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QuantenmechanikDie Quantenmechanik, auch unscharf (neue) Quantentheorie oder „Quantenphysik“ genannt, ist eine physikalische Theorie, welche das Verhalten der Materie im atomaren und subatomaren Bereich beschreibt. Ihre grundlegenden Konzepte wurden im Zeitraum von 1926 bis 1935 von Werner Heisenberg, Erwin Schrödinger, Max Born, Pascual Jordan, Wolfgang Pauli, Niels Bohr, Paul Dirac, John von Neumann und weiteren Physikern erarbeitet. Die Quantenmechanik ist eine der Hauptsäulen der modernen Physik und bildet die Grundlage für viele ihrer Teilgebiete, so z. B. für die Atomphysik, die Festkörperphysik und die Kern- und Elementarteilchenphysik, aber auch für verwandte Wissenschaften wie die Quantenchemie. Während sich die klassische Physik ungeeignet zur Beschreibung der Eigenschaften mikroskopischer Systeme erwiesen hat, erlaubt die Quantenmechanik die sehr präzise Berechnung der physikalischen Eigenschaften von Atomen, Molekülen, Festkörpern und einfachen biologischen Systemen[1], wobei ihre praktische Anwendbarkeit nur durch die zur Durchführung der erforderlichen Rechnungen verfügbare Rechnerleistung begrenzt ist. Die Quantenmechanik unterscheidet sich nicht nur in ihrer mathematischen Struktur grundlegend von der klassischen Physik. Sie scheint auch einigen Prinzipien zu widersprechen, die in der klassischen Physik als fundamental und aus Sicht des Alltagsverstandes als selbstverständlich angesehen werden. Zur Deutung der Theorie wurden eine Reihe verschiedener Interpretationen entwickelt. Dieser Artikel verzichtet weitgehend auf Formeln. Genauere Informationen zum mathematischen Formalismus finden sich im Artikel Mathematische Struktur der Quantenmechanik. Weiteres empfehlenswertes Fachwissen
GeschichteZu Beginn des 20. Jahrhunderts begann die Entwicklung der Quantenphysik zunächst mit den sogenannten alten Quantentheorien[2]. Diese erklärten allerdings immer nur einzelne Phänomene, konnten jedoch keinen Zusammenhang zwischen verschiedenen Experimenten herstellen. Sie beschrieben Phänomene in mikroskopischen Größenordnungen, bei denen bestimmte Größen wie Energie oder Drehimpuls nur bestimmte Werte annehmen konnten. Diese Beobachtung wurde als „Quantisierung“ der Größenwerte bezeichnet. Außerdem ließ sich das Verhalten einzelner Teilchen nicht eindeutig festlegen, sondern es konnten nur Wahrscheinlichkeiten für die Messung bestimmter Messwerte angegeben werden. Diese beiden Eigenschaften waren zentral bei der Entwicklung der Quantenmechanik. Im Jahr 1924 veröffentlichte Louis de Broglie seine Theorie der Materiewellen, wonach jegliche Materie einen Wellencharakter aufweisen kann, und umgekehrt Wellen auch einen Teilchencharakter aufweisen können[3]. Diese Arbeit führte die Quantenphänomene auf eine gemeinsame Erklärung zurück, die jedoch wieder heuristischer Natur war und keine genauen Vorhersagen ermöglichte. Daher wird sie als letzte den alten Quantentheorien zugeordnet, war jedoch richtungsweisend für die Entwicklung der Quantenmechanik. De Broglies Theorie wurde drei Jahre später in zwei unabhängigen Experimenten bestätigt, welche die Beugung von Elektronen nachwiesen. Der britische Physiker George Paget Thomson leitete einen Elektronenstrahl durch einen dünnen Metallfilm und beobachtete die von de Broglie vorhergesagten Interferenzmuster.[4] In einem ähnlichen, bereits 1919 in den Bell Labs durchgeführten Experiment beobachteten Clinton Davisson und sein Assistent Lester Germer die Beugungsmuster eines an einem Nickel-Kristall reflektierten Elektronenstrahls. Die Erklärung gelang ihnen jedoch erst 1927 mit Hilfe der Wellentheorie De Broglies[5]. Die moderne Quantenmechanik fand ihren Beginn im Jahr 1925 mit der Formulierung der Matrizenmechanik durch Werner Heisenberg, Max Born und Pascual Jordan[6] [7] [8]. Wenige Monate später stellte Erwin Schrödinger über einen völlig anderen Ansatz - ausgehend von De Broglies Theorie der Materiewellen - die Wellenmechanik und die Schrödingergleichung auf[9]. Kurz darauf konnte Schrödinger nachweisen, dass sein Ansatz mit der Matrizenmechanik äquivalent ist [10]. Heisenberg beschrieb seine Unschärferelation im Jahr 1927; im gleichen Jahr wurde auch die Kopenhagener Interpretation formuliert. In den Jahren ab etwa 1927 vereinigte Paul Dirac die Quantenmechanik mit der speziellen Relativitätstheorie. Er führte auch erstmalig die Verwendung der Operator-Theorie inklusive der Bra-Ket-Notation ein und beschrieb diesen mathematischen Kalkül 1930 in seinem Buch „Principles of Quantum Mechanics“[11]. Zur gleichen Zeit formulierte John von Neumann die strenge mathematische Basis für die Quantenmechanik, wie z. B. die Theorie linearer Operatoren auf Hilberträume, die er 1932 in seinem Buch „Mathematische Grundlagen der Quantenmechanik“ beschrieb[12]. Der Ausdruck „Quantenphysik“ wurde erstmals 1931 in Max Plancks Buch „The Universe in the Light of Modern Physics“ verwendet[13]. Die in dieser Aufbauphase formulierten Ergebnisse haben bis heute Bestand und werden allgemein zur Beschreibung quantenmechanischer Aufgabenstellungen verwendet. Grundlegende EigenschaftenObservable und ZuständeIm Rahmen der klassischen Mechanik ist der Zustand eines Teilchens durch seinen Ort und seine Geschwindigkeit eindeutig bestimmt. Der Zustand lässt sich also durch Größenwerte beschreiben, die wiederum mit eindeutigem Ergebnis gemessen werden können. Eine getrennte Behandlung des Zustandes und der