Die Chemie explodierender Sterne
Meteorit birgt Hinweise auf die Bildung von Schwefelmolekülen im Sternenstaub aus Supernova
© Peter Hoppe, MPI for Chemistry
Modelle sagten die Bildung von Schwefelmolekülen in den Überresten von explodierenden Sternen – den Supernovae – bereits voraus. Den Nachweis dafür erbrachte jetzt ein Forscherteam aus Deutschland, Japan und den USA mit Hilfe von Isotopenanalysen von Meteoriten-Sternenstaub.
Das Team um Peter Hoppe, Astrophysiker am Mainzer Max-Planck-Institut für Chemie, isolierte zunächst tausende, etwa 0.1 bis 1 Mikrometer große Siliziumkarbid-Sternenstaubkörnchen aus dem Meteoriten Murchinson, den man bereits 1969 auf der Erde fand. Die Sternenstaubkörner stammen aus einer Supernova und sind älter als unser Sonnensystem. In den Proben bestimmten die Forscher mit einem hochempfindlichen Spektrometer, der sogenannten NanoSIMS, die Isotopenverteilung. Hierbei schießt ein Ionenstrahl auf die einzelnen Sternenstaubkörner und löst aus der Oberfläche Atome heraus. Ein Spektrometer trennt sie dann nach ihrer Masse und misst die Isotopen-Häufigkeit. Isotope eines chemischen Elements besitzen die gleiche Anzahl an Protonen, aber unterschiedlich viele Neutronen.
Bei fünf Siliziumkarbid-Proben fanden die Astrophysiker eine ungewöhnliche Isotopenverteilung: Sie wiesen viele schwere Silizium- und wenig schwere Schwefelisotope nach, was nicht zu bisherigen Modellen über die Isotopenhäufigkeiten in Sternen passt. Gleichzeitig konnten sie Zerfallsprodukte von radioaktivem Titan nachweisen, welches nur in den innersten Zonen einer Supernova entstanden sein kann. Das wiederum beweist, dass die jetzt analysierten Sternenstaubkörner tatsächlich aus einer Supernova stammen.
Ein Beleg für das Modell von der Chemie in Supernova-Überresten
„Die von uns gefundenen Sternenstaubkörner sind extrem selten. Bezogen auf das gesamte Meteoritenmaterial machen sie nur etwa den 100 Millionsten Teil aus. Dass wir sie gefunden haben, ist großer Zufall – besonders, da wir eigentlich auf der Suche nach Siliziumkarbid-Sternenstaub mit isotopisch leichtem Silizium waren“, sagt Peter Hoppe. „Die Signatur mit isotopisch schwerem Silizium und leichtem Schwefel kann nur dadurch plausibel erklärt werden, dass in den innersten Zonen der Überreste einer Supernova Siliziumsulfid-Moleküle gebildet wurden.“ Anschließend wurden die Sulfid-Moleküle von sich bildenden Siliziumkarbid-Kristallen umschlossen. Diese Kristalle sind dann vor etwa 4,6 Milliarden Jahren in den solaren Urnebel gelangt und wurden in die entstehenden Planeten und Planetoiden eingebaut, von denen auch der Meteorit Murchison stammt.
Mit Hilfe von Infrarot-Spektren hat man schon Kohlenmonoxid und Siliziumoxid in den Überresten von Supernova-Explosionen nachgewiesen. In Modellen wurde zwar auch die Bildung von Schwefelmolekülen schon vorausgesagt, konnte aber bisher nicht bewiesen werden. Die Messungen am Siliziumkarbid-Sternenstaub bestätigen nun die Vorhersagen, nach denen in den inneren Zonen des Supernova-Auswurfmaterials einige Monate nach der Explosion bei Temperaturen von mehreren Tausend Grad Celsius Siliziumsulfid-Moleküle entstehen.
Der untersuchte Meteorit verdankt seinen Namen der australischen Stadt Murchison, in der er bereits 1969 gefunden wurde. Für Astronomen ist er ein unerschöpfliches Tagebuch zur Entstehung unseres Sonnensystems, da er seit seiner Bildung nahezu unverändert blieb. Neben den Sternenstaub-Einschlüssen aus dem Auswurf von Supernovae transportierte Murchison auch Staub auf die Erde, der sich im Wind Roter Riesensterne gebildet hat. Durch weitere Analysen hoffen die Forscher noch mehr über den Ursprung der Sterne zu lernen, aus denen sie entstanden sind.
Originalveröffentlichung
Peter Hoppe, Wataru Fujiya and Ernst Zinner; Sulfur molecule chemistry in supernova ejecta recorded by silicon carbide stardust; The Astrophysical Journal Letters, published online, 12 January 2012
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