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Retinol



Strukturformel
Allgemeines
Trivialname Vitamin A1
Andere Namen
  • Retinol
  • Axerophthol
  • (2E,4E,6E,8E)-3,7-Dimethyl- 9-(2,6,6-trimethylcyclohex-1-enyl)nona- 2,4,6,8-tetraen-1-ol (IUPAC)
Summenformel C20H30O
CAS-Nummer 68-26-8
Kurzbeschreibung gelber Feststoff
Vorkommen z. B. in Orangen, Karotten, Spinat
Physiologie
Funktion Bestandteil des Sehpigments, Wachstumsfaktor, beteiligt bei Testosteronbildung
Täglicher Bedarf 0,8–1,0 mg
Folgen bei Mangel u. a. Haarausfall, Sehstörungen (z. B. Nachtblindheit), Atrophie von Schleimhäuten und Speicheldrüsen
Überdosis 7,5 mg
Eigenschaften
Molare Masse 286,46 g·mol−1
Aggregatzustand fest
Schmelzpunkt 61–63 °C [1]
Siedepunkt 120–125 °C [1]
Löslichkeit praktisch unlöslich in Wasser [1], gut in unpolaren Lösungsmitteln
Sicherheitshinweise
Gefahrstoffkennzeichnung
[1]
R- und S-Sätze R: 22-36/38-63 [1]
S: 26-36/37/39-45
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Retinol, auch Vitamin A1 oder Axerophthol, ist ein fettlösliches, essentielles Vitamin. Chemisch gesehen gehört Retinol zu den Diterpenen und ist ein einwertiger, primärer Alkohol. Der enthaltene Ring aus sechs Kohlenstoffatomen wird β-Jononring genannt und das Molekül weist zudem eine Reihe konjugierter Doppelbindungen auf, die für seine Beteiligung am Sehvorgang entscheidend sind.

Oftmals wird, auch in vielen Lehrbüchern, Retinol vereinfachend mit Vitamin A gleichgesetzt. Man versteht jedoch unter Vitamin A vielmehr eine Stoffgruppe von β-Jononderivaten, die dasselbe biologische Wirkungsspektrum wie all-trans-Retinol aufweisen, ausschließlich der Provitamine A.[2] Zu dieser Stoffgruppe gehören beispielsweise neben Retinol, dessen oxidierte Form Retinal, Retinylester sowie 3-Dehydroretinol einschließlich Aldehyd und den verschiedenen Estern, die auch als Vitamin A2 bezeichnet werden. Retinsäuren gehören nach dieser Definition nicht dazu, da sie nur Teilwirkungen von all-trans-Retinol aufweisen. Sie werden aber trotzdem häufig Vitamin A zugeordnet.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Retinol wurde 1913 entdeckt.Erst 20 Jahre später erfolgte die Reindarstellung des Retinols aus Lebertran durch Paul Karrer.

Vorkommen

In zahlreichen Obst- und Gemüsesorten (z. B. Orangen, Karotten, Spinat, Broccoli und Grünkohl) ist die Vitamin-A-Vorstufe Beta-Carotin enthalten, welche im menschlichen Körper zu Vitamin A umgewandelt werden kann. Beta-Carotin wird deshalb auch als Provitamin A bezeichnet. Da Beta-Carotin nur bei Bedarf in Retinol umgewandelt wird, und im Gegensatz zu diesem auch in größeren Mengen nicht toxisch wirkt, sollte es in Nahrungsergänzungsmitteln gegenüber den Vitamin-A-Varianten vorgezogen werden. Die Nahrungsmittelindustrie verwendet Beta-Carotin als Lebensmittelfarbstoff oder zur „Vitaminanreicherung“ von Produkten.

Natürliche Retinolquellen sind Fisch, Leberprodukte, Butter, Eigelb und Milchprodukte.

Wirkung

Vitamin A ist wichtig für das Wachstum, Funktion und Aufbau von Haut und Schleimhäuten, Blutkörperchen, Stoffwechsel sowie für den Sehvorgang. Die Verwertung dieses Vitamins im Körper kann durch Leberschäden und die Einnahme von Östrogenpräparaten gestört werden. Neuste Untersuchungen zeigten, dass entgegen der Vermutung selbst durch geringste Mengen Fett das Vitamin A vom Körper aufgenommen und verwendet werden kann.

Nervensystem

Retinol erhält gesunde Nervenzellen in den peripheren Nervenbahnen, im Gehirn und im Rückenmark.

Blutkörperchen

Retinol fördert entscheidend die Bildung neuer Blutkörperchen und erleichtert den Einbau des Eisens.

Eiweiß-Stoffwechsel

Es ist an der Proteinsynthese und beim Fettstoffwechsel in der Leber beteiligt, so dass eine proteinreiche Nahrung zu einem Vitamin-A-Mangel führen kann. Auch bei erhöhtem Stress erhöht sich der Vitamin-A-Bedarf, da Stress den Proteinbedarf erhöht. Somit steigt der Retinol-Bedarf auch bei schweren Krankheiten wie Arthritis, AIDS oder Krebs.

