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Polarografie



  Die Polarografie (ein Sonderfall der Voltammetrie) ist ein elektrochemisches Verfahren zur qualitativen und quantitativen Analyse von chemischen Elementen und Verbindungen, vor allem Ionen und Molekülen in einer Lösung. Während bei der Voltammetrie mit stationären Elektroden gearbeitet wird, werden bei der Polarographie Quecksilbertropfelektrode eingesetzt. Sie wurde 1922 von Jaroslav Heyrovský entwickelt und beruht auf der Messung des Elektrolysestroms an einer Quecksilbertropfelektrode. Mit Hilfe der Polarografie ist es möglich, auch unedle Metalle wegen der großen Überspannung von Wasserstoff an Quecksilber bei stark negativen Potentialen elektrolytisch abzuscheiden und den dabei fließenden Strom zu messen. Dieser stellt das analytische Signal dar. Denkbar wäre unter Umständen, die abgeschiedenen Metalle zusätzlich gravimetrisch zu bestimmen.

Aufbau

Die Quecksilbertropfelektrode besteht aus einem Quecksilberreservoir und einer Kapillare, aus der Quecksilbertropfen in die zu untersuchende Lösung fallen. Sie ist eine ideal polarisierbare Elektrode, d.h., man kann ihr ein elektrisches Potenzial aufprägen, ohne dass es zu einem Ladungsdurchtritt kommt, vorausgesetzt, in der Lösung befinden sich keine oxidierbaren oder reduzierbaren Substanzen. Wenn dies aber doch der Fall ist, kommt es zum Ladungsdurchtritt, die Substanz depolarisiert die Messelektrode (die Quecksilbertropfelektrode, auch Arbeitselektrode) und es fließt ein Strom. Die Gegenelektrode ist nicht polarisierbar, z.B. eine Normalkalomelelektrode oder eine Silber-Silberchlorid-Elektrode. In der einfachen Zwei-Elektroden-Anordnung übernimmt die Gegenelektrode auch die Funktion der Referenzelektrode. Günstiger ist eine Drei-Elektroden-Anordnung. Hier wird der Elektrolysestrom von einer Gegenelektrode aus Edelmetall oder Kohlenstoff aufgenommen, während die Referenzelektrode stromlos bleibt. Die Vorteile liegen in der längeren Haltbarkeit der Referenzelektrode und geringeren Störungen des angelegten Potentials. Bei der Messung wird eine zeitlich linear veränderliche Spannung vorgegeben und der entstehende Strom registriert. Wenn ein Stoff in der Lösung eine Durchtrittsreaktion verursacht, kommt es zu einem Stromanstieg, d.h. in der Strom-Spannungs-Kurve tritt eine Stufe auf. Die Lage des Potentials auf halber Höhe dieser Stufe (Halbstufenpotential) ist für jede chemische Spezies charakteristisch, womit eine qualitative Analyse möglich ist. Die Höhe der Stufe (also der Strom) hängt mit der Konzentration des Stoffes in der Lösung über die Ilkovič-Gleichung zusammen. Sie lautet

I_{\mathrm{g}} = 607\,z\,D^{\frac{1}{2}}\, u^{\frac{2}{3}}\, t^{\frac{1}{6}}\,c_{\mathrm{L}}
Ig: Diffusionsgrenzstrom
z: Ladung
D: Diffusionskoeffizient in cm²/s
u: pro Zeiteinheit ausfließende Quecksilbermaß
t: Lebensdauer eines Tropfen in s
cL: Konzentration im Inneren der Lösung, Konz. des Depolarisators/Analyten

Diffusionsstrom: Der Analyt diffundiert zur Arbeits-(Mess-)elektrode. Dadurch kann je Zeit nur eine konstante Stoffmenge an der elektrischen Reaktion teilnehmen.

Diffusionsgrenzstrom: Gleich wie bei Diffusionsstrom. Dieser tritt auf, wenn zu wenige Ionen anwesend sind. Der gemessene Strom hängt dann von der Diffusionsgeschwindigkeit und nicht von der Konzentration ab!

Halbstufenpotential: Die halbe Höhe der Depolarisationpotential-Stufe nennt man Halbstufenpotential. Sie ist eine charakteristische Größe für die Art des Depolarisators (Analyten) im gewählten Leitelektrolyt.

Die Anwendbarkeit der Polarografie wird durch einige Faktoren beschränkt, wie z.B. dem Auftreten eines kapazitiven Stromes, der zu einem Störsignal führt, der die Nachweisgrenze heraufsetzt. Außerdem treten Tropfenzacken und so genannte polarographische Maxima (wenn der Strom aus verschiedenen Gründen über den Grenzstrom ansteigt) auf.

Methoden

Diese Probleme sowie die Anforderung höherer Auflösung und Genauigkeit hat zu verschiedenen verbesserten Polarografiemethoden geführt:

  • Rapid-Polarografie: der Tropfen wird mechanisch abgeschlagen
  • Tastpolarografie: der Strom wird nur kurz vor Abfallen des Tropfens gemessen
  • Derivativpolarografie: statt der Stufenkurve wird die 1.Ableitung dieser Kurve verwendet
  • Differenz-Gleichstrompolarografie: Verwendung zweier synchron tropfenden Quecksilbertropfelektroden
  • Kathodenstrahlpolarografie: der gesamte in Frage kommende Potenzialbereich wird während eines einziges Tropfenlebens durchfahren
  • Wechselstrompolarografie: der angelegten Gleichspannung wird eine niederfrequente Wechselspannung überlagert
  • Pulspolarografie: am Ende des Tropfenlebens wird ein rechteckförmiger Spannungspuls angelegt
  • Kalousek-Polarografie: einer negativer werdenden Gleichspannung werden positive Rechteckimpulse überlagert bzw. einer konstanten Gleichspannung werden negativer werdende Rechteckimpulse überlagert
  • Invers-Voltammetrie: die zu bestimmende Substanz wird an der hängenden Quecksilbertropfenelektrode (HMDE) kathodisch abgeschieden und durch Potenzialdurchlauf in positiver Richtung wieder aufgelöst, wobei dann eine Stromspitze auftritt. Sie ist keine Polarographie im eigentlichen Sinne, weil das Quecksilber während der Messung nicht tropft. Stattdessen sind bei der Inversvoltammetrie auch andere Elektrodenmaterialien wie Edelmetalle, Kohle oder neuerdings auch Bismut in Gebrauch.

Diese Methoden können teilweise weiter unterteilt werden.

Siehe auch

Clark-Elektrode, Voltammetrie, Überspannung, Konzentrationspolarisation

 
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Polarografie aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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