Messgrößen (oder Observablen) ist damit in der klassischen Mechanik unnötig, weil der Zustand die Messwerte festlegt und umgekehrt. In der Quantenmechanik ist jedoch i.A. nicht mehr eindeutig vorhersagbar, welchen genauen Ort und welche Geschwindigkeit eines Teilchens man messen wird. In mehreren Systemen, die exakte Kopien voneinander sind, ist es möglich, verschiedene Werte für Ort und Geschwindigkeit eines Teilchens zu messen. Es lassen sich also jedem Zustand für jede Observable nur noch Wahrscheinlichkeiten für alle Messwerte zuordnen. Daher werden in der Quantenmechanik Observablen und Zustände getrennt behandelt und es wird ein anderer Observablenbegriff verwendet, als in der klassischen Mechanik. Die Observablen beschreiben die messbaren Eigenschaften eines quantenmechanischen Systems. Beispiele für solche Observable sind der Ort eines Teilchens, sein Impuls oder sein Drehimpuls. Hierbei ist zu beachten, dass die Observable nicht ein mögliches Messergebnis beschreibt, sondern das Konzept der Messgröße als solches. Die Observable „Ort“ sagt also nicht, wo das Teilchen zum Messzeitpunkt ist (eine solche Angabe ist in der Regel gar nicht möglich), sondern beschreibt abstrakt die Eigenschaft des Teilchens, an verschiedenen Orten gefunden werden zu können. Die möglichen Messergebnisse einer solchen Observablen werden als Eigenwerte dieser Observablen bezeichnet. Zu jedem dieser Eigenwerte gibt es bestimmte Systeme, die bei einer Messung immer diesen Eigenwert als Messwert liefern. In diesen Systemen ist der Messwert also wie in der klassischen Mechanik stets eindeutig durch einen zeitlich vorausliegenden Systemzustand bestimmt. Im Gegensatz zur klassischen Mechanik bezieht sich dies jedoch nur auf eine bestimmte Observable, während für andere Observablen das Messergebnis immer noch unbestimmt sein kann. Solche Zustände mit festen Messwerten bezüglich einer Observablen heißen Eigenzustände zum entsprechenden Eigenwert der Observablen. Die Eigenzustände ermöglichen eine mathematische Beschreibung eines beliebigen Zustands, indem man diesen Zustand aus Eigenzuständen zusammensetzt. Man ordnet dabei jedem Eigenzustand eine Zahl zu, deren Betragsquadrat die Wahrscheinlichkeit angibt, den entsprechenden Eigenwert als Messwert für den Zustand zu erhalten (sogenannte Bornsche Regel, vgl. Bornsche Wahrscheinlichkeitsinterpretation). Aufgrund letzterer Eigenschaft heißen diese Zahlen in der schrödingerschen Wellendarstellung Wahrscheinlichkeitsamplituden. Für den Ort als Observable liefert dies dann eine Beschreibung des Zustands als Funktion des Ortes, die als Wellenfunktion bezeichnet wird. Das Betragsquadrat des entsprechenden Funktionswerts dieser Wellenfunktion gibt nun die Aufenthaltswahrscheinlichkeit für ein Teilchen an einem bestimmten Ort an. Deterministische Zeitentwicklung
Hauptartikel: Schrödingergleichung Die Beschreibung der zeitlichen Entwicklung eines unbeobachteten Systems erfolgt in der Quantenmechanik analog zur klassischen Mechanik durch eine Bewegungsgleichung, die Schrödingergleichung. Durch Lösung dieser Differentialgleichung lässt sich berechnen, wie sich die Wellenfunktion eines unbeobachteten quantenmechanischen Systems entwickelt: mit dem Hamilton-Operator , der die Gesamtenergie des quantenmechanischen Systems beschreibt. Der Hamilton-Operator setzt sich aus einem Term für die kinetische Energie der Teilchen des Systems und einem zweiten Term für die potentielle Energie, die den Einfluss eines externen Feldes sowie die Wechselwirkungen zwischen den Teilchen beschreibt, zusammen. Die Zeitentwicklung des unbeobachteten quantenmechanischen Zustands ist also vollständig deterministisch. Eine weitere wesentliche Eigenschaft der Wellenfunktion ist ihre Beschreibung der quantenmechanischen Interferenz. Aus der Linearität der Schrödingergleichung folgt das Superpositionsprinzip. Demnach ist, wenn ψ1 und ψ2 Lösungen derselben Schrödingergleichung sind, auch ihre Summe ψ1 + ψ2 ebenfalls eine Lösung der Schrödingergleichung. Die entsprechende Wahrscheinlichkeit ist proportional zum Betragsquadrat | ψ1 + ψ2 | 2. Diese Eigenschaft weist auch Licht auf, das z.B. hinter einem Doppelspalt (siehe nächster Abschnitt) ein Interferenzmuster entstehen lässt. Mit quantenmechanischen Teilchen lassen sich daher ähnliche Interferenzexperimente ausführen. Das Doppelspaltexperiment zeigt sowohl die statistische Natur der Wellenfunktion als auch den Interferenzeffekt. Dabei werden mikroskopische „Teilchen“, z. B. Elektronen, auf ein Hindernis mit zwei eng beieinander liegenden Spalten gesendet. Unter Annahme des klassischen Teilchenmodells würde man hinter den Spalten zwei klar voneinander abgetrennte „Peaks“ (Häufungen) in der Verteilung der nachgewiesenen Elektronen erwarten, wie sie schematisch im oberen Teilbild der nebenstehenden Abbildung dargestellt sind. Das kann man sich so vorstellen, als ob man Kugeln durch zwei Schlitze fallen ließe; diese werden zwei Haufen unter den Schlitzen bilden. Die tatsächlich beobachteten Messergebnisse stimmen insofern mit dem Teilchenmodell überein, als jedes Elektron auf dem Schirm zu einem einzelnen Leuchtpunkt führt (siehe Abbildung rechts).[14]. Die wiederholte Ausführung des Experimentes macht die Wahrscheinlichkeitsverteilung der Ortsmesswerte sichtbar. Sie weist ausgeprägte Interferenzmuster auf, die mit einem Teilchenmodell der Elektronen bei Beibehaltung der Grundlagen der klassischen Partikelmechanik unverträglich scheinen.
