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RöntgenbeugungRöntgenbeugung (international X-Ray Diffraction, XRD), oder auch Röntgenstreuung (synonyme Begriffe), ist die Beugung von Röntgenstrahlung an geordneten Strukturen wie Kristallen oder Quasikristallen. Grundsätzlich zeigt Röntgenstrahlung die gleichen Beugungserscheinungen wie Licht und alle anderen elektromagnetischen Wellen. Röntgenbeugung ist eine der Standardmethoden zur Strukturaufklärung kondensierter Materie, insbesondere von Kristallen. Röntgenbeugung wird in der Materialphysik, der Kristallographie, der Chemie und der Biochemie eingesetzt. Beispielsweise spielten Ergebnisse der Röntgenstreuung eine wichtige Rolle bei der Strukturaufklärung der DNA. Diese Produkte könnten Sie interessieren
GeschichteDas Phänomen der Röntgenbeugung an Kristallen wurde im Jahre 1912 von Max von Laue postuliert und durch die Arbeiten von Walter Friedrich und Paul Knipping bestätigt. Von Laue erhielt dafür 1914 den Nobelpreis für Physik. Da Beugung eine typische Eigenschaft von Wellen ist, gelang es ihm so, die Wellennatur von Röntgenstrahlung nachzuweisen. Bis zu diesem Zeitpunkt war man sich noch nicht sicher, ob es sich bei der 1895 von Wilhelm Conrad Röntgen entdeckten Strahlung, um Wellen oder Teilchen handelt. Heute weiß man, dass es sich bei Röntgenstrahlung um Licht mit Wellenlängen jenseits der UV-Strahlung handelt und diese dementsprechend sowohl Teilchen-, als auch Welleneigenschaften besitzt (siehe Welle-Teilchen-Dualismus). Auf Grundlage der Arbeiten von Max von Laue begannen William Henry Bragg und William Lawrence Bragg (Vater und Sohn) die Röntgenbeugung als Verfahren zur Strukturaufklärung von Kristallen einzusetzen. Es gelang ihnen unter anderem, die Kristallstrukturen von NaCl, Diamant, Zinkblende, Flussspat und Calcit aufzuklären. Für diese Arbeiten erhielten beide im Jahre 1915 den Nobelpreis für Physik. Noch heute ist die Röntgenbeugung eines der Standardverfahren zur Strukturaufklärung von Festkörpern. Physikalischer HintergrundBeugung tritt auf, wenn der Abstand der Gitterlinien des Beugungsgitters in der Größenordnung der Wellenlänge der auftreffenden Wellen liegt. Die Wellenlänge von Röntgenstrahlen liegt in der Größenordnung von 100 pm, was auch dem Abstand der Atome in Kristallen entspricht. Daher wirken diese auf Röntgenlicht wie ein dreidimensionales Beugungsgitter. Im elektromagnetischen Feld der einfallenden Röntgenstrahlung werden die Elektronen der Atome zu erzwungenen Schwingungen angeregt und strahlen nun selbst Röntgenstrahlen gleicher Frequenz in Form kugelförmiger Wellen, sogenannten Sekundärwellen, ab (siehe auch Rayleigh-Streuung). Jedes Atom im Kristall emittiert also Röntgenstrahlung. Die so von den einzelnen Atomen ausgehenden Kugelwellen interferieren miteinander. Je nach Abstand der Atome untereinander ergeben sich für die neu entstehenden Wellen unterschiedliche Gangunterschiede. Ob es zu konstruktiver oder destruktiver Interferenz kommt, hängt daher vom Abstand der Atome untereinander ab. Da Kristalle aus dreidimensionalen und periodisch angeordneten Struktureinheiten bestehen, sind die Gangunterschiede der von einzelnen Atomarten ausgehenden Wellen, z.B. Na+ und Cl- im Kochsalz, über den gesamten Kristall identisch. Einzelne Schichten von identischen Atomen innerhalb eines Kristalls fasst man mathematisch zu sogenannten Netzebenen zusammen. Der Abstand d dieser Ebenen ist dann bestimmend für den Gangunterschied der entstehenden interferierenden Röntgenstrahlung. Bragg-Gleichung
