Virtueller Baukasten für Werkstoffdesign
Neue Nachwuchsforschungsgruppe am MPI-P will mit Computersimulationen ihrer Nanostrukturen Eigenschaften von Materialien vorab bestimmen
Nano vom Sensor bis zur Eiscreme
Die Palette möglicher Anwendung, so Donadio, sei äußerst vielfältig und reiche von der Energiegewinnung bis hin zur Lebensmitteltechnik. Die speziellen elektronischen und strukturellen Besonderheiten einiger Materialien ermöglichen es, Hitze in elektrische Energie zu wandeln. In Bauteile integriert, vereinen solche thermoelektrischen Materialien mehrere Funktionen auf sich: Sie bauen thermische Energie ab und können diese in demselben Prozess zu elektrischer Energie einer neuen Verwendung zuführen. Solche Materialien werden zum Beispiel in Sensoren verbaut, die in Luft- und Raumfahrttechnik Verwendung finden. Diese müssten, so Donadio, zukünftig bei ausgedehnteren Anwendungen weitaus effizienter arbeiten: „Es ist eines unserer Ziele die Voraussetzungen zur Entwicklung effektiverer thermoelektrischer Materialien zu erforschen. Daneben untersuchen wir wärmeableitende Nanomaterialien, wie etwa Graphen, die zum Beispiel die Oberflächen von Computerchips kühlen könnten. Graphen, aus einer Schicht Kohlenstoffatomen bestehend, besitzt die bis dato höchste Wärmeleitfähigkeit aller uns bekannten Materialien. Das eröffnet uns eine großartige Perspektive für neue Forschungen und Anwendungen in Verbindung mit der Nanotechnik.“
Die Auswirkungen der Kristallisation lassen sich anschaulich beim Genuss von Speiseeis beobachten. Der Effekt ist allgemein bekannt: Der Appetit auf ein Eis steigt bei sommerlichen Temperaturen besonders. Holt man es aus dem Gefrierfach, um ein Schälchen zu naschen, beginnt es sofort zu schmelzen. Mit dem erneuten Einfrieren vergrößern sich an der geschmolzenen Oberfläche die bis dahin mikroskopischen Eiskristalle und werden sichtbar. Viele Konsumenten empfinden dies als Qualitätsverlust. Auch in diesem Fall ist das Kristallisationsverhalten des Eises durch seine spezifischen Mikrostrukturen vorgegeben. Signifikant ist der Zusammenhang zwischen Struktur und Temperaturverhalten. Dieser lässt sich verändern - unabhängig davon, ob Schokoladen- oder Fruchtgeschmack. Wie dies geschehen kann, versuchen Donadio und sein Team zu simulieren.
Als besonders wichtig erachtet Donadio die enge Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Arbeitsgruppen des MPI-P: „Unsere Forschungsvorhaben sind theoretischer Natur, bauen aber auf experimentellen Erkenntnissen auf. Wir werden uns deshalb mit den Forschungsgruppen hier am Institut austauschen und unser Wissen eng vernetzen.″ Daneben möchte er auch mit Unternehmen kooperieren, die mit den Ergebnissen der Forschungsgruppe die Weiterentwicklung ihrer Produkte vorantreiben.
Der aus Norditalien stammende Donadio beschäftigte sich bereits während seines Studiums in Mailand sowie bei seinen Forschungsaufenthalten an der ETH Zürich und der University of California in Davis mit Nanostrukturen aus Kohlenstoff, Kristallisationsprozessen und thermoelektrischen Materialien. Am MPI-P besitzt er nun die Möglichkeit mit einem Team diese Arbeit in einem größerem Maßstab fortzusetzen.
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