MessprozessDie von der Quantenmechanik postulierte Gesetzmäßigkeit der Zeitentwicklung des Systemzustands und die faktischen Messergebnisse scheinen nach den voranstehend gegebenen Erläuterungen in direktem Widerspruch zu stehen: Einerseits erfolgt die Zeitentwicklung des Systemzustands strikt deterministisch, andererseits sind die Messergebnisse nur statistisch vorhersagbar. Einerseits sollen den Systemzuständen im Allgemeinen überlagerte Linearkombinationen von Eigenzuständen entsprechen, andererseits wird kein verwaschenes Bild mehrerer Werte gemessen, sondern stets eindeutige Werte. Diesen scheinbaren Widerspruch zu erklären ist eine der hauptsächlichen Herausforderungen für Interpretationen der Quantenmechanik. Eine Klasse von Interpretationen, die sogenannten Kollaps-Theorien, zu welcher auch die sogenannte Kopenhagener Interpretation zählt, erklärt diese Sachverhalte mit einem Kollaps der Wellenfunktion, also einem Übergang des überlagerten Systemzustands in einen Eigenzustand der gemessenen Observablen. In den klassischen Formulierungen der Quantenmechanik erfolgt dieser Kollaps beim Vorgang des Messens. Dies ist nur eine Beschreibung in der Alltagssprache und viele Physiker und Interpreten halten es dagegen für notwendig, in physikalischen Begriffen anzugeben, was genau eine „Messung“ ausmacht. Wenn nämlich die Quantenmechanik die zutreffende grundlegende Theorie über die Welt ist, müsste sie alle physikalischen Systeme - inklusive der Messvorrichtung selbst - beschreiben. Dann wird aber auch deren Zeitentwicklung strikt deterministisch beschrieben - bis zum Zeitpunkt einer Messung, womit sich das Problem wiederholt. Das Problem, wo die Grenze zwischen beschreibenden Quantensystemen und der „Messapparatur“ liegt, wird als Demarkationsproblem bezeichnet. Die Kopenhagener Interpretation selbst erklärt die Kollapsverursachung und Demarkationsfragen nicht weiter: eine Messung wird schlicht beschrieben als Interaktion eines Quantensystems mit einem Messgerät, das als klassisches physikalisches System aufgefasst wird. Das UnschärfeprinzipHauptartikel: Heisenbergsche Unschärferelation Aus dem Kollaps der Wellenfunktion folgt, dass die Reihenfolge, in der Messungen durchgeführt werden, die Messergebnisse beeinflussen kann. Die Reihenfolge der Messungen zweier Observablen ist genau dann entscheidend, wenn sie verschiedene Eigenzustände haben. Der Endzustand einer exakten Messung ist immer ein Eigenzustand der Observablen, die zuletzt gemessen wurde. Für Observablen mit verschiedenen Eigenzuständen ergeben sich also je nach Reihenfolge der Messungen verschiedene Endzustände. Wenn die Eigenzustände zweier Observablen nicht einmal teilweise übereinstimmen, ist der Endzustand immer von der Reihenfolge der Messung abhängig. Solche Observablen werden komplementäre Observablen genannt. Ein Beispiel für komplementäre Observablen sind Ort und Impuls. Die oben erklärte Komplementarität von Observablen ist eng verknüpft mit dem Unschärfeprinzip, das in Form der heisenbergschen Unschärferelation sehr bekannt ist. Nach der exakten Messung einer Observablen A ist das System in einem Eigenzustand von A, der kein Eigenzustand der komplementären Observablen B ist. Das Ergebnis einer folgenden Messung von B ist daher völlig unvorhersagbar und hängt nicht mehr vom Anfangszustand ab. Eine reale Messung kann jedoch nicht völlig exakt sein. Der Endzustand der Messung ist daher kein reiner Eigenzustand der Observablen A. Das bedeutet, dass auch der Messwert von B nicht völlig unbestimmt ist und noch vom Anfangszustand abhängt. Wenn jedoch die Genauigkeit der ersten Messung immer weiter verbessert wird, ist die erreichbare Genauigkeit der Messung der komplementären Observablen immer kleiner. Für das Produkt der Unschärfen ΔA und ΔB gilt wobei h das Plancksche Wirkungsquantum ist. Selbst wenn beide Messgeräte sehr genau messen können, wird die Genauigkeit der der zweiten Messung durch die erste Messung beschränkt. Für das Beispiel von Ort und Impuls bedeutet das, dass in der Quantenmechanik die Beschreibung eines Teilchens durch eine Bahnkurve nur mit begrenzter Genauigkeit möglich ist. Einen Sonderstatus nimmt in der Quantenmechanik die Unschärfe zwischen Energie und Zeit ein, da die Zeit in der Quantenmechanik keine Observable ist. Die Unschärferelation für Ort und Impuls lässt sich im Rahmen der Welle-Teilchen-Dualität heuristisch auf eine Unschärferelation der klassischen Wellenmechanik zurückführen. Weiterführende AspekteVerschänkung, EPR-Experiment
Wenn zwei Quantensysteme miteinander in Wechselwirkung treten, müssen diese fortan als ein Gesamtsystem betrachtet werden. Die entsprechende Zusammensetzung des quantenmechanischen Zustand des Gesamtsystems aus den Zuständen der beiden Teilsysteme wird als Verschränkung bezeichnet. Dies führt zu Korrelationen der physikalischen Eigenschaften der Teilsysteme. Die Verschränkung bleibt auch dann erhalten, wenn der Zeitpunkt der Wechselwirkung weit in der Vergangenheit liegt und die zwei Teilsysteme inzwischen weit voneinander entfernt sind. Es ist z.B. möglich, ein Paar von Elektronen so zu präparieren, dass, wenn das eine Elektron mit dem Spin „up“ beobachtet wird, das andere Elektron am entfernten Standort den Spin „down“ aufweist, und umgekehrt. Diese Korrelationen sind auch beobachtbar, wenn erst nach der Wechselwirkung entschieden wird, welche Richtung als up/down-Achse definiert wird. Das mit der Verschränkung verbundene Phänomen, dass die Durchführung von Messungen an einem Ort die Messergebnisse an einem (im Prinzip beliebig weit entfernten) anderen Ort beeinflusst, war einer Gründe, weshalb Einstein die Quantenmechanik ablehnte. Er betrachtete die Separierbarkeit physikalischer Systeme als ein fundamentales Prinzip und versuchte gemeinsam mit Podolski und Rosen anhand des EPR-Gedankenexperimentes nachzuweisen, dass die Quantenmechanik entweder mit der Separierbarkeit als einem Grundprinzip der Relativitätstheorie kollidiert, oder dass sie unvollständig ist.[15] Dieses Gedankenexperiment erwies sich in seiner ursprünglichen Formulierung als nicht praktisch durchführbar, jedoch gelang es J.S. Bell im Jahr 1964, die zentrale EPR-Prämisse der Existenz lokaler physikalischer Eigenschaften in der experimentell überprüfbaren Form der Bellschen Ungleichung zu formulieren. Alle bislang vorliegenden experimentellen Untersuchungen haben die Verletzung der Bellschen Ungleichung und damit die Voraussagen der Quantenmechanik bestätigt.[16] Weiterhin zeigt die genaue theoretische Analyse des EPR-Effektes, dass dieser nicht im Widerspruch zur speziellen Relativitätstheorie steht, da auf diese Weise keine Information übertragen werden kann: Die einzelne Messung ergibt – unabhängig davon, ob das andere Teilchen bereits gemessen wurde – stets ein für sich genommen unvorhersagbares Ergebnis. Erst, wenn das Ergebnis der anderen Messung – durch klassische, unterlichtschnelle Kommunikation – bekannt ist, kann man die Korrelation feststellen oder ausnutzen. Dekohärenz
