Doktorandenpreis: Potenzial und Grenzen von Polypyrrol zur Leitfähigkeitsausrüstung

17.11.2010 - Deutschland

Der Doktorandenpreis des Vereins zur Förderung des Leibniz-Instituts für Polymerforschung Dresden e. V. (IPF) wurde in diesem Jahr an Herrn Dr. Jan Hegewald verliehen. Ausgezeichnet wurde er für seine Dissertation zum Thema „Conductive Polymers for Interfacial Modification of Heterogeneous Polymer Blends“ (deutsch: Leitfähige Polymere für die Grenzflächenmodifizierung in heterogenen Polymerblends), die er unter der Betreuung von Frau Prof. Dr. Brigitte Voit an der Fakultät Mathematik und Naturwissenschaften der Technischen Universität Dresden und am Leibniz-Institut für Polymerforschung Dresden e. V. erarbeitet hat.

Ausgangspunkt für die Arbeit ist ein sehr aktuelles Gebiet der Polymerforschung, die Herstellung von Materialien mit funktionalen Eigenschaften, speziell die antistatische Leitfähigkeitsausrüstung von an sich elektrisch isolierenden Polymeren. Im Gegensatz zu dem heute zumeist verfolgten Ansatz, Leitfähigkeit in Kunststoffen über Einarbeitung nicht-polymerer leitender Zusatzstoffe wie Metallen, Metalloxiden, Ruß oder Kohlenstoffnanoröhren zu erreichen, zielten die Arbeiten von Jan Hegewald darauf ab, dafür die elektrostatische Leitfähigkeit zu nutzen, die einige wenige Polymere von Natur aus besitzen. Dass leitfähige Polymere wie die in der Dissertation untersuchten Polypyrrole bisher kaum in der Kunststoffindustrie genutzt werden, liegt daran, dass sie nur geringe Festigkeiten aufweisen und sich schwer verarbeiten lassen. Gefunden werden sollten nun Wege, sie in industriell üblichen Schmelzemischprozessen so in andere Thermoplaste einzuarbeiten, dass sie bei Einsatz relativ geringer Konzentrationen (< 10 % Masseanteil im Verbund) die mechanischen Eigenschaften und die Verarbeitbarkeit des Kunststoffs nicht beeinträchtigen, aber andererseits ein durchgängiges Perkolationsnetzwerk ausbilden, das die Leitfähigkeit des Werkstoffverbundes sichert. Um diese netzwerkartige gleichmäßige und durchgängige Verteilung des leitfähigen Polymers zu erreichen, sollte Polypyrrol als reaktives Kopplungsagens in die Grenzschicht eines heterogenen Polymerblends, d.h. eines Verbundes aus zwei an sich unmischbaren Polymeren, eingebracht werden.

Für die noch stark im Grundlagenbereich angesiedelte Arbeit, die Prinzipen an Modellsystemen aufzeigen sollte, bedurfte es sowohl hinsichtlich der gewählten Blendkomponenten Polymethylmethacrylat (PMMA; umgangssprachlich: Acrylglas oder Plexiglas) und Polystyren (PS) als auch für das Polypyrrol zunächst der Synthese optimierter Ausgangsstoffe. Durch Nutzung und spezielle Anpassung moderner Synthesemethoden (ATRP, RAFT) gelang Jan Hegewald die Synthese von PMMA und PS mit definierter Struktur und spezifischen funktionellen Gruppen für die geplante Kopplung in Größenmaßstäben (bis zu 100 g), welche die nachfolgende Verarbeitung zu Blends erlaubten. Der Versuch, Polypyrrole mit erhöhter Reaktionsfähigkeit und besonders hoher Leitfähigkeit zu synthetisieren, war nach aufwändigen experimentellen Arbeiten schließlich über die Entwicklung eines neuartigen, inzwischen zum Patent angemeldeten Oxydationssystems erfolgreich.

Jan Hegewald liefert mit seinen Arbeiten allen Forschern, die sich künftig mit leitfähigen Polymeren und Blends beschäftigen, einen erheblichen Erkenntnisgewinn und eine Fülle von Anregungen für neue Ansätze und Anwendungen. So eröffnen sich für die ebenfalls von Herrn Hegewald hergestellten funktionalisierten leitfähigen Polypyrrol-Nanohohlkugeln Anwendungsmöglichkeiten z.B. in medizinischen Diagnosesystemen. Das beruht darauf, dass die spezifische Anbindung von Biomolekülen Änderungen in der Leitfähigkeit der Polypyrrole bewirkt, die sich mit hoher Empfindlichkeit messen lassen.

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