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Orbital




Orbitale sind Einzelelektronen-Wellenfunktionen (meist mit φ oder ψ (kleines Psi) abgekürzt) in der Quantenmechanik. Das Betragsquadrat einer Wellenfunktion \left|\psi\right|^2 wird als Aufenthaltswahrscheinlichkeit des Elektrons interpretiert, das sie beschreibt. Im Orbitalmodell existieren keine Kreisbahnen wie im Atommodell von Niels Bohr und auch keine anderen, definierten Bahnen (Trajektorien). Vielmehr brachten Entwicklungen der Quantenmechanik die Erkenntnis, dass der genaue Aufenthaltsort der Elektronen aufgrund der Unschärferelation Werner Heisenbergs nicht exakt, sondern nur ihre Verteilung stochastisch beschrieben werden kann.

Da die Aufenthaltswahrscheinlichkeit der Elektronen mit dem Abstand vom Atomkern asymptotisch gegen null geht und sich bis ins Unendliche erstreckt, wählt man als Orbital den Aufenthaltsraum, in dem sich das betrachtete Elektron mit ca. 90 % Wahrscheinlichkeit aufhält. Man erhält damit Räume, die ungefähr der Größe der Atome entsprechen. Die Begrenzungsflächen sind Flächen gleicher Aufenthaltswahrscheinlichkeit (Isoflächen). Die Abstände der größten Wahrscheinlichkeiten innerhalb der Orbitale, ein Elektron anzutreffen, entsprechen den von Niels Bohr errechneten Bahnabständen.

Die direkte Interpretation von Orbitalen als Wellenfunktionen ist nur bei Einzelelektronensystemen möglich. Bei Mehrelektronensystemen werden aber Orbitale in Slater-Determinanten eingesetzt um Mehrelektronen-Wellenfunktionen zu konstruieren. Solche Orbitale können durch Hartree-Fock-, Kohn-Sham-Rechnungen (siehe: Dichtefunktionaltheorie (Quantenphysik)) oder MCSCF-Rechnungen (MCSCF: Multiconfiguration Self Consistent Field) bestimmt werden, sind aber im Regelfall nicht eindeutig definiert (verschiedene Orbitalsätze repräsentieren die gleiche Mehrteilchen-Wellenfunktion).

Inhaltsverzeichnis

Klassifikation

Orbitale werden anhand der vier Quantenzahlen n, l, ml und s klassifiziert, manchmal auch durch n, l, j und mj, wobei gilt:

  • n (Hauptquantenzahl, Wertebereich: n = 1, 2, 3, ...) beschreibt das Hauptenergieniveau, welches ein Elektron besitzt. Es entspricht gewissermaßen der Schale n des Bohrschen Atommodells. Die Hauptquantenzahl beschreibt einen Bereich, in dem die Aufenthaltswahrscheinlichkeit eines Elektrons sehr hoch ist. Je größer n wird, desto weiter entfernt vom Atomkern bewegt sich das Elektron, zudem erhöht sich dessen Energie. Die maximale Anzahl der Elektronen in einer Schale ergibt sich als 2n2.
  • l (Nebenquantenzahl, Bahndrehimpulsquantenzahl, Wertebereich: l = 0, 1, ..., (n - 1)) beschreibt den Bahndrehimpuls des Elektrons
|L|=\hbar \cdot \sqrt{l(l+1)}
und damit die "Form" des Orbitals. Häufig findet man in der Literatur die Buchstaben s, p, d, f, g als Bezeichnung für die Nebenquantenzahl, abgeleitet aus den englischen Adjektiven für die korrespondierenden Spektrallinien: sharp, principal, diffuse, fundamental (danach wird alphabetisch fortgesetzt). Die Anzahl der Unterschalen ist gleich der Hauptquantenzahl. Für n = 3 sind also drei Unterschalen möglich l = 0, 1, 2. Die Anzahl der Orbitale pro Unterschale ist auf 2l + 1 begrenzt. Oft wird statt des Buchstabens l auch der Buchstabe q für die Nebenquantenzahl verwendet.
  • ml (Magnetquantenzahl, Wertebereich: ml = -l, -(l - 1), ...0, ...+(l - 1), +l) beschreibt die räumliche Ausrichtung, die das Orbital bezüglich eines äußeren Magnetfeldes einnimmt. Die resultierenden Orbitale sind energetisch gleich, nur wenn von außen ein Magnetfeld angelegt wird, lassen sie sich unterscheiden. Für die Projektion des Drehimpulsvektors auf die Richtung des Magnetfeldes gilt:
L_z=\hbar \cdot m
  • s (Spin(magnet)quantenzahl, s = +1/2 oder s = -1/2) Ihre Existenz deutet man als Betrachtungswinkel (Spin) (1/2: 720-Grad-Symmetrie) der Elektronen. So kann ein Orbital zwei Elektronen aufnehmen, die einen gegenläufigen Spin besitzen (Pauli-Prinzip). Die Spinquantenzahl wird auch mit ms bezeichnet.