Die Dekohärenz ist ein modernes Konzept der Quantenmechanik, das eine äußerst effiziente Unterdrückung der Kohärenzeigenschaften makroskopischer Quantenzustände erklärt. Damit kann das „klassische“ Verhalten makroskopischer Systeme, die keine Superpositionseffekte zeigen, im Rahmen der Quantenmechanik erklärt werden. Sie ist damit heute ein wichtiger Bestandteil des Korrespondenzprinzips der Quantenmechanik. Zur Veranschaulichung dieses Effektes sei das Beispiel eines Zeiger-Messinstrumentes betrachtet, welches das Ergebnis einer Messung an einem Zweizustandssystem (z.B. den Zerfallszustand eines radioaktiven Atoms) über seine Zeigerposition anzeigt. Weiterhin gehen in die vollständige Beschreibung des Zeigerzustandes auch die mikroskopischen Freiheitgrade (zum Beispiel die elektronischen Zustände, oder die Positionen) der einzelnen Atome ein. Diese Freiheitsgrade werden als „Umgebung“ bezeichnet. Da die Umgebung so viele Teilchen umfasst, ist die Dimension des Phasenraums der Umgebung, und damit auch deren Zustandsdichte enorm, sodass der Energieunterschied zwischen zwei benachbarten Zuständen äußerst gering ist.[17]. Bei Änderungen der Zeigerposition passt sich die Umgebung an die aufgezwungene Änderung an, wobei aufgrund der hohen Zustandsdichte und dem daher verfügbaren extrem niederenergetischen Anregungsspektrum bereits minimale Änderungen der Zeigerposition zu drastischen Änderungen der mikroskopischen Zustände führen. Eine genauere mathematische Analyse zeigt, dass dadurch nach einer kurzen, als Dekohärenzzeit bezeichneten Einschwingphase τd die Interferenzterme der Zeigerzustände verschwinden und nur die „klassischen“ Zustände mit eindeutiger Zeigerstellung übrig bleiben. Die Dekohärenzzeit τd ist bei makroskopischen Körpern im Allgemeinen unter Normalbedingungen äußerst kurz, die Dekohärenz gilt daher als der effizienteste bekannte physikalische Effekt[18]. Die Dekohärenz ist für einige Interpretationen der Quantenmechanik, wie z.B. die Viele-Welten-Interpretation oder die Consistent Histories Interpretation (vertreten u.a. von Murray Gell-Mann, Robert B. Griffiths, Roland Omnès)[19], von grundlegender Bedeutung, um den Messprozess als dynamischen Effekt zu deuten, der durch die Schrödingergleichung beschreibbar ist. Sie liefert in diesen Interpretationen eine Erklärung für das klassische Verhalten von makroskopischen Systemen und insbesondere Meßgeräten. Identische Teilchen, Pauli-PrinzipDurch die prinzipielle Unmöglichkeit, den Zustand eines quantenphysikalischen Systems vollständig zu bestimmen, verliert eine Unterscheidung zwischen mehreren Teilchen mit gänzlich identischen intrinsischen Eigenschaften (wie beispielsweise Masse oder Ladung, nicht aber Energie oder Impuls) in der Quantenmechanik ihren Sinn. Im Rahmen der klassischen Mechanik können an mehreren identischen Teilchen simultan genaue Orts- und Impulsmessungen durchgeführt werden, womit – zumindest prinzipiell – deren zukünftiger Verlauf vorhersagbar ist und man durch eine erneute Messung von Ort und Impuls zu einem späteren Zeitpunkt jedes Teilchen eindeutig wieder zuordnen kann. Eine quantenmechanische Betrachtung lässt eine solche „Durchnummerierung“ einzelner identischer Teilchen nicht zu. Es ist also beispielsweise nicht möglich festzustellen, ob bei einem System mehrerer Elektronen zwei Messungen an einzelnen Teilchen (wie beispielsweise ihres Impulses oder ihrer Ladung) zu unterschiedlichen Zeitpunkten jeweils an den selben oder an unterschiedlichen Teilchen erfolgten. Es kann gezeigt werden, dass der Zustand eines Vielteilchensystems identischer Partikel beim Vertauschen zweier Teilchen entweder genau gleich bleiben oder sein Vorzeichen wechseln muss. Teilchen bei deren Vertauschung der Zustand gleich bleibt bezeichnet man als Bosonen, Teilchen bei denen der Zustand das Vorzeichen wechselt als Fermionen. Das Spin-Statistik-Theorem besagt, dass alle Teilchen mit ganzzahligem Spin Bosonen sind und Teilchen mit halbzahligem Spin Fermionen. Es lässt sich im Rahmen der Quantenfeldtheorie aus grundlegenden Eigenschaften der Theorie folgern. Eine wichtige Konsequenz aus dem Vorzeichenwechsel beim Vertauschen von Fermionen ist die als „Pauliprinzip“ bekannte Regel, dass zwei identische Fermionen nicht die gleichen Einteilchenzustände einnehmen können. Dies ist von großer praktischer Bedeutung, da es bei der aus Atomen aufgebauten Materie die Mehrfachbesetzung elektronischer Zustände ausschließt und eine „Auffüllung“ der elektronischen Zustände bis zur Fermienergie erzwingt, wodurch komplexe chemische Verbindungen ermöglicht werden. Das Pauliprinzip bewirkt außerdem, dass sich die thermodynamischen Eigenschaften von Bosonen und Fermionen erheblich unterscheiden: Bosonen gehorchen der Bose-Einstein-Statistik, während die statistischen Eigenschaften von Fermionen durch die Fermi-Dirac-Statistik beschrieben werden. Interpretationen und philosophische AspekteHinsichtlich ihres empirischen Erfolges gilt die Quantenmechanik als eine der am besten gesicherten physikalischen Theorien überhaupt, seit ihrer Formulierung vor inzwischen mehr als 80 Jahren konnte die Quantenmechanik bis heute experimentell nicht falsifiziert werden. Die meisten Physiker gehen davon aus, dass sie unter „fast“ allen Umständen eine korrekte Beschreibung der physikalischen Eigenschaften von Energie und Materie ermöglicht. Dennoch weist die Quantenmechanik verschiedene konzeptionelle Schwachpunkte und Lücken auf, darunter insbesondere die fehlende Quantentheorie der Gravitation sowie die bis heute nicht abgeschlossene Diskussion[20] bzgl. der