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Wasserstoffbrückenbindung



      Wasserstoffbrückenbindungen, auch kurz Wasserstoffbrücken, H-B-B oder H-Brücken, sind chemische Bindungen mit einer freien Enthalpie von 10-20 kJ/mol (20 kJ/mol Bindungsenergie in Wasser). Sie sind elektrostatischer Natur und die Bindungsenergien liegen deutlich unter denen der kovalenten Atombindung und der ionischen Bindungen.

Wasserstoffbrücken entstehen, wenn zwei Moleküle oder zwei geeignet weit voneinander getrennte Abschnitte eines Makromoleküls über Wasserstoffatome (H) in Wechselwirkung treten. Dazu muss das H kovalent an ein stark elektronegatives Atom (z. B. N, O, F und in manchen Fällen auch Cl) gebunden sein, was dem H eine positive Partialladung und dem Bindungspartner des H eine negative Partialladung verschafft, weil das elektronegativere Atom eine starke Anziehungskraft auf das gemeinsame Elektronenpaar ausübt. Man spricht von der Ausbildung eines positiven Pols (beim H) und eines negativen Pols (beim Bindungspartner des H), oft auch von einem starken Dipol. Die elektrostatischen Kräfte der Dipole führen zu einer Ausrichtung und gegenseitigen Anziehung der Dipole (der - Pol eines Dipols zieht den + Pol eines anderen Dipols an). Die Wasserstoffbrücke ist gebildet. Oder: Die Wasserstoffbrücke wird nun vom H des einen Moleküls, dem Donator, zu einem Atom mit negativer Partialladung eines anderen Moleküls gebildet, dem Akzeptor. Dieser Prozess ist ansatzweise dem zur Dissoziation von Protonen bei Säuren führenden Vorgang (Protolyse) ähnlich.

H-O-H....O-H2

Wasserstoffbrücken sind verantwortlich für die speziellen Eigenschaften vieler für Lebewesen äußerst wichtigen Moleküle:

Gerade in Wasser aber führt die Fähigkeit eines jeden Wassermoleküls, vier Wasserstoffbrücken auszubilden (wobei zwei der brückenbildenden Wasserstoffatome zum betrachteten Molekül, die zwei anderen zu weiteren Wassermolekülen gehören), zu einem komplexen dreidimensionalen Netzwerk untereinander verbrückter Wassermoleküle. Freilich sind diese Strukturen nicht starr, sondern fluktuieren in der Flüssigkeit auf einer sehr kurzen Zeitskala (Pikosekunden), da ständig einzelne Wasserstoffbrücken brechen und wieder neu gebildet werden. Erst wenn Wasser zu Eis gefriert, verfestigt sich die Struktur und es kommt zur Kristallbildung.

Die typische Bindungslänge von Wasserstoffbrückenbindungen in Wasser ist 0,18 nm. Es treten dabei zwei Typen von Bindungen auf. Sogenannte lineare Bindungen mit einem Bindungswinkel von 180° und nichtlineare 180° +/- 20°, wobei die lineare Bindung überwiegt. Wohingegen ein rein tetraedrisches Netzwerk (Bindungswinkel 180°) zu jeweils 4 nächsten Nachbarn führen müsste (Koordinationszahl 4) ist die gemessene (Röntgenstreuung) Koordinationszahl unter Normalbedingungen 4,5. Bei abnehmender Dichte erniedrigt sich dieses Ordnungsmaß (im Gegensatz zu einer Erhöhung der Koordinationszahl bei den meisten anderen Flüssigkeiten) auf 4 und damit auf den Wert für eine ideale tetraedrische Struktur.

Im Wasser sind vorwiegend 2, 4 oder 8 Wassermoleküle miteinander verbunden. Beim Verdampfen müssen diese getrennt werden; hierdurch erklärt sich auch der (im Vergleich zu anderen Substanzen) hohe Energieaufwand, um flüssiges Wasser von 100 °Celsius in Dampf von 100 °C zu verwandeln (s. Verdampfungswärme).   Die Wasserstoffbrückenbindungen verursachen auch die Anomalie des Wassers.

Die Verbindungen von Wasserstoff mit Elementen in der Umgebung des Sauerstoffs im periodischen System der Elemente haben sehr viel niedrigere Schmelz- und Siedepunkte als Wasser (siehe Abbildung).

Außer CH4 (Methan) bilden zwar die in der Abbildung aufgeführten Verbindungen auch Wasserstoffbrücken, diese können jedoch nur Ketten bilden. Im Wasser entstehen dagegen dreidimensionale Strukturen, die der Grund für die Sonderstellung und die Anomalie des Wassers sind.

Aus diesen Beispielen ist zu schließen, dass ein „Wasser ohne Wasserstoffbrückenbindungen“ (was es nicht gibt) bereits bei zwei- oder gar dreistelligen Minustemperaturen verdampfen würde wie etwa Methan. Auf der Erde würde es kein gefrorenes Eis und kein flüssiges Wasser geben, sondern nur gasförmigen Wasserdampf; Leben auf der Erde in der heutigen Form könnte unter solchen Bedingungen nicht existieren.

Die Idee der schwachen Wechselwirkung des Sauerstoffatom eines Wassermoleküls mit dem Wasserstoffatom eines anderen stammt von Maurice Huggins, einem Studenten Gilbert Newton Lewis', der den Ausdruck Wasserstoffbrückenbindung im Jahr 1923 prägte.

Literatur

Allgemeine Lehrbücher
Spezielle Bücher
  • G. A. Jeffrey, An Introduction to Hydrogen Bonding, Oxford University Press, Oxford, 1997, ISBN 978-0195095494.
  • G. C. Pimentel, A. L. McClellan, The Hydrogen Bond, (Hrsg.: L. Pauling), W. H. Freeman and Company, San Francisco, 1960, ISBN 9780716701132.
  • A. J. Stone, The Theory of Intermolecular Forces, Oxford University Press, Oxford, 1997, ISBN 978-0198558835.

Links

  • Kleine Einführung in die Molekularsoziologie - die Wissenschaft vom molekularen Zusammenleben und von den zwischenmolekularen Beziehungen
 
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Wasserstoffbrückenbindung aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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