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Polyethylenglykol



 

Polyethylenglykol (kurz PEG) ist ein je nach Kettenlänge flüssiges oder festes, chemisch inertes, wasserlösliches und nicht-toxisches Polymer mit der allgemeinen Summenformel C2nH4n+2On+1. Wegen dieser Eigenschaften wird es in der Medizin, als Wirkstoffträger in der Pharmazie, in industriellen Anwendungen und in der zellbiologischen Forschung eingesetzt.

Die Grundeinheit einer linear gebauten PEG-Kette besteht aus Monomeren (-CH2-CH2-O-) mit einer relativen Molekülmasse von 44, weshalb alle vorkommenden PEG-Derivate aus ganzzahligen Vielfachen dieser Molekülmasse plus der Molekülmasse von Wasser bestehen. Chemisch handelt es sich um einen Polyether des Glykols (zweiwertiger Alkohol) Ethandiol.

PEG ist in verschiedenen Medikamenten enthalten, es wirkt sowohl in dieser Anwendung als auch in Kosmetika penetrationsfördernd, d.h. die Darmwand bzw. die Haut wird durchlässiger für Wirkstoffe, aber ebenso für Gifte, die somit leichter in den Körper eindringen können. Deshalb wird die Verwendung noch immer kontrovers diskutiert.

Inhaltsverzeichnis

Herstellung

Polyethylenglykol wird durch Polymerisation des Oxirans Ethylenoxid mittels alkalischer Katalyse hergestellt, wobei Wasser, Monoethylenglykol oder Diethylenglykol als Startmolekül verwendet werden können. Nach Erreichen der gewünschten Molekülmasse wird die Reaktion durch Zusatz einer Säure (z. B. Milchsäure) abgebrochen.

Die Reaktion kann ebenfalls säurekatalysiert ablaufen, dann wird mit Zugabe von leicht basischem Wasser abgebrochen.

Struktur

Untersuchungen haben ergeben, dass die PEG-Ketten röntgenographisch in zwei verschiedenen Modifikationen vorliegen können. Kürzeren Ketten, deren Polymerisationsgrad n = 10 nicht übersteigt, wird eine Zickzack-Struktur zugeschrieben, während sich bei längeren Ketten die sogenannte Mäanderstruktur ausbildet.

Nomenklatur

Für PEG mit einer mittleren Molekülmasse von 200 bis 35.000 hat sich die Bezeichnung Polyethylenglykole eingebürgert. Produkte mit höherer Molekülmasse (> 35.000) werden als Polyethylenoxid bezeichnet, da bei diesen Produkten der Einfluss der endständigen Hydroxylgruppen vernachlässigt werden kann. Als Abkürzung wird auch der Ausdruck PEG zusammen mit einem Zahlenwert, der die mittlere relative Molekülmasse angibt, verwendet. Die Bezeichnung Macrogol wird ebenfalls für Polyethylenglykole verwendet.

Eigenschaften

Konsistenz

Polyethylenglykole mit einer mittleren Molekülmasse zwischen 200 und 400 sind bei Raumtemperatur nichtflüchtige Flüssigkeiten. PEG 600 weist einen Schmelzbereich von 17–22 °C und somit eine pastenartige Konsistenz auf. Bei Molekülmassen über 3.000 sind die PEG feste Substanzen und werden als Schuppen oder Pulver in den Handel gebracht. Härte und Schmelzbereich steigen mit zunehmender Molekülmasse an. Durch Mischung eines festen (PEG 1500) mit einem flüssigen PEG kann ein wasserlösliches Produkt von salbenartiger Konsistenz hergestellt werden.

Wasserlöslichkeit

Die wichtigste Eigenschaft aller Polyethylenglykole ist ihre Löslichkeit in Wasser. Flüssige PEG sind in jedem Verhältnis mit Wasser mischbar. Selbst von einem PEG 3500 können noch 50 %ige Lösungen hergestellt werden.