Interpretation der Quantenmechanik: InterpretationAkzeptiert man das mathematische Modell der Quantenmechanik als vollständige Beschreibung der physikalischen Phänomene in ihrem Anwendungsbereich, stellt man fest, dass beim Messprozess der zufällige Ausgang eines Einzelexperiments eine andere Bedeutung erhält, als dies in klassischen statistischen Theorien der Fall ist. Selbst bei bestmöglicher Präparation eines quantenmechanischen Zustands verteilen sich die Messergebnisse bestimmter Beobachtungsgrößen zufällig über eine Anzahl möglicher Messergebnisse. Im Gegensatz z. B. zur statistischen Mechanik liegt dies allerdings nicht an der Unfähigkeit des Experimentators, den Zustand exakt zu präparieren, und auch nicht an der Unzulänglichkeit der Messgerätes, sondern stellt im Rahmen der Standardinterpretation der Quantenmechanik eine prinzipielle Beschränkung der Messung dieser Beobachtungsgröße in diesem Zustand dar. (Der Standpunkt, dass die klassische Mechanik wirklich deterministisch ist und Ungenauigkeiten auf die Unfähigkeit des Experimentator zurückzuführen sind, ist jedoch nicht unumstritten; entgegengesetzter Ansicht war z.B. Karl Popper.[21]) Die Sichtweise, dass die Quantenmechanik trotz ihrer Unfähigkeit, Messergebnisse in Einzelexperimenten definit zu beschreiben, die vollständige Naturbeschreibung liefert, drückt sich daher auch in der Meinung aus, dass es gar keine objektiv existierenden Eigenschaften des Einzelsystems gibt, die mit einem einzelnen Messergebnis korrespondieren. Eine objektive Eigenschaft eines quantenmechanischen Zustands im Kontext einer Messung ist vielmehr nur die statistische Verteilung der Messergebnisse bei Messung eines ganzen Ensembles. Man spricht in diesem Zusammenhang daher auch vom objektiven Zufall in der Quantenmechanik. Die Debatte zu den obigen Fragen eröffneten Albert Einstein: „Die Quantenmechanik ist unvollständig“ und „Gott würfelt nicht“ und Niels Bohr, der die Komplementarität betonte und Heisenbergs Unbestimmtheitsrelation verteidigte. Im Lauf der mehrjährigen heftigen Diskussion musste Einstein die Unbestimmtheitsrelation akzeptieren, während Bohr seine Idee der Komplementarität deutlich abschwächte, was zur heute vorherrschenden Kopenhagener Interpretation führte. Heute gehen Physiker mehrheitlich davon aus, dass die Quantentheorie alles beschreibt, was es über ein System zu wissen gibt, und dass die Messvorgänge irreduzibel sind und nicht nur unser beschränktes Wissen reflektieren. Diese Interpretation hat im Weiteren zur Folge, dass der Akt des Beobachtens die Schrödingergleichung umgeht und das System instantan in einen Eigenzustand fällt (der so genannte Zusammenbruch der Wellenfunktion). Neben der Kopenhagener Interpretation sind aber auch verschiedene andere nennenswerte Deutungen vorgeschlagen worden.
Philosophische FragenViele Interpretationen der Quantenmechanik werfen allgemeinere philosophische Fragen auf, die Grundbegriffe und Ansätze der Ontologie, Epistemologie und Wissenschaftstheorie betreffen. Dies betrifft etwa die folgenden Probleme:
DeterminismusDie offensichtlichste Frage, die die Quantenmechanik aufwirft, ist die des Determinismus. Die Gesetze der klassischen Physik sind streng deterministisch: Kennt man den aktuellen Zustand eines abgeschlossenen Systems vollständig, dann kann man theoretisch sein Verhalten, also alle zukünftig möglichen Beobachtungen an diesem System, bis in alle Ewigkeit exakt vorhersagen. Jegliches anscheinend zufällige Verhalten und jegliche Wahrscheinlichkeiten resultieren im Rahmen der klassischen Physik ausschließlich auf unserer Unkenntnis. In der Quantenmechanik ist dies anders: Selbst bei vollständiger Kenntnis des aktuellen Zustands eines quantenmechanischen Systems ist es im Allgemeinen nicht möglich, das Ergebnis einer Messung eindeutig vorherzusagen. Es lassen sich für die möglichen Meßergebnisse nur Wahrscheinlichkeiten angeben. Damit stellt sich die Frage: Ist dieser Wahrscheinlichkeitscharakter fundamental, oder ist er ein Hinweis darauf, dass die quantenmechanische Beschreibung unvollständig ist und durch zusätzliche, prinzipiell unbeobachtbare Parameter, so genannte verborgene Variablen, ergänzt werden muss? Der Formalismus der Quantenmechanik erlaubt es nicht, diese Frage eindeutig zu beantworten. Die verschiedenen Interpretationen der Quantenmechanik geben daher unterschiedliche Antworten. Die Kopenhagener Interpretation erklärt den Wahrscheinlichkeitscharakter für objektiv: Das Ergebnis einer Messung ist objektiv zufällig, es gibt keinerlei Grund, warum eine Messung ein bestimmtes von mehreren möglichen Ergebnissen hat. Die Bohmsche Mechanik hingegen vertritt den entgegengesetzten Standpunkt: Ihr zufolge gibt es verborgene Variablen, deren Bewegung vollständig deterministisch ist und die Ergebnisse einer Messung bestimmen. Das scheinbar zufällige Verhalten bei Quantenmessungen folgt aus unserer Unkenntnis dieser verborgenen Variablen, deren statistische Verteilung die beobachteten Wahrscheinlichkeiten bei Messungen bestimmt. Eine interessante Zwischenposition nimmt die Viele-Welten-Interpretation ein: Auch in ihr entwickelt sich der Zustand des Universums streng deterministisch, die beobachtete Zufälligkeit ist jedoch nicht Folge von zusätzlichen verborgenen Variablen, sondern Folge der Aufspaltung in verschiedene Welten: Bei jeder Messung werden grundsätzlich alle möglichen Ergebnisse realisiert, jedoch erhalten wir nur eines der Ergebnisse, weil sich unsere Welt durch die Messung in verschiedene Welten aufgespalten hat, in denen jeweils eines der Ergebnisse realisiert ist. Wir nehmen aber jeweils nur eine dieser Welten wahr (in den anderen Welten leben aber „Parallel-Ichs“, die die jeweils anderen Messwerte wahrnehmen). Daher ist es für uns objektiv unmöglich, das beobachtete Ergebnis der Messung vorherzusagen. Insofern ist in dieser Interpretation der beobachtete Zufall objektiv (es ist nicht möglich, das erhaltene Ergebnis der Messung aus dem Zustand vor der Messung abzuleiten), für das Universum an sich gibt es jedoch keinen Zufall (alle Möglichkeiten werden, streng deterministisch, realisiert). RealitätEine weitere Frage, die durch die Quantenmechanik aufgeworfen wurde, ist die nach der Realität. In der klassischen Physik ging man allgemein davon aus, dass die