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Theresienthal



  Theresienthal ist ein Ortsteil der Stadt Zwiesel im Bayerischen Wald.

Bekannt ist er durch die gleichnamige Kristallglasmanufaktur, 1836 vom böhmischen Glashändler Franz Steigerwald gegründet. In Theresienthal werden hochwertige Kristallgläser, Vasen, Karaffen, Flaschen, Schalen und Sonderanfertigungen auf traditionelle Art in Handarbeit gefertigt. Benannt wurde die Manufaktur nach der Königin Therese, der Gemahlin von Ludwig I..

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die ersten Glasprodukte wurden im Bayerischen Wald in so genannten fliegenden Hütten hergestellt. Bei der Gründung Theresienthals erhielt Franz Steigerwald Unterstützung durch den bayerischen König Ludwig I. Theresienthal sollte die Konkurrenz mit den Glasherstellern in Böhmen aufnehmen. Zu den Kunden Theresienthals zählten neben Ludwig I. dessen Sohn Otto, später König Ludwig II. und der Prinzregent Luitpold. Auch an anderen Königshäusern war Kristall aus Theresienthal sehr beliebt. So besaßen etwa König Albert von Sachsen und Wilhelm II., König von Preußen und Deutscher Kaiser, Gläser aus Theresienthal.

Prämiert wurde Kristallglas aus Theresienthal u.a. auf der allgemeinen Industrie-Ausstellung 1840 in Nürnberg, auf der Deutschen Gewerbeausstellung in Berlin (1844) und 1867 mit einer Bronzemedaille auf der Pariser Weltausstellung. 1937 gewann Theresienthal, wiederum in Paris, mit einem Glasservice die höchste Auszeichnung, die auf Weltausstellungen vergeben wurde, die Médaille d'Or.

Ausländische Kunden Theresienthal waren: Graham & Zenger in New York, Thomas Goode & Cie., Henry Mayer & Cie. und Lazarus Rosenheer in London, Ibach & Croce in Neapel, G. Zernollin in Paris, Frostmann & Spunde in Riga, Wessel in Rom und Lobmeyr in Wien. Im späten 20. Jahrhundert gehörten Tiffany in New York, Selfridges in London und zahlreiche japanische Abnehmer zu den Abnehmern.

Die Familie Poschinger – Nachfolger der Steigerwalds – leiteten die Hütte von 1861 bis 1973. Max Gangkofner, der 1963 in die Hütte eintrat und 1973 Theresienthal übernahm, änderte genauso wenig an dem Manufakturcharakter der Hütte wie die Firma Hutschenreuther, die 1982 Theresienthal erwarb. Im Jahre 1982 waren ca. 200 Personen in der Hütte beschäftigt.

Ende des 20. Jahrhunderts geriet Theresienthal in eine Krise. 1997 verkaufte Hutschenreuther das Unternehmen, es folgten noch einige Investoren, die aber glücklos blieben. Nach Insolvenzen in den Jahren 2000 und 2001 musste die Produktion eingestellt werden. Im August 2004 konnte die Hütte unter der Projektträgerschaft der Eberhard von Kuenheim Stiftung wieder eröffnet werden.

Die Glashütte ist seit April 2006 wieder in Besitz eines Bayerwaldlers: Max Freiherr von Schnurbein - geboren in Zwiesel - wurde neuer Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter der Kristallglasmanufaktur Theresienthal GmbH. Die Stiftung Theresienthal als bisherige Eigentümerin hält eine Sperrminorität an der Manufaktur, um langfristig die Bewahrung der Marke und des Geschäftsbetriebes in Zwiesel sicherzustellen.  

Herstellung

Die Herstellung in der Manufaktur Theresienthal entspricht dem traditionellen Herstellungsprozess. An erster Stelle wird von einem Gestalter auf Pergamentpapier maßstabsgetreu festgehalten wie das Glas aussehen soll. Anschließend schneidet er den Umriss aus. Mit Hilfe dieses „Schnittes“ erstellt der Drechsler ein „Modl“ aus Buchenholz – die Negativ-Form des Glaskörpers.

