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Titannitrid



Strukturformel
Keine Strukturformel vorhanden
Allgemeines
Name Titannitrid
Summenformel TiN
CAS-Nummer 25583-20-4
Kurzbeschreibung geruchlose gold- bzw. bronzefarbene kubische Kristalle
Eigenschaften
Molare Masse 61,91 g·mol−1
Aggregatzustand fest
Dichte 5,22 g·cm−3[1]
Schmelzpunkt 2950 °C[1]
Löslichkeit

löslich in H2O2 + NaOH, gering löslich in heißem Königswasser, sonst praktisch überall unlöslich

Sicherheitshinweise
Gefahrstoffkennzeichnung
[1]
R- und S-Sätze R: 11[1]
S: 33-60[1]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Titannitrid ist eine chemische Verbindung der beiden Elemente Titan und Stickstoff. TiN – so dessen Formel – ist ein metallischer Hartstoff von typisch goldgelber Farbe. Das keramische Material zeichnet sich durch sehr große Härte und Korrosionsbeständigkeit aus, woraus sich eine Reihe technischer Anwendungen ergeben.

Inhaltsverzeichnis

Gewinnung und Darstellung

Titannitrid wird in der Regel in Form hauchdünner Beschichtungen hergestellt, seltener als keramischer Körper oder als Pulver. Eine Herstellung aus den Elementen ist bei Temperaturen oberhalb von 1200 °C möglich, wobei auf den Ausschluss von Luftsauerstoff und Feuchtigkeit geachtet werden muss, was verfahrenstechnisch aufwändig ist. Dieser Prozess der direkten Nitridierung des Titans wird durch folgende Reaktionsgleichung beschrieben:

\mathrm{2 \ Ti + N_2 \longrightarrow 2 \ TiN}

Eine weitere Möglichkeit, Titannitrid herzustellen, ist die Gasphasenammonolyse bei Temperaturen oberhalb 900 °C. Dabei wird das im Titantetrachlorid enthaltene Titan von der Oxidationsstufe +4 auf +3 im Titannitrid reduziert. Als Elektronenlieferant dient der Stickstoff aus Ammoniak. Ähnlich wie bei der direkten Nitridierung des Titans muss auf Ausschluss von Sauerstoff und Feuchtigkeit geachtet werden. Die Gasphasenammonolyse kann durch folgende Reaktionsgleichung beschrieben werden:

\mathrm{4 \ TiCl_4 + 6 \ NH_3 \longrightarrow 4 \ TiN + 16 \ HCl + N_2 + H_2}

Im Überschuss von Ammoniak bildet sich Ammoniumchlorid.

Die folgenden Verfahren beziehen sich auf die Erzeugung von TiN zu Beschichtungszwecken
  • Die direkte Nitridierung von Titan erfolgt in einer KCN/K2CO3-Salzschmelze. Gängige Verfahren sind dabei das Einsatzhärten im cyanidhaltigem Salzbad (TIDURAN-Verfahren) und das Hochdrucknitridieren (TIDUNIT-Verfahren). Eine durch Nitridierung gewonnene Schutzschicht besteht in der Regel aus einer ca. 10 μm dicken Verbindungsschicht und einer 50–200 μm dicken Diffusionsschicht.
  • Synthese aus Titanchlorid und Stickstoff durch Wasserstoff-Plasmabeschichtung (Dünnschichten) entsprechend der Reaktionsgleichung:
\mathrm{2 \ TiCl_4 + 4 \ H_2 + N_2 \longrightarrow 2 \ TiN + 8 \ HCl}

Die Herstellung keramischer Körper gestaltet sich schwierig, da reines TiN aufgrund seines hohen kovalenten Bindungscharakters nur eine geringe Sinteraktivität besitzt. Daher ist die Verdichtung der TiN-Formkörper und der Einsatz von Sinteradditiven und externer Druck erforderlich. Ohne diesen Druck erreichen die Keramiken nicht die theoretische Dichte und andere vorteilhafte Eigenschaften. Es sind aber Verfahren bekannt, die durch extrem feine, sogenannte nanoskalige Pulver als Ausgangsmaterial diese hohen Pressdrücke vermeiden.