messbaren physikalischen Größen Teil der Realität sind, und jede Messung letztlich etwas über die Realität in Erfahrung bringt. Zwar stört auch in der klassischen Mechanik jede Messung unweigerlich das gemessene System, jedoch lässt sich die Störung beliebig klein machen, so dass es sinnvoll ist, idealisierend von störungsfreien Messungen auszugehen. Solche physikalischen Größen sind dabei strikt zu trennen von solchen Größen, die nur unser Wissen über ein System beschreiben, etwa den Wahrscheinlichkeitsverteilungen. Nach der klassischen Physik befindet sich ein Teilchen stets an einem bestimmten Ort; jede Wahrscheinlichkeitsverteilung für seinen Aufenthaltsort beschreibt nur unsere Unkenntnis und ist daher kein Teil der Realität. In der Quantenmechanik ist jedoch eine störungsfreie Messung prinzipiell nicht möglich (es sei denn, man kennt bereits das Messergebnis). Viel wesentlicher ist jedoch, dass man beim EPR-Experiment mittels der Bellschen Ungleichung nachweisen kann, dass zumindest unter der Voraussetzung der Lokalität der Messwert vor der Messung noch gar nicht festgestanden haben kann. Da unsere gesamte Kenntnis über die Welt auf Beobachtungen, also auf Messungen im weiteren Sinne beruht, stellt sich die Frage, ob es überhaupt sinnvoll ist, einem unbeobachteten System Eigenschaften zuzuschreiben, oder ob nicht vielmehr die beobachteten Eigenschaften überhaupt erst durch die Beobachtung entstehen. Die Kopenhagener Deutung vertritt die letztere Ansicht. Ihr zufolge hat es gar keinen Sinn, davon zu sprechen, welchen Zustand beispielsweise ein Elektron hat, solange man es nicht beobachtet; beim Doppelspaltexperiment darf man also nach dieser Interpretation streng genommen nicht sagen, das Elektron sei durch die Spalte hindurchgeflogen, sondern nur, dass es auf der einen Seite emittiert und dann später an einer bestimmten Stelle auf der anderen Seite gemessen wurde. Aussagen darüber, was dazwischen passiert ist, sind sinnlos. Die quantenmechanische Wellenfunktion bzw. der quantenmechanische Zustand beschreibt in der Kopenhagener Deutung nur unsere Kenntnis über zukünftige Messergebnisse und ist daher ähnlich wie klassische Wahrscheinlichkeitsverteilungen nicht Teil der Realität. Im Gegensatz zur klassischen Wahrscheinlichkeitsverteilung steckt jedoch hinter dem quantenmechanischen Zustand keine tieferliegende Realität, auf deren Unkenntnis die Wellenfunktion zurückgeführt werden könnte. Diese Deutung ist jedoch nicht allgemein akzeptiert. Der bekannteste Gegner dieser Anschauung war Albert Einstein, der das Problem mit der Frage verdeutlichte: „Ist der Mond da, wenn keiner hinschaut?“ Da auch der Mond letztlich durch die Quantenmechanik beschrieben wird, sollte nach der Kopenhagener Deutung auch jegliche Aussage über den Mond sinnlos sein, solange er nicht beobachtet wird. Jedoch gehen wir von klassischen Objekten wie dem Mond intuitiv davon aus, dass sie auch unbeobachtet weiterexistieren. In der Tat wollten Einstein, Podolski und Rosen mit ihrem EPR-Experiment (damals noch ein reines Gedankenexperiment) nachweisen, dass die Quantenmechanik unvollständig sei. Die Bohmsche Mechanik ist ein Versuch, die Quantenmechanik zu vervollständigen. In ihr wird die Wellenfunktion nicht nur als Beschreibung unserer Kenntnis, sondern als Teil der Realität begriffen. Zusätzlich zur Wellenfunktion gibt es auch noch unbeobachtbare Teilchenkoordinaten, deren Bewegung durch die Wellenfunktion gesteuert wird; letztere wirkt dadurch als „Führungswelle“ für die Teilchen. Die realen Teilchen und die reale Wellenfunktion bestimmen zusammen die beobachteten Messwerte. Der Mond ist also in der bohmschen Mechanik da, auch wenn wir nicht hinschauen. Allerdings können wir nicht alle seine Eigenschaften beobachten. Wiederum nimmt die Viele-Welten-Interpretation eine Mittelstellung ein. Auch in ihr ist der quantenmechanische Zustand, wie in der bohmschen Mechanik, real, jedoch beschreibt er allein die Welt bereits vollständig. Allerdings sehen wir nicht die wahre Wellenfunktion, sondern nur einen „Zweig“ der Realität, eine einzelne von vielen Welten. Die Frage, ob der Mond da ist, lässt sich in dieser Interpretation also nur in Bezug auf eine bestimmte Welt beantworten; in dieser ist er also entweder da, oder nicht. Rolle des BeobachtersEng mit den vorhergehenden Fragen verknüpft ist die Frage, welche Rolle der Beobachter in der Physik spielt. Diese Frage wird dadurch aufgeworfen, dass die Quantenmechanik zwei völlig unterschiedliche Zeitentwicklungen aufweist: Die eine Zeitentwicklung, die Schrödingergleichung, beschreibt ein unbeobachtetes System. Es handelt sich hierbei um eine deterministische, stetige Änderung in der Zeit, ganz analog zur Zeitentwicklung klassischer Felder. Die andere Zeitentwicklung beschreibt die Beobachtung. Hier wird nur zwischen „vorher“ und „nachher“ unterschieden, die Änderung erfolgt also sprunghaft, zudem ist sie prinzipiell nichtdeterministisch. Offenbar gelten also in der Quantenmechanik andere Regeln, sobald ein Beobachter ins Spiel kommt. Die Frage ist nun, ob dieser Unterschied real ist, und wenn ja, worauf er beruht. In der Kopenhagener Deutung ist der Unterschied fundamental, da ihr zufolge die Quantenmechanik nur die Sicht des Beobachters beschreibt: Natürlich macht es für den Beobachter einen Unterschied, ob er gerade eine Beobachtung vornimmt, oder einfach Zeit verstreicht, ohne dass er etwas beobachtet. In ersterem Fall erhält er zusätzliche, nicht vollständig vorhersagbare Information, die natürlich auch seine Beschreibung des Systems, also seine Erwartungen an zukünftige Messwerte, beeinflusst, während er in letzterem Fall keinerlei neue Information bekommt, seine weiteren Vorhersagen also nicht von vorher unbekannter Information abhängen. Anders sieht es bei realistischen Interpretationen aus: Wenn die Wellenfunktion real ist, dann muss man sich entscheiden, ob der Kollaps der Wellenfunktion bei Beobachtung ebenfalls real ist. Die Position des realen Kollapses wird zum Beispiel durch Wigners Bewusstseinswellen vertreten: Hier wird ein explizit dualistisches Weltbild angenommen, in dem das Bewusstsein etwas von der Materie verschiedenes ist, das die Fähigkeit hat, quantenmechanische Wellenfunktionen zum Kollabieren zu bringen. In der Viele-Welten-Interpretation