Haut und Schleimhäute

Vitamin A spielt eine zentrale Rolle für die Struktur und Gesundheit dieser Gewebe, da es ein normales Zellwachstum nicht nur der Haut sondern auch der Wände der Atem-, Verdauungs- und Harnwege gewährleistet. Des Weiteren beugt es DNA-Schäden in Hautzellen vor, trägt zu deren Reparatur bei und normalisiert die Hautfunktionen (wie z. B. gesunde Zellteilung der Keratinozyten (vgl. Epidermis)).

Augen

Retinol ist essentiell am Sehvorgang beteiligt. Das Aldehyd des Vitamins A – das Retinal – wird in den Stäbchen der Netzhaut mit dem Protein Opsin gekoppelt. Diese Verbindung wird als Rhodopsin oder Sehpurpur, bezeichnet. In ihr liegt das Retinal in einer bestimmten Konfiguration als 11-cis-Retinal vor. Ins Auge einfallendes Licht führt beim Retinal zu einer Änderung in der Molekülstruktur (11-cis-Retinal wird zu all-trans-Retinal), woraufhin das Opsin wieder abgespalten wird. Dadurch wird eine Signalkaskade in Gang gesetzt, die letzten Endes zum Sehnerv führt.

Ein geringer Mangel an Retinol äußert sich in verminderter Nachtsicht. Stärkerer Mangel führt zu einem schnelleren Ermüden der Augen, Nachtblindheit sowie einer Verhornung der Sehzellen des Auges.

Knochengerüst

Vitamin A ist auch am Aufbau und Wachstum von Knochen sowie der Heilung nach Brüchen von Bedeutung. Besonders bei Kindern ist daher eine ausreichende Vitamin-A-Versorgung besonders wichtig.

embryonales Wachstum

Die Vitamin-A-Säure (All-trans-Retinsäure) bzw. ihr Salz, das Retinat ist ein wichtiger Wachstumsfaktor für Nervenzellen während der Embryonalentwicklung. Es wird von Zellen des Primitivknotens ausgeschüttet und ist beteiligt an der Ausbildung der Längsachse (vorn-hinten-Orientierung) des Embryos. Nervenzellen wandern entlang des Konzentrationsgradienten der Retinsäure.

Vermehrung

Retinol ist an der Synthese von Testosteron und Östrogen beteiligt. Des Weiteren ist die Menge und Form der Spermien von einer optimalen Versorgung mit Vitamin A abhängig. Bei der Frau hingegen werden Unfruchtbarkeit und Fehlgeburten mit Retinol-Mangel in Zusammenhang gebracht.

Immunsystem

Zum einen erhöht Retinal die Widerstandsfähigkeit gegenüber Infektionen, da, wie bereits erwähnt, Vitamin A Haut und Schleimhäute gesund hält und somit wirkungsvolle Barrieren gegen Bakterien, Viren und Parasiten unterstützt. Des Weiteren erhöhen Retinol und Beta-Carotin Wirksamkeit und Zahl der weißen Blutkörperchen und erleichtern zusätzlich die Produktion von Antikörpern. Schon ein leichter Mangel erhöht das Risiko, an Lungenentzündung zu erkranken oder Durchfall zu bekommen um das Zwei- bis Dreifache.

Bedarf

Der tatsächliche Tagesbedarf ist abhängig von Alter, Geschlecht und Lebensumständen. Erwachsene sollten im Durchschnitt 0,8 bis 1,0 mg (= 2.600–3.300 IE) täglich aufnehmen, wobei Männer gegenüber Frauen einen leicht erhöhten Bedarf haben. Längeres Kochen, Sauerstoff und Licht schadet Vitamin A. Deshalb sollte man Lebensmittel, die Vitamin A enthalten, immer ungeschält oder verpackt und dunkel – am besten im Kühlschrank – lagern. Die Kochverluste liegen zwischen 10 und 30 Prozent.

Hypovitaminose

Bei Mangel an Vitamin A kommt es zu erhöhter Infektionsanfälligkeit, Trockenheit der Haut, Haare, Nägel und Augen, Haarausfall, Nachtblindheit, verringerter Sehschärfe, erhöhter Lichtempfindlichkeit, Eisenmangel, erhöhter Gefahr einer arteriosklerotischen Herzerkrankung, erhöhtem Krebsrisiko in Organen mit Schleimhäuten, erhöhtem Risiko Nierensteine auszubilden aufgrund erhöhter Calciumausscheidung, Fruchtbarkeitsstörungen, beeinträchtigtem Geruchssinn, Tastsinn und Appetit, Müdigkeit und Wachstumsstörungen wie z. B. Störungen des Knochenwachstums im Kindesalter.

