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Waise (Reichskrone)Der Waise (lat. orphanus), oft auch als Weise bezeichnet, war der berühmteste und als völlig einzigartig empfundene Edelstein des deutschen Mittelalters. Er befand sich in der Reichskrone, dem wichtigsten Teil der Reichskleinodien des Heiligen Römischen Reiches. Weiteres empfehlenswertes Fachwissen
GeschichteSeit etwa 1200 wurde der Waise, als Leitstein und Inbegriff der Krone, auch in der deutschsprachigen Dichtung zum populären Symbol für die Reichsherrschaft. Dichter wie Walther von der Vogelweide und Otto von Botenlauben spielen auf ihn an, und die historisierende Abenteuererzählung über Herzog Ernst „erfindet“ eine Herkunft des wichtigen Reichssymbols. Der Naturkundler Albertus Magnus beschrieb um 1250 den Waisen edelsteinkundlich als einen blassroten Stein. Seit der Mitte des 14. Jahrhunderts wird der Waise nicht mehr erwähnt; es ist nicht geklärt weshalb. Im allgemeinen wird angenommen, dass er verlorengegangen und die Lücke in der Krone durch einen anderen Stein gefüllt worden sei. So sind Umarbeitungen an der Krone nachzuweisen, die auf verlorengegangene Teile hinweisen. Es ist aber auch nicht auszuschließen, dass der Waise seine mythische Überhöhung als Leitstern aller Fürsten (Walther von der Vogelweide) verlor und seine Rolle in Vergessenheit geriet. So könnte er, unter dem nüchternen Blick der Neuzeit, zu dem gewöhnlichen Edelstein geworden sein, der er immer war und als der er sich noch an der Krone befindet. Eine Diskrepanz zwischen Mythos und Empirie bezeugt bereits im 13. Jahrhundert Albertus mit seinem Hinweis darauf, dass der Waise angeblich einst nachts leuchtete, was aber nun nicht mehr zuträfe. Auch über die tatsächliche Gestalt und Farbe sowie den genauen Anbringungsort an der Krone gibt es in den Quellen und darausfolgend in der wissenschaftlichen und historischen Literatur widersprüchliche Angaben. Der Name"Waise" bedeutet soviel wie "einzigartiges Stück" (ebenso eine alleinstehende Zeile in der Reimlehre). Erwähnungen des WaisenWalther von der Vogelweide
Otto von BotenlaubenAlbertus MagnusDer Naturkundler und Philosoph Albertus Magnus gibt eine sehr bildhaft-präzise Beschreibung der Farbe des Waisen, aber es ist eher unwahrscheinlich, dass er Gelegenheit gehabt haben sollte, die Reichskrone selbst genau in Augenschein zu nehmen. Seiner Metaphorik folgend, hatte der Stein die Farbe von dünnem Rotwein oder von einem Rotwein-Sorbet:
Von einem milchigen Schleier, der oft als Argument dafür angeführt wird, dass es sich um einen Opal gehandelt haben mag, spricht er hingegen nicht.
Ort der AnbringungWie bereits erwähnt, gibt es über den Ort der Anbringung des Waisen an der Reichskrone widersprüchliche Angaben. Nach den vorhandenen Quellen kommen zwei Stellen in Frage, die Stirnplatte der Reichskrone und die Nackenplatte. Im Folgenden sollen die Argumente für und wider den jeweiligen Anbringungsort dargestellt werden. An der Stirnplatte?An der Stirnplatte der Reichskrone fehlt ein großer Stein, der durch einen kleineren ersetzt wurde. An der Nackenplatte?Es wird von einigen angenommen, dass der Waise identisch ist mit dem Stein der sich in der Mittelreihe als zweiter von oben befindet. Wenn Walther von der Vogelweide also tatsächlich die heutige Reichskrone beschreibt und den großen Stein auf der Nackenplatte als den Waisen bezeichnet, ergibt sich die Frage, warum ausgerechnet der Stein angesprochen wurde, der über dem Nacken, nicht über der Stirn des Königs zu sehen war. Als Begründung könnte man anführen: „Die Fürsten sollen sich in der Zeremonie hinter dem König wie hinter einem Leitstern einreihen.“ ([1]) Hingegen soll genau dieser Stern an der Nackenplatte, ein Hyazinth, eine Ersetzung nach der Krönung Joseph II. im Jahre 1764 sein. Auf einem sehr detaillierten farbigen Stich von Johann Adam Delsenbach ist noch der Originalstein zu sehen. LiteraturStaats, Reinhart, Theologie der Reichskrone. Ottonische 'Renovatio Imperii' im Spiegel einer Insignie., Stuttgart 1976, Seite 75-87. |
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Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Waise_(Reichskrone) aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar. |