in den Muskelfasern nachweisbar. Die Diagnose kann durch eine Messung der Enzymaktivität der sauren Maltase oder durch molekulargenetische Untersuchungen weiter erhärtet werden. Im Blut ist häufig (über 90%) die CK sowie CKMB, LDH, GOT und GPT erhöht, im Urin das Glc4. Ein Test aus einem getrockeneten Blutstropfen ist in der Entwicklung, bisher jedoch nicht ausreichend zuverlässig. Es müssen zahlreiche Differentialdiagnosen ausgeschlossen werden. TherapieEine Heilung ist noch nicht möglich. Empfohlene palliative Therapieformen reichen von Diätempfehlungen über Atem- und Krankengymnastik und letztendlich auch Beatmung und künstliche Ernährung. Es gibt Hinweise auf einen Nutzen einer Kombination aus Ausdauertraining und proteinreicher Ernährung (NET)[3]. Seit Frühjahr 2006 kann das fehlende Enzym als rekombinantes Protein aus CHO-Zellen künstlich zugeführt werden (Myozyme(R)=Alglucosidase alfa, Firma Genzyme). Das Medikament wird alle 14 Tage als Infusion verabreicht. Während bei Säuglingen gerade bei früher Gabe erstaunliche Erfolge gesehen wurden (Verbesserung von Entwicklung und Überleben), gibt es für ältere Kinder unterschiedliche Erfahrungen und für die mildere Erwachsenen-Form keinen überzeugenden Nachweis der Wirksamkeit (Zusammenfassung der europ. Zulassung). Diese Therapie ist mit jährlichen Medikamentenkosten zwischen 50.000 EUR (Säuglinge) und 500.000 EUR (Erwachsene) extrem teuer und ist lebenslang notwendig. Aus Experimenten mit Mäusen gibt es Hinweise, dass diese Enzymersatztherapie (ERT, enzyme replacement therapy) das Glykogen aus schnellen Typ-II-Muskelfasern schlechter entfernt als aus langsamen Typ-I-Muskelfasern und Herzmuskelfasern.[4] Die Bedeutung dessen für die ERT beim Menschen ist noch unklar; es fällt jedoch auf, dass unter ERT sich Herzmuskelschäden gut bessern, während das Ansprechen der Skelettmuskeln variabel ist. Das Medikament kann die Blut-Hirn-Schranke nicht überschreiten, also Erkrankungsprozesse im Gehirn nicht beeinflussen. Im Vergleich zu anderen Erkrankungen, die mit ERT behandelt werden können, braucht man beim M. Pompe sehr hohe Dosen des Enzyms. Weitere Therapieansätze wie Gentherapie sind erst in frühen, tierexperimentellen Stadien. Bei Mäusen war der Gentransfer mit einem Adenovirus-Vektor erfolgreich. Die Knochenmarkstransplantation war bisher erfolglos. Ein neuer, aber noch nicht praxisreifer Ansatz ist die Behandlung mit pharmakologischen Chaperonen, also Stoffen, die die Rest-Aktivität der Sauren Maltase verstärken.[5] Betroffene Familien sollten sich genetisch beraten lassen. Es ist ein Wiederholungsrisiko von 25% bei gesunden Eltern (die Gendefekt-Träger sind) zu befürchten. Literatur
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Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Morbus_Pompe aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar. |