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Nagel-Schreckenberg-ModellDas Nagel-Schreckenberg-Modell (kurz NaSch-Modell) ist ein theoretisches Modell zur Simulation des Straßenverkehrs. Es wurde Anfang der 90er Jahre von den Festkörperphysikern Kai Nagel und Michael Schreckenberg formuliert. Mit Hilfe mathematischer Formeln liefert es Voraussagen zum Straßenverkehr, insbesondere zur Verkehrsdichte (Autos je Streckenabschnitt) und zum Verkehrsfluss (vorbeifahrende Autos je Zeiteinheit). Das Modell erklärte das erste Mal den Stau aus dem Nichts als Folge von Überreaktionen beim Bremsen der Vorderleute. Es berührt die Bereiche der Chaosforschung und der Spieltheorie. Weiteres empfehlenswertes Fachwissen
Struktur des ModellsIm Modell setzt sich die Straße aus einzelnen Abschnitten, genannt Zellen zusammen. Die Sicht ist binär: eine Zelle ist leer oder wird von genau einem Auto besetzt, also überschreitet ein Auto auch keine Zellengrenzen. Auch die Zeit ist nach dem selben Schema, genannt Runden zerlegt. In jeder Runde wird zunächst gleichzeitig für alle Autos festgelegt, wohin sie sich bewegen werden, dann erst werden die Autos bewegt. Diese Struktur entspricht einem Zellularautomaten. Dem Modell liegt die Annahme des schlechtestmöglichen Verkehrs zugrunde, also der ständigen Angst vor dem Stau, da Überholen und Unfälle ausgeschlossen sind. Rechnerisches BeispielDie Länge einer Zelle soll dem Platz entsprechen, den ein im Stau stehendes Auto benötigt. Dies ist die Summe aus der durchschnittlichen Länge eines Autos und der Lücke zwischen zwei Autos. Üblicherweise wird hierfür der Wert 7,5 Meter angenommen. Als Dauer einer Runde wird die typische Reaktionszeit eines Verkehrsteilnehmers von einer Sekunde gesetzt. Damit ergibt sich eine Geschwindigkeit von 7,5 Metern pro Sekunde (27 km/h), wenn ein Auto in einer Runde eine Zelle vorrückt. Als Höchstgeschwindigkeit nimmt man dann zumeist fünf Zellen pro Runde (also 135 km/h) an. Ablauf einer Runde – die „Update-Regeln“Pro Runde werden für alle Autos folgende vier Schritte durchgeführt:
Mit dem dritten Schritt werden drei Phänomene gleichzeitig modelliert:
Beispiel für den Ablauf einer Runde
Konfiguration zur Zeit t:
Schritt (1) - Beschleunigen (vmax = 5):
Schritt (2) - Bremsen:
Schritt (3) - Trödeln (ρ = 1/3):
Schritt (4) - Fahren (= Konfiguration zur Zeit t + 1):
Eigenschaften des Modells
IllustrationIn den folgenden Bildern ist eine 7,5 km lange in 1000 Zellen eingeteilte Ringstraße abgebildet, auf der Autos von links nach rechts fahren. Am unteren Bildrand beginnend wird der Zustand der Straße Sekunde um Sekunde Zeile um Zeile nach oben hin gezeigt. Ein grüner Punkt steht für ein Auto, das sich zuletzt mit der Geschwindigkeit 5 bewegt hat, ein roter Punkt bedeutet ein stehendes Auto. Entsprechend stehen dazwischen liegende Farben für Geschwindigkeiten von einer bis fünf Zellen pro Runde.
FundamentaldiagrammAls Fundamentaldiagramm bezeichnet man die Auftragung des Flusses über der Dichte. Fluss ist die Anzahl Autos, die pro Runde eine bestimmte Markierung passieren (das kann auf einer einspurigen Straße maximal eines sein). Dichte ist der Anteil der durch Autos überdeckten Fläche der Straße (ergo auch maximal eins). Diese Auftragung (Fluss als y-Koordinate, Dichte als x-Koordinate) ist so charakteristisch für eine bestimmte Parameterwahl eines bestimmten Modells, dass man sie Fundamentaldiagramm nennt.
Die durchbrochenen Linien zeigen an, wie instabil der Verkehrsfluss an diesen Stellen ist. In der Realität gibt es sogar einen Hystereseeffekt: Nimmt der Verkehr langsam zu, erreicht man bei einer bestimmten Dichte noch einen recht hohen Fluss. Irgendwann bricht dieser durch Überreagieren eines Fahrers beim Bremsen zusammen und fällt auf einen deutlich niedrigeren Wert ab. Die Dichte des Verkehrs muss nun deutlich abnehmen, um wieder auf den ansteigenden Ast des Fundamentaldiagramms zu gelangen. Erst dann kann eine Erhöhung der Dichte wieder zu einem erhöhten Fluss führen. Auch dieser Effekt wurde bereits in Simulationen beobachtet. AnwendungenDas NaSch-Modell wurde von Kai Nagel in den Vereinigten Staaten für Parallelrechner weiterentwickelt und unter dem Namen 'Transims' vermarktet. Interessant ist, dass sich der Algorithmus nicht einfach auf Vektorrechnern parallelisieren ließ und daher Beowulf-Cluster zum Einsatz kommen. Inzwischen wurde Transims angewandt, um den gesamten Schweizer Verkehr in Echtzeit zu simulieren, mit etwa 10 Millionen Fahrzeugen. In Deutschland ist das Modell - mit Erweiterungen - die Grundlage der OLSIM-Verkehrsprognose für den Autobahnverkehr in Nordrhein-Westfalen, welche auf der unten angegebenen Internetseite öffentlich zugänglich ist. Siehe auch
Kategorien: Festkörperphysik | Lesenswert |
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Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Nagel-Schreckenberg-Modell aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar. |