Kobaltverbindung als Modell für künftige Katalysatorentwicklung
Der Kobold in der Zange
LIKAT nordlicht
Prinzipiell versteht man unter einem Katalysator, eine bestimmte chemische Verbindung, die durch ihre bloße Anwesenheit eine chemische Reaktion zu beschleunigen vermag. So ein Katalysator besteht aus einem reaktiven Metall-Zentrum, das durch eine Art Gerüst, dem Liganden, wie Chemiker es nennen, umgeben und damit fixiert ist. Die Funktion solcher Liganden lässt sich durch eine vorteilhafte räumliche Struktur unterstützen, und eine solche Struktur ist ein Pincer-Ligand, bei dem zwei Molekülarme des Liganden das reaktive Zentrum in die Mitte nehmen.
Chemisch wohldefiniert
In der anorganischen Chemie werden Pincer-Komplexe seit den siebziger Jahren untersucht. „Sie stellen eine chemisch wohldefinierte Umgebung dar“, erläutert Kathrin Junge den Vorteil gegenüber anderen Strukturen. Das heißt u.a., mit der Struktur sind gleichzeitig die chemischen Eigenschaften für die Reaktion definiert. Mit ihrem Team am LIKAT verwendet Kathrin Junge dieses Wissen nun für die organische Chemie, die sich mit der Umwandlung von Kohlenstoffverbindungen befasst. Im konkreten Fall beschleunigt der Cobalt-Pincer-Komplex die Reduktion von Carbonsäureestern, die durch Anlagerung von Wasserstoff zu Alkohol umgewandelt werden. Diese Hydrierung ist ein wichtiger Schritt bei der Herstellung von Medikamenten bzw. pharmakologischen Wirkstoffen und auch bei der Synthese großtonnagiger Grundchemikalien.
Metall-Pincer-Komplexe werden schon seit ca. 5 Jahren im gesamten Arbeitskreis von Prof. Matthias Beller bearbeitet, der auch Direktor des LIAKTs ist und zu dem die Gruppe von Kathrin Junge gehört. Dabei wurden erste Erfahrungen mit Pincer-Strukturen zunächst anhand von Katalysatoren auf Ruthenium-Basis gesammelt. Doch Ruthenium ist ein teures Edelmetall mit einer begrenzten Verfügbarkeit, weshalb der Trend in der Chemie aus Kosten- und Umweltgründen hin zur Verwendung von Nicht-Edelmetallen geht. Erste Versuche, Ruthenium durch Eisen zu ersetzen, liefen erfolgversprechend. Kathrin Junge: „Die Frage war, ob sich auch andere Nicht-Edelmetalle in dieser molekularen Umgebung für leistungsfähige Katalysatoren nutzen lassen.“ Ihr Team wollte damit systematisch ein gängiges Modell neuartiger Katalysatoren schaffen, in denen sich eine Vielzahl von Nicht-Edelmetallen für unterschiedlichste Anwendungsfälle eignet.
Mittelalter: „verhextes“ Silber
Nach den ersten Erfolgen mit Eisen als reaktivem Zentrum nahmen sich Kathrin Junge und ihre Mitarbeiter die chemischen Elemente Mangan und Kobalt vor. Dabei ließen sich die Ergebnisse mit Kobalt weitaus weniger gut reproduzieren als mit Mangan. Kobalt habe seinem Namen alle Ehre gemacht, sagt Dr. Junge mit einem Schmunzeln. Tatsächlich hatte es seinen Namen ursprünglich seiner „schwierigen“ Handhabung wegen bekommen. Im Mittelalter hielten Bergleute Kobalterz für Silbererz. Doch da es sich nicht wie gewohnt verarbeiten ließ, dachten sie, es sei von Kobolden „verhextes“ Silber und nannten es Kobolderz, Kobalt.
Es seien „viele, viele Versuche“ im Labor notwendig gewesen, sagt Kathrin Junge, bevor sie „mit Erfahrung, Knowhow und auch etwas Glück“ einen katalytisch aktiven Cobalt-Pincer-Katalysator gefunden hat. Damit liege nun ein leistungsfähiges Modell vor, dass bei recht milden Reaktionsbedingungen arbeitet, nämlich bei Temperaturen von 120 Grad Celsius und Drücken von maximal 50 bar. Das stellt gegenüber bisherigen Katalyse-Komplexen eine deutliche Verbesserung dar.
Industrie ist interessiert
Ein weiterer Vorteil des Cobalt-Pincer-Katalysators besteht darin, dass er selektiv arbeitet und die sogenannten funktionellen Gruppen im Molekül nicht angreift. Katalysereaktionen laufen ja mit meist sehr komplexen Verbindungen ab, in denen bestimmte Molekülgruppen für spezifische Eigenschaften sorgen und deshalb erhalten bleiben sollen. Und die dürfen während einer Katalysereaktion nicht beschädigt oder beeinträchtigt werden.
Als nächstes werden sich Kathrin Junge und ihre Arbeitsgruppe den Elementen Kupfer und Zink zuwenden, um das Modell durch weitere Elemente auszubauen. Es ist klassische Grundlagenforschung, die sie hier betreiben, und da sie dabei keinerlei Patente anmelden, kann jedermann sie nutzen. In der Industrie verfolgen die Kollegen sehr genau die Veröffentlichungen aus dem Arbeitskreis von Prof. Matthias Beller bzw. der Gruppe um Kathrin Junge. Ihr hot paper war kaum erschienen, da die ist Forscherin schon daraufhin angesprochen worden. Auch dies zeige die Bedeutung dieser aktuellen Arbeit aus dem LIKAT.
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