Moleküle in Millisekunden erforschen
Neues Verfahren zur Erkundung des chemischen Raumes verbindet Quantenchemie mit künstlicher Intelligenz
Die angewandten Methoden der Quantenchemie können molekulare Eigenschaften wie Bindungsenergien mit dem Computer berechnen, ohne dass Experimente erforderlich sind. Dies ist in vielen chemischen Anwendungen wie der Katalyse, der Reaktionsplanung sowie bei der Entwicklung neuer Materialien notwendig. Bisher beruhen diese Rechnungen auf dem numerischen Lösen einer angenäherten Schrödinger-Gleichung, einer der Grundgleichungen für die Dynamik von Quantensystemen. Dies erfordert jedoch enorme Rechenkapazität: Im Schnitt rechnet man eine Stunde pro Molekül, was die Gesamtanzahl an Molekülen, die untersucht werden können, drastisch limitiert.
Das Maschinelle Lernen erstellt Vorhersagemodelle aus Beispieldaten. Es findet bereits eine breite Anwendung in verschiedenen Bereichen unseres Alltags. Dazu gehören Internet-Suchmaschinen wie Google oder Buchvorschläge für neue Amazon-Kunden. Aber auch in der Genetik oder der Hirnforschung werden diese Modelle angewandt. Ein konkretes Beispiel ist das Berliner Brain-Computer Interface, mit dem Hirnsignale in Steuersignale übersetzt werden, um einen Computer oder eine Maschine zu steuern, gewissermaßen mit der „Kraft der Gedanken“.
Auf die Quantenchemie angewandt, erlaubt das Maschinelle Lernen nun molekulare Eigenschaften mit vergleichbarer Genauigkeit innerhalb weniger Millisekunden vorherzusagen. Dazu müssen lediglich einige Referenzenergien quantenchemisch berechnet werden, um das Vorhersagemodell zu erlernen. Der erzielte Geschwindigkeitsgewinn der neuen Technik wird es in Zukunft erlauben, viele Moleküle mit quantenchemischer Genauigkeit zu untersuchen. Damit kann der chemische Raum in beispiellosem Ausmaß von den Wissenschaftlern erkundet werden.
„Erneut war das Maschinelle Lernen der Schlüssel zum Durchbruch. Es erlaubt die Vorhersage quantenchemischer Eigenschaften von Molekülen ohne die aufwändige Lösung der Schrödinger-Gleichung. Und das nahezu in Echtzeit. Die Präzision unserer Methode ist vergleichbar zum Stand der Technik – mit einem gravierenden Unterschied: Wir können die Rechenzeit von zirka einer Stunde auf wenige Millisekunden pro Molekül reduzieren“, sagt Prof. Dr. Klaus-Robert Müller vom Fachgebiet „Maschinelles Lernen“ der TU Berlin.
Dieser gemeinsame Durchbruch gelang Forschern der TU Berlin, des Fritz-Haber-Instituts der Max-Planck-Gesellschaft und dem Argonne National Laboratory. Sie arbeiteten in einem Workshop am Institute for Pure and Applied Mathematics der University of California, Los Angeles, für ein Semester zusammen.
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