Hygroskopizität

Die flüssigen PEG sind hygroskopisch. Die Fähigkeit Wasser aufzunehmen nimmt mit steigender Molekülmasse ab. Die festen Typen sind nicht hygroskopisch.

Flüchtigkeit und thermische Stabilität

PEG sind nicht flüchtig, eine Tatsache, die bei ihrer Anwendung als Weichmacher oder Feuchthaltemittel von Bedeutung ist. Bei Temperaturen über 150 °C tritt eine thermische Zersetzung ein, die wegen der flüchtigen Zersetzungsprodukte mit einem Gewichtsverlust verbunden ist. Anwendungen bei höheren Temperaturen machen die Verwendung von Antioxidantien notwendig.

Physiologische Eigenschaften

Die Polyethylenglykole weisen außergewöhnlich niedrige Toxizitätswerte auf (akute und chronische orale Toxizität, Embryotoxizität, Hautverträglichkeit). Sie werden daher seit Jahrzehnten in Kosmetika, Nahrungsmitteln und pharmazeutischen Zubereitungen verwendet. Sie werden daher auch in allen relevanten Arzneibüchern angeführt. Von der WHO wurde ein ADI-Wert (akzeptable tägliche Aufnahme) für PEG in Nahrungsmitteln von 10 mg/kg Körpergewicht festgelegt.

Ökologische Eigenschaften

Die biologische Abbaubarkeit der Polyethylenglykole nimmt mit steigender mittlerer Molekülmasse ab. Bis PEG 1500 werden sie jedoch als biologisch abbaubar angesehen. Der Abbau anderer Substanzen wird von den PEG nicht beeinflusst. Selbst 1 %ige Lösungen sind gegenüber Fischen und Mikroorganismen nicht toxisch. In Deutschland sind die PEG in Wassergefährdungsklasse (WGK) 1 eingestuft. Alle PEG können problemlos thermisch beseitigt werden.

Anwendungen

Pharmazeutische Industrie

Auf allen Gebieten der galenischen Zubereitungen werden PEG als Wirkstoffträger verwendet.

Flüssige Zubereitungen

Polyethylenglykole werden wegen ihrer Lösecharakteristik zur Herstellung flüssiger Zubereitungen – wie Tropfen und Injektionspräparate – sowie zur Füllung von Gelatinekapseln verwendet, da sie diese nicht anlösen oder verspröden.

Salbengrundlage

Durch Mischen eines festen und eines flüssigen PEG (z. B. 50 % PEG 1500 und 50 % PEG 300) kann eine wasserlösliche Salbengrundlage erzeugt werden, die sich wegen ihrer guten Löseeigenschaften für viele aktive Substanzen eignet.

Suppositorien

Suppositorienmassen auf Basis von PEG können genau auf die Körpertemperatur abgestimmt werden. Das Freisetzen der Wirksubstanzen erfolgt nicht nur durch Schmelzen, sondern auch durch das Auflösen in der Körperflüssigkeit.

Tabletten und Dragees

Polyethylenglykole werden als Wirkstoffträger, Lösevermittler und Hilfsmittel beim Tablettieren und Dragieren eingesetzt

Kosmetik

Polyethylenglykole können in folgenden kosmetischen Präparationen verwendet werden: Cremes und Lotionen, Parfums, Deodorants, Insekten-Repellents, Lippenstifte, Zahnpasten, Haarpflegemittel, Zahnreinigungstabletten, Badezusätze, Lubrastrips.

Polyethylenglykol wird in der Liste der Inhaltsstoffe meist mit einer Zahl aufgeführt (Beispielsweise PEG-8 in Autan).