Die Bragg-Gleichung ist die zugrunde liegende mathematische Beziehung für die Ermittlung der Struktur aus dem bei der Röntgenbeugung erhaltenen Beugungsbild: Dabei ist λ die Wellenlänge des monochromatischen Röntgenstrahls mit dem man die Probe bestrahlt, d der Abstand der Netzebenen, θ der Winkel unter dem die Strahlung auf die Netzebene auftrifft und n eine ganze Zahl. Die Gleichung beschreibt die Bedingungen für eine konstruktive Interferenz. Die rechte Seite der Bragg-Gleichung beschreibt den Gangunterschied zweier an zwei Netzebenen mit dem Abstand d gebeugten Röntgenstrahlen. Beträgt dieser ein ganzzahliges Vielfaches der Wellenlänge, kommt es zu konstruktiver Interferenz. William Henry Bragg und William Lawrence Bragg beschrieben diese Gleichung als „Reflexionsbedingung“, da makroskopisch der Eindruck entsteht, dass die Röntgenstrahlung vom Kristall unter dem Winkel 2θ reflektiert wird. Wenn für eine Schar paralleler Netzebenen die Bragg-Gleichung erfüllt ist, überlagern sich die von den Einzelebenen „reflektieren“ Wellen also so, dass konstruktive Interferenz entsteht. Es gibt also für jede Netzebenenschar nur bestimmte Winkel unter denen Reflexion stattfindet. Diese Winkel heißen Glanzwinkel oder Bragg-Winkel. Die durch konstruktive Interferenz entstandene Strahlung kann von einem Detektor oder einem Fotofilm registriert werden. Der Ablenkungswinkel der aus konstruktiver Interferenz entstehenden Wellen vom einfallenden Strahl beträgt 2θ. Da die Wellenlänge λ der eingesetzten Röntgenstrahlung bekannt ist, lässt sich so der Abstand dhkl der Netzebenen berechnen, wobei (hkl) die Millerschen Indizes sind, die die Lage einer Schar paralleler Netzebenen im reziproken Gitter angeben. Ist das Kristallsystem bekannt, kann man aus dhkl die Gitterkonstanten der kristallografischen Elementarzelle ableiten. Im kubischen Kristallsystem gilt beispielsweise:
Hat man d errechnet, so lässt sich durch zuordnen der Reflexe zu einzelnen Netzebenen (also zu hkl-Reflexen) die Gitterkonstante a der Elementarzelle berechnen. Ermittlung der ElektronendichteWie bereits erwähnt, kommt es aufgrund der unterschiedlichen Netzebenenabstände zu miteinander interferierenden Röntgenstrahlen. Beim Eintritt in den Kristall sind die einzelnen Röntgenstrahlen in Phase. Aufgrund der Beugung kommt es jedoch zu Interferenz und einer Verschiebung der einzelnen Phasen untereinander, man spricht von Phasenbeziehungen. Die Bragg-Gleichung zeigt die Bedingung für eine konstruktive Interferenz. Die Phasenbeziehung ist damit eine Verschiebung der Phasen zweier Wellen um genau einen ganzzahligen Wert. Destruktive Interferenz resultiert, wenn die Verschiebung der Phasen gerade halbzahlige Differenzen der Wellenlängen darstellt. Diese beiden Phasenbeziehungen lassen sich aus den erscheinenden Reflexen bzw. systematischen Auslöschungen erschließen. Da jedoch keine geeigneten Linsen für Röntgenstrahlung existieren, kann man nur die Intensität der Strahlung messen. Konstruktive bzw. destruktive Interferenz kann man aus erscheinenden Reflexen bzw. systematischen Auslöschungen erschließen. Alle anderen Phasenbeziehungen, die die eigentlichen Informationen für die Verteilung der Elektronendichte im Kristall tragen, gehen jedoch verloren. Dieses Dilemma ist in der Röntgenstrukturanalyse als das Phasenproblem bekannt. Der Strukturfaktor F ist die Gesamtresultierende aller in einer Richtung eines hkl-Reflexes gebeugten Wellen. Die gemessene Intensität I ist proportional zum Quadrat des Strukturfaktors F, und der Strukturfaktor F ist die Fourier-Transformation der Elektronendichte ρ wobei abc die Gitterkonstanten, xyz die Koordinaten in der Elementarzelle und hkl die Millerschen Indizes darstellen. Den Positionen der Elektronendichtemaxima entsprechen dabei die Positionen der Atome in der Elementarzelle; Wasserstoffatome, bei denen das Maximum der Elektronendichte auf der Bindung zum Nachbaratom liegt, bilden die einzige Ausnahme. Die gemessenen Intensitäten besitzen nur Informationen über die Amplitude, also den Betrag des Strukturfaktors. Um aus den Intensitäten die Strukturfaktoren abzuleiten, muss deshalb das Phasenproblem gelöst werden. Sehr häufig werden dazu die Direkten Methoden verwendet, für deren Entwicklung Herbert A. Hauptman und Jerome Karle 1985 den Nobelpreis für Chemie erhielten. Eine andere wichtige Methode zur Lösung des Phasenproblems ist die Patterson-Methode, die vor allem bei Anwesenheit von Schweratomen verwendet wird. In der Praxis werden Fouriermethoden selten eingesetzt. Stattdessen verwendet man die Strukturverfeinerung. Der