hingegen ist der Kollaps nur scheinbar durch die Aufspaltung der Welt in Teilwelten; da wir nur eine Teilwelt wahrnehmen, sehen wir nur einen Teil der Wellenfunktion, die uns daher als „kollabiert“ erscheint. Der Beobachter spielt in dieser Interpretation keine besondere Rolle; die Welten spalten durch die Wechselwirkung mit makroskopischen Objekten und die dadurch verursachte Dekohärenz auf. Eine etwas größere Rolle spielt der Beobachter in der Many-Minds-Interpretation, einer Variante der Viele-Welten-Interpretation. Auch in dieser gibt es keinen realen Kollaps, aber auch keine generelle Aufspaltung der Welten durch Wechselwirkung. Vielmehr ist es der Geist beziehungsweise das Gehirn, das durch seine Selbstwahrnehmung die Aufspaltung in Welten verursacht; anders als in der Viele-Welten-Interpretation ist also die Aufspaltung nicht beobachterunabhängig, sondern existiert nur relativ zu einem (materialistisch verstandenen) Geist. Insofern nimmt diese Interpretation eine Mittelstellung ein: Es ist durchaus der Geist, der für den beobachteten Kollaps der Wellenfunktion verantwortlich ist, aber nicht, indem er als zusätzliche Entität einen physikalischen Kollaps verursacht, sondern indem er als Teil der materiellen Welt die wahrgenommene Realität relativ zum Beobachter in getrennte Welten „zerlegt“. Zusammenhänge mit anderen physikalischen TheorienKlassischer GrenzfallNiels Bohr formulierte 1923 das sogenannte Korrespondenzprinzip, wonach die Eigenschaften von Quantensystemen im Grenzwert großer Quantenzahlen (insbesondere im Grenzwert großer Teilchenzahlen) mit hoher Genauigkeit den Gesetzen der klassischen Physik entsprechen. Dieser Grenzwert bei großen Systemen wird als „klassischer Grenzfall“ oder „Korrespondenz-Limit“ bezeichnet. Hintergrund dieses Prinzips ist die Erfahrungstatsache, dass viele makroskopische Systeme (Federn, Kondensatoren etc.) sehr genau durch klassische Theorien wie die klassische Mechanik oder die klassische Elektrodynamik beschrieben werden können. Daraus resultiert die Erwartung, dass die Quantenmechanik im Falle „großer“ Systeme diese klassischen Eigenschaften reproduziert beziehungsweise ihnen nicht widerspricht. Ein wichtiges Beispiel für diesen Zusammenhang zwischen der klassischen Mechanik und der Quantenmechanik ist das Ehrenfestsche Theorem. Es besagt, dass sich die Mittelwerte der quantenmechanischen Orts- und Impulsobservablen eines Teilchen in guter Näherung durch die klassischen Bewegungsgleichungen beschreiben lassen, sofern es Kräften unterworfen ist, die nur wenig von der Position abhängen. Das Korrespondenzprinzip ist daher ein wichtiges Hilfsmittel bei der Konstruktion und Verifikation quantenmechanischer Modellsysteme: Zum Einen liefern „klassische“ Modelle mikroskopischer Systeme wertvolle heuristische Anhaltspunkte zur quantenmechanischen Beschreibung des Systems. Zum Anderen kann die Berechnung des klassischen Grenzfalls zur Plausibilisierung der quantenmechanischer Modellrechnungen herangezogen werden. Sofern sich im klassischen Grenzfall physikalisch unsinnige Resultate ergeben, kann das entsprechende Modell verworfen werden. Umgekehrt bedeutet diese Korrespondenz aber auch, dass die korrekte quantenmechanische Beschreibung eines Systems, inklusive einiger nicht-klassischer Effekte wie etwa des Tunneleffekts, oft näherungsweise mittels klassischer Begriffe möglich ist; solche Näherungen erlauben oft ein tieferes Verständnis der quantenmechanischen Systeme. Man spricht hier auch von semiklassischer Physik. Beispiele für semiklassische Beschreibungen sind die WKB-Näherung und die Gutzwillersche Spurformel. Vereinheitlichung mit der speziellen RelativitätstheorieIn den Anfangszeiten der Entwicklung der Quantenmechanik wurde die Theorie noch nicht unter Berücksichtigung der speziellen Relativitätstheorie angewandt. So verwendet zum Beispiel das wohlbekannte Modell des quantenmechanischen harmonischen Oszillators einen explizit nichtrelativistischen Ausdruck für die kinetische Energie des Oszillators; dieses Modell ist daher das quantenmechanische Analogon zum klassischen harmonischen Oszillator. Frühe Versuche, die Quantenmechanik mit der speziellen Relativitätstheorie zu verbinden, erfolgten durch Ersetzen der Schrödingergleichung durch kovariante Gleichungen wie die Klein-Gordon Gleichung oder die Dirac-Gleichung. Diese Theorien waren zwar erfolgreich bei der Beschreibung vieler experimenteller Ergebnisse, jedoch waren sie noch insofern lückenhaft, als sie die relativistische Erzeugung und Vernichtung von Teilchen nicht beschreiben konnten. Eine vollständige relativistische Quantentheorie erforderte die Entwicklung einer Quantenfeldtheorie, die nicht nur eine Quantisierung von Observablen wie Energie oder Impuls beschreibt, sondern die die Wechselwirkung vermittelnden Felder selbst quantisiert. Die erste vollständige Quantenfeldtheorie, die Quantenelektrodynamik, erlaubt die durchgängige quantenmechanische Beschreibung der elektromagnetischen Wechselwirkung. Der umfassende Formalismus der Quantenfeldtheorie ist häufig nicht zur Beschreibung elektrodynamischer Systeme erforderlich. Eine einfacherer Ansatz, der seit den Anfängen der Quantenmechanik verwendet wurde, ist die Behandlung geladener Teilchen als quantenmechanische Objekte, die der Wirkung eines klassischen elektromagnetischen Feldes unterliegen. So können zum Beispiel die elektronischen Zustände des Wasserstoffatoms in sehr guter Näherung durch Verwendung eines klassischen „1/r“-Potentials berechnet werden. Dieser „semiklassische“ Ansatz schlägt allerdings fehl, wenn die Quantenfluktuationen im elektromagnetischen Feld eine wichtige Rolle spielen, wie dies zum Beispiel bei der Emission von Photonen durch geladene Teilchen der Fall ist. Verhältnis zur GravitationDie Quantenmechanik als nichtrelativistische Theorie ist nur im Bereich kleiner Energien anwendbar. In diesen Bereichen sind die Effekte der Gravitation auf mikroskopischen Skalen um so viele Größenordnungen kleiner, als die Effekte aller anderen Kräfte, dass sie weit unterhalb der erreichbaren Meßgenauigkeit liegen. Zwischen der nichtrelativistischen Quantenmechanik und der allgemeinen Relativitätstheorie gibt es keine Berührungspunkte, da relativistische Gravitationseffekte erst bei sehr großen Energien auftreten. Messbare