Für jede Drehimpulsquantenzahl existiert eine magnetische Quantenzahl, so gibt es die Quantenzahlen ml (Wertebereich -l, ..., +l) und ms (mögliche Werte +1/2 und -1/2).

Oft wird der Bahndrehimpuls und der Spin zum Gesamtdrehimpuls eines Elektrons mit der Quantenzahl j addiert (Wertebereich |l - s|, |l - s| + 1, ..., l + s), die zugehörige magnetische Quantenzahl ist dann mj.

Charakteristische Formen

    Die Orbitale zu den verschiedenen l Zahlen haben charakteristische (grobe) Formen, die auch bei höheren n-Werten qualitativ erhalten bleiben. Jedem l wird aus historischen Gründen ein bestimmter Buchstabe zugeteilt:

Name ausgeschrieben Wert von l Aussehen
s-Orbital sharp l = 0 radialsymmetrisch
p-Orbital principal l = 1 hantelförmig in den drei Raumachsen
d-Orbital diffuse l = 2 gekreuzte Doppelhantel
f-Orbital fundamental l = 3 rosettenförmig

(Die Bezeichnungen s, p, d und f stammen aus der Spektroskopie und dienen nur der Bezeichnung. Ein g-Orbital mit l = 4 tritt theoretisch für ein Atom mit der Ordnungsnummer 121 auf. Die Bezeichnung folgt wie auch beim nachfolgenden h-Orbital (l = 5) dem Alphabet.)

Die Orbitale charakterisieren streng genommen nur die möglichen Eigenzustände der Elektronen-Wellen, wie sie in Einelektronensystemen, wie z.B. Wasserstoffatom H oder Heliumionen He+, Lithiumionen Li+ usw. vorkommen. Die zu den Orbitalen gehörigen Wellenfunktionen (siehe auch Kugelflächenfunktionen) ergeben sich aus der stationären Schrödingergleichung eines Einelektronensystems. Trotz dieser Einschränkung reicht allerdings die Kenntnis der groben Form der Orbitale, die auch in Mehrelektronensystemen erhalten bleibt, um viele qualitative Fragen zum Aufbau von Stoffen zu beantworten.

Es ist dabei zu beachten, dass die in der Literatur dargestellten Orbitale oft nicht die Eigenzustände des Drehimpulsoperators sind. Zum Beispiel wird von den Eigenzuständen von Lz (Drehimpuls in z-Richtung) nur der eine Eigenzustand für den Eigenwert m = 0 dargestellt und als pz bezeichnet. Die mit px und py bezeichneten Orbitale sind nicht die entsprechenden Eigenzustände für m = -1 und m = 1 sondern Superpositionen dieser Eigenzustände. (Sie sind Eigenzustände von Lx bzw. Ly , die aber nicht mit Lz kommutieren!) Für die Schlussfolgerungen ist das kein Problem, solange die entsprechenden Wellenfunktionen orthogonal sind.

Quantentheorie

Aus der nichtrelativistischen Quantentheorie ergeben sich die Orbitale nach folgender Rechnung: Die Wechselwirkung zwischen Elektron und Atomkern wird vereinfacht durch das Coulombpotential beschrieben, der Atomkern wird als fix angenommen. Der Hamiltonoperator für das Einelektronensystem ist

\hat{H} = \frac{\hat{p}^2}{2m} + V(r)

Da der Hamiltonoperator mit dem Drehimpulsoperator kommutiert, bilden H, L2 und Lz ein vollständiges System kommutierender Operatoren. Es gibt also gemeinsame Eigenzustände dieser drei Operatoren. Die Zustände sind durch die drei zugehörigen Quantenzahlen n, l und m bestimmt. Die Schrödingergleichung lässt sich in einen radiusabhängigen und einen winkelabhängigen Teil zerlegen. Die Eigenfunktionen sind das Produkt aus Kugelfunktionen (Eigenfunktionen des Drehimpulsoperators) Y_{lm}(\vartheta,\varphi) und einem radialen Anteil φnl(r).

Hybridisierung

Einige Symmetrien von chemischen Bindungen scheinen den charakteristischen Formen der Orbitale zu widersprechen. Diese Bindungssymmetrien werden erst durch die Bildung von Hybrid-Orbitalen verständlich. Dabei handelt es sich um Orbitale, die in Mehrteilchenwellenfunktionen auftreten (siehe oben).

Siehe auch

 
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Orbital aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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