Technische Anwendungen

  • Als Gleit- und Formtrennmittel, Vulkanisationsaktivator oder Wärmeträger bei der Produktion von Gummiartikeln;
  • als Plastifizierungs- und Bindemittel für keramische Pressmassen;
  • zur Herstellung von Siebdruckmedien und anderen Glas- und Keramfarben;
  • um Enzyme für Waschmittel handhabbar zu machen, und zwar durch Versprühen mit festen PEG;
  • zur Konservierung archäologischer Holzfunde;
  • als weit verbreitetes Trocknungsmittel in der Holzindustrie zur schnellen und schonenden Trocknung von Edelhölzern;
  • als Weichmacher und Feuchthaltemittel z. B. für Klebstoffe;
  • als reaktive Komponente bei der Herstellung von Polyestern und Polyurethanen.

Außer der oben genannten Verwendung zu rein galenischen Zwecken wird PEG auch zur Veränderung der pharmakokinetischen Eigenschaften von Proteinen als Arzneimittel benutzt. Die mit PEG verknüpften („pegylierten“) Proteine (z. B. Wachstumsfaktoren für weiße Blutkörperchen) verbleiben wegen der verzögerten Ausscheidung über die Niere länger im Organismus, die Halbwertszeit verlängert sich also.

Medizin

PEG wird in mehreren Bereichen der Gastroenterologie angewendet. Die Substanz wird unter anderem zur Reinigung des Darmes vor einer Koloskopie eingesetzt. Der "Goldstandard" bei der Vorbereitung ist 2 l Polyethylenglykol-Elektrolyt-Lösung (PEG-EL).

Ein weiteres Anwendungsfeld für PEG erschließt sich derzeit möglicherweise bei der Notfallbehandlung von Wirbelsäulenverletzungen. In einer Studie an der Purdue University in West Lafayette wurden 19 Hunde mit schweren Wirbelsäulenverletzungen zusätzlich zu der Standardbehandlung (u.a. Injektionen mit Steroiden, Physiotherapie und die operative Entfernung von Knochensplittern aus der Wirbelsäulengegend) noch mit Injektionen von PEG behandelt. Die Substanz wurde innerhalb von 72 Stunden nach der Verletzung verabreicht. Im Vergleich zu Tieren, die nur die Standardbehandlung erhielten, erholten sich die Tiere wesentlich schneller und umfangreicher: nach Abschluss der Behandlung waren 75 % der Tiere wieder voll bewegungsfähig. Rechtzeitig injiziert, scheint das Polymer die Nervenzellen vor irreparablem Schaden zu schützen und die Tiere damit vor einer Querschnittlähmung zu bewahren. Derzeit ist noch nicht genau geklärt, wie PEG diese Schutzwirkung vermittelt. Dennoch erschließen sich hier möglicherweise auch für die Behandlung von Menschen neue Perspektiven.

Die Substanz ist außerdem interessant, da sie in einer Konzentration von 15-20 % antibakterielle Wirkung zeigt. Einzelne Arbeiten berichten über eine Schutzwirkung auf die Darmschleimhaut vor bakterieller Invasion.

In der Augenheilkunde werden PEG als Bestandteil künstlicher Tränenflüssigkeiten zur Behandlung des „trockenen Auges“ verwendet.

Polyethylenglykole sind auch Bestandteil von Formulierungen mit anti-apoptotischen Eigenschaften zur Konservierung von Zellen, Gewebe oder Organen.

Zellbiologie

In der Zellbiologie ist PEG ein wichtiges Reagenz für die Durchführung einer Zellfusion (Zellverschmelzung) von Lymphozyten mit bestimmten Krebszellen (z.B. sp2/0-Zelllinie) zur Herstellung monoklonaler Antikörper. Für die bahnbrechende Entdeckung, wie sich monoklonale Antikörper herstellen lassen, erhielt Georges J. F. Köhler 1984 zusammen mit César Milstein und Niels K. Jerne den Nobelpreis in Physiologie oder Medizin.

Literatur

  • R. Ronger: Z. Gastroenterol, 2004, 42:493-494
  • R. Borgens et al.: Journal of Neurotrauma, 2004, Bd. 21, S. 1767 (PEG und Wirbelsäulenverletzungen)
 
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Polyethylenglykol aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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