Gravitationseffekte auf mikroskopischen Skalen fallen damit in den Bereich der Quantenfeldtheorien, die für derart hohe Energien eine angemessene Beschreibung liefern. Die allgemeine Relativitätstheorie konnte jedoch bisher nicht als Quantenfeldtheorie formuliert werden, so dass eine quantentheoretische Beschreibung der Gravitation noch nicht existiert. Eine solche Theorie der Quantengravitation wird für eine konsistente Beschreibung der Physik im Bereich der Planck-Skala, also für sehr kurze Abstände oder sehr hohe Energien, benötigt. Damit ist sie besonders interessant zur Beschreibung des Urknalls. AnwendungenQuantenphysikalische Effekte spielen bei zahlreichen Anwendungsfällen der modernen Technologie eine wesentliche Rolle. Beispiele sind der Laser, das Elektronenmikroskop, die Atomuhr oder die bildgebenden Verfahren auf Basis der Kernspinresonanz. Die Untersuchung von Halbleitern führte zur Erfindung der Diode und des Transistors, die aus der modernen Elektronik nicht wegzudenken sind. Auch bei der Entwicklung von Kernwaffen spielen die Konzepte der Quantenmechanik eine wesentliche Rolle. Bei der Erfindung beziehungsweise Entwicklung dieser und zahlreicher weiterer Anwendungen kommen die Konzepte und der mathematische Formalismus der Quantenmechanik jedoch nur selten direkt zum Einsatz (eine bemerkenswerte Ausnahme sind die aktuellen Arbeiten zur Entwicklung eines Quantencomputers). In der Regel sind hierfür die anwendungsnäheren Konzepte, Begriffe und Regeln der Festköperphysik, der Chemie, der Materialwissenschaften oder der Kernphysik von größerer praktischer Bedeutung. Die Relevanz der Quantenmechanik ergibt sich hingegen aus der überragenden Bedeutung, die diese Theorie bei der Formulierung des theoretischen Fundamentes vieler wissenschaftlicher Disziplinen hat. Im Folgenden sind einige Beispiele für Anwendungen der Quantenmechanik beschrieben: Atomphysik und ChemieDie chemischen Eigenschaften aller Stoffe sind ein Ergebnis der elektronischen Struktur der Atome und Moleküle, aus denen sie aufgebaut sind. Grundsätzlich lässt sich diese elektronische Struktur durch Lösung der Vielteilchen-Schrödingergleichung für alle involvierten Atomkerne und Elektronen quantitativ berechnen. Es zeigt sich jedoch in der Praxis, dass einerseits die Durchführung der entsprechenden Berechnungen enorm aufwändig ist, andererseits jedoch zur Vorhersage und Beschreibung vieler chemischer Eigenschaften die Verwendung vereinfachter Modelle und Regeln völlig ausreichend ist. Bei der Formulierung dieser vereinfachten Modelle kommt der Quantenmechanik eine wichtige Bedeutung zu. Ein in der Chemie besonders häufig verwendetes Modell ist das Orbitalmodell. Bei diesem Modell wird der Vielteilchenzustand der Elektronen der betrachteten Atome durch eine Summe der Einteilchenzustände der Elektronen gebildet. Das Modell beinhaltet verschiedene Näherungen (unter anderem: Vernachlässigung der Coulomb-Abstoßung der Elektronen untereinander, Entkopplung der Bewegung der Elektronen von der Kernbewegung), erlaubt jedoch eine näherungsweise korrekte Beschreibung der Energieniveaus des Atoms. Der Vorteil dieses Modells liegt neben der vergleichsweise einfachen Berechenbarkeit insbesondere in der anschaulichen Aussagekraft sowohl der Quantenzahlen als auch der grafischen Darstellung der Orbitale. Das Orbitalmodell erlaubt die Klassifizierung von Elektronenkonfigurationen nach einfachen Aufbauregeln (Hund'sche Regeln). Auch die Regeln zur chemischen Stabilität (Oktettregel / Edelgasregel / magische Zahlen) lassen sich durch dieses quantenmechanische Modell rechtfertigen. Durch Linearkombination mehrerer Atom-Orbitale lässt sich die Methode auf sogenannte Molekülorbitale erweitern, wobei Rechnungen in diesem Fall wesentlich aufwändiger werden, da Moleküle keine Kugelsymmetrie aufweisen. Die Berechnung der Struktur und der chemischen Eigenschaften komplexer Moleküle auf Basis von Näherungslösungen der Schrödingergleichung ist der Gegenstand der Molekularphysik. Dieses Gebiet legte den Grundstein für die Etablierung der Quantenchemie beziehungsweise der Computerchemie als Teildisziplinen der theoretischen Chemie. Siehe auch: KernphysikFestkörperphysikWarum ist Diamant hart, spröde und durchsichtig, das ebenfalls aus Kohlenstoff bestehende Graphit jedoch weich und undurchsichtig? Wie lassen sich die elektrische und thermische Leitfähigkeit von Metallen und deren Glanz erklären? Wie funktionieren Leuchtdioden, Dioden und Transistoren? Was ist die Ursache für die magnetischen Eigenschaften von Eisen? Welche Mechanismen ermöglichen die Supraleitung? Die oben genannten Beispiele lassen die Vielfalt an physikalischen Phänomenen kondensierter Materie nur erahnen. Tatsächlich ist die „Physik kondensierter Materie“ der mit Abstand größte Teilbereich der Physik. Praktisch allen Phänomenen kondensierter Materie (inklusive den oben genannten Beispielen) ist gemeinsam, dass eine Beschreibung dieser Phänomene im Rahmen der klassischen Physik bestenfalls auf phänomenologischer Ebene möglich ist, während sich ihre mikroskopische Beschreibung im Rahmen der Quantenmechanik als überaus erfolgreich erwiesen hat. Im folgenden ist eine (unvollständige) Auswahl an Phänomenen zusammengestellt, bei welchen sich die Quanteneffekte besonders deutlich zeigen:
QuanteninformatikVon aktuellem Interesse ist die Suche nach robusten Methoden zur direkten Manipulation von Quantenzuständen. Es werden zur Zeit größere Anstrengungen unternommen, einen Quantencomputer zu entwickeln, welcher durch Ausnutzung der verschiedenen Eigenzustände und der Wahrscheinlichkeitsnatur eines quantenmechanischen Systems hochparallel arbeiten würde. Einsatzgebiet eines solchen Quantenrechners wäre beispielsweise das Knacken moderner Verschlüsselungsmethoden. Im Gegenzug hat man mit der Quantenkryptographie ein System zum theoretisch absolut sicheren Schlüsselaustausch gefunden, in der Praxis ist diese Methode häufig etwas abgewandelt und unsicherer, da es hier auch auf die Übertragungsgeschwindigkeit ankommt. Ein weiteres aktuelles Forschungsgebiet ist die Quantenteleportation, die sich mit Möglichkeiten zur Übertragung von Quantenzuständen über beliebige Entfernungen beschäftigt. LiteraturStandard-Lehrbücher
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