Quarzsand, Soda, Pottasche und Kalk sind die Grundstoffe, aus denen Glas geschmolzen wird. Der Kölblmacher entnimmt mit seiner Glaspfeife aus dem Ofen eine kleine Menge der heißen Glasmasse und bläst den Glasposten zu einer Glasblase – dem „Kölbl“ – auf. Dann übernimmt der Einbläser die Pfeife: er bläst das Kölbl weiter und senkt es dabei drehend in das passende Holzmodl ab. Der Glasmachermeister ergänzt am Glaskörper Stiel und Bodenplatte und bringt Henkel und Verzierungen an.

Nach Erkalten des Glases sorgen Scheibenschleifer, Kugler und Graveure für den Schliff: Sie glätten die Ränder und ritzen Bänder, Muster oder ganze Bilder in das Glas. Die Glasmaler verleihen zum Abschluss dem Kristall seine Farbenpracht und zusätzlichen Glanz: je nach Entwurf vergolden, emaillieren oder bemalen sie jedes einzelne Stück.

Kollektion

Theresienthaler Glas wird nach jahrhundertealten Verfahren hergestellt, wechselt aber beständig die Formen und passt sich der Zeit an.

Der Aufstieg Theresienthals begann im Historismus: Es entstanden mittelalterlich anmutende Trinkgläser, insbesondere „Römer“, Neorenaissance-Pokale oder reich verzierte Tafelaufsätze, die sich am Barock orientierten. Franz Keller-Leuzinger und Rudolf von Seitz setzten hier gestalterische Akzente. Die Jugendstilentwürfe Theresienthals kamen u.a. von Hans Christiansen oder Bruno Mauder. Auch die Neue Sachlichkeit inspirierte Theresienthal zu einer eigenen Kollektion.

Die neue Kollektion orientiert sich an den großen Epochen und kreativen Phasen Theresienthals. Formen aus Historismus, Jugendstil und Neuer Sachlichkeit werden dem heutigen Stilempfinden angepasst. Als Kreativdirektoren der neuen Marke Theresienthal fungieren die Hamburger Designer Kuball & Kempe.

Literatur

  • St. Buse, Römer aus Theresienthal, Band 1, Reprints aus Preislisten von ca. 1890, 1903 und 1907, Gifhorn 2007.
  • Das Böhmische Glas 1700-1950 (hrsg. v. Georg Höltl), Band III Historismus, Band V Jugendstil in Bayern und Schlesien, Passau.
  • Dering, Florian (Hrsg.), Das Münchner Kindl, eine Wappenfigur geht eigene Wege, München 1999
  • E. Gropplero di Troppenburg, Das bayerische Glas des Historismus dargestellt an der Hütte Theresienthal; Kunstgewerbe und Kunsttheorie im 19. Jhdt., München 1988
  • Chr. Glaser und D. Wessely: Unternehmen statt Unterlassen - Von einer ungewöhnlichen Rettung eines Traditionsbetriebes, Berlin 2006
  • M. Gümbel, Theresienthaler Gläser erfreuten Kaiser und Könige, in: Charivari Februar 1983 (Nr. 1, 1983), Seite 17ff.
  • Christian Jentsch, Licht und Rausch, Weingläser aus vier Jahrhunderten, Wien 2004
  • Eberhard von Kuenheim Stiftung (u.a. Hrsg.), Theresienthal, München 2005
  • G.H. Merker, Glaswelt Ostbayern. Trinkgläser der Gegenwart, 1987
  • D. Struss, Trinkgläser vom ausgehenden Mittelalter bis zur frühen Moderne; Augsburg 1998
  • A.-E. Theuerkauff-Liederwald, Der Römer, Studien zu einer Glasform, in: Journal of Glass Studies, 10, 1968, S. 114 -155 und 11, 1969, S. 43 -69.
  • K.-W. Warthorst, Die Glasfabrik Theresienthal, Freiburg 1996

Koordinaten: 49° 01' 55" N, 13° 13' 58" O

 
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Theresienthal aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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