Eigenschaften

Physikalische Eigenschaften

TiN weist eine Einlagerungsstruktur auf und kristallisiert im Kochsalzgitter, wobei die Titanatome ein flächenzentriertes kubisches Gitter bilden und die kleinen Stickstoffatome in den Oktaederlücken der Basisstruktur eingelagert werden. Die diesen metallischen Hartstoff charakterisierende Kristallstruktur ist nur im Verbund und nicht in Gestalt einzelner Moleküle existent, was sich in seiner Unlösbarkeit in fast allen, selbst agressivsten Lösungsmitteln widerspiegelt. Die extrem hohe Härte übertrifft jene von Chromstahl, wobei Titancarbid einen höheren Härtegrad aufweist. Die Härte liegt bei 2450 HV (Zum vergleich Aluminiumoxid 2100 HV - Titancarbid 3200 HV). TiN hat einen sehr hohen Schmelzpunkt, aber keinen Siedepunkt, da eine vorzeitige Zersetzung erfolgt. Das Material besitzt gute Reibungseigenschaften und ist daher für Systeme mit besonderen Anforderungen an geringsten Verschleiß interessant. Die Haftung auf anderen Materialien ist extrem gering. Im Gegensatz zu nichtmetallischen Hartstoffen wie Diamant, B4C3 oder Siliziumcarbid zeigt TiN ausgeprägtes metallisches Verhalten, wie die Leitfähigkeit für elektrischen Strom. Der Temperaturkoeffizient des elektrischen Widerstandes ist positiv und das magnetische Verhalten ist durch einen schwachen, von der Temperatur abhängigen Paramagnetismus gekennzeichnet. Bei einer Temperatur von T = 4,86 K ist TiN supraleitend. TiN besitzt ein hohes Reflexionsvermögen für Infrarotstrahlung, sein Reflexionsspektrum ist ähnlich dem von Gold.

Durch die Zugabe von wenigen Atomprozent amorphen Silicium zu Titannitrid können extreme Veränderungen der mechanischen Eigenschaften (Steigerung von Härte und Bruchzähigkeit) erzielt werden.

Den vielen herausragenden technischen Eigenschaften des Materials steht seine Sprödigkeit gegenüber, weshalb es vor allem in Form feinster Beschichtungen eingesetzt wird.

weitere physikalische Eigenschaften

Chemische Eigenschaften

Titannitrid ist grundsätzlich extrem reaktionsträge. Die Substanz wird erst bei Temperaturen von über 600 °C an der Luft allmählich angegriffen und erst bei 1200 °C in O2- oder CO2 Atmosphären rasch oxidiert. In heißer Alkalilauge erfolgt eine Zersetzung unter Bildung von Ammoniak.

Verwendung

  Häufig steht im Vordergrund von Titannitridbeschichtungen, die Lebensdauer von Produkten und damit ihre Wirtschaftlichkeit zu erhöhen. Diese, allgemein der Produktveredelung dienenden, goldfarbenen Schichten, sind üblicherweise sehr dünn. Typische technische Beschichtungen sind nicht dicker als 4 µm - dickere Schichten wären gegenüber Rissbildung anfällig.

  • TiN dient zur Beschichtung von Werkzeugwerkstoffen, besonders für Schnellarbeitsstahl und Waffen, um deren Verschleißschutz und Kratzfestigkeit zu steigern. Beschichtet werden vor allem Werkzeuge zum Trennen von Materialien, wie Bohrer und Fräser.
  • Seine Belastbarkeit, der geringe Verschleiß, gepaart mit guter Abfuhr der Reibungswärme qualifizieren das Material zur Verwendung als Lagerwerkstoff in Feinmaschinenlager und Wälzlager.
  • Seine Antihaft-Eigenschaften ermöglichen den Einsatz als Hochtemperaturtrennmittel.
  • TiN wird aufgrund seiner guten Gleiteigenschaften und durch sein geringes Losbrechmoment auch als Beschichtung von Gleitrohren in der Stoßdämpfertechnik und in der Hydraulik verwendet.
  • Die exzellente Temperaturbeständigkeit ermöglicht das Sintern von Hartmetallpulvern.
  • Aufgrund seiner Biokompatibilität ist ein Einsatz bei medizinischen und chirurgischen Instrumenten zweckmäßig. Auch bei Implantaten (als Beispiel seien Herzschrittmacherelektroden genannt) kommt diese Stoffeigenschaft zum tragen.
  • TiN kann als Additiv verwendet werden, um die elektrische Leitfähigkeit technischer Keramiken zu erhöhen.
  • Das Material wird in der Halbleitertechnik als Barrieren-Material verwendet, da es das Eindringen von Metallatomen in Silizium zu verhindern vermag, aber gleichzeitig eine gewisse elektrische Leitung zwischen zwei zu trennenden Komponenten aufrechterhält.

