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Polybromierte Dibenzodioxine und Dibenzofurane



    Polybromierte Dibenzodioxine und Dibenzofurane (abgekürzt PBDD/PBDF) sind eine Gruppe von Chemikalien, die den polychlorierten Dibenzodioxinen und -furanen sowohl in ihren chemischen Strukturen als auch in ihrer Wirkung entsprechen. Sie entstehen durch die Verbrennung verbleiten Benzins oder durch die thermische Zersetzung von Kunststoffen, die bromierte Flammschutzmittel enthalten.

Inhaltsverzeichnis

Entstehung

Die Müllverbrennung gilt als der Haupteintragspfad in die Umwelt. In der Flugasche von Müllverbrennungsanlagen beträgt die Menge der bromhaltigen PBDD/PBDF nur einige Prozent der chlorierten Dioxine und Furane. Das lässt sich damit erklären, dass Hausmüll wesentlich mehr Chlor als Brom enthält, der Bromgehalt liegt zwischen 1 und 4 % des Chlorgehalts. Der Hauptanteil davon geht auf Kunststoffe zurück, die bromierte Flammschutzmittel enthalten.

In bromierten Flammschutzmitteln wie polybromierten Diphenylethern oder Biphenylen, Tetrabrombisphenol A und Hexabromcyclododecan können bereits von Haus aus geringe Rückstände von PBDD/PBDF enthalten sein. In der Produktion werden die Flammschutzmittel den Kunststoffen bei etwa 300 °C im Extruder beigemischt. Dieses Verfahren führt bereits zu einem starken Anstieg der PBDD/PBDF-Gehalte. Bei Bränden, beim Verbrennen flammgeschützter Kunststoffe in Müllverbrennungsanlagen oder der Pyrolyse können nochmals erhebliche Mengen PBDD/PBDF entstehen. Bei den betrachteten Entstehungswegen werden weit mehr Polybromierte Dibenzofurane als Dibenzodioxine gebildet.

Gehalte an polybromierten Dibenzofuranen in µg/kg in technischem Decabromdiphenylether (DecaBDE), einer Flammschutzmittelformulierung mit 58 % DecaBDE und Polybutylenterephthalat (PBT) dem diese Formulierung zugesetzt wurde (ca. 7 % DecaBDE)[1]
Art der Probe Herstellung Br4DF Br5DF Br6DF Br7DF Br8DF
technisches DecaBDE kommerziell n.n. n.n. 2,3 250 34
Flammschutzmittel-Formulierung mit DecaBDE bei 150 °C 23 107 3470 2700 580
PBT-Plastik Extruder, 250 °C 14–26 65–109 230–250 500–980 410–1600
PBT-Plastik Pyrolyse, 400 °C, 10 min 1.405.000 1.101.000 252.000 43.000 2800

Polybromierte Diphenylether oder Biphenyle sind direkte Vorläufermoleküle für die Bildung von Polybromierten Dibenzofuranen bei Verbrennungsprozessen.

Beim Recycling von Elektroschrott, insbesondere durch das Einschmelzen oder Verschwelen von flammschutzmittelhaltigen Leiterplatten, werden erhebliche Mengen PBDD/PBDF freigesetzt.

Verbleites Benzin enthielt die Scavenger 1,2-Dichlorethan und 1,2-Dibromethan, aus denen bei der Verbrennung Polyhalogenierte Dibenzodioxine und Dibenzofurane (PXDD/PXDF) entstanden. Im Abgas waren die Gehalte der bromierten oder gemischthalogenierten Dioxin-Kongenere vergleichbar oder höher als die der chlorierten Kongenere.[2]

PXDD und PXDF in bei Fahrzyklusexperimenten genommenen Autoabgasproben (pg/Nm3)[3]
Substanzen Verbleites Benzin Unverbleit, ohne Kat Unverbleit, mit Kat
Cl1–Cl3-PCDD 45.000 4970 12
Br1–Br3-PBDD 117.500 5090 13
Cl4–Cl8-PCDD 11.492 287 37,3
Br4–Br8-PBDD 1000 40 4
Cl1–Cl3-PCDF 1.388.600 17.840 259
Br1–Br3-PBDF 3.214.400 12.930 232
Cl4–Cl8-PCDF 9733 478 25,1
Br4–Br8-PBDF 14.200 100 46

Toxikologie

Bromierte Dibenzodioxine und Dibenzofurane sind in etwa so toxisch wie ihre chlorierten Analoga.[4] Daten zur Toxikologie bromierter und bromiert/chlorierter Dioxine und Furane liegen nur in unzureichendem Maß vor. Es scheint allerdings gesichert zu sein, dass die an 2,3,7,8-Position bromierten Kongenere die stärkste Giftwirkung haben. PBDD/PBDF werden in dem System der Toxizitätsäquivalente nicht berücksichtigt.

In Deutschland wurden 1993 mit der Dioxin-Verordnung erstmals Grenzwerte für acht bromierte Dioxine und Furane festgelegt.[5]

Sonstiges

  Ein natürliches Dioxin als Abwehrstoff, produziert vom Meeresschwamm Dysidea dendyi, stellt die polybromierte Verbindung Spongiadioxin A (1-Hydroxy-3,4,6,8-tetrabromdibenzo[1,4]dioxin) dar.[6]

Aus in Lösungsmitteln gelösten PBDD/PBDF werden unter UV-Licht innerhalb von Minuten Bromatome abgespalten (Photolyse). Die Standardlösungen für die Analytik bromierter Dioxine und Furane müssen daher lichtgeschützt aufbewahrt werden. In der Atmosphäre ist eine rasche Photolyse nur für den relativ kleinen Anteil der gasförmig vorliegenden PBDD/PBDF zu erwarten, nicht für die partikelgebundenen.

Das 2,3,7,8-Tetrabromdibenzofuran wurde bereits 1941 als erstes „Dioxin“ von einem japanischen Wissenschaftler bei der Untersuchung von Derivaten des Biphenylen-Oxids entdeckt.[2]

Einzelnachweise

  1. Donnelly et al.: Analysis of thermoplastic resins for brominated dibenzofurans. Biomed. Environ. Mass. Spectrom. 18:884–896 (1989), zitiert nach Ballschmiter und Bacher (1996)
  2. a b Karlheinz Ballschmiter, Reiner Bacher: Dioxine. Verlag Chemie (VCH), Weinheim 1996, ISBN 3-527-28768-X
  3. Hagenmaier et al.: Emissions of polyhalogenated dibenzodioxins and dibenzofurans from combustion engines. Organohalogen Compounds 2:329–334 (1990), zitiert nach Ballschmiter und Bacher (1996)
  4. Dieter Lenoir, Stefan Leichsenring: Konzepte und Methoden des Umweltschutzes: das Beispiel Dioxine. Chemie in unserer Zeit 30(4), S. 182–191 (1996), ISSN 0009-2851
  5. Umweltbundesamt Berlin: Dioxine, abger. 19. August 2007
  6. Spektrum der Wissenschaft Juni 2005, S. 38ff.
 
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