Strukturfaktor F lässt sich auch ausdrücken als Summe aller atomaren Streufaktoren f der Atome in der Elementarzelle. wobei über alle N Atome j in der Elementarzelle summiert wird, xyz die Koordinaten des Atoms j und hkl die Millerschen Indizes darstellen. Der atomare Streufaktor f ist die Fourier-Transformation der Elektronendichte eines Atoms. Normalerweise wird dabei die Elektronendichte eines kugelförmigen Atoms angenommen, das nicht mit seinen Nachbaratomen überlappt. Mit Hilfe dieser Summengleichung lässt sich also der Strukturfaktor aus den Koordinaten der Atome in der Elementarzelle berechnen. In der Strukturverfeinerung verändert man nun das Strukturmodell (die Atomkoordinaten) solange, bis der Unterschied zwischen den experimentell gemessenen Strukturfaktoren Fhkl und den aus dem Modell berechneten Strukturfaktoren Fhkl minimal wird. Zur Strukturverfeinerung mit Computerprogrammen wird die Methode der kleinsten Quadrate eingesetzt. Atome im Kristallgitter schwingen um ihre Ruheposition. Weil sich das auch auf die Reflexintensitäten auswirkt, werden die atomaren Streufaktoren für die thermische Bewegung korrigiert. Das Strukturmodell besteht folglich aus kugelförmigen Atomen, die um ihre Ruheposition (harmonisch) schwingen. VerfahrenLaue-Verfahren
Im Laue-Verfahren wird ein Einkristall polychromatischer Röntgenstrahlung ausgesetzt. Die Idee war, die Bragg-Gleichung durch Variation der Wellenlängen zu erfüllen. Die im Beugungsbild erhaltenen Reflexe sind jedoch nicht eindeutig einzelnen Netzebenenabständen zuzuordnen. Es wird heute noch zur Untersuchung dynamischer Prozesse, beispielsweise in Proteinkristallen verwendet. Debye-Scherrer-Verfahren
Das von Peter Debye und Paul Scherrer, sowie unabhängig davon von Albert Hull entwickelte Verfahren arbeitet nicht mit Einkristallen, sondern mit pulverförmigen Proben. Das Pulver besteht aus einer Reihe zufällig angeordneter Kristallite, so dass auch die Netzebenen zufällig im Raum angeordnet sind und so einige immer die Bragg'sche Reflexionsbedingung erfüllen. Zusätzlich rotiert die Probe um eine Achse senkrecht zum einfallenden Strahl. Um die Probe bilden sich Kegelmäntel aus Röntgenstrahlen, welche aus der konstruktiven Interferenz stammen. Um die Probe liegt ein fotografischer Film, auf dem sich die Kegelmäntel als Reflexe abzeichnen. Aus den Abständen der vom einfallenden Strahl auf dem Film aufgenommenen Reflexe lässt sich der Glanzwinkel θ errechnen: . Der Abstand x des Beugungsreflexes auf dem Film vom einfallenden Strahl verhält sich zum Umfang der Kamera 2πR wie der Öffnungswinkel des entsprechenden Beugungskegels zu 360°. Zählrohrverfahren
Anders als bei den vorigen Verfahren wird zur Registrierung der gebeugten Röntgenstrahlen statt einem Film ein Szintillationszähler benutzt, der die Funktion eines Zählrohrs besitzt. Mit diesem Verfahren kann die Interferenzintensität mit hoher Genauigkeit direkt bestimmt werden. Ein weiterer Vorteil ist die digitale Auswertung, sodass viele Arbeitsschritte automatisiert werden können. andere MethodenEine besondere Form der Röntgenstreuung ist SAXS (Small Angle X-Ray Scattering, Kleinwinkel-Röntgenstreuung): Da gemäß der Bragg-Gleichung bei vorgegebener Wellenlänge größere Strukturen einen kleineren Streuwinkel zur Folge haben, kann die Kleinwinkel-Streuung eingesetzt werden, um mesoskopische Strukturen wie Kolloide, teilkristalline Polymere und dergleichen zu untersuchen. SAXS ist eine der Standardmethoden zur Strukturaufklärung in der Soft Matter-Physik. Eine weitere Form der Röntgenstreuung ist WAXS (Wide Angle X-Ray Scattering, Weitwinkel-Röntgenstreuung). Als Röntgenquellen dienen Röntgenröhren und Synchrotrons. Alternativ (und ergänzend) zur Röntgenstreuung werden Neutronenstreuung und Elektronenbeugung eingesetzt. Literatur
Kategorien: Festkörperphysik | Biochemische Technik | Spektroskopie | Kristallographie |
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Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Röntgenbeugung aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar. |