Sicherheitshinweise

Von Titannitrid geht praktisch keinerlei Gefahr aus, da es unbrennbar, ungiftig und darüberhinaus biokompatibel ist. Titannitrid ist im Sinne der EG-Richtlinien kein gefährlicher Stoff und nicht kennzeichnungspflichtig. Es wird als nicht wassergefährdend eingestuft. Als Feinstaub wäre TiN - wie alle anderen Stoffe auch - problematisch. Hier gilt ein Wert von 15 mg/m3 als tolerabel (OSHA).

Quellen

  1. a b c d e Sicherheitsdatenblatt (alfa-aesar)

Literatur

  • F. Kauffmann: Mikrostruktur und Eigenschaften von Titannitrid/Siliciumnitrid-Schichten, Dissertation Universität Stuttgart (2003)
  • Sener Albayrak, Schmidt, Helmut: Kolloidale Verarbeitung und Sintern von nanoskaligem TiN-Pulver, Dissertation, Universität des Saarlandes (1997), publiziert 2002
  • M. Diserens, J. Patscheider und F. Lévy: Mechanical Properties and Oxidation Resistance of Nanocomposite TiN-SiNx Physical-Vapour-Deposited Thin Films, Surface and Coatings Technology 120-121, 158-65 (1999).
  • D. E. Wolfe und J. Singh: Microstructural Evolution of Titanium Nitride (TiN) coatings produced by reactive ion beam-assisted, electron beam physical vapor deposition (RIBA, EB-PVD), Journal of Material Science, pp. 2997 - 3006 (1999)
  • M. Moriyama, H. Aoki, Y. Kobayashi, and K. Kamata: The Mechanical Properties of Hot-Pressed TiN Ceramics with Various Additives, Journal of the Ceramic Society of Japan, Vol. 101, pp. 279-284 (1993).
  • F. Preißer, P. Minarski, P. Mayr, F. Hoffmann: Hochdrucknitridieren von Titanwerkstoffen, Härterei-Technische-Mitteilungen H. 6 S. 361-366 (1991).
  • M. Desmaison-Brut, L. Themelin, F. Valin, and M. Boncoeur: Mechanical Properties of Hot-Isostatic-Pressed Titanium Nitride, Euro-Ceramics, Vol. 3, pp. 258-262 (1989).
  • Gehrke, Reimar: Reaktionen des Titan-Nitrid bei hohen Temperaturen, Clausthal, Techn. Hochsch., Dissertation (1967)
  • Jürgen Crummenauer, TiN-Beschichtungen mittels Plasma-CVD, Aachen, Verlag Shaker (1995), ISBN 3-8265-0732-0, zugleich Universität Bremen, Dissertation (1994)
  • Droese, Joachim: Titannitrid-beschichtete HSS-Spiralbohrer - Leistungsfähigkeit und Verschleißmechanismen, Aachen, Techn. Hochsch., Dissertation (1987)
  • Bliznakovska, Blagica, Miloševski, Milosav: Analysis methods and techniques for hard thin layer coatings characterization in particular on titanium nitride, Universität Skopje (1993), ISBN 3-89336-109-X
  • Kamke, Wolfram, Stimulations- und Wahrnehmungseigenschaften neuer Herzschrittmacherelektroden aus Iridiumnitrid und Titannitrid und deren Bedeutung für die Verlängerung der Funktionsdauer von Herzschrittmachern (1994)
  • Münster A.:Eigenschaften und Anwendung von TiN und Ti, Angewandte Chemie 69 (1957) Nr. 7, S.281-287
  • R. P. Singh and R. D. Doherty, Synthesis of Titaniumnitride Powders under Glow Discharge Plasma, Mat. Let., Vol. 9 (1990), Nr.2-3, S.87-89
  • K. Uematsu, N. Mizutani, O. Sakural, M. Kato: Effect of Nonstoichiometry on the Sintering of TiNx, Ceramic Society of Japan, 90 [10] (1982), S. 597-603

Wiki/Weblinks

  • Brycoat, Industrielle TiN-Beschichtungen
  • Datensatz zu TiN , Quelle: NIST
  • Fachliteraturabfrage über Datenbank
 
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