Verbrennungsforscher erfolgreich gegen umweltschädliches Lachgas

03.11.2010 - Deutschland

Zehn Jahre lang wurde an der Entwicklung eines „Scheibenlasers“ gearbeitet. Nun ging im Bremer Fallturm der Universität die erste Versuchsreihe mit bahnbrechenden Ergebnissen zu Ende. Zum ersten Mal wurde die Selbstzündung einzelner Brennstofftropfen mittels aufwändiger Laserdiagnostik untersucht. Aus der unerwarteten Detailschärfe der neu gewonnen Informationen lassen sich nach Meinung der Verbrennungsforscher technische Strategien entwickeln, die die Entstehung von klimarelevanten Emissionen während eines Verbrennungsprozesses drastisch reduzieren können.

Als „Meilenstein in der Verbrennungsforschung unter Schwerelosigkeit“ feiern die Wissenschaftler des Zentrums für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation (ZARM) in Bremen zusammen mit ihren Partnern des Instituts für Photonische Technologien aus Jena und dem Institut für Strahlwerkzeuge der Universität Stuttgart das Ende der ersten Versuchskampagne am Bremer Fallturm. „Jetzt können wir viel besser als bisher die Prozesse, die während der Zündung eines Tropfens in heißer Umgebung ablaufen, erkennen und beschreiben. Diese Informationen sind überaus hilfreich, um die Zündung von Brennstoffsprays verstehen zu können. Hiervon wird die Entwicklung besonders schadstoffarmer Verbrennungsprozesse in Motoren, Kraftwerks- und Flugzeug-Gasturbinen schon in naher Zukunft erheblich profitieren“, sagt Christian Eigenbrod, Leiter des Forschungsbereiches Verbrennungstechnik des ZARM.

Worum geht es im Detail? Unter Einsatz der neuen Lasergeneration liefern die Fallturmexperimente äußerst detaillierte Antworten auf die für die Forscher essentiellen Fragen: Wie verdampft der Tropfen? Wie, wann und wo kommt es in der Umgebung des Tropfens zu Vorreaktionen, bei denen sich Formaldehyd bildet? Wann und warum führen diese Vorreaktionen zur Entzündung einer sichtbaren Flamme? Diese Informationen werden benötigt, um in Zukunft Verbrennungsmaschinen derart auslegen zu können, dass die Selbstzündung erst dann erfolgt, wenn das Brennstoffspray sowohl vollständig verdampft als auch gleichmäßig mit der in einem Brennraum vorhandenen Luft durchmischt ist. Das ist eine große technische Herausforderung, aber die entscheidende Voraussetzung für eine Verbrennung mit den geringsten Emissionen gesundheitsschädlicher und klimarelevanter Stickoxide wie Stickstoffmonoxid, Stickstoffdioxid und Lachgas. Letzteres ist der Stoff, der den größten Anteil aller Verbrennungsprodukte zum Treibhauseffekt liefert. Zwar ist sein Mengenanteil im Vergleich zu Kohlendioxid sehr klein, sein Treibhauspotenzial aber rund 20 Mal höher als das von CO2.

„CO2 macht mit rund 80% den mit Abstand größten Teil der schädlichen Verbrennungsgase aus, aber am Treibhauseffekt ist Lachgas, das bei ungenügend vorgemischter Verbrennung entsteht, zu annähernd 90% verantwortlich. Im Gegensatz zu CO2 ist die Bildung von Lachgas aber relativ leicht zu vermeiden. Wir brauchen diese Experimentergebnisse daher dringend, um eine verlässliche Modellierung der Sprayzündung durchführen zu können und daraus technische Strategien entwickeln zu können“, so Christian Eigenbrod über die Bedeutung der Ergebnisse der ersten erfolgreichen Versuche.

Die neue Lasergeneration

In der Vergangenheit wurde versucht, diese Ergebnisse mittels tonnenschwerer Laser zu erzielen, deren Licht von außen in die fallende Versuchskapsel eingespiegelt wurde. Diesen Laserstrahl auf ein winziges Objekt, wie einen Tropfen, zu richten, der sich mit einer Geschwindigkeit von bis zu 170 km/h und bis einer Entfernung von 120 m vom Laser weg bewegt, war nur bedingt gelungen. Nach annähernd zehn Jahren Entwicklungszeit konnte der mit Mitteln des Bundes, vergeben durch die Raumfahrtagentur des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), entwickelte Scheibenlaser nun erstmalig im Fallversuch angewendet werden. Es ist gelungen, den Laser soweit zu verkleinern, dass er in die Fallkapsel passt und mit dem Experiment in die Tiefe stürzt. Dabei ist die Qualität des Laserlichtes auch noch um ein Vielfaches verbessert und die Detailschärfe der Informationen wesentlich vergrößert worden.

Trotz der reduzierten Größe des Lasers war die Konstruktion einer Spezialkapsel erforderlich: mit mehr als vier Metern Länge und rund 650 kg Gewicht ist sie die bisher größte und schwerste Fallkapsel, die je im Fallturm Bremen gefallen ist. Die Fallturm-Betriebsgesellschaft musste sogar ihre Abbremsvorrichtung umkonstruieren, um am Ende des Versuches auch die fast anderthalbmal größere kinetische Energie der fallenden Kapsel sicher kompensieren zu können. Besonders erfreulich und nicht unbedingt erwartet ist auch die Tatsache, dass der Laser nach der Landung in dem mit kleinen Styroporkügelchen gefüllten Auffangbehälter keinerlei Nachjustierung bedurfte. Das äußerst komplizierte optische System übersteht die Abbremsung mit mehr als dem 40-fachen der Erdbeschleunigung ohne jede Beschädigung. Jetzt hoffen die Forscher bereits auf den nächsten Schritt: die Weiterentwicklung dieses Diagnose-Systems für die Anwendung auf der Internationalen Raumstation.

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