Nachwachsende Windmühlen
Naturfaser-verstärkte Kunststoffe in der Gondel und Bioschmierstoffe im Getriebe von Windkraftanlagen erfolgreich getestet
In beiden Projekten zeigten sich die nachwachsenden Rohstoffe in technischer Sicht mindestens ebenbürtig zu den bislang üblichen konventionellen Produkten. Der Bioschmierstoff-Einsatz ist künftig insbesondere auch für Offshore-WKA interessant.
Gefördert wurden beide Vorhaben durch das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) über dessen Projektträger, die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR).
Für die Herstellung der Hybrid-Gondel aus natur- und glasfaserverstärkten Kunststoffen (NFK- bzw. GFK) mussten die etablierten Produktionsprozesse nur minimal modifiziert werden. Dass Naturfasern nicht so leicht splittern wie Glasfasern, haben die Mitarbeiter der Firma Fassmer, dem Projektpartner der Firma Invent, bei dem durch viel Handarbeit geprägten Herstellungsprozess schnell schätzen gelernt. Etwas aufwändiger gestaltete sich dafür die Drapierung der relativ steifen Naturfasermatten, die häufiger eingeschnitten werden mussten. Optimierungsbedarf besteht noch im Quellverhalten der Naturfasern, da momentan eine größere Harzmenge zur Benetzung benötigt wird. Aus diesem Grund ist die Hybrid-Gondel auch insgesamt noch schwerer als das reine GFK-Modell. Da der Laminataufbau jedoch bisher mit wenig angepasster Technik erfolgte, rechnen die Unternehmen künftig mit Gewichtsminimierungen. Hilfestellungen erwarten sie hierbei aus anderen FNR-Projekten, bei denen an der Fragestellung "Faser-Matrixhaftung und Oberflächenmodifizierung an Naturfasern" geforscht wird.
Als Matrix kam ein Polyesterharz zum Einsatz, das im Vergleich zu den reinen GFK-Modellen bei leicht erhöhten Temperaturen aushärtete. Zukünftig ist die Verwendung eines kalthärtenden pflanzenölbasierten Biopolymers der Firma HOBUM geplant, womit sich der Anteil nachwachsender Rohstoffe in der Gondel weiter erhöhen würde.
Für den Gondel-Prototypen ist nun der Praxistest auf einer echten WKA vorgesehen. Fällt der positiv aus, steht dem breiten Einsatz des neuen Werkstoffs NFK-GFK nichts mehr im Wege. Interessant ist er dann nicht nur für die Windkraftbranche, sondern auch für den Schiffbau, zum Beispiel für die Konstruktion von Decksaufbauten und Schornsteinverkleidungen.
Ohne Schmierung dreht sich bei einer WKA nichts, schon gar nicht die vielfältigen Getriebe. Je nach Getriebeart müssen die Schmieröle, die hier zum Einsatz kommen, technisch sehr anspruchsvolle, aber stark variierende Anforderungen erfüllen.
Bei den umfangreichen praxisnahen Versuchen konnten die beiden Fuchs-Gesellschaften zusammen mit einer Reihe von Partnern zeigen, dass Bioschmieröle diesen Herausforderungen im vollem Umfang gerecht werden. Beteiligt waren neben Fuchs der WKA-Hersteller GE Wind Energy, der Getriebehersteller Bosch Rexroth, die Lagerhersteller Rothe Erde und SKF sowie der Filterhersteller Hydac. Das Institut für Maschinenelemente der Rheinisch-Westfälisch Technischen Hochschule Aachen unterstützte das Vorhaben wissenschaftlich und dokumentierte die Arbeiten.
Im Ergebnis weisen die Bioöle gegenüber konventionellen Schmierölen sogar einen großen Plus-Punkt auf: Um die Schmiereigenschaften zu verstärken, werden konventionelle Schmierstoffe mit Additiven versetzt. Je höher deren Konzentrationen, desto eher neigen sie bei bestimmten Betriebsbedingungen zu einer Verschlammung, was wiederum häufigere Filterwechsel erfordert.
Bioschmierstoffe dagegen besitzen eine hohe natürliche Schmierkraft, so dass sie weniger Additive benötigen. Entsprechend längere Filterwechsel-Intervalle bieten gerade auch für den Einsatz in Offshore-WKA Vorteile, sind doch Wartungsarbeiten auf See ungleich aufwändiger und teurer als an Land. Die Firma Hydac Filtertechnik testete im Rahmen des Projektes, ob sich Bioschmierstoffe über moderne Ölüberwachungssysteme kontrollieren lassen. Mit Hilfe von Condition Monitoring-Systemen kann auf elektronischem Weg eine Fernüberwachung einzelner Komponenten einer WKA, auch der Schmierstoffe, erfolgen. Condition Monitoring arbeitet unter anderem mit optischen Sensoren, in diesem Zusammenhang stellte sich die hellere Grundfarbe der Bioschmieröle im Vergleich zu der der konventionellen Öle als vorteilhaft heraus.
Alle getesteten Bioschmierschmierstoffe sind bereits am Markt erhältlich. Die Fuchs Lubritech und die Fuchs Europe Schmierstoffe haben zum Jahresbeginn eigens zur Betreuung des Windkraftmarktes eine "Fuchs Windpower Division" gegründet. Sie verbindet mit den positiven Projektergebnissen die Hoffnung, dass sich die Marktanteile nun deutlich steigern lassen.
Der Einsatz von Bioschmierfetten im Gegensatz zu Bioschmierölen ist in WKA bislang noch wenig verbreitet. Daher wurde zunächst getestet, ob diese Produkte die hohen Anforderungen erfüllen. Die ersten Ergebnisse zeigen, dass das Reibungsverhalten positiv beeinflusst wurde. Inwieweit dies auch in einen geringeren Lagerverschleiß mündet, muss noch weiter analysiert werden. Die Ergebnisse aus diesen beiden Forschungsprojekten zeigen, dass es zukünftig möglich sein wird, die Energiegewinnung aus Wind durch den Einsatz von Produkten aus nachwachsenden Rohstoffen noch nachhaltiger und umweltfreundlicher zu machen.
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