Lichtwirbel: Zirkular polarisierte Lumineszenz durch Rühren und Gelieren einer Farbstofflösung
Schwingt man ein Seil, das mit einem Ende z.B. an einem Zaun angebunden ist, mit dem Arm senkrecht auf und ab, entsteht eine Welle in der Vertikalen. Bewegt man den Arm von rechts nach links hin und her, schwingt sie dagegen in der Horizontalen. Läuft das Seil zwischen zwei eng stehenden Bäumen hindurch, würde sich nur die vertikal schwingende Welle bis zum Ende des Seils fortpflanzen. Auch Licht kann als Welle betrachtet werden. Gewöhnliches Licht von einer Glühbirne hat keine Vorzugsrichtung der Schwingung. Es schwingt in allen Raumrichtungen senkrecht zur Ausbreitungsrichtung des Lichts. So wie die beiden Bäume beim Seil lassen z.B. bestimmte Gläser, so genannte Polarisationsfilter, nur Lichtwellen durch, die in einer bestimmten Ebene schwingen. Was durchkommt, bezeichnet man als linear polarisiertes Licht. Darüber hinaus gibt es noch eine andere Variante: zirkular polarisiertes Licht. Hier schwingt die Lichtwelle wendelförmig, denn die Amplitude beschreibt einen Kreis um die Ausbreitungsachse. Dabei kann die Welle rechts herum oder links herum rotieren.
Die Form und Ausrichtung von Molekülen kann die Schwingungsebene von Licht beeinflussen, wenn das Licht eine Substanz durchquert. Und so ist es auch nicht verwunderlich, dass manche Moleküle, die Licht aussenden (lumineszieren), polarisiertes Licht abstrahlen können. So kann die Lumineszenz z.B. zirkular polarisiert sein, wenn die leuchtenden Molekülteile (Luminophore) helikal angeordnet sind.
Die japanischen Wissenschaftler von der Tokyo University of Science und dem Nara Institute of Science and Technology haben nun einen neuen Dreh gefunden, um zirkular polarisiertes Leuchten zu erzeugen: Einfach umrühren. Was steckt dahinter? Das Rühren erzeugt in einer Flüssigkeit Wirbel, die Leuchtmoleküle in eine helikale Anordnung bringen können.
Das Leuchten mit dem aufgezwungenen Drehsinn konnten die Forscher sogar konservieren, indem sie die Lösung mit den Leuchtmolekülen, einem grünen Rhodamin-Farbstoff, unter Rühren zum Gelieren brachten. Ein Gel entsteht so wie der Gelatine-Tortenguss auf dem Kuchen. Unterhalb einer bestimmten Temperatur lagern sich die Moleküle eines Geliermittels zu einem lockeren Netzwerk zusammen, in dessen Maschen die restliche Flüssigkeit festgehalten wird. Wird die Farbstofflösung mit einem geeigneten Geliermittel unter Rühren abgekühlt, bleibt die durch das Rühren erzeugte spiralige Anordnung der Leuchtmoleküle auch im Gel erhalten. Je nachdem, ob links herum oder rechts herum gerührt wurde, sendet das Gel rechts oder links zirkular polarisierte Lumineszenz aus. Ohne Rühren ist das ausgestrahlte Licht nicht polarisiert.
Originalveröffentlichung
Weitere News aus dem Ressort Wissenschaft
Holen Sie sich die Chemie-Branche in Ihren Posteingang
Ab sofort nichts mehr verpassen: Unser Newsletter für die chemische Industrie, Analytik, Labor und Prozess bringt Sie jeden Dienstag und Donnerstag auf den neuesten Stand. Aktuelle Branchen-News, Produkt-Highlights und Innovationen - kompakt und verständlich in Ihrem Posteingang. Von uns recherchiert, damit Sie es nicht tun müssen.