Ursachen einer Hypovitaminose

  • Entzündungen, Operationen aber auch Stress
  • Rauchen und ständiges Einatmen schlechter Luft
  • Umweltgifte wie z. B. Cadmium
  • starkes Sonnenlicht (z. B. am Strand oder im Schnee) besonders bei hellhäutigen Menschen
  • Störungen der Fettresorption, meist wegen Problemen mit Leber, Gallenblase oder Bauchspeicheldrüse
  • jeder fünfte Europäer nimmt nicht genug Retinol über die Nahrung auf. Besonders bei Kindern entsteht schnell eine Unterversorgung, da sie geringere Speichermöglichkeiten besitzen jedoch einen hohen Bedarf.
  • Alkohol beeinträchtigt die Aufnahme, Speicherung und Mobilisierung
  • Diabetiker und Menschen mit Schilddrüsenüberfunktion können die pflanzlichen Carotinoide nur schlecht in Vitamin A umwandeln.
  • Cholesterin senkende Mittel und Abführmittel verschlechtern die Aufnahme
  • bestimmte Schlafmittel verbrauchen Speichervorräte in der Leber

Hypervitaminose

Eine Überversorgung mit über 15 mg (= 50.000 IE) Vitamin A kann zu Erbrechen, Durchfall, Kopfschmerzen, erhöhtem Hirndruck (Pseudotumor cerebri), Abnahme der Knochengewebsdichte (Osteoporose), Vergrößerung von Leber und Milz, Verringerung der Schilddrüsentätigkeit und schmerzhaften Wucherungen der Knochenhaut führen.

Für Tagesdosen von mehr als 7,5 mg (= 25.000 IE) wurden eine Reihe lebertoxischer Effekte nach mehrjähriger Zufuhr beschrieben, teilweise mit Todesfolge [3]. In diesem Kontext ist anzumerken, dass die Leber des Eisbären (Thalarctos maritimus) aufgrund ihres sehr hohen Vitamin-A-Gehaltes toxisch ist und deshalb von den Inuit nicht gegessen wird. Dies trifft in geringerem Maße auch für andere Tiere der Arktis, speziell verschiedene Robben, zu.[4]

Während einer Schwangerschaft, insbesondere der ersten sechs Monate, kann eine Überversorgung mit mehr als 3 mg Vitamin A pro Tag (= 10.000 IE) fruchtschädigend wirken, d. h. zu schweren Missbildungen am Fötus führen.

Diagnostik: Der Serumspiegel ist zur Diagnose einer Hypervitaminose ungeeignet. Ein sicherer Indikator ist hingegen die Relation von Vitamin A zu RBP (Retinol-bindendes Protein). Übersteigt der Serumspiegel die Bindungskapazität durch RBPs, so liegt freies Vitamin A vor, welches toxische Wirkung entfaltet.  [1].

Stoffwechsel

Der Vitamin A Stoffwechsel wird im wesentlichen durch sogenannte RBPs(Retinol-Bindeproteine) gesteuert. Nur mit deren Hilfe wird Vitamin A für den Körper nutzbar, wodurch ein Mangel an diesen Proteinen zu ähnlichen Symptomen führen kann wie ein Vitamin A Mangel (Hypovitaminose) selbst.

Kann überschüssiges Retinol nicht durch RBPs gebunden werden, so treten Vergiftungserscheinungen auf. Sie spielen daher auch bei einer Hypervitaminose A eine entscheidende Rolle. Da sie einen sogenannten Zinkfinger besitzen, ist das Spurenelement Zink wichtig für den gesamten Vitamin A Haushalt – sowohl bei Unter- als auch Überversorgung.

Reaktionen

Die Synthese Vitamin-A-aktiver Verbindungen geht von einem Retinol-Ester (meist Vitamin-A-Palmitat) aus:

Synthese

Ein Schlüsselschritt bei der großtechnischen Herstellung von Vitamin A ist die Wittig-Reaktion. Für diese weithin anwendbare Reaktion erhielt Georg Wittig im Jahre 1978 den Nobelpreis für Chemie.

Im ersten Teil der Synthese wird von Dehydrolinalool aus ein C15-Salz hergestellt. Dieses reagiert durch die Wittig-Reaktion mit einem C5-Acetat, welches aus Dimethoxyaceton hergestellt wird, zum Retinolacetat. Dieses kann über mehrere weitere Schritte in das Retinol umgewandelt werden.

1 RE (Retinol-Äquivalent) = 1 Mikrogramm Retinol = 6 Mikrogramm β-Carotin

Quellen

  1. a b c d e Eintrag zu Retinol in der GESTIS-Stoffdatenbank des BGIA, abgerufen am 1. Dezember 2007 (JavaScript erforderlich)
  2. Hanck, Kuenzle, Rehm: Vitamin A. Blackwell Wissensch., Berlin, 1991 ISBN 978-3826328794
  3. Anonym: Vitamin A: Toxicity from Supplements In: Medical Sciences Bulletin 1995; Pharmaceutical Information Associates, Ltd.
  4. Dietrich Mebs: Gifttiere – Ein Handbuch für Biologen, Toxikologen, Ärzte und Apotheker. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 1992; Seite 128. ISBN 3-8047-1219-3
  • McCollum & Davis (1913): The necessity of certain lipids during growth. In: Biol. Chem. Bd. 15, S. 167–